Wiederauferstehung und Wandlung

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Gegenwart – Teil VII – Die Nacht der Blutsbruderschaft

von Drava Vincenzo » 02 Aug 2025, 14:27

Gegenwart – Teil VII – Die Nacht der Blutsbruderschaft

Der Regen hatte während Dravas Reise immer stärker eingesetzt, die Dunkelheit hatte sich tief und undurchdringlich über das Land gelegt. Die Spuren, die Landor hinterlassen hatte, wurden schwächer, und trotz der Hilfe von Mephrit Drakon und seinen Brüdern, die ihm einige Hinweise gegeben hatten, fühlte sich die Suche nach seinem verlorenen Blutsbruder zunehmend hoffnungsloser an. Drava war erschöpft, sein Körper und Geist waren ausgelaugt. Als er schließlich zurück zum Anwesen der Familie Vincenzo gelangte, war es spät in der Nacht. Der Regen prasselte noch immer gegen die Fenster, und der Wind heulte durch die leeren Gänge des Turms.

Er trat in den Turm ein, legte seine schwere Tasche ab und taumelte die Stufen zu seinem Zimmer hinauf. Ohne ein weiteres Wort zu seinen Brüdern, die ihn begrüßten, ließ er sich in das Bett fallen. Die Dunkelheit nahm ihn sofort auf, und in weniger als einem Augenblick war er in einen tiefen, traumlosen Schlaf gefallen. Doch auch im Schlaf ließ ihn der Gedanke an Landor nicht los.

In den Tiefen seiner Träume begann sich die Erinnerung an den Abend der Blutsbruderschaft zu entwirren. Drava fand sich plötzlich an einem Ort wieder, der ihm zugleich fremd und vertraut war: die Taverne. Der Ort war erfüllt von Lichtern, die von flackernden Kerzen und Fackeln stammten, und der Duft von geröstetem Fleisch und edlem Wein lag in der Luft. An diesem Abend wurde Landor offiziell in die Familie Vincenzo aufgenommen. Der Ort war mit Trophäen aus vergangenen Jahrhunderten bedeckt, und die Stimmen der Anwesenden vermischten sich mit dem Gelächter der Feiern.

Drava saß an einem Tisch mit seinen Brüdern, Mondo, Feluc, Adun und Mishra, und beobachtete, wie Landor – sein treuer Blutsbruder – sich mit den anderen Gästen unterhielt. Landors Blick war selbstbewusst, doch auch von einer gewissen Gier getrieben.

„Er gehört jetzt zu uns, Drava“, hatte Mondo damals gesagt und auf Landor gezeigt, der gerade mit Adun herzhaft lachte. „Unser Blut vereint sich. Der Pakt ist geschlossen.“

Drava nickte mit einem Lächeln, doch in seinem Inneren spürte er eine tiefere Verbindung zu Landor, eine Vertrautheit, die er nicht in Worte fassen konnte. Tausende Sonnenauf- und -untergänge hatten sie gemeinsam erlebt, und Landor besaß viele ungewöhnliche Fähigkeiten, die für Drava bis heute ein Rätsel waren. Drava wusste, dass Landor etwas Besonderes war, das er irgendwann mit ihm Teilen würde. Doch diese Art des Umgangs war für Drava nichts Neues. Landor behandelte ihn oft wie einen Lehrling, was Drava nicht störte, da er zu Landor aufblickte. An diesem Abend war aber etwas anderes zwischen ihnen geschehen, etwas, das tiefer ging als bloße Blutsbruderschaft. Doch der wahre Moment, der den Verlauf ihrer Geschichte verändern sollte, fand später statt.

Der Traum wechselte den Schauplatz, und nun fand sich Drava und Landor in einem geheimen Raum des Turms von Landor wieder. Es war spät in der Nacht, als die Feierlichkeiten in der Taverne schon längst verklungen waren und die anderen Geschwister in ihre Gemächer gegangen waren. Nur Drava und Landor waren noch wach, und das war auch gut so, denn es war der Moment, auf den sie sich seit langem vorbereitet hatten.

„Es ist Zeit mein Geheimnis mit dir zu teilen“, sagte Landor, dessen Augen im schwachen Licht der Kerzen ein tiefes Geheimnis verbargen. „Du bist bereit.“

Drava nickte, seine Hände zitterten leicht vor Nervosität und Aufregung. „Bist du sicher, ich sowie bin, Landor?“

Landor grinste leicht. „Du bist soweit! Dieser Weg wird uns ewig verbinden, Drava. Du bist mein Blutsbruder, aber dies hier wird uns zu mehr machen. Du wirst nicht nur mein Bruder im Blut, sondern auch ein Teil der Unsterblichkeit.“

Der Raum war von antiken Ritualgegenständen gesäumt, und in der Mitte stand ein Tisch, auf dem verschiedene Artefakte platziert waren: alte Schriftrollen, mystische Kristalle und ein silbernes Ritualmesser. Landor trat vor, nahm das Messer in die Hand und schnitt sich mit einer präzisen Bewegung in die Handfläche. Das Blut tropfte auf den Tisch, und als Drava ihm in die Augen sah, wusste er, dass er keine Wahl mehr hatte. Der Vertrag war bereits geschlossen, und seine Entscheidung stand fest.

„Dein Blut wird mit meinem verschmelzen, Drava. Du wirst den Durst spüren, die Dunkelheit und das ewige Leben. Aber du wirst niemals allein sein. Du wirst ein Bruder der Unsterblichkeit.“

Drava trat einen Schritt vor, seine Finger zitterten, als er Landors Wunde betrachtete. Die Luft schien zu flimmern, als die beiden sich näherkamen und das Ritual begannen. Landor legte seine Hand auf Dravas Brust, und als die Berührung erfolgte, floss Landors Blut in Dravas Körper. Es war ein brennendes, durchdringendes Gefühl, das sich durch Dravas Adern zog. Die Welt um ihn herum verschwamm, und für einen Moment war alles, was er kannte, nur noch der Schmerz und das wachsende Verlangen.

