von Lucio Fernandez » 25 Nov 2025, 20:03
In den vergangenen Monden hatte sich der Krieger notdürftig in einem alten Haus in den Slums von Düsterhafen eingerichtet. Das morsche Gebälk ächzte in den windigen Nächten, während der salzige Atem des Meeres sich mit dem Moder der morschen Balken und dem Gestank der Abwässer aus den engen Gassen vermischte. Doch trotz dieser widrigen Umstände fand Lucio dort etwas, das er längst verloren geglaubt hatte: einen Alltag. Eine Aufgabe. Etwas, das seine Hände beschäftigte und seinen Geist davon abhielt, zu den brennenden Steinen und dem entsetzlichen Abbild der Parallelwelt zurückzuschweifen, die seine alte Existenz unwiderruflich verschlungen hatte.
In einer verlassenen Ruine, unweit seiner Bleibe, stieß er auf ein rostiges Beil, das er mit einem neuen Stiel versah. Damit gelang es ihm, die kommenden Tage genug Holz zu schlagen, um das zerfallene Dach zu flicken und die zügigen Fenster zu reparieren. Erst als das Haus nach Wochen harter Arbeit wieder einen Hauch von Stabilität besaß, öffnete sich Lucio langsam den Menschen um ihn herum. Sein schweigsamer Pragmatismus verschaffte ihm schnell Anerkennung unter jenen, die noch weniger hatten als er – und ihrer gab es in Düsterhafen viele. Blinde, Amputierte, Verzweifelte. Ja auch Irre. Ein Heer aus gebrochenen Gestalten.
Er brachte Brennholz zu alten Leuten, deren Hände zu kalt und schwach geworden waren. Er stand tagelang bei Wind und Wetter an der Mole, oft ohne Aussicht auf einen ertragreichen Fang, und dennoch blieb er dort, bis er etwas zählbares Heimbringen konnte. Nicht noch einmal wollte er erleben, wie jemand an der Hoffnungslosigkeit zerbrach. Und wenn die Abende still wurden, sah man ihn am großen Feuer, wo er den Kindern einfaches Spielzeug reparierte – kleine Dinge, die ihnen halfen, den Schmutz und die Trostlosigkeit des Alltags für einen Augenblick zu vergessen.
An einem grauen Morgen, an dem Möwen mit kreischender Unruhe über der Stadt kreisten, verließ Lucio sein neues Zuhause Richtung Stadt. Er wollte dringliche Besorgungen machen. Auf einer der maroden Brücken, die über die verdreckten Kanäle führten, blieb er stehen. Das Holz unter seinen Füßen gab bei jedem Schritt knarrend nach. Dort begegnete er einem verhüllten Mann.
Es war Zufall – oder zumindest schien es so. Beide kamen ins Gespräch. Der Fremde war unscheinbar, doch seine Stimme trug eine Kraft in sich, die Lucio sofort gefangen nahm. Er sprach von den katastrophalen Zuständen der Stadt, von den endlosen Flüchtlingsströmen, die nach den Kometeneinschlägen alles überrollt hatten. Von Leid, Verzweiflung und der Ohnmacht der einfachen Menschen.
Lucio hörte schweigend zu. Nur all zu gut wusste er, wovon jener Mann da sprach. Die Worte trafen ihn unvermittelt tief. Zu lange hatte er geglaubt, selbst nur ein verlorener Schatten in einer Welt zu sein, die auseinanderbrach. Doch die Überzeugung des Fremden, seine Klarheit und sein Glaube daran, dass diese dunkle Zeit der Beginn eines Umbruchs sei, ließen in Lucio etwas erwachen, das er kaum noch gekannt hatte: Hoffnung.
Der Verhüllte sprach von einem Zeichen, von einer Prophezeiung und von einer Gemeinschaft, die den Kometen zum Trotz überlebt hatte – einer Bruderschaft, deren Zeit erneut gekommen sei. Ihre Kirche war zerstört worden, ihre Anhänger verstreut. Doch nun, sagte er, sammelten sie sich wieder. Brüder nannte er sie. Und sie hätten einen neuen Tempel errichtet, mitten in Düsterhafen, wo ein neuer Pfad für jene beginne, die bereit waren, die Welt nicht länger dem Chaos zu überlassen.
