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Schreiben an Lady Bareti

Verfasst: 16 Mai 2025, 08:44
von Shezar
Es war ein später Nachmittag, als der Bote erschien – ein Mann mittleren Alters, schlicht gekleidet, aber mit auffallend ruhigem Auftreten. Keine Abzeichen, kein Siegel, keine sichtbare Bewaffnung. Nur ein kleiner Lederbeutel an seinem Gürtel und ein Schriftstück, sauber versiegelt, in dunklem Wachs.
Er betrat Die Taverne nicht mit Eile, sondern mit der Selbstverständlichkeit eines Mannes, der wusste, dass er erwartet werden würde – auch wenn niemand ihn bestellt hatte. Mit einem knappen Nicken gegenüber dem Personal und einer abschätzenden Musterung der Gäste trat er an Lady Bareti heran, verbeugte sich leicht und sprach mit ruhiger Stimme:

„Ein Schreiben aus den Händen jener, die den Schatten nicht meiden. Es ist für Eure Augen bestimmt – und nur für diese.“

Ohne weitere Erklärung überreichte er das versiegelte Dokument.

Dann verbeugte er sich erneut – tief genug, um höflich zu sein, aber nicht tief genug, um sich zu unterwerfen – und verließ den Raum, ohne ein Wort mehr zu verlieren.

Das Wachssiegel zeigt ein schwarzes B und erinnert an die Farbe von Blackrock.

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An Lady Bareti

in Anerkennung Ihrer Position und Ihres Wirkens im Handelswesen Velmorras

Werte Lady Bareti,

es entbehrt nicht der Wahrheit, dass Ihr Haus und unsere Vereinigung derzeit die entscheidenden Kräfte auf dem Markt darstellen. Unsere Waren, unsere Mittel und unser Einfluss formen in weiten Teilen Angebot wie Nachfrage. Doch wo zwei Händler denselben Markt in Brand setzen, bleibt am Ende nur Asche – nicht Gewinn.

Wir beobachten, dass die wachsende Konkurrenz zwischen unseren Strukturen – insbesondere durch gezielte Preisunterbietungen – nicht nur den Ertrag mindert, sondern langfristig die Stabilität des Marktes gefährdet. Der Wert des Handwerks sinkt, Vertrauen in Qualität schwindet, und die Kunden lernen, Unsicherheit zu kaufen statt Verlässlichkeit. Im Sinne beider Seiten schlage ich daher vor, eine Vereinbarung zu treffen, die Klarheit schafft – für Käufer, Anbieter und für uns selbst. Eine stille Übereinkunft, die Preise nicht willkürlich zu drücken. Nicht als Bündnis – sondern als Regulierung zwischen Kräften, die wissen, was sie verlieren könnten. So sichern wir gemeinsam den Ertrag, die Kontrolle – und den Ruf beider Strukturen.

Sollte Euch diese Überlegung zusagen, bin ich bereit für ein vertrauliches Gespräch – zu Zeit und Ort, wie Ihr sie bestimmt.

In Respekt

Shezar

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Eine Antwort erreicht Lord Shezar

Verfasst: 16 Mai 2025, 13:08
von Bareti
Es war später Abend, als ich den Brief öffnete. Noch lag die Wärme des Mostglases in meiner Hand, doch die Zeilen darauf kühlten den Moment – nicht durch Drohung, sondern durch Deutlichkeit. Keine Boten hatte ich erwartet, keine Worte dieser Art. Und doch kam einer, still, korrekt, beinahe zu glatt. Die Art von Auftreten, die zwischen Achtung und Anspruch schwankt.

Ich fragte mich: Was meint er wirklich? Meint er Schutz – oder Kontrolle? Partnerschaft – oder Stillstellung? Ist es Sorge um das Handwerk oder Furcht vor dem Verlust von Einfluss? Vielleicht alles zugleich. Vielleicht spiegelt dieses Schreiben auch nur die eigene Unsicherheit wider, in einer Zeit, in der Wandel unausweichlich scheint.

Ich nahm einen weiteren Schluck, ließ die Worte sacken. Die Wahl des Siegels, die Formulierungen, das Angebot einer „stillen Übereinkunft“ – all das sprach von Macht, von Kalkül, aber auch von einem gewissen Respekt. Kein Versuch, zu täuschen. Kein Versuch, zu schmeicheln. Sondern ein Angebot, das sich seiner Wirkung bewusst war.

Ich las, und ich dachte lange nach. Dann schrieb ich.

