von Jhea'kryna Ky'Alur » 05 Dez 2025, 16:45
Die Dämmerung lag schwer über dem Pfad, der von der östlichen Straße Moonglows in Richtung des Adelsanwesens führte, und selbst das schwache Licht der sinkenden Sonne schien sich davor zu scheuen, die Schatten zu berühren, in denen sich Jhea’kryna und ihr Qu’ellar verborgen hielten. Die Ilharess stand reglos zwischen zwei alten Wacholdersträuchern, die Nadeln dufteten intensiv. Ihre Haltung war ruhig, kontrolliert, wachsam, und ihre Augen ruhten auf dem Weg, als könne sie allein mit ihrem Blick bestimmen, wann das Spiel beginnen sollte. Zu beiden Seiten hatten sich Tath’raen und Sarkul postiert, die Sargtline, schweigsam, doch mit jener erwartungsvollen Anspannung, die Krieger nur in jenen Momenten zeigten, in denen sie endlich tun durften, was sie am besten konnten. Ein Stück weiter, halb hinter den knorrigen Ästen einer Weide verborgen, kniete Shi'nayne, deren Bogen bereits gespannt war, obwohl sie ihn vermutlich nie würde abfeuern müssen. Zynrae stand dicht neben der Ilharess und presste eine Hand auf die Brust, als müsse sie sich daran erinnern, ruhig zu atmen. Xael’vyra und Ruchi hingegen wirkten fast gelassen, als wüssten sie genau, dass Lloth ihnen gewogen war und dass dies ein Abend werden würde, der der Göttin ganz sicher gefiel.
Weiter unten am Weg, dort wo der Pfad eine leichte Senke bildete, hatten die Drow jene Menschen postiert, die sie für diesen Zweck vorbereitet hatten: traumatisierte Flüchtlinge, deren Geist bereits zuvor gebrochen war und deren Wahrnehmung – dank Baretis Gabe, des Apfelmosts #6 namens Thalnyssa, sowie der Magie Jhea'krynas – wie ein zersplitterter Spiegel wirkte. Sie standen nicht geordnet, sondern verstreut, mit leeren Blicken und fahrigen Bewegungen, als wären sie aus einem Albtraum gefallen und hätten den Weg zurück nicht gefunden. Manche schwankten, andere kniffen die Augen zusammen, als würden sie etwas Unsichtbares sehen, und wieder andere hielten bereits nach improvisierten Waffen Ausschau, als ahnten sie instinktiv, dass gleich etwas von ihnen verlangt werden würde.
Es dauerte lange genug, dass die Spannung in der Luft zu einem eigenen Wesen wurde, aber schließlich, als der Abend sich vollständig auf den Weg legte, tauchte Jolanda Pappmacher auf. Die adrette Schreiberin, perfekt frisiert, mit ihrer stets leicht zu steifen Art zu gehen, trat mit einer Entschlossenheit auf den Pfad, die allein aus ihrer Überzeugung erwuchs, dass dieser Weg ihr zustand, dass sie wichtig genug war, um sicher zu sein. Sie blickte geradeaus, die Schritte kurz, aber entschieden, und genau in diesem Augenblick begannen die ersten der Flüchtlinge zu reagieren. Ein Mann erkannte sie zuerst. Sein Blick weiteten sich, dann verzog sich sein Gesicht zu einer Maske reiner Angst, die jedoch sofort in Aggression umschlug. Er hob einen gebrochenen Ast, als sei es ein Schwert, und rief etwas Unverständliches, doch der Ton war voll von Schmerz und Wut. Andere folgten. Eine Frau begann zu schreien, als sähe sie ein Gespenst, und zwei junge Männer bückten sich gleichzeitig, um Steine aufzuheben. Messer blitzten auf, ein Flaschenhals zersprang an einem Stein und wurde zur improvisierten Klinge.
Jolanda blieb abrupt stehen. Die Farbe wich aus ihrem Gesicht.
„Geht weg, ihr… ihr ungewaschenes Gesindel! Wache! Wache!“
Und genau das war das Signal.
Aus dem Dickicht brachen die Drow hervor wie Schatten, die plötzlich Form annahmen. Tath’raen und Sarkul stürzten sich auf die ersten Angreifer; ihre Klingen bewegten sich rasch, sauber, präzise, ohne Gnade und ganz ohne jede Eile. Shi'nayne schnitt einem Mann den Weg ab, bevor er Jolanda erreichte, und ihre Bewegungen waren so lautlos, dass er erst begriff, dass er getroffen war, als seine Knie nachgaben. Zynrae murmelte eine Formel, die die Luft scheinbar verdunkelte, und ein junger Mensch brach schreiend zusammen, ohne dass ein Messer ihn berührt hätte. Xael’vyra und Ruchi standen mit erhobenen Händen da, murmelten leise überlieferte Gebete, und die Schwächsten unter den Flüchtlingen verloren sofort das Bewusstsein, als hätten die Worte der Priesterinnen das letzte Stück ihrer Willenskraft einfach ausgelöscht.
