Der Himmel brannte. Nicht wie in Schlachten etwa, in denen Feuerpfeile den Nachthimmel erhellten, sondern in einem Licht, das selbst die Dunkelheit zerschnitt. Es regnete Feuer. Glühende Brocken, große Felsen. Man könnte meinen, Sterne fielen vom Himmel. Doch mit einer Kraft, die noch kein Lebewesen jemals zuvor erlebt.
Die Erde bebte, Flüsse verdampften. Wälder verbrannten zu Staub. Die bisher bekannte Welt, sie sollte sich durch dieses Ereignis auf seltsame und unwiederbringliche Art und Weise verändern.
Als ihn das Licht und die darauf folgende Schockwelle des Einschlags traf, wurde alles schwarz um ihn. Er fühlte keinen Schmerz. Nur Leere. Keine Gedanken. Unendliche Stille. Nichts. Sein Körper, getragen von der Kraft des Einschlags wandelte schwerelos durch den Raum. Dann blitzen Erinnerungen vor ihm auf. War es ihm eine gute Erinnerung, so sollte diese nun ein tragisches Ende aufzeigen. Waren es Erinnerungen an Freunde, so waren diese Feinde. Alles war anders. Aus Grün wurde Rot. Aus Hell wurde Dunkel. Nichts so, wie es einmal war.
Lang war die Zeit bis zu seinem Widererwachen. Eine gefühlte Ewigkeit. Langsam zu Bewusstsein kommend, tastete er vorsichtig die unmittelbare Umgebung seines Körpers ab. Sand zwischen den Fingern reibend atmete er tief ein. Nochmal. Und noch einmal. Es roch nach Salz, Schimmel und kalter Asche. Er hörte Wellen, das Rauschen des Meeres. Er schlug langsam die Augen auf. Geblendet hob er langsam seinen Kopf. Ihm tat alles weh, sämtliche Knochen in seinem geschundenen Körper.
Die Augen weit geöffnet, lag er an einem Strand. Die Brandung schwarz wie Tinte. Am Horizont ragte eine unbekannte Küstenlinie. Weit und breit keine Menschenseele. Die Sterne am Himmel — sie sahen falsch aus. Zu viele. Zu nah. Lucio suchte nach seinem alten Dolch. Eine Art Glücksbringer aus Kindheitstagen, den er immer bei sich trug. Dieser war noch im halb zerfetzten Halfter. Es beruhigte ihn ein wenig. Die Klinge stumpf, aber echt. Und doch schnitt er sich an seiner linken Hand. Schmerz. Stechend. Beißend. Ein Beweis, dass er selbst noch real war. Langsam lief das Blut entlang seiner Finger. Warm. Echt.
Erstmal richtig aufgerappelt riss er ein Stück seines Hemdes ab und verband sogleich die Wunde. Dann, ohne jegliches Ziel vor Augen lief er langsam los. Orientierungslos. Er lief und lief. Tagelang. Er kam entlang verlassener Dörfer, die aussahen wie Nachbildungen seiner Erinnerungen, nur… verzogen. Ein Wirtshaus mit demselben Namen. Leer und schon längst verlassen. Eine Kapelle mit vertrauter Form. Ohne Götterbilder, ohne Gläubige. Es war, als hätte jemand seine Welt aus Lehm neu geformt — gleich genug, um ihn zu täuschen, aber fremd genug, um ihn zu verstören.
Tag um Tag wanderte er durch verbrannte Lande. Die Luft war schwer von Asche, der Himmel bedeckt von grauer Wolke, durch die nur manchmal ein schwacher Schimmer drang. Überall stieß er auf Krater, in denen grünlich glühende Brocken lagen – Überreste der Kometen, die niedergegangen waren. Manche leuchteten pulsierend, andere flüsternd – Worte, die fast menschlich klangen.
Alsbald begegnete er anderen – Reisenden, Flüchtlingen, Menschen mit leeren Blicken. Verwahrlost. Sie sprachen von einem neuen Königreich. Von drei Grafschaften, die es zusammenhielt. Von Städten, die gefallen waren, und von Orten, an die niemand mehr zurückkehrte.
„Nur drei Bastionen stehen noch“, sagten manche.
„Britain. Moonglow. Düsterhafen.“
Doch selbst die seien nicht sicher. Etwas – ein Fluch – habe das Land umschlungen. Ein dunkler Gürtel, den niemand durchdringen könne.