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Antwort an Lord Shezar

Werter Lord Shezar,

es überrascht mich, in einer so direkten wie höflichen Weise von Euch zu hören – und das, obwohl wir einander meines Wissens nach bislang nicht begegnet sind. Umso mehr danke ich für die Klarheit Eures Schreibens und die Offenheit der Worte, die mir überbracht wurden. Selten kommen solche Botschaften ohne Fesseln oder versteckte Klingen – und auch wenn ich mir nicht anmaße, zwischen den Zeilen alles zu erkennen, so schätze ich die Geradlinigkeit, mit der Ihr Euch an mich wendet.

Ich verstehe Euer Anliegen. Auch ich teile die Sorge, dass zu tiefe Preise am Fundament des Handwerks rütteln könnten. Wenn nur noch das billigste Gold glänzt, verlernen wir, echten Wert zu schätzen. Und doch glaube ich: Nicht Preisabsprachen sichern Qualität, sondern Haltung. Nicht Regulierung von oben, sondern Verantwortung vor Ort. Der Ruf eines Hauses gründet nicht auf seinem Einfluss, sondern auf seiner Verlässlichkeit.

Die Taverne steht für freien Handel, aber nicht für rücksichtslosen. Sie bietet Raum für Vielfalt, aber nicht für Ausbeutung. Sie wächst aus dem Vertrauen jener, die sich nicht beugen lassen – weder von Gier noch von Drohung. Und so sehe ich keinen Widerspruch darin, ein Gespräch zu führen – ohne Masken, ohne Fallstricke. Nicht als Bündnis, nicht als Drohung. Sondern als Austausch zweier Stimmen, die um Wirkung wissen und um die Folgen ihrer Worte.

Vielleicht liegt Stärke nicht im Schweigen, sondern im Dialog. Vielleicht kann ein solches Gespräch Missverständnisse lösen, bevor sie zu Misstrauen werden. Wenn Ihr bereit seid, schlage ich vor: Kommt in die Taverne. Nicht als Lord, nicht als Vertreter eines Kreises. Sondern als Gast.

Ich versichere Euch, dass kein Hinterhalt, kein Spott und keine List Euch dort erwarten. Nur Worte, offenes Feuer – und ein Glas, wenn Ihr wollt. Und wer weiß – vielleicht findet sich dabei sogar ein gemeinsamer Grund, auf den sich bauen lässt, ohne den Preis der Freiheit zu zahlen.

In Beobachtung, mit Bedacht – und Gesprächsbereitschaft,

Bareti
Wirtin der Taverne,
Magierin aus Gewohnheit,
und nicht zuletzt:
Freie Stimme Velmorras

Re: Schreiben an Lady Bareti

Verfasst: 20 Mai 2025, 19:32
von Shezar
Der Keller war still, bis auf das leise Knacken von Knochen unter präzisen Schnitten. Shezar beugte sich über den entseelten Körper eines Mannes – einst ein Magier des Ordens von Krehl nun Präparat. Keine Bewegung war hastig, jeder Schnitt Teil eines größeren Zwecks. Als das Werk vollendet war, legte Shezar die Instrumente beiseite und stieg schweigend die Treppe hinauf in den Turm.

Oben im Arbeitszimmer wartete der Brief – versiegelt, wie es sich gehörte, und ihm am Tage von einem stummen Boten überreicht. Erst jetzt, in der Stille der oberen Gemäuer, brach Shezar das Siegel. Seine Augen glitten über Lady Baretis Worte. Im Anschluss legte er den Brief zur Seite, griff zur Feder und begann zu schreiben.

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Antwort an Lady Bareti

Werte Lady Bareti,

euer Schreiben hat mich erreicht – klar in der Haltung, reich an Einsicht. Ich danke Euch für die Offenheit, mit der Ihr sprecht, und die Ruhe, mit der Ihr dem Austausch entgegentretet. In einer Welt, die oft nur über Lautstärke verhandelt, ist beides selten.

Ihr habt recht: Nicht Preisabsprachen sichern Qualität – wohl aber der Wille, den Markt nicht zu entehren. Verantwortung ist kein Vertrag, sondern eine Haltung, und ich erkenne in Euren Zeilen, dass Ihr diese Haltung teilt – auch wenn unsere Wege, sie zu tragen, unterschiedlich sein mögen.

Dass Ihr zu einem Gespräch bereit seid, ehrt Euch. So schlage ich vor: Der siebte Tag nach dem nächsten Neumond, zur achten Abendstunde.

In der Taverne, wie Ihr es wünscht. Kein Begleitschutz, kein Schatten im Rücken aber meinen Stellvertreter an meiner Seite.

In Anerkennung Eurer Worte

Shezar


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