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Der Ork in der Mine

Verfasst: 06 Jul 2025, 09:38
von gelöschter Charakter_533
Die Luft in der Minoc-Mine war dick und schwer wie altes Öl, vermischt mit dem beissenden Geruch von Erzstaub und Schweiß. Ich hatte mich tief unter die Erde vorgewagt, tiefer als die meisten es wagten. Der Lohn war es wert — eine vielversprechende Ader, Eisen von seltener Reinheit. Jeder Hieb meiner Spitzhacke hallte wie ein dumpfer Trommelschlag durch den Stollen, begleitet vom Tropfen unsichtbarer Wasseradern in der Dunkelheit.

Der Schweiß rann mir in die Augen, brannte auf der Haut, während ich meine Karre langsam mit den mattschimmernden Brocken füllte. Ich dachte an den Lohn, an das neue Messer, das ich mir schmieden wollte — doch das Schicksal dieser Mine hatte selten Platz für Träume.

Denn was an jenem Tag kam, war kein Felssturz und keine giftige Gasblase.

Begegnung im Halbdunkel

Ein Poltern, dumpf und schwer wie das Tappen eines Trolls auf nassem Stein, drang aus dem Nebentunnel. Sofort verstummten die anderen Schürfer, nur das stetige Tropfen blieb. Dann trat er ins Licht einer rußigen Grubenlampe — ein bulliger Ork, das Gesicht eine Landkarte aus alten Narben. Seine Axt, rostig und dennoch tödlich, hing locker in seiner Pranke. Borok.

Sein Name war uns allen bekannt. Jeder wusste, was passierte, wenn man ihm in die Quere kam.

„Du da“, knurrte er, trat gegen meine Karre, dass die Eisenbrocken klirrten. „Das hier mein Stollen. Wer graben will, zahlt.“

Ich richtete mich langsam auf, das Herz ein pochender Stein in meiner Brust. Ich spürte den Ruß auf meinem Gesicht, spürte meine müden Muskeln — aber wich seinem Blick nicht aus. Ich hasste dieses Spiel.

„Ich arbeite für Minoc“, sagte ich ruhig, die Worte schmeckten bitter. „Du hast hier kein Recht.“

Borok lachte. Dieses Geräusch — wie Felsen, die sich übereinander schieben, tief und kehlig. „Mein Recht ist die Axt, Mensch. Ein Barren pro Tag. Oder du gräbst nie wieder.“

Zähneknirschender Handel

Ich wusste, dass kein Wächter herabsteigen würde, um mich zu schützen. Minoc kümmerte sich nicht um das, was hier unten geschah. Und niemand von den anderen würde zwischen mich und diesen Schlächter treten.

Also biss ich den Zorn hinunter, griff einen frisch gegossenen Barren vom Karren, spürte sein Gewicht, sein Potential — und warf ihn ihm vor die Füße.

„Nimm ihn“, sagte ich, „und lass mich meine Arbeit machen.“

Borok bückte sich, wog den Barren in seiner Pranke und brummte ein zufriedenes Geräusch. „Solange du zahlst, schürf weiter. Aber vergiss nicht: Hier unten bestimme ich.“

Dann drehte er sich um und verschwand wieder im Dunkel des Stollens, seine Schritte scharrten über den Boden, bis selbst das Echo verklang.

Ein rauer Pakt

Seit diesem Tag musste ich zahlen. Ein Barren täglich — Tribut an rohe Gewalt. Ich schürfte weiter, schwieg und wartete. Doch tief in mir glomm ein Zorn, heiß und geduldig, wie geschmolzenes Metall.

Eines Tages, so schwor ich mir zwischen den Schatten und dem Schimmer schmutziger Grubenlampen, würde Borok seinen Preis zahlen.

Doch bis dahin blieb mir nichts als die Hacke, der Stein — und die Zeit.