Lucio zog weiter. Er trug den Staub der alten Welt auf der Haut und den Zweifel der neuen in der Brust. Manchmal glaubte er, Stimmen zu hören – jene seiner Gefährten, die ihn aus der Vergangenheit riefen. Doch sobald er sich umdrehte, war da nichts außer Nebel.
Er nahm die Richtung gen Westen. Nach Tagen des Marsches roch er erneut das Salz in der Luft. Doch das Meer sang kein Lied mehr. Die Wellen schlugen träge gegen zerbrochene Kais, und dort, wo einst stolze Handelsschiffe lagen, dümpelten Wracks im dreckigen Wasser.
Das war Düsterhafen – oder das, was davon übrig war.
Die Stadt war überfüllt. Überlebende aus allen Himmelsrichtungen suchten Schutz.
Die Straßen waren eng, feucht, übervölkert. Zwischen den bröckelnden Fassaden drängten sich Stände, an denen Hungernde ihre letzten Münzen tauschten.
In den Slums, jenseits der alten Stadtmauer, stapelten sich Bretterhütten und Tücher über Abflusskanälen. Kinder mit Rußgesichtern spähten aus den Schatten, und irgendwo fauchte eine Katze zwischen Müllhaufen.
Lucio zog seine mit Brandlöchern versehene Kapuze tiefer ins Gesicht. Der Griff seines Dolches fühlte sich schwerer an als sonst. Hier war alles anders. Hier war die Welt selbst der Feind. Er blieb an einer Kreuzung stehen, wo das Wasser knöcheltief stand. Von fern drang der Klang einer Glocke herüber – dumpf, traurig, wie das Herz dieser neuen Welt. Lucio hob den Blick. Asche fiel vom Himmel wie Schnee.
„Dann soll es eben hier beginnen“, murmelte er.
Und ging weiter – tiefer hinein in die Slums von Düsterhafen, wo Hoffnung und Verderben denselben Atem teilten. Neugierig darauf, was die Zukunft für ihn bereit halten würde.
Eine neue Ordnung
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Lucio Fernandez
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Eine schicksalhafte Begegnung
In den vergangenen Monden hatte sich der Krieger notdürftig in einem alten Haus in den Slums von Düsterhafen eingerichtet. Das morsche Gebälk ächzte in den windigen Nächten, während der salzige Atem des Meeres sich mit dem Moder der morschen Balken und dem Gestank der Abwässer aus den engen Gassen vermischte. Doch trotz dieser widrigen Umstände fand Lucio dort etwas, das er längst verloren geglaubt hatte: einen Alltag. Eine Aufgabe. Etwas, das seine Hände beschäftigte und seinen Geist davon abhielt, zu den brennenden Steinen und dem entsetzlichen Abbild der Parallelwelt zurückzuschweifen, die seine alte Existenz unwiderruflich verschlungen hatte.
In einer verlassenen Ruine, unweit seiner Bleibe, stieß er auf ein rostiges Beil, das er mit einem neuen Stiel versah. Damit gelang es ihm, die kommenden Tage genug Holz zu schlagen, um das zerfallene Dach zu flicken und die zügigen Fenster zu reparieren. Erst als das Haus nach Wochen harter Arbeit wieder einen Hauch von Stabilität besaß, öffnete sich Lucio langsam den Menschen um ihn herum. Sein schweigsamer Pragmatismus verschaffte ihm schnell Anerkennung unter jenen, die noch weniger hatten als er – und ihrer gab es in Düsterhafen viele. Blinde, Amputierte, Verzweifelte. Ja auch Irre. Ein Heer aus gebrochenen Gestalten.
Er brachte Brennholz zu alten Leuten, deren Hände zu kalt und schwach geworden waren. Er stand tagelang bei Wind und Wetter an der Mole, oft ohne Aussicht auf einen ertragreichen Fang, und dennoch blieb er dort, bis er etwas zählbares Heimbringen konnte. Nicht noch einmal wollte er erleben, wie jemand an der Hoffnungslosigkeit zerbrach. Und wenn die Abende still wurden, sah man ihn am großen Feuer, wo er den Kindern einfaches Spielzeug reparierte – kleine Dinge, die ihnen halfen, den Schmutz und die Trostlosigkeit des Alltags für einen Augenblick zu vergessen.