Nach einem langen Gespräch stellte sich der Mann als Bruder Auron vor. Kurz darauf lud dieser Lucio ein, gemeinsam mit ihm die heiligen Hallen des dunklen Engels Arachnan zu besichtigen. Er zögerte. Doch als Bruder Auron ihm den Weg näher beschrieb, wusste er sofort, um welches Bauwerk es sich handelte. Er war so oft in den letzten Wochen daran vorbeigeritten. Ein massiver Tempelbau, vor dem eine riesige Statue wachte – majestätisch, mysteriös. Es war, als beobachte ihn dieses steinerne Abbild bei jedem Schritt. Jedes Mal, wenn er dieses passierte. Letztendlich, getragen von Neugier und dem vagen Wunsch nach Orientierung, folgte er der Einladung.
Der Tempel empfing die Beiden in kaltem, rötlich flackerndem Licht. Statuen und fremdartige Symbole säumten die Wände. Der Duft von Öl und Weihrauch hing schwer in der Luft. Die Gemeinschaft, so Bruder Auron, nannte sich Schwertbund des dunklen Engels Arachnan – Männer und Frauen, die sich dem Wiederaufbau, dem Schutz der Schwachen und der Wiederherstellung von Ordnung in einer verwüsteten Welt verschrieben hatten. Eine Bewegung, die das Chaos nicht hinzunehmen gedachte. Und die glaubte, dass jeder, der bereit war, einer höheren Sache zu dienen, seinen Platz in ihren Reihen finden könne.
Lucio stand lange in der gewaltigen Halle. Er lauschte den Hallen, den Stimmen, den Worten Aurons, und etwas in ihm – etwas tief Vergrabenes – begann sich zu regen. Ein Ziel. Ein Sinn. Ein neuer Weg, der ihm Halt versprach.
Stunden waren wie im Flug vergangen als Lucio schließlich wieder hinaustrat. Draußen, da war nichts als Dunkelheit. Düsterhafen war noch immer düster, verbraucht und voller Elend. Doch zum ersten Mal seit langer Zeit sah Lucio nicht nur das Leid - er sah die Möglichkeit, etwas zu verändern.
In den vergangenen Monden hatte sich der Krieger notdürftig in einem alten Haus in den Slums von Düsterhafen eingerichtet. Das morsche Gebälk ächzte in den windigen Nächten, während der salzige Atem des Meeres sich mit dem Moder der morschen Balken und dem Gestank der Abwässer aus den engen Gassen vermischte. Doch trotz dieser widrigen Umstände fand Lucio dort etwas, das er längst verloren geglaubt hatte: einen Alltag. Eine Aufgabe. Etwas, das seine Hände beschäftigte und seinen Geist davon abhielt, zu den brennenden Steinen und dem entsetzlichen Abbild der Parallelwelt zurückzuschweifen, die seine alte Existenz unwiderruflich verschlungen hatte.
In einer verlassenen Ruine, unweit seiner Bleibe, stieß er auf ein rostiges Beil, das er mit einem neuen Stiel versah. Damit gelang es ihm, die kommenden Tage genug Holz zu schlagen, um das zerfallene Dach zu flicken und die zügigen Fenster zu reparieren. Erst als das Haus nach Wochen harter Arbeit wieder einen Hauch von Stabilität besaß, öffnete sich Lucio langsam den Menschen um ihn herum. Sein schweigsamer Pragmatismus verschaffte ihm schnell Anerkennung unter jenen, die noch weniger hatten als er – und ihrer gab es in Düsterhafen viele. Blinde, Amputierte, Verzweifelte. Ja auch Irre. Ein Heer aus gebrochenen Gestalten.
Er brachte Brennholz zu alten Leuten, deren Hände zu kalt und schwach geworden waren. Er stand tagelang bei Wind und Wetter an der Mole, oft ohne Aussicht auf einen ertragreichen Fang, und dennoch blieb er dort, bis er etwas zählbares Heimbringen konnte. Nicht noch einmal wollte er erleben, wie jemand an der Hoffnungslosigkeit zerbrach. Und wenn die Abende still wurden, sah man ihn am großen Feuer, wo er den Kindern einfaches Spielzeug reparierte – kleine Dinge, die ihnen halfen, den Schmutz und die Trostlosigkeit des Alltags für einen Augenblick zu vergessen.