„Du bist jetzt ein Vampir, Drava“, flüsterte Landor, als die Dunkelheit endgültig über sie beide hereinbrach. „Und mit dieser Macht wirst du die Welt verändern.“

Drava taumelte zurück und versuchte, die Kontrolle zu behalten. Der Drang, mehr zu trinken, mehr zu nehmen, war überwältigend, doch Landor hielt ihn zurück. „Du bist jetzt Teil von mir“, sagte er ruhig. „Du wirst lernen, mit dieser neuen Kraft zu leben.“

Der Traum flimmerte und zerbrach, als Drava aus seinem Schlaf erwachte. Er saß aufrecht im Bett, der Schweiß hatte sich auf seiner Stirn gebildet, und das Gefühl von Landors Blut in seinen Adern brannte noch immer. Der Traum war zu real gewesen, und für einen Moment hatte er das Gefühl, als wäre Landor wieder bei ihm, als wäre er wieder an seiner Seite.

Doch der Schmerz der verlorenen Jahre und der Verlust seines Blutsbruders ließ ihn nicht los. Er wusste, dass seine Suche weitergehen musste. Die Dunkelheit, die ihn umgab, war nicht nur die seiner eigenen Natur als Vampir – es war auch die Dunkelheit, die Landor in den Schatten geführt hatte. Und Drava würde versuchen sie zu durchdringen, um seinen Bruder zurückzuholen.

Der Weg war noch lang, aber jetzt wusste er, dass er nicht nur Landor finden musste. Er musste auch die Dunkelheit verstehen, die ihn und Landor zu dem gemacht hatte, was sie waren: Vampire!

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Gegenwart – Teil VI – Wo ist Landor Vincenzo?

von Drava Vincenzo » 30 Jul 2025, 16:01

Gegenwart – Teil VI – Wo ist Landor Vincenzo?

Die Dämmerung hatte das Land in sanftes, schattiges Licht gehüllt, als Drava Vincenzo mit seinen beiden Brüdern, Mondo und Feluc Vincenzo, am großen Steintisch auf dem Anwesen des Geländes der Familie Vincenzo saß. Das riesige Gemäuer, welches sich um das gesamte Anwesen zog hallte mit den flüsternden Echos vergangener Epochen, und die Fenster, hinter denen der Himmel in einem tiefen Blau ertrank, ließen die letzten Sonnenstrahlen durch. Die Zeit schien stillzustehen, während die drei Brüder über das Schicksal von Landor Vincenzo sprachen, dem verschollenen Blutsbruder von Drava.
„Du trägst eine Last, Drava“, sagte Mondo mit einem Blick, der durch die Dunkelheit glitt. „Du hast dich verändert. Was hast du noch nicht gesagt?“

Drava senkte den Kopf, seine blassen Finger strichen über das kühle Glas des Weinglases, das vor ihm stand, als könne er darin die Antworten auf seine Fragen finden. Ein leichter Schimmer von Blut funkelte auf der Oberfläche des Weines. Doch es war nicht das, was er suchte. Er hatte die Unsterblichkeit erfahren und mit ihr auch eine neue Art von Stärke, die er noch nicht ganz zu beherrschen wusste.

„Ich habe neue Fähigkeiten“, murmelte Drava, und seine Stimme trug die Last eines Geheimnisses, das er sich nicht länger vor seinen Brüdern verbergen konnte. „Ich kann die Vergangenheit sehen, wie sie in den Schatten des Lebens verborgen liegt. Doch auch die Schatten von Landor sind nicht klar, sie flimmern und entgleiten mir.“

Feluc, der ruhig neben Mondo saß, schaute Drava mit scharfem Blick an, die gelben Augen leuchteten im Halbdunkel. „Du hast mit dem Blutmagie des Hauses Drakon Kontakt aufgenommen“, stellte er fest, ohne eine Frage daraus zu machen. „Das ist gefährlich. Wir wissen nicht, wie tief du in diese Macht eingetaucht bist. Du musst vorsichtig sein.“

Drava nickte langsam, der Schmerz in seinen Augen war unverkennbar. „Ich weiß. Doch das Verschwinden von Landor lässt mir keine Ruhe. Ich habe keine Wahl. Wenn ich nicht mehr weitergehe, wird niemand Landor finden. Nicht einmal das Haus Drakon hat je von einem solchen Fall gehört. Er ist verschwunden, als wäre er in den Schatten selbst eingetaucht.“
Mondo erhob sich und trat näher, seine Schritte gedämpft auf dem alten Moosboden. „Du bist ein Vincenzo. Und auch wenn du dich jetzt mit den Mächten von Haus Drakon verbindest, darfst du uns nicht vergessen. Dein Blut mag sich verändert haben, aber wir sind Brüder. Du bist nie allein auf dieser Reise.“

„Und was ist mit den Drakon-Brüdern?“ fragte Feluc, während er in die Dunkelheit starrte, als würde er in die Zukunft blicken. „Sie werden dich unterstützen, nicht wahr?“
Drava dachte kurz nach. Haus Drakon war eine der ältesten und mächtigsten Blutlinien im Reich der Vampire, bekannt für ihre Kontrolle über dunkle Künste und ihre geheimen, verbotenen Rituale. Die Brüder von Drakon, allen voran der geheimnisvolle Mephrit Drakon, hatten ihm nicht nur ihre Hilfe angeboten, sondern auch ihre eigenen Ziele mit ihm verbunden. Doch er wusste, dass er vorsichtig sein musste. Vertrauen war eine teure Ware in der Welt der Unsterblichen.
„Mephrit Drakon wird mir beistehen“, sagte Drava schließlich. „Aber er erwartet etwas im Gegenzug. Die Drakon-Brüder sind wie ein Schatten, der alles verschlingt, was ihm zu nahe kommt. Sie geben, aber sie nehmen auch.“

„Wie ein Spiegel der Dunkelheit“, sagte Mondo nachdenklich. „Ein gefährliches Spiel, Drava. Du musst dir über deine Entscheidungen bewusst sein. Doch du bist nicht allein. Wir werden dir zur Seite stehen.“