An einem grauen Morgen, an dem Möwen mit kreischender Unruhe über der Stadt kreisten, verließ Lucio sein neues Zuhause Richtung Stadt. Er wollte dringliche Besorgungen machen. Auf einer der maroden Brücken, die über die verdreckten Kanäle führten, blieb er stehen. Das Holz unter seinen Füßen gab bei jedem Schritt knarrend nach. Dort begegnete er einem verhüllten Mann.
Es war Zufall – oder zumindest schien es so. Beide kamen ins Gespräch. Der Fremde war unscheinbar, doch seine Stimme trug eine Kraft in sich, die Lucio sofort gefangen nahm. Er sprach von den katastrophalen Zuständen der Stadt, von den endlosen Flüchtlingsströmen, die nach den Kometeneinschlägen alles überrollt hatten. Von Leid, Verzweiflung und der Ohnmacht der einfachen Menschen.
Lucio hörte schweigend zu. Nur all zu gut wusste er, wovon jener Mann da sprach. Die Worte trafen ihn unvermittelt tief. Zu lange hatte er geglaubt, selbst nur ein verlorener Schatten in einer Welt zu sein, die auseinanderbrach. Doch die Überzeugung des Fremden, seine Klarheit und sein Glaube daran, dass diese dunkle Zeit der Beginn eines Umbruchs sei, ließen in Lucio etwas erwachen, das er kaum noch gekannt hatte: Hoffnung.
Der Verhüllte sprach von einem Zeichen, von einer Prophezeiung und von einer Gemeinschaft, die den Kometen zum Trotz überlebt hatte – einer Bruderschaft, deren Zeit erneut gekommen sei. Ihre Kirche war zerstört worden, ihre Anhänger verstreut. Doch nun, sagte er, sammelten sie sich wieder. Brüder nannte er sie. Und sie hätten einen neuen Tempel errichtet, mitten in Düsterhafen, wo ein neuer Pfad für jene beginne, die bereit waren, die Welt nicht länger dem Chaos zu überlassen.
Nach einem langen Gespräch stellte sich der Mann als Bruder Auron vor. Kurz darauf lud dieser Lucio ein, gemeinsam mit ihm die heiligen Hallen des dunklen Engels Arachnan zu besichtigen. Er zögerte. Doch als Bruder Auron ihm den Weg näher beschrieb, wusste er sofort, um welches Bauwerk es sich handelte. Er war so oft in den letzten Wochen daran vorbeigeritten. Ein massiver Tempelbau, vor dem eine riesige Statue wachte – majestätisch, mysteriös. Es war, als beobachte ihn dieses steinerne Abbild bei jedem Schritt. Jedes Mal, wenn er dieses passierte. Letztendlich, getragen von Neugier und dem vagen Wunsch nach Orientierung, folgte er der Einladung.
Der Tempel empfing die Beiden in kaltem, rötlich flackerndem Licht. Statuen und fremdartige Symbole säumten die Wände. Der Duft von Öl und Weihrauch hing schwer in der Luft. Die Gemeinschaft, so Bruder Auron, nannte sich Schwertbund des dunklen Engels Arachnan – Männer und Frauen, die sich dem Wiederaufbau, dem Schutz der Schwachen und der Wiederherstellung von Ordnung in einer verwüsteten Welt verschrieben hatten. Eine Bewegung, die das Chaos nicht hinzunehmen gedachte. Und die glaubte, dass jeder, der bereit war, einer höheren Sache zu dienen, seinen Platz in ihren Reihen finden könne.
Lucio stand lange in der gewaltigen Halle. Er lauschte den Hallen, den Stimmen, den Worten Aurons, und etwas in ihm – etwas tief Vergrabenes – begann sich zu regen. Ein Ziel. Ein Sinn. Ein neuer Weg, der ihm Halt versprach.
Stunden waren wie im Flug vergangen als Lucio schließlich wieder hinaustrat. Draußen, da war nichts als Dunkelheit. Düsterhafen war noch immer düster, verbraucht und voller Elend. Doch zum ersten Mal seit langer Zeit sah Lucio nicht nur das Leid - er sah die Möglichkeit, etwas zu verändern.