An einem grauen Morgen, an dem Möwen mit kreischender Unruhe über der Stadt kreisten, verließ Lucio sein neues Zuhause Richtung Stadt. Er wollte dringliche Besorgungen machen. Auf einer der maroden Brücken, die über die verdreckten Kanäle führten, blieb er stehen. Das Holz unter seinen Füßen gab bei jedem Schritt knarrend nach. Dort begegnete er einem verhüllten Mann.
Es war Zufall – oder zumindest schien es so. Beide kamen ins Gespräch. Der Fremde war unscheinbar, doch seine Stimme trug eine Kraft in sich, die Lucio sofort gefangen nahm. Er sprach von den katastrophalen Zuständen der Stadt, von den endlosen Flüchtlingsströmen, die nach den Kometeneinschlägen alles überrollt hatten. Von Leid, Verzweiflung und der Ohnmacht der einfachen Menschen.
Lucio hörte schweigend zu. Nur all zu gut wusste er, wovon jener Mann da sprach. Die Worte trafen ihn unvermittelt tief. Zu lange hatte er geglaubt, selbst nur ein verlorener Schatten in einer Welt zu sein, die auseinanderbrach. Doch die Überzeugung des Fremden, seine Klarheit und sein Glaube daran, dass diese dunkle Zeit der Beginn eines Umbruchs sei, ließen in Lucio etwas erwachen, das er kaum noch gekannt hatte: Hoffnung.
Der Verhüllte sprach von einem Zeichen, von einer Prophezeiung und von einer Gemeinschaft, die den Kometen zum Trotz überlebt hatte – einer Bruderschaft, deren Zeit erneut gekommen sei. Ihre Kirche war zerstört worden, ihre Anhänger verstreut. Doch nun, sagte er, sammelten sie sich wieder. Brüder nannte er sie. Und sie hätten einen neuen Tempel errichtet, mitten in Düsterhafen, wo ein neuer Pfad für jene beginne, die bereit waren, die Welt nicht länger dem Chaos zu überlassen.
Nach einem langen Gespräch stellte sich der Mann als Bruder Auron vor. Kurz darauf lud dieser Lucio ein, gemeinsam mit ihm die heiligen Hallen des dunklen Engels Arachnan zu besichtigen. Er zögerte. Doch als Bruder Auron ihm den Weg näher beschrieb, wusste er sofort, um welches Bauwerk es sich handelte. Er war so oft in den letzten Wochen daran vorbeigeritten. Ein massiver Tempelbau, vor dem eine riesige Statue wachte – majestätisch, mysteriös. Es war, als beobachte ihn dieses steinerne Abbild bei jedem Schritt. Jedes Mal, wenn er dieses passierte. Letztendlich, getragen von Neugier und dem vagen Wunsch nach Orientierung, folgte er der Einladung.
Der Tempel empfing die Beiden in kaltem, rötlich flackerndem Licht. Statuen und fremdartige Symbole säumten die Wände. Der Duft von Öl und Weihrauch hing schwer in der Luft. Die Gemeinschaft, so Bruder Auron, nannte sich Schwertbund des dunklen Engels Arachnan – Männer und Frauen, die sich dem Wiederaufbau, dem Schutz der Schwachen und der Wiederherstellung von Ordnung in einer verwüsteten Welt verschrieben hatten. Eine Bewegung, die das Chaos nicht hinzunehmen gedachte. Und die glaubte, dass jeder, der bereit war, einer höheren Sache zu dienen, seinen Platz in ihren Reihen finden könne.
Lucio stand lange in der gewaltigen Halle. Er lauschte den Hallen, den Stimmen, den Worten Aurons, und etwas in ihm – etwas tief Vergrabenes – begann sich zu regen. Ein Ziel. Ein Sinn. Ein neuer Weg, der ihm Halt versprach.
Stunden waren wie im Flug vergangen als Lucio schließlich wieder hinaustrat. Draußen, da war nichts als Dunkelheit. Düsterhafen war noch immer düster, verbraucht und voller Elend. Doch zum ersten Mal seit langer Zeit sah Lucio nicht nur das Leid - er sah die Möglichkeit, etwas zu verändern.