Feluc nickte, seine Stimme war fest. „Wenn du in den Schatten nach Landor suchst, dann sind wir mit dir. Aber vergiss nicht, dass du auch das Licht in deinem Inneren bewahren musst. Der Weg durch die Dunkelheit ist nicht nur von Schatten geprägt, sondern auch von Versuchungen.“
Drava erhob sich langsam, und seine Augen verengten sich, als er in die Weite des Anwesens blickte. Der Wind flüsterte durch die zerbrochenen Fenster, und für einen Moment konnte er das flimmernde Bild seines verlorenen Blutsbruders Landor sehen. Ein Schatten, der sich der Erinnerung entzog.
„Ich werde den Weg gehen“, sagte er schließlich, seine Stimme entschlossen. „Egal, wohin er führt. Ich werde Landor finden.“
„Dann geh, Bruder“, sagte Mondo, seine Hand auf Dravas Schulter legend. „Doch sei vorsichtig. Denn der Schatten von Landor könnte mehr sein als du dir vorstellen kannst.“
Mit einem letzten Blick auf seine Brüder verließ Drava das große Anwesen. Der Wind wehte kalt, und die Dunkelheit des nahen Waldes schien ihn zu rufen. Mit jedem Schritt, den er tat, spürte er die Nähe von Landors verschwundenem Geist, der wie ein Rätsel vor ihm lag. Doch Drava war bereit, die Schatten zu betreten, die Geheimnisse zu entwirren, und das Schicksal seines Blutsbruders zu verändern – oder zumindest das zu erfahren, was von ihm übrig geblieben war.

Er hatte keine Wahl. Die Suche hatte begonnen.
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Re: Wiederauferstehung und Wandlung

von Drava Vincenzo » 27 Jul 2025, 22:57

Gegenwart – Teil V – Die Suche des Blutsbruder

Die Sonne war gerade dabei, sich hinter den Türmen der Vincenzos zu verstecken, als Drava Vincenzo das Anwesen der Familie verließ. Der erste Hauch der Nachtluft fühlte sich wie eine zärtliche Umarmung an, ein kühler, unaufhaltsamer Schub der Freiheit. Doch tief in seinem Inneren wusste er, dass diese Freiheit mit einem Preis kam – die Suche nach Landor Vincenzo.

Die Erinnerungen an seine vergangene Existenz als Drava, der in den Fängen des Todes gefangen war, waren vage, wie aus einem fernen Traum. Doch die Fäden des Schicksals hatten sich neu verwebt, und nun war er ein Vampir, ein Kind der Nacht, auf der Suche nach dem einzigen, der ihn vor dem endgültigen Tod bewahrt hatte – Landor Vincenzo.

Landor, der so viel mehr als ein Bruder für ihn gewesen war, hatte ihn als Foragh angenommen, den vertrauten Gefährten, den ewigen Begleiter. Als der Mann, der Drava nicht nur das Leben, sondern auch die dunklen Geheimnisse des Vampirdaseins gelehrt hatte. Doch seit seiner Wiedergeburt war Landor spurlos verschwunden. Gerüchte hatten sich ausgebreitet, Flüstern in den dunklen Ecken der Welt. Einige aus der Familie sprachen von einem Verrat, andere von einem Geheimauftrag, der Landor fortgeführt hatte. Doch niemand konnte ihm sagen, wo sich der Blutsbruder befand.

Drava, als junger Vampir des Hauses Drakon, war entschlossen, das Rätsel um seinen Blutsbruder zu lösen. Sein Weg führte ihn durch finstere Wälder, in verlassenen Dörfern und in die tiefsten Katakomben, die von Vampiren und anderen Kreaturen der Nacht bewohnt wurden. Immer wieder kam er in Kontakt mit Gestalten der Dunkelheit, die sich in die Schatten der Welt flüchteten, und jedes Mal suchte er nach Hinweisen, nach einer Spur, die ihn zu Landor führen konnte.
Eines Nachts, als der Vollmond sein silbernes Licht über die Erde goss, trat Drava in eine heruntergekommene Stadt ein, deren Namen niemand mehr kannte. Die Gassen waren gesäumt von verfallenen Häusern, und der Wind trug den Hauch vergangener Geheimnisse. Er hatte von einer alten Weisen gehört, die in dieser Stadt leben sollte, einer Hexe, die für ihre Fähigkeit bekannt war, in die Zukunft zu blicken und verborgene Wahrheiten zu enthüllen.

Drava betrat das düstere Haus der Hexe, das von vergilbten Schriften und düsteren Kräutern durchzogen war. Die Luft war schwer und erfüllt von einem eigenartigen Duft, der an die Ewigkeit erinnerte. Hinter einem dicken Vorhang, der aus blutroten Stoffen gewoben war, saß die Hexe. Ihr Blick war wie ein Riss in der Zeit, kalt und undurchdringlich. Sie musterte Drava mit einer Intensität, die ihm das Gefühl gab, als könne sie in sein Innerstes blicken.
„Du suchst nach deinem Blutsbruder“, sagte sie ohne Umschweife, als ob sie bereits wusste, warum er gekommen war.

Drava nickte, seine Augen fest auf die Hexe gerichtet. „Wo ist er?“

„Das, was du suchst, ist nicht leicht zu finden“, antwortete sie. „Landor hat sich einem dunklen Pakt verschrieben, einem, der mit dem Blut der alten Götter und den tiefsten Geheimnissen der Vampirwelt verbunden ist. Er ist nicht fortgegangen, wie du denkst. Er ist in einem Gefängnis gefangen, von dem selbst die mächtigsten Vampire nicht wissen, wo es ist.“

Ein Gefängnis? „Wo befindet sich dieses Gefängnis?“

„Die Antwort ist nicht so einfach“, sagte die Hexe und hob eine Hand, um die Luft zu durchdringen. „Die Dunkelheit selbst hat es verschlungen. Du musst lernen, die Schatten zu beherrschen, die Dinge zu sehen, die aus der Zeit gefallen sind. Nur dann wirst du Landor finden. Aber sei gewarnt, junge Nacht: Die Reise wird dich an die Grenzen deiner Existenz führen.“

Drava starrte die Hexe an. Ihre Worte waren wie ein Rätsel, das er zu lösen hatte. Doch er wusste, dass er keine Wahl hatte. Landor war sein Bruder, sein Blutsbruder, und er würde nicht ruhen, bis er ihn gefunden hatte – egal, was es kosten würde.
Die Hexe streckte ihre Hand aus und überreichte ihm ein zerbrochenes Amulett, das in der Dunkelheit zu glühen schien. „Dies wird dir den Weg weisen. Doch sei vorsichtig, Drava Vincenzo. Die Schatten sind nicht nur der Ort, an dem du Landor finden wirst. Sie sind auch der Ort, an dem du dich selbst verlieren könntest.“

Drava nahm das Amulett und drehte es in seiner Hand. Es pulsierte mit einer seltsamen Energie, als ob es von einer Macht erfüllt war, die weit über das hinausging, was er kannte. Doch er wusste, dass der Weg vor ihm dunkel war, und dass die Antwort auf die Frage, die ihn quälte, nur in den Tiefen der Schatten verborgen lag.