In einer verlassenen Ruine, unweit seiner Bleibe, stieß er auf ein rostiges Beil, das er mit einem neuen Stiel versah. Damit gelang es ihm, die kommenden Tage genug Holz zu schlagen, um das zerfallene Dach zu flicken und die zügigen Fenster zu reparieren. Erst als das Haus nach Wochen harter Arbeit wieder einen Hauch von Stabilität besaß, öffnete sich Lucio langsam den Menschen um ihn herum. Sein schweigsamer Pragmatismus verschaffte ihm schnell Anerkennung unter jenen, die noch weniger hatten als er – und ihrer gab es in Düsterhafen viele. Blinde, Amputierte, Verzweifelte. Ja auch Irre. Ein Heer aus gebrochenen Gestalten.
Er brachte Brennholz zu alten Leuten, deren Hände zu kalt und schwach geworden waren. Er stand tagelang bei Wind und Wetter an der Mole, oft ohne Aussicht auf einen ertragreichen Fang, und dennoch blieb er dort, bis er etwas zählbares Heimbringen konnte. Nicht noch einmal wollte er erleben, wie jemand an der Hoffnungslosigkeit zerbrach. Und wenn die Abende still wurden, sah man ihn am großen Feuer, wo er den Kindern einfaches Spielzeug reparierte – kleine Dinge, die ihnen halfen, den Schmutz und die Trostlosigkeit des Alltags für einen Augenblick zu vergessen.
An einem grauen Morgen, an dem Möwen mit kreischender Unruhe über der Stadt kreisten, verließ Lucio sein neues Zuhause Richtung Stadt. Er wollte dringliche Besorgungen machen. Auf einer der maroden Brücken, die über die verdreckten Kanäle führten, blieb er stehen. Das Holz unter seinen Füßen gab bei jedem Schritt knarrend nach. Dort begegnete er einem verhüllten Mann.
Es war Zufall – oder zumindest schien es so. Beide kamen ins Gespräch. Der Fremde war unscheinbar, doch seine Stimme trug eine Kraft in sich, die Lucio sofort gefangen nahm. Er sprach von den katastrophalen Zuständen der Stadt, von den endlosen Flüchtlingsströmen, die nach den Kometeneinschlägen alles überrollt hatten. Von Leid, Verzweiflung und der Ohnmacht der einfachen Menschen.
Lucio hörte schweigend zu. Nur all zu gut wusste er, wovon jener Mann da sprach. Die Worte trafen ihn unvermittelt tief. Zu lange hatte er geglaubt, selbst nur ein verlorener Schatten in einer Welt zu sein, die auseinanderbrach. Doch die Überzeugung des Fremden, seine Klarheit und sein Glaube daran, dass diese dunkle Zeit der Beginn eines Umbruchs sei, ließen in Lucio etwas erwachen, das er kaum noch gekannt hatte: Hoffnung.
Der Verhüllte sprach von einem Zeichen, von einer Prophezeiung und von einer Gemeinschaft, die den Kometen zum Trotz überlebt hatte – einer Bruderschaft, deren Zeit erneut gekommen sei. Ihre Kirche war zerstört worden, ihre Anhänger verstreut. Doch nun, sagte er, sammelten sie sich wieder. Brüder nannte er sie. Und sie hätten einen neuen Tempel errichtet, mitten in Düsterhafen, wo ein neuer Pfad für jene beginne, die bereit waren, die Welt nicht länger dem Chaos zu überlassen.
Nach einem langen Gespräch stellte sich der Mann als Bruder Auron vor. Kurz darauf lud dieser Lucio ein, gemeinsam mit ihm die heiligen Hallen des dunklen Engels Arachnan zu besichtigen. Er zögerte. Doch als Bruder Auron ihm den Weg näher beschrieb, wusste er sofort, um welches Bauwerk es sich handelte. Er war so oft in den letzten Wochen daran vorbeigeritten. Ein massiver Tempelbau, vor dem eine riesige Statue wachte – majestätisch, mysteriös. Es war, als beobachte ihn dieses steinerne Abbild bei jedem Schritt. Jedes Mal, wenn er dieses passierte. Letztendlich, getragen von Neugier und dem vagen Wunsch nach Orientierung, folgte er der Einladung.
