Während dessen in der Festung der Lords of War...

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Während dessen in der Festung der Lords of War...

von Minora Vincenzo » 14 Dez 2025, 04:20

Die schweren Tore der Feste von Düsterhafen schlossen sich mit einem tiefen, hallenden Laut hinter ihr, als Minora den inneren Hof betrat. Schwarz schimmernder Stein, von Wind und Zeit gegerbt, erhob sich ringsum wie ein stummer Zeuge vergangener Feldzüge, Bündnisse und Opfer. Banner der Lords of War hingen reglos an den Mauern – das Schwarz noch immer tief, doch der Stoff an manchen Stellen ausgebleicht, als trüge selbst er die Spuren einer langen Abwesenheit.

Ihr Schritt war ruhig, bedacht. Die Wachen grüßten sie mit gesenkten Köpfen und gefassten Gesten, doch Minora entging nicht der Zweifel in ihren Blicken. Zu lange hatte man hier auf einen Befehl gewartet, auf ein Wort aus dem Turm, auf ein Zeichen des Gildenlords.

Der Weg durch die Hallen war ihr vertraut. Hohe Säulen aus dunklem Gestein, eingelassene Runen vergangener Siege, Fackeln, deren Flammen flackernd Schatten an die Wände warfen. Jeder Gang erinnerte sie an Gespräche, an Kriegspläne, an hitzige Debatten und stille Schwüre. Und immer wieder an Nartoka.

Doch als sie den Amtssitz des Gildenlords erreichte, blieb die Antwort auf ihre Hoffnung aus.

Die Tür stand offen.

Staub hatte sich in feinen Schichten auf dem massiven Tisch niedergelassen, Pergamente lagen ungeordnet, einige ungeöffnet, andere nur flüchtig gelesen. Der Raum war kalt. Leer. Kein Zeichen frischer Anwesenheit, kein Geruch von Wachs oder Tinte, die erst kürzlich genutzt worden war.

Minora trat langsam ein.

„Zu lange…“, murmelte sie leise, mehr zu sich selbst als zu den steinernen Wänden.

Nartoka war nicht hier. Und er war es schon seit geraumer Zeit nicht mehr gewesen.

Einen Moment verharrte sie reglos, dann ging sie entschlossen auf den großen Stuhl hinter dem Tisch zu – jenen Stuhl, auf dem schon unzählige Entscheidungen gefällt worden waren, Entscheidungen über Leben, Tod, Krieg und Loyalität. Sie legte ihren Stab beiseite, strich mit den Fingern über die Armlehne, als wolle sie die Vergangenheit selbst ertasten, und nahm schließlich Platz.

Nicht aus Anmaßung.
Sondern aus Notwendigkeit.

Mit ruhiger Hand zog sie frisches Pergament zu sich, tauchte die Feder in Tinte und begann zu schreiben. Ihre Worte waren klar, bestimmt – getragen von der Verantwortung, die sie längst in sich gespürt hatte.
An die verbliebenen Lords der Lords of War,
die Zeiten des Schweigens müssen enden.
Der Tisch, an dem unsere Bündnisse geschmiedet und unsere Feldzüge beschlossen wurden, darf nicht länger leer bleiben.
Ich rufe euch zusammen – nach Düsterhafen, in die Halle der Beschlüsse.
Lasst uns gemeinsam über die Zukunft der Lords of War entscheiden.
Im Namen von Ordnung, Stärke und Pflicht.
– Minora Vincenzo
Sie legte die Feder beiseite, atmete tief durch – und wusste in diesem Moment, dass es kein Zurück mehr gab.

Kurz darauf ließ sie einen Offizier der Garnison zu sich rufen. Der Mann trat stramm vor den Tisch, sichtbar überrascht, Minora dort sitzen zu sehen, wo einst nur der Gildenlord Platz nahm.

„Hört mir zu“, begann sie ruhig, doch mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldete.
„Die Struktur der Lords of War hat sich geändert. Bis zur Wahl – und darüber hinaus – werde ich die Führung übernehmen. Die Soldaten und Wachen sind entsprechend zu unterrichten. Ordnung und Disziplin bleiben oberstes Gebot.“

Ein kurzes Nicken folgte.

„Ich werde die Gemächer im Turm beziehen“, fuhr sie fort. „Sorgt dafür, dass alles vorbereitet wird.“

Als der Offizier den Raum verließ, erhob sich Minora langsam von dem Stuhl. Ein letzter Blick fiel auf den Tisch, auf das Pergament, auf die Schatten der Vergangenheit.

Die Lords of War würden sich versammeln.

Und wenn sie es taten, würde Minora Vincenzo nicht mehr nur Hochmagierin sein –
sondern Gildenlady der Lords of War.

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