Mit einem letzten Blick auf die Hexe verließ Drava das Haus und machte sich auf den Weg in die Nacht. Der Mond stand hoch am Himmel, und die Suche nach Landor Vincenzo begann.

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Gegenwart – Teil IV – Zwischen Blut und Asche – Haus Drakon

von Drava Vincenzo » 10 Jul 2025, 12:31

Gegenwart – Teil IV – Zwischen Blut und Asche – Haus Drakon

Der Wald atmete Nebel. Angelehnt im Schatten an einer alten mit Moos bedeckten Wand, Drava Vincenzo, einst erstgeborener der Familie Vincenzo, trug nun die Kälte des Todes unter seiner Haut. Die Wandlung war vollzogen – das Herz schlug nicht mehr, doch jeder Schritt brannte wie Feuer. Der Durst war neu. Der Schmerz – uralt. Er spürte ihn in jeder Faser: den Bruch zwischen dem, was er war, und dem, was er werden musste.

Er war allein. Und auf der Suche nach dem Haus Drakon – einer Blutlinie älter als Königreiche, älter als Krieg. Seine Zähne pressten sich unwillkürlich aufeinander, als er an seine Familie dachte – an seinen Bruder Mondo, an seinen Vater, an sein Elternhaus im Licht der Sommerfeste. Würden sie ihn noch ansehen können? Oder sahen sie nur noch ein Monster in ihm? Ein wandelndes Andenken an den Tod?

"Wenn sie mich verstoßen...", flüsterte er in die Leere. "Bin ich dann überhaupt noch Drava?"

Ein Rascheln im Dickicht. Schatten bewegten sich wie Geister durch das Unterholz. Und dann: Stille. Eine Stimme, kaum hörbar, sprach in seinen Gedanken.

„Du riechst nach altem Blut, junger Vincenzo. Nach Erinnerung. Nach Schwäche.“

Drava fuhr herum – da stand er. Ein Mann in Dunkelheit gehüllt, mit Augen, die wie geschmolzener Rubin glühten. Seine Haut war so bleich, dass der Mond darin verschwand. Und seine Stimme war ein Lied aus Grabstein und Sehnsucht.

„Ich bin Mephrit Drakon. Du hast nach uns gerufen.“

Er fiel auf ein Knie – aus Erschöpfung, aus innerem Zwang, aus Angst.

„Ich bin allein,“ flüsterte er. „Und ich fürchte… ich verliere sie. Meine Familie. Die Vincenzos. Alles, was ich war. Alles, was mich ausmachte.“

Mephrit trat näher, und mit einem Finger unter seinem Kinn zwang er ihn, aufzusehen.

„Du bist nicht allein. Du bist unser Blut jetzt. Aber du wirst lernen: Wer Ewigkeit will, muss bereit sein, den Tag zu verlieren.“

„Ich will sie nicht verlieren,“ keuchte Drava. „Ich will nicht wählen zwischen Blut und Herz.“

Ein schwaches, kaltes Lächeln umspielte seine Lippen.

„Dann wirst du zerreißen. Und wiedergeboren werden. So wie wir alle. Willkommen im Hause Drakon.“

Aus dem Inneren seines Mantels zog er ein kleines, schwarzes Kästchen hervor – unscheinbar, doch alt. Seine Finger öffneten es mit beinahe ritueller Langsamkeit. Inmitten des Samtes lag ein Ring – aus feinstem Erz geschmiedet, gekrönt von einem tiefroten Blutstein, in den das Wappen des Hauses Drakon graviert war – das Symbol der Ewigkeit im Schatten.

„Dieser Siegelring wird dir das Tor zu unserem Reich öffnen und jedes Blut erkennen lassen, wem du nun angehörst. Drava Vincenzo…“, sagte er mit feierlicher Stimme, „du bist nun ein Drakon. Trage ihn – und vergiss nie, was du preisgegeben hast, um unvergänglich zu werden.“

Als der Ring seinen Finger umschloss, durchfuhr ihn ein kurzer Schmerz – wie Eis, das in die Knochen fuhr. Und dann Stille. Kein Herzschlag. Kein Atem. Nur die Erkenntnis: Er gehörte nun nicht mehr nur den Vincenzos.

Er war ein Sohn der Nacht geworden.

Ein Sohn des Hauses Drakon.
...
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Gegenwart – Teil III – Der innere Konflikt – Neue Kräfte & Fähigkeiten

von Drava Vincenzo » 08 Jul 2025, 18:46

Gegenwart – Teil III – Der innere Konflikt – Neue Kräfte & Fähigkeiten

Die Tage vergingen wie die Farbe seiner Haut. In einer alten Scheune in Minoc, halb eingestürzt, von Moos überwachsen und vergessen vom Lärm der Welt, kniete Drava in der Dunkelheit. Das Holz unter seinen Knien war kalt, aber er spürte ihn nicht. Seine Sinne waren mit anderem gefüllt – sie vibrierten, pulsierten, bebten.

Die Stille war nicht still.

Er hörte das Tropfen von Wasser, das durch ein kleines Loch im Dach sickerte – und zählte jeden Fall, als wäre es ein Takt in einem fremden Lied. Weiter draußen: das Rauschen des Wasser, das leise Flackern der Kerzen, das Knacken der Knochen einer Ratte, die sich unter einem Stück Holz reckte. Er hörte Herzen schlagen. Durch Wände. Durch Mauern. Als würde die Welt selbst atmen, pumpen, leben – für ihn.
Seine Augen glühten matt im Dunkel. Nicht vom Licht, sondern vom Sehen selbst. Jeder Riss im Mauerwerk war ihm klar, jeder Staubfaden in der Luft sichtbar, als schwebten sie in Zeitlupe.