Jolanda stolperte rückwärts, ihre Schuhe rutschten im Schotter, und sie wirkte so klein, so unerwartet verletzlich, dass es beinahe lächerlich gewesen wäre, hätte die Szene nicht genau so sein sollen. Zwei Schritte schaffte sie, vielleicht drei, dann stellten sich Tath’raen und Sarkul ihr in den Weg. Sie hoben keine Waffe gegen sie, sie taten nichts Unschickliches – sie standen einfach da, und das genügte, damit Jolanda wie unter Zwang verharrte.
Jhea'kryna trat aus dem Schatten, langsam, würdevoll, jedes Detail ihrer Bewegung sorgfältig komponiert.
„Beruhigt Euch, Jolanda,“ sagte sie mit einer Stimme, die gleichzeitig tröstend und eiskalt war. „Ihr seid gerettet worden, und Ihr solltet Euch glücklich schätzen, dass wir in der Nähe waren.“
Jolanda zitterte sichtbar, fasste sich aber schnell. „Bringt… bringt mich sofort zum Anwesen der Gräfin. Ich muss dorthin. Ich muss… Bericht erstatten.“
Weiter hinten erklang das Stöhnen weiterer Flüchtlinge, die vom Lärm angelockt worden waren, und als Jhea'kryna den Kopf hob, sah sie zwei, drei Gestalten auftauchen, verwirrt, verletzt, lethargisch. „Wie bedauerlich,“ murmelte sie, „es scheint, Ihr Zustand verschlechtert sich.“
Dann wandte sie sich wieder Jolanda zu.
„Natürlich kann dies arrangiert werden. Aber nicht jetzt. Nicht hier. Ihr seid bis auf Weiteres unser Gast, damit Ihr in Sicherheit bleibt.“
Es war nicht als Angebot formuliert worden.
Die Drow führten die Schreiberin zur Schmiede zurück, und Jolanda stolperte mehrmals, doch niemand griff ein, um sie aufzufangen. Am hinteren Ende des Ganges sperrten sie sie in ein karges Zimmer, ausgestattet mit nur einem Bett, Stuhl, einem Schreibpult sowie einem schmalen Fenster, zusammen mit Wein, Tinte und Papier.
„Ihr werdet einen Brief an die Gräfin schreiben,“ erklärte Tath’raen ruhig, bevor er die Tür hinter sich schloss und Wache stand.
Und Jolanda tat, was jeder tun würde, der gerade gerettet und gleichzeitig gefangen genommen wurde:
Sie begann zu schreiben.
Die Dämmerung lag schwer über dem Pfad, der von der östlichen Straße Moonglows in Richtung des Adelsanwesens führte, und selbst das schwache Licht der sinkenden Sonne schien sich davor zu scheuen, die Schatten zu berühren, in denen sich Jhea’kryna und ihr Qu’ellar verborgen hielten. Die Ilharess stand reglos zwischen zwei alten Wacholdersträuchern, die Nadeln dufteten intensiv. Ihre Haltung war ruhig, kontrolliert, wachsam, und ihre Augen ruhten auf dem Weg, als könne sie allein mit ihrem Blick bestimmen, wann das Spiel beginnen sollte. Zu beiden Seiten hatten sich Tath’raen und Sarkul postiert, die Sargtline, schweigsam, doch mit jener erwartungsvollen Anspannung, die Krieger nur in jenen Momenten zeigten, in denen sie endlich tun durften, was sie am besten konnten. Ein Stück weiter, halb hinter den knorrigen Ästen einer Weide verborgen, kniete Shi'nayne, deren Bogen bereits gespannt war, obwohl sie ihn vermutlich nie würde abfeuern müssen. Zynrae stand dicht neben der Ilharess und presste eine Hand auf die Brust, als müsse sie sich daran erinnern, ruhig zu atmen. Xael’vyra und Ruchi hingegen wirkten fast gelassen, als wüssten sie genau, dass Lloth ihnen gewogen war und dass dies ein Abend werden würde, der der Göttin ganz sicher gefiel.
Weiter unten am Weg, dort wo der Pfad eine leichte Senke bildete, hatten die Drow jene Menschen postiert, die sie für diesen Zweck vorbereitet hatten: traumatisierte Flüchtlinge, deren Geist bereits zuvor gebrochen war und deren Wahrnehmung – dank Baretis Gabe, des Apfelmosts #6 namens Thalnyssa, sowie der Magie Jhea'krynas – wie ein zersplitterter Spiegel wirkte. Sie standen nicht geordnet, sondern verstreut, mit leeren Blicken und fahrigen Bewegungen, als wären sie aus einem Albtraum gefallen und hätten den Weg zurück nicht gefunden. Manche schwankten, andere kniffen die Augen zusammen, als würden sie etwas Unsichtbares sehen, und wieder andere hielten bereits nach improvisierten Waffen Ausschau, als ahnten sie instinktiv, dass gleich etwas von ihnen verlangt werden würde.
