Das Klagelied der zwei Seelen
Verfasst: 03 Aug 2025, 07:13
Das Klagelied der zwei Seelen
Die Nacht im Yew Wald war eine Kathedrale aus Stille und Silber. Der Mond stand hoch, ein makelloses, leuchtendes Auge am Firmament, und sein Licht war kein bloßer Schein, sondern eine greifbare Präsenz. Es floss wie flüssiges Quecksilber durch die Äste der uralten Bäume, malte geisterhafte Muster auf das Moos und verwandelte jeden Tautropfen in einen winzigen, gefangenen Stern.
Die Luft war kühl und roch nach feuchter Erde und dem Versprechen von Tau. Alniira stand in der Mitte der Lichtung, das Schwert locker in der Hand. Die Bedrohung, die am Rande ihres neuen Zuhauses lauerte, war eine kalte, schwere Last in ihrem Herzen. Sie war nicht hier, um Antworten zu finden. Sie war hier, um den Schmerz zu verstehen, der drohte, sie zu zerreißen.
Sie schloss die Augen. Der Tanz begann nicht mit einer Bewegung, sondern mit einem Atemzug, der die kühle, reine Nachtluft tief in ihre Lungen zog. Als sie ausatmete, ließ sie die Welt der Sinne los und tauchte ein in den Raum hinter ihren Lidern, wo die Grenzen zwischen Erinnerung, Gebet und Realität zu verschwimmen begannen.
Vor ihrem geistigen Auge sah sie das Bild des Waldes. Das Bild des Rudels, das friedlich schläft, ein Knäuel aus Vertrauen und Wärme. Das Bild von Rianons ruhiger Präsenz. Das Bild der Welpen, deren unschuldiges Spiel die reinste Form der Freude war. Eine Welle so tiefer, so schmerzhafter Liebe durchflutete sie, dass es ihr die Kehle zuschnürte.
Doch dann, am Rande des Zusammenbruchs, fand sie einen Anker. Die Lehre ihrer Göttin. Sie würde die Schönheit nicht aus Furcht zerstören. Sie würde kämpfen. Aber nicht aus Hass. Sondern aus Liebe. Und Liebe war Schmerz.
Langsam, mit einer unendlichen Anstrengung, die mehr geistig als körperlich war, begann sie, die beiden Tänze zu vereinen. Die sanften, schützenden Bögen der Schönheit vermischten sich mit den scharfen, präzisen Stößen des Kampfes. Die Kraft des Wolfes war nicht länger blinde Wut, sondern der Treibstoff für die tödliche Anmut einer Dunkelelfe. Das Mondlicht schien diese Entscheidung zu spüren. Es floss nicht mehr nur um sie herum. Es strömte auf sie herab, hüllte sie in eine Säule aus reinem, pulsierendem Silber. Die Grenze zwischen Realität und Vision löste sich vollständig auf.
Auf dem Höhepunkt dieser Vereinigung, als sie eins war mit der Klinge, dem Mondlicht, der Drow und dem Wolf, warf sie den Kopf zurück.
Ihre Lippen öffneten sich, und ein Schrei brach aus ihr hervor. Er begann als der klare, scharfe Kampfschrei einer Drow, eine Kriegserklärung an die Finsternis. Doch auf halbem Weg wurde er von einer tieferen, wilderen Kraft gekapert. Er schwoll an zu dem rohen, ungefilterten Heulen eines Wolfes, ein markerschütternder Laut, der von den alten Bäumen des Yew Waldes widerhallte. Die beiden Klänge verschmolzen zu einem einzigen, untrennbaren Ausdruck ihrer gesamten Seele. Es war ein Heulen der Trauer um das verlorene Leben, ein Heulen der Wut gegen den marschierenden Tod, und ein Heulen der wilden, unerschütterlichen Liebe für die Welt, die sie nun beschützen würde.
So plötzlich wie er begonnen hatte, endete der Schrei. Eine absolute, friedliche Stille senkte sich über die Lichtung. Alniira stand da, das Schwert locker in der Hand, ihr Atem kam in weißen Wolken. Sie war erschöpft, aber sie war in ihren innersten Vereint mit dem Wolf.
Und sie war bereit...
Die Nacht im Yew Wald war eine Kathedrale aus Stille und Silber. Der Mond stand hoch, ein makelloses, leuchtendes Auge am Firmament, und sein Licht war kein bloßer Schein, sondern eine greifbare Präsenz. Es floss wie flüssiges Quecksilber durch die Äste der uralten Bäume, malte geisterhafte Muster auf das Moos und verwandelte jeden Tautropfen in einen winzigen, gefangenen Stern.