„Was… bin ich geworden?“

Sein Magen war leer. Aber es war kein Hunger, den er fühlte. Es war Durst. Fremd. Übermächtig. Wie Feuer, das durch seine Adern kroch. Kein Wasser, kein Wein, kein Brot konnte ihn stillen. Nur eines: das Leben anderer. Drava taumelte auf, als das Verlangen wieder in ihm aufstieg. Sein Hals war trocken wie Asche. Sein Herz – falls es noch schlug – schlug nicht für ihn. Er betrachtete seine Hände.
Die Narben seiner alten Kämpfe waren verschwunden. Wo einst Schwerthiebe ihn gezeichnet hatten, war jetzt glatte, blasse Haut. Zeit schien keine Bedeutung mehr zu haben. Eine Stunde war wie ein Wimpernschlag – und ein Augenblick wie eine Ewigkeit. Die Welt war zu langsam geworden. Oder er zu schnell. Er bewegte sich. Erst vorsichtig. Dann blitzschnell. Ein Schritt – und er stand plötzlich an der gegenüberliegenden Wand. Die Luft vibrierte, der Staub wirbelte auf. Er keuchte. Nicht aus Erschöpfung, sondern aus Staunen.

„Ich… renne durch Schatten.“

Er ballte die Faust und schlug zu. Die Mauer barst. Lehm splitterte. Ein Loch klaffte, wo seine Hand getroffen hatte. Er betrachtete seine Finger – keine Schramme. Kein Schmerz. Die Kraft, die er spürte, war nicht die eines Mannes. Es war die Macht eines Vampirs.

In jener Nacht wurde er gestellt. Seine Feinde hatten ihn nicht vergessen. Zwei von ihnen fanden ihn in einer Nebengasse. Bewaffnet. Geübt. Ihre Bewegungen sprachen von Training, von Wissen über seine Art. Sie griffen an. Drava wich aus. Nicht, weil er es geplant hatte — sondern weil sein Körper es wusste, bevor sein Geist begriff. Ihre Schwerter schnitten durch Luft, nicht durch Fleisch. In einem Wimpernschlag stand er hinter dem ersten, riss ihn zu Boden. Ein Tritt – und der zweite wurde gegen die Wand geschleudert, reglos.

Der erste aber – verwundet, stöhnend, das Herz schlagend wie eine Trommel – lag unter ihm. Drava kniete über ihm. Entschlossen.
Das Blutgeräusch war alles. Ein Biss. Nur einer. Und der Durst wäre gestillt. Das Feuer gelöscht. Seine Instinkte schrien. Seine Zähne waren längst entblößt. Dann sah er in die Augen des Mannes. Jung. Entschlossen. Voll Angst – aber nicht feige. Er erinnerte sich. An Schlachten. An Knappen. An Brüder.

„Nein.“

Er atmete tief ein – mit dem Wissen das er ihnen völlig überlegen war - obwohl er keinen Atem brauchte – und zwang sich zurück.
Sein Geist griff nach dem Vergangenem. Nicht mit Worten. Mit Wille.

„Du wirst mich nicht sehen. Du wirst mich vergessen. Steh auf. Geh.“

Der Blick des Mannes flackerte. Die Angst wich. Die Lider sanken. Wie ein Schlafwandler stand er auf und verschwand, benommen, blind.
Drava taumelte zurück, die Hände an die Schläfen gepresst.

„Was bin ich...?“

Später, allein, betrachtete er sein Spiegelbild – oder das, was davon übrig blieb. Schemenhaft. Scheu. Wie ein Echo eines Menschen. Haut wie Mondlicht, Augen wie flüssiges Menschen Blut. Aber in seinem Inneren: zwei Mächte.

Die des seelenlosen Menschen – keine Wut, kein Mitgefühl, innerliche leere.

Und die des Vampirs – machtvoll, kalt, unsterblich.

Ein Lächeln zuckte über seine Lippen. Traurig. Wissend.

„Ich bin beides.“

Noch.

Aber wie lange würde er sich selbst halten können?

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Gegenwart – Teil II – Der innere Konflikt – Kontakt mit der neuen Welt

von Drava Vincenzo » 05 Jul 2025, 12:20

Gegenwart – Teil II – Der innere Konflikt – Kontakt mit der neuen Welt

Die Erde war kalt und schmeckte nach Rost und Regen.
Nebel lag über dem alten Weg zum Anwesen der Vincenzos, der längst nicht mehr gepflegt wurde. Ein verwitterter Zaun, zerbrochene Statuen und Namen, die kein Mensch mehr kannte. Seine eigenen eingeschlossen.
Er war allein. Und lebendig. Auf seine neue, dunkle Weise.
Doch als er den Hügel verließ und die ersten Lichter am Horizont sah, kehrte kein Trost in seine kalte Brust zurück — nur Fassungslosigkeit.
Hoch ragten glatte Türme aus Glas und Stahl, grell erleuchtet wie Alchemie ohne Quelle. Unbekannte Zeichen blinkten auf Schildern, von elektrischen Funken belebt. Unheimliche Kutschen rasten auf schwarzen Wegen dahin, begleitet von gleißenden Lichtern und einem Knurren, das kein Tier von dieser Welt machen konnte.
Drava duckte sich instinktiv, als ein metallener Vogel mit kreischendem Getöse über ihn hinwegschoss. Die Luft zitterte. Er sprang zurück in den Schatten, presste sich an die Wand eines verwitterten Schuppens. Seine Augen blitzten, seine Reißzähne schnitten gegen seine Lippe.

„Was ist das für ein Reich?“

Die Sprache der Schilder war vertraut und fremd zugleich – verzerrt wie das Echo eines alten Liedes. Worte, Silben, Laute… alles hatte sich verschoben, gewandelt. Die Welt hatte ihn vergessen – und sich neu erfunden.
Er wanderte durch die Randbezirke von Britain. Verlassene Häuser. Zerfallene Bauernhöfe, in deren Ruinen nun Wilde schliefen. Er war ein Schatten in einer Welt aus Licht. In einer engen Seitengasse blieb er stehen.
Ein Mensch – jung, verwundet, blutend – stützte sich taumelnd gegen eine Wand. Der Geruch von Eisen, warm und frisch, erfüllte die Nacht wie ein Ruf in Dravas Schädel. Seine Sinne rasten. Das Pulsieren des Herzens des Mannes war wie ein Lied aus seinem tiefsten Hunger. Der Vampir trat aus dem Schatten. Der junge Mann hob den Kopf, erschrocken.