Es dauerte lange genug, dass die Spannung in der Luft zu einem eigenen Wesen wurde, aber schließlich, als der Abend sich vollständig auf den Weg legte, tauchte Jolanda Pappmacher auf. Die adrette Schreiberin, perfekt frisiert, mit ihrer stets leicht zu steifen Art zu gehen, trat mit einer Entschlossenheit auf den Pfad, die allein aus ihrer Überzeugung erwuchs, dass dieser Weg ihr zustand, dass sie wichtig genug war, um sicher zu sein. Sie blickte geradeaus, die Schritte kurz, aber entschieden, und genau in diesem Augenblick begannen die ersten der Flüchtlinge zu reagieren. Ein Mann erkannte sie zuerst. Sein Blick weiteten sich, dann verzog sich sein Gesicht zu einer Maske reiner Angst, die jedoch sofort in Aggression umschlug. Er hob einen gebrochenen Ast, als sei es ein Schwert, und rief etwas Unverständliches, doch der Ton war voll von Schmerz und Wut. Andere folgten. Eine Frau begann zu schreien, als sähe sie ein Gespenst, und zwei junge Männer bückten sich gleichzeitig, um Steine aufzuheben. Messer blitzten auf, ein Flaschenhals zersprang an einem Stein und wurde zur improvisierten Klinge.
Jolanda blieb abrupt stehen. Die Farbe wich aus ihrem Gesicht.
„Geht weg, ihr… ihr ungewaschenes Gesindel! Wache! Wache!“
Und genau das war das Signal.
Aus dem Dickicht brachen die Drow hervor wie Schatten, die plötzlich Form annahmen. Tath’raen und Sarkul stürzten sich auf die ersten Angreifer; ihre Klingen bewegten sich rasch, sauber, präzise, ohne Gnade und ganz ohne jede Eile. Shi'nayne schnitt einem Mann den Weg ab, bevor er Jolanda erreichte, und ihre Bewegungen waren so lautlos, dass er erst begriff, dass er getroffen war, als seine Knie nachgaben. Zynrae murmelte eine Formel, die die Luft scheinbar verdunkelte, und ein junger Mensch brach schreiend zusammen, ohne dass ein Messer ihn berührt hätte. Xael’vyra und Ruchi standen mit erhobenen Händen da, murmelten leise überlieferte Gebete, und die Schwächsten unter den Flüchtlingen verloren sofort das Bewusstsein, als hätten die Worte der Priesterinnen das letzte Stück ihrer Willenskraft einfach ausgelöscht.
Jolanda stolperte rückwärts, ihre Schuhe rutschten im Schotter, und sie wirkte so klein, so unerwartet verletzlich, dass es beinahe lächerlich gewesen wäre, hätte die Szene nicht genau so sein sollen. Zwei Schritte schaffte sie, vielleicht drei, dann stellten sich Tath’raen und Sarkul ihr in den Weg. Sie hoben keine Waffe gegen sie, sie taten nichts Unschickliches – sie standen einfach da, und das genügte, damit Jolanda wie unter Zwang verharrte.
Jhea'kryna trat aus dem Schatten, langsam, würdevoll, jedes Detail ihrer Bewegung sorgfältig komponiert.
„Beruhigt Euch, Jolanda,“ sagte sie mit einer Stimme, die gleichzeitig tröstend und eiskalt war. „Ihr seid gerettet worden, und Ihr solltet Euch glücklich schätzen, dass wir in der Nähe waren.“
Jolanda zitterte sichtbar, fasste sich aber schnell. „Bringt… bringt mich sofort zum Anwesen der Gräfin. Ich muss dorthin. Ich muss… Bericht erstatten.“
Weiter hinten erklang das Stöhnen weiterer Flüchtlinge, die vom Lärm angelockt worden waren, und als Jhea'kryna den Kopf hob, sah sie zwei, drei Gestalten auftauchen, verwirrt, verletzt, lethargisch. „Wie bedauerlich,“ murmelte sie, „es scheint, Ihr Zustand verschlechtert sich.“
Dann wandte sie sich wieder Jolanda zu.
„Natürlich kann dies arrangiert werden. Aber nicht jetzt. Nicht hier. Ihr seid bis auf Weiteres unser Gast, damit Ihr in Sicherheit bleibt.“
Es war nicht als Angebot formuliert worden.
Die Drow führten die Schreiberin zur Schmiede zurück, und Jolanda stolperte mehrmals, doch niemand griff ein, um sie aufzufangen. Am hinteren Ende des Ganges sperrten sie sie in ein karges Zimmer, ausgestattet mit nur einem Bett, Stuhl, einem Schreibpult sowie einem schmalen Fenster, zusammen mit Wein, Tinte und Papier.
„Ihr werdet einen Brief an die Gräfin schreiben,“ erklärte Tath’raen ruhig, bevor er die Tür hinter sich schloss und Wache stand.
Und Jolanda tat, was jeder tun würde, der gerade gerettet und gleichzeitig gefangen genommen wurde:
Sie begann zu schreiben.