Die Luft war kühl und roch nach feuchter Erde und dem Versprechen von Tau. Alniira stand in der Mitte der Lichtung, das Schwert locker in der Hand. Die Bedrohung, die am Rande ihres neuen Zuhauses lauerte, war eine kalte, schwere Last in ihrem Herzen. Sie war nicht hier, um Antworten zu finden. Sie war hier, um den Schmerz zu verstehen, der drohte, sie zu zerreißen.
Sie schloss die Augen. Der Tanz begann nicht mit einer Bewegung, sondern mit einem Atemzug, der die kühle, reine Nachtluft tief in ihre Lungen zog. Als sie ausatmete, ließ sie die Welt der Sinne los und tauchte ein in den Raum hinter ihren Lidern, wo die Grenzen zwischen Erinnerung, Gebet und Realität zu verschwimmen begannen.
Vor ihrem geistigen Auge sah sie das Bild des Waldes. Das Bild des Rudels, das friedlich schläft, ein Knäuel aus Vertrauen und Wärme. Das Bild von Rianons ruhiger Präsenz. Das Bild der Welpen, deren unschuldiges Spiel die reinste Form der Freude war. Eine Welle so tiefer, so schmerzhafter Liebe durchflutete sie, dass es ihr die Kehle zuschnürte.
Ihre Bewegungen waren sanft, fast zärtlich, aber von einer unendlichen Traurigkeit durchzogen. Sie führte das Schwert in weiten, schützenden Bögen um sich herum, als würde sie eine unsichtbare, zerbrechliche Kugel aus Licht umarmen, die jeden Moment zu zerbrechen drohte. Jeder Schritt war leise, eine liebkosende Berührung auf dem weichen Moos, ein verzweifelter Versuch, die Schönheit festzuhalten. In ihrer Vision schien das Mondlicht auf ihre Bewegungen zu reagieren. Es wurde zu einem Partner, einem silbernen Schleier, den sie mit ihrer Klinge webte. Der Wolf in ihr, der sonst so unruhig war, legte sich in ihrer Seele nieder, sein Atem war ein tiefes, klagendes Winseln. Er spürte ihre Angst, diese neue, zerbrechliche Welt zu verlieren.Alniira hat geschrieben:Einst, als mein Herz nur ein kalter Stein war, hast du mir die erste Wahrheit gezeigt, Herrin. Du hast mir beigebracht, sie zu sehen.
Ihr Tanz wurde zu einem stillen Zwiegespräch mit ihrer Umgebung. Sie verneigte sich vor einem einzelnen Farn, der sich im Mondlicht entrollte, und eine Träne löste sich aus ihrem geschlossenen Auge und fiel auf das Blatt. Ihre Klinge strich sanft über die Oberfläche eines Tautropfens, ohne ihn zu zerteilen, und ließ ihn für einen Moment wie eine gefangene, einsame Seele funkeln.Alniira hat geschrieben:Siehe: Dies ist Schönheit. Und ich weiß nun: Schönheit lebt von Liebe. Davon, dass man sie betrachtet und mit Silbertränen streichelt...
Doch dann, als die Liebe am größten war, schlich sich die Kälte ein. Ein Gedanke an Elashinn. Ein Bild von Lyr'sa, gefangen in ihrer kalten Loyalität. Die Erinnerung an die leeren, toten Augen der Untoten. Der Tanz gefror. Die sanfte, fließende Bewegung zerbrach in tausend Stücke.Alniira hat geschrieben:...ihr mit Kinderzungen schmeichelt und sie wie das eig'ne Leben achtet.
Ihre Bewegungen wurden scharf, eckig, nach innen gekehrt. Sie stieß mit dem Schwert nicht nach außen, sondern in ihre eigene Mitte, stoppte die Klinge nur einen Hauch vor ihrer Brust. Es war der Tanz eines Gefangenen in einer unsichtbaren Zelle. Der Wolf in ihr erwachte mit einem gequälten Aufheulen. Dies war die Welt, die er hasste, die Welt der Lügen und der Angst, die ihn zu einer Bestie gemacht hätte. Das Mondlicht schien kälter zu werden, die Schatten auf der Lichtung wurden zu lauernden, feindseligen Kreaturen, die aus ihrer eigenen Vergangenheit krochen.Alniira hat geschrieben:Und du hast mir auch die zweite Wahrheit gezeigt. Die Dunkelheit, die noch immer in mir wohnt.