„W-was…?“

Drava spürte, wie seine Muskeln sich anspannten. Ein einziger Sprung, ein einziger Biss – und der Durst wäre gestillt. Doch dann sah er mehr. Die Angst. Die Verzweiflung. Die Hilflosigkeit. Wie oft hatte er selbst so geblickt – in Schlachten, am Sterbebett, in den Armen Landors. Er knurrte, wandte sich ab, als wolle er seinem eigenen Instinkt entrinnen.

„Nicht so.“

Sein Griff um den alten Dolch an seinem Gürtel spannte sich, bis die Knöchel weiß wurden. Er presste die Klinge gegen seine Handfläche. Blut tropfte – sein eigenes. Schwarz. Dick. Es half nicht gegen den Hunger, aber es erinnerte ihn: Er war mehr als das Tier in ihm.
Mit letzter Kraft schleppte er sich davon. Weg vom Menschen. Weg vom Blut. Die nächsten Nächte verbrachte Drava im Schatten. Er beobachtete – lernte. Menschen bewegten sich anders. Sie sprachen schnell, zu schnell. Ihre Kleidung war bunt und praktisch, ihre Waffen hart und laut. Ihre Fähigkeiten gaben ihnen Macht, die einst nur Magiern zustand. Er fand ein stilles Gebäude mit offenem Eingang. Innen: Bücher. Die Wissen sprachen, wenn man sie richtig las. Es dauerte. Doch er war ein Gelehrter gewesen, ein Krieger mit Verstand.
Nacht um Nacht saß er dort, verborgen im Dunkel, und las. Las über Kriege, Rassen, Revolutionen, neue Sprachen, neue Sitten, Über die Auslöschung der alten Adelshäuser, den Fall der Monarchien, das Aufblühen der Städte.
Er fand seinen eigenen Namen in einem alten Buch – „Die Familie Vincenzo: Blutige Chroniken einer Familie“. Eine Randnotiz. Ein Fluch. Und eine Warnung. Am dritten Abend wurde er beobachtet.
Drei Männer mit langen Mänteln, am Handgelenk den Talisman der Familie Vincenzo, betraten die Bibliothek. Zu ruhig. Zu gezielt. Ihre Augen glänzten wie Jäger. Zwei trugen ein Schwert — verborgen, aber Drava spürte es.

„Sie sind es. Seine Brüder.“

Drava wich zurück. Nicht aus Angst – aus Erkenntnis. Die Familie existierte noch.Und sie wussten, dass er zurück war. Noch bevor sie ihn erreichten, war er verschwunden – in den Schatten, zwischen die Gassen, zurück in die Dunkelheit. Doch nun wusste er:

Die Welt war neu. Voller Wunder. Voller Gefahren.

Aber auch mit seinen Geschwistern. Der Familie Vincenzo

Drava Vincenzo würde lernen, überleben – und entscheiden.

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Gegenwart – Teil I – Der innere Konflikt – Mensch gegen Vampir

von Drava Vincenzo » 04 Jul 2025, 21:35

Gegenwart – Teil I – Der innere Konflikt – Mensch gegen Vampir

Die alten Mauern der Halle atmeten Kälte. Kein Feuer brannte in den Kaminen, kein Laut durchbrach die frostige Stille. Nur das Echo seiner eigenen Schritte begleitete Drava Vincenzos durch die verlassene Finsternis. Der Staub vergangener Jahrhunderte schwebte in der Luft, durchzogen von Schatten, die sich bewegten, wenn er es nicht tat.
Er hielt inne. Die Stille war nicht leer. Sie war schwanger mit Erinnerung.
Drava legte eine Hand auf die steinerne Balustrade. Dort, wo einst Banner wehten, wo Schwerter klirrten im Namen von Ehre und Haus, hing nun nur Dunkelheit. Seine Finger, bleich wie Marmor, krallten sich fester in den Stein. Er konnte das Blut riechen. Nicht hier — nicht jetzt. Aber irgendwo. Durch Mauern, durch Zeit, durch Fleisch. Der Durst zog an ihm wie eisiger Wind an einem offenen Grab. In seinen neuen Sinnen war alles schärfer, verführerischer, gefährlicher. Ein Herzschlag konnte ihn locken wie einst eine sanfte Stimme. Ein Tropfen Blut war ein Versprechen, das er kaum abschlagen konnte.

Er fiel auf die Knie.

„Nein…“

Ein Flüstern. Kaum hörbar.

„Ich war mehr.“

Er presste die Augen zusammen, aber Dunkelheit half nicht gegen das, was von innen kam. Bilder schossen hoch: Das Lächeln von Vitorio, als er ihm den Talisman anlegte. Der warme Handschlag seines Bruders Mondo vor der letzten Schlacht. Das dröhnende Gelächter von Landor, seinem alten Mentor, als sie am Feuer saßen und von einer Zukunft sprachen, in der Monster nur noch Märchen waren.
Monster.

Jetzt war er eines.

Und doch... in ihm brannte ein kleiner, widerspenstiger Funke. Menschlichkeit. Ehre. Schuld. Er sah sie nachts in den Spiegeln, die ihn nicht mehr zeigten. Sah sie in Albträumen, die ihn schrien ließen, obwohl er keine Luft mehr zum Atmen brauchte. Die Gesichter derer, die er nicht beschützt hatte — die er vielleicht selbst getötet hatte, im ersten Rausch der Verwandlung.
Ein Ritter. Ein Räuber. Ein Richter. Ein Henker.

„Was bist du, Drava Vincenzos?“ hauchte er in die Leere.

Die Schatten antworteten nicht.

Er stand auf. Langsam. Wie jemand, der gelernt hatte, mit dem Schmerz zu gehen, anstatt gegen ihn. Die Halle dehnte sich vor ihm aus — zu groß, zu leer. Und doch war sie der einzige Ort, an dem er sich erinnern konnte, wer er gewesen war. Er durfte nicht schwach sein. Aber durfte er ganz Dunkelheit werden? Blut gab ihm Stärke. Doch mit jedem Tropfen spürte er, wie sich ein weiterer Teil seines alten Ichs auflöste wie Rauch im Wind. Drava trat an das große Eingangstor, ein Blick durch das kleine Fenster. Dahinter – ein fahles Licht. Kein Sonnenaufgang, aber vielleicht… Hoffnung?
Die Entscheidung lag vor ihm, nackt wie eine Klinge auf einem Altar. Er konnte sie ergreifen – und sich der Dunkelheit ergeben, die in ihm lauerte. Der Hunger würde weichen. Die Albträume würden verstummen. Und er wäre stark genug, seine Feinde zu vernichten.

oder…

Er würde den schmalen Grat zwischen Mensch und Vampir gehen. Nicht, weil es einfacher war — sondern weil es das Einzige war, das ihn an den Mann erinnerte, der er einmal war. Ein Vincenzo.
Ein Ritter. Kein Tier.

Die Kälte biss in seine Haut, doch Drava lächelte. Nur kurz.

„Ich bin nicht verloren. Noch nicht.“

Und mit schwerem Schritt verließ er das Gelände der Vincenzos und ging in die Nacht hinaus.
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Wiederauferstehung und Wandlung

von Drava Vincenzo » 04 Jul 2025, 21:32

Prolog – Teil I – Der Fluch eines Blutsbruders

Die Welt war in Dunkelheit gehüllt, doch es war nicht die sanfte Schwärze der Nacht, sondern eine kalte, uralte Finsternis, die tief unter den verwitterten Mauern eines vergessenen Anwesens lastete. Ein Jahrzehnt war vergangen, seit die Sonne zuletzt ihre Strahlen auf diesen verfluchten Ort geworfen hatte. Staub und Spinnweben bedeckten die hohen Holzbalken und zerfallenen Fresken, die von vergessenen Zeiten kündeten.

Inmitten dieser kalten Mauern lag er — Drava Vincenzo.

Einst ein stolzer Gildenlord der Lords of War, gefürchtet wie geachtet, nun ein Schatten dessen, was er einst war. Niemand erinnerte sich an jenen Tag als die schweren Eisentore sich knarrend öffneten und Drava Vincenzo schwer verletzt das Anwesen nur mit Hilfe Landors betrat. Nebelschwaden zogen durch den nächtlichen Hof, kalt und feucht, als wollten sie jeden Eindringling warnen.

Drava taumelte.

Der schwarze Umhang der Lords of War war zerrissen, das schwarze Leder klebte an einer Wunde, die selbst sein seelenloses Fleisch kaum zu heilen vermochte.
Blut — kostbar und schwach — rann aus einem Riss in seiner Seite.

Seine Feinde hatten ihn beinahe erwischt.

Nur mit letzter Kraft hatte er den Weg durch den Bergpass gefunden, getrieben von Hoffnung... und von Verzweiflung in die Arme seiner Brüder zu fallen.

Er stand vor der dunklen Pforte des alten Anwesens der Vincenzos, die Hände gegen den kalten Stein gelehnt.

Ein Wispern in der Luft.
Ein uralter Blick, der ihn spürte, noch ehe ein Wort gesprochen war.

„...Drava...!?“

Die Stimme kam von oben, aus dem Turm einer Galerie.
Tief, rau, schwer aber voller Sorgsamkeit.

Und dann trat er hervor: Landor Vincenzo.

Sein Antlitz war wie immer furchteinflößend — Die Jahrhunderte als Vampir hatten Spuren hinterlassen, und doch: in den roten Augen loderte noch derselbe Funke, der einst seinen Blutsbruder geleitet hatte.

Er trug eine lange Robe aus dunklem Stoff, an dessen Saum Symbole alter Blutmagie eingewoben waren. In seiner Rechten hielt er ein Pech schwarzen Stab — nicht als Waffe, sondern als Zeichen der Beherrschung über sich selbst, so wie es jeder Erzmagier der Schattenwelt geschworen hatte.

„Du Narr...“, raunte Landor und war mit übernatürlicher Geschwindigkeit an Dravas Seite.
Mit nur einer Geste öffnete er die Tür.

„Komm. Diese Wunden… sie brennen im Fleisch. Du brauchst altes Wissen — und... meinen Beistand.“

Drava wollte sprechen, doch Blut sickerte zwischen seinen Lippen.

„Schweig!“, befahl Landor, seine Stimme fest, doch nicht ohne Wärme, weil er spürte, was mit seinem Blutsbruder vermutlich geschehen würde.
„Du bist mein Bruder. Und ich habe dich erwartet.“

Er trug Drava mit Leichtigkeit durch steinerne Gänge des Anwesens, in eine Halle, erfüllt vom Duft alter Kräuter und nur von Kerzenlicht erhellt.
Am Ende stand ein schwerer Tisch, bedeckt mit einem Runentuch der Familie.

Dort legte Landor ihn nieder.
Sein Blick glitt prüfend über Dravas Wunden.

„Du hast gekämpft. Und du hast überlebt. Das ist gut.“
Er beugte sich tiefer, sein kalter Atem an Dravas Ohr:

„Dein Blut fließt in mir. Mein Blut in dir. Und durch mich wirst du nicht enden, sondern beginnen.“

„Doch höre mich, Bruder: Von nun an werden die Schatten dich immer jagen. Der Fluch, der uns bindet, ist stärker geworden. Und diese Welt… ist grausamer als je zuvor.“

Sein Griff ruhte auf Dravas Schulter.

Ein Funke von Stolz — und Sorge — blitzte in seinen Augen auf.

„Denn die Nacht duldet keine Schwäche.“

Die Nacht war tief und schwer, in den Hallen der Familie Vincenzo.
Nur das leise Tropfen von Wasser aus den steinernen Wänden durchbrach die Stille.

Inmitten eines weiten Raumes lag Drava Vincenzo — bleich, reglos, zwischen Leben und Tod auf einem Steintisch, bedeckt mit einem Runentuch.
Die Wunden an seiner Seite wurden durch Landor nur notdürftig versorgt, mit dem Wissen es war nicht das Fleisch, das Landor Sorge bereitete.

Er wusste es besser als jeder andere: dies war nicht bloß ein Schlaf zur Heilung.
Dies war die Schwelle.

Die Schwelle, an der der Mensch stirbt, sein Blutsbruder — und das, was bleibt, zum Wesen der Nacht wird.

Landor saß im Schatten einer Säule, sein Blick unablässig auf Drava gerichtet.
In seiner Hand der Talisman der Familie Vincenzo: das Symbol ihrer Blutsbruderschaft.