Ihr Tanz wurde zu einer schmerzhaften Pantomime der Einsamkeit. Sie drehte sich von imaginären Freunden weg, stieß helfende Hände fort, ihre Bewegungen voller Abweisung und selbstzerstörerischem Stolz. Der Wolf in ihr riss an seinen Ketten, seine Wut nährte sich an ihrer Verzweiflung. Sie erinnere sich an die Dunkelelfen in Elashin, sah die kalte Drow, die sie hätte werden können, die sie vielleicht noch immer war.Alniira hat geschrieben:Siehe: Dies ist Feigheit. Und ich weiß nun: Feigheit wird durch Angst genährt. Durch Augen, die vor Wahrheit flieh'n und Tränen, die nach innen fließen...
Sie sah die Untoten vor sich, die durch den Wald marschierten. Sie waren die ultimative Konsequenz dieser Wahrheit. Körper, die sich selbst den Rücken gekehrt hatten, Seelen, die den Tod in sich gesät hatten und nun nichts als Tod verbreiteten. Und sie erkannte mit schrecklicher Klarheit, dass ein Teil dieser Leere, dieser Feigheit, noch immer in ihr war.Alniira hat geschrieben:...niemandem den Raum mehr ließen, in dein Leben einzuzieh'n. Denn wer sich selbst den Rücken kehrt, säht Tod in sich und Einsamkeit.
Der Konflikt zerriss sie. Die sanfte Melodie der Schönheit und das harte, kalte Klirren der Feigheit. Der friedliche Wolf und die wütende Bestie. Der Tanz wurde zu einem chaotischen, verzweifelten Kampf. Sie schlug um sich, wehrte unsichtbare Angriffe ab und griff sich gleichzeitig selbst an. Sie war gefangen zwischen den beiden Wahrheiten, unfähig, eine zu wählen.Alniira hat geschrieben:Und wer diesen Tod in sich trägt... trägt alle nun zu Grabe.
Doch dann, am Rande des Zusammenbruchs, fand sie einen Anker. Die Lehre ihrer Göttin. Sie würde die Schönheit nicht aus Furcht zerstören. Sie würde kämpfen. Aber nicht aus Hass. Sondern aus Liebe. Und Liebe war Schmerz.
Langsam, mit einer unendlichen Anstrengung, die mehr geistig als körperlich war, begann sie, die beiden Tänze zu vereinen. Die sanften, schützenden Bögen der Schönheit vermischten sich mit den scharfen, präzisen Stößen des Kampfes. Die Kraft des Wolfes war nicht länger blinde Wut, sondern der Treibstoff für die tödliche Anmut einer Dunkelelfe. Das Mondlicht schien diese Entscheidung zu spüren. Es floss nicht mehr nur um sie herum. Es strömte auf sie herab, hüllte sie in eine Säule aus reinem, pulsierendem Silber. Die Grenze zwischen Realität und Vision löste sich vollständig auf.
Auf dem Höhepunkt dieser Vereinigung, als sie eins war mit der Klinge, dem Mondlicht, der Drow und dem Wolf, warf sie den Kopf zurück.
Ihre Lippen öffneten sich, und ein Schrei brach aus ihr hervor. Er begann als der klare, scharfe Kampfschrei einer Drow, eine Kriegserklärung an die Finsternis. Doch auf halbem Weg wurde er von einer tieferen, wilderen Kraft gekapert. Er schwoll an zu dem rohen, ungefilterten Heulen eines Wolfes, ein markerschütternder Laut, der von den alten Bäumen des Yew Waldes widerhallte. Die beiden Klänge verschmolzen zu einem einzigen, untrennbaren Ausdruck ihrer gesamten Seele. Es war ein Heulen der Trauer um das verlorene Leben, ein Heulen der Wut gegen den marschierenden Tod, und ein Heulen der wilden, unerschütterlichen Liebe für die Welt, die sie nun beschützen würde.
So plötzlich wie er begonnen hatte, endete der Schrei. Eine absolute, friedliche Stille senkte sich über die Lichtung. Alniira stand da, das Schwert locker in der Hand, ihr Atem kam in weißen Wolken. Sie war erschöpft, aber sie war in ihren innersten Vereint mit dem Wolf.
Und sie war bereit...