„Drava...“, sprach er leise in die Dunkelheit.
„Ruh dich aus. Wenn du wieder zu Kräften kommst… wirst du lernen müssen. Mehr als ich dich je lehrte.“

Seine Stimme war heiser, voller Sorge.

Er erinnerte sich an jenen jungen Mann voller Ehre und Trotz, der ihm einst schwor:
"Wir bleiben Brüder, egal welcher Fluch uns auf erzwungen wird."

Doch Landor wusste, wie grausam der Fluch war.
Er selbst hatte Jahrhunderte gerungen — mit Hunger, Wahnsinn, Verlockung der Macht und das Verstoßen der eigenen Rasse.
Er wusste, wie leicht es war, die Menschlichkeit zu verlieren... und wie schwer, sie festzuhalten.

Langsam stand er auf.
Er trat an den steinernen Tisch, senkte sich auf ein Knie und legte eine kühle Hand auf Dravas Stirn.

„Du wirst dich ändern... das ist unausweichlich. Aber vielleicht — nur vielleicht — bleibt in dir, was uns verband.“

Sein Blick verfinsterte sich.

„Denn solltest du zum reinen Raubtier werden… so schwöre ich, Bruder oder nicht… ich werde es beenden.“

Die Worte hallten schwer in der Halle nach.
Landor senkte das Haupt.

Und so wachte er, Stunde um Stunde, ohne zu blinzeln, während Dravas Herz im Takt der uralten Verwandlung langsam neu zu schlagen begann — anders, dunkler.

Die Schwelle war nah.
Bald würde sich zeigen, ob Mensch oder Monster aus dem Schlaf erwachen würde.

mehr an den Tag, als er hierher verbannt worden war, gebannt in einen uralten Schlaf zwischen Leben und Tod.

Ein Fluch, einst von einem sterbenden Blutsbruder geflüstert, hatte ihn verzehrt: "Du sollst ewig wandeln zwischen Licht und Schatten — ohne Alter, ohne Frieden."

Und so schlief er.

Bis heute.
....

Prolog – Teil II – Neues Blut – Das Erwachen

Ein Wispern zog durch die Finsternis. Erst leise, kaum wahrnehmbar — dann lauter, drängender. Fremde Stimmen riefen ihn, sprachen von einer neuen Welt, von Blut, von Sehnsucht.

Seine Augen — einst schwarz wie die Nacht, ohne Seele — rissen auf, nun von tiefem Rubinrot durchzogen. Sein erster Atemzug war kein Luftschnappen, sondern ein leises Knurren, eine urtümliche Gier, die seine Kehle emporstieg. Muskeln spannten sich, altes Leder zerbarst, als Drava sich auf dem kalten Steintisch erhob.

Doch etwas war anders.

Der Durst brannte wie Feuer in seinen Adern. Seine Sinne waren geschärft, jeder Tropfen Wasser in den moosbedeckten Mauern klang in seinen Ohren, jeder faulige Hauch roch wie süßer Nektar. In seinen Adern pulsierte nicht mehr das Blut eines Menschen.

Er war verwandelt.

Ein Kind der Nacht.

Ein Vampir.

Und während sich das uralte Tor unter seinen Berührungen öffnete und der erste schwache Lichtschein der Mondsichel über seine bleiche Haut glitt, sprach er mit heiserer Stimme in die Dunkelheit:

"Meine Feinde werden meinen Namen erneut flüstern — Drava Vincenzo ist erwacht."
....

Prolog – Teil III – Schatten der Erinnerung

Das Mondlicht fiel in schmalen Streifen durch die zerborstenen Fenster der alten Halle. Staub tanzte in der kühlen Luft, als Drava Vincenzo langsam durch die verfallenen Hallen des einst prächtigen Turms schritt. Jeder Schritt hallte wider — nicht nur im Gemäuer, sondern auch in seinem Geist.

Seine Sinne waren geschärft, seine neue Stärke pulsierte in jeder Faser. Doch während sein Körper erwacht war, lag in seinem Herzen noch ein Hauch der Vergangenheit verborgen.

Er blieb vor einem zerbrochenen Spiegel stehen. Das angelaufene Glas zeigte nur schemenhaft sein blasses Antlitz — rote Augen, fahle Haut, ein Gesicht, das weder Leben noch Tod kannte.

Und dann kamen die Bilder.

Erinnerungen.

Wie eine Sturmflut brachen sie über ihn herein.

Er sah sich selbst, jung und stolz, in glänzender Rüstung. Ein Banner mit dem Wappen des Hauses Vincenzo flatterte im Wind. Seine Hände umklammerten den Griff eines Schwertes, das einst für Recht und Ehre geschwungen wurde.

Die Turniere von Jhelom, die Schlachten von Britain...

Lachen. Stimmen von Freunden, längst vergangen.

Und dann — ein Gesicht.

Landor.

Der Verstoßene, sein Blutsbruder.

Die Bilder flackerten. Der Krieg. Verrat. Der Hinterhalt auf ihn - Ein letzter Schrei, ein letzter Atemzug — dann Dunkelheit. Ein Schlaf ohne Ende.

Bis jetzt.

Drava ballte die Hände zu Fäusten. Die Erinnerung an die Leichtigkeit, dass seelenlose. Das, was ihn einst ausmachte, schien so fern — und doch war es in seinem Herzen nicht erloschen.

„Was bin ich geworden...?“ flüsterte er in die Stille.

Der Vampir in ihm gierte nach Blut, nach Macht. Doch der Mensch in ihm... sehnte sich nach mehr. Nach Sinn, nach Erlösung, vielleicht.

Drava trat näher an den Spiegel. Sein Gesicht spiegelte sich matt im Glas: hohe eingefallene Wangenknochen, graue Strähnen im perlenweißen Haar, und in den Robin roten Augen lag eine Schwere, die Jahre, wenn nicht Jahrzehnte umspannte.

Er hob die Hand, fuhr mit den Fingerspitzen über die glatte Fläche. Kaum hatte er das kalte Glas berührt, begann es zu leuchten — sachte erst, dann stärker, bis das Spiegelbild verschwamm und einer anderen Szene wich:

Ein sonnendurchfluteter Garten. Lachen von Kindern.
Eine Ehepaar, glücklich und völlig unberührt von der Schwere des Lebens — seine Eltern, die Geschichte der Familie Vincenzo.
....

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