Der Tempel empfing die Beiden in kaltem, rötlich flackerndem Licht. Statuen und fremdartige Symbole säumten die Wände. Der Duft von Öl und Weihrauch hing schwer in der Luft. Die Gemeinschaft, so Bruder Auron, nannte sich Schwertbund des dunklen Engels Arachnan – Männer und Frauen, die sich dem Wiederaufbau, dem Schutz der Schwachen und der Wiederherstellung von Ordnung in einer verwüsteten Welt verschrieben hatten. Eine Bewegung, die das Chaos nicht hinzunehmen gedachte. Und die glaubte, dass jeder, der bereit war, einer höheren Sache zu dienen, seinen Platz in ihren Reihen finden könne.
Lucio stand lange in der gewaltigen Halle. Er lauschte den Hallen, den Stimmen, den Worten Aurons, und etwas in ihm – etwas tief Vergrabenes – begann sich zu regen. Ein Ziel. Ein Sinn. Ein neuer Weg, der ihm Halt versprach.
Stunden waren wie im Flug vergangen als Lucio schließlich wieder hinaustrat. Draußen, da war nichts als Dunkelheit. Düsterhafen war noch immer düster, verbraucht und voller Elend. Doch zum ersten Mal seit langer Zeit sah Lucio nicht nur das Leid - er sah die Möglichkeit, etwas zu verändern.
Zuletzt geändert von Lucio Fernandez am 26 Nov 2025, 07:17, insgesamt 1-mal geändert.
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Lucio Fernandez
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Die Einführung
Die kommende Nacht lag schwer über Düsterhafen. Kein Stern funkelte, kein Mond brach durch die drückende Schwärze. Stattdessen wehten unruhige Böen durch die engen Gassen, als trage der Wind eine Vorahnung mit sich, die die Stadt nicht zur Ruhe kommen ließ. Lucio hatte gerade die letzten Holzscheite am alten Ofen seines Hauses sortiert, als er beim erneuten Öffnen der Tür in das flackernde Dunkel hinausblickte — und dort, still und unbeirrbar, eine sorgfältig gefaltete Pergamentrolle entdeckte, die an seinem Türrahmen befestigt worden war.
Das Wachssiegel — ein stilisiertes Schwert mit ausgebreiteten Flügeln — schimmerte matt im schwachen Licht seiner Laterne. Mit Bedacht löste er es. Die Zeilen darin waren knapp und dennoch so mächtig, dass sie ihn sofort umfingen:
„Lucio. Es ist Zeit. Der Tempel erwartet dich.“
Er verweilte einen Moment in der kühlen Schwärze der Nacht und spürte die Bedeutung dieser Worte tiefer als jede Furcht, die der Wind herantragen mochte. Dann schloss er die Tür seines Hauses, vielleicht für längere Zeit, und machte sich auf den Weg — durch Straßen, die von Schatten erfüllt waren, die jedoch nicht länger an seinem Herzen zehrten, sondern ihn vorwärtstrieben.
Der Tempel lag wie ein steinernes Versprechen in der Dunkelheit, die schweren Tore bereits einen Spalt weit geöffnet. Als Lucio eintrat, warteten die verbliebenen Brüder des Schwertbundes in einem Halbkreis auf ihn. Ihre Gesichter waren ernst, streng geprüft vom Dienst, den sie seit Jahren trugen. Ihre Blicke lagen schwer auf ihm — prüfend, abwägend, tastend nach dem wahren Feuer in seinem Innern. Doch in keinem Blick lag Feindseligkeit. Eher etwas anderes: Verantwortlichkeit.
Nach dieser wortlosen Prüfung führten sie ihn tiefer in den Tempel. Der Klang seiner Schritte hallte durch hohe Gewölbe, begleitet vom gedämpften Prasseln der Fackeln, die die Mauern mit warmem Licht erfüllten. Inmitten dieser heiligen Stille wusste Lucio, dass er an einem Wendepunkt stand — dass sein Leben sich nun in eine Richtung neigen würde, die ihn weit über sich selbst hinausführen konnte.
Im innersten Raum warteten die Ältesten. Der Sprecher des Bundes trat vor. Es war Bruder Auron. Und seine Stimme, ruhig und doch machtvoll, durchschnitt die gesammelte Stille.
„Lucio,“ begann er, „du trittst heute nicht als Krieger vor uns, nicht als Suchender, sondern als einer, der den Ruf vernommen und ihm gefolgt ist. In Demut stehst du vor dieser Gemeinschaft, und in Demut wirst du in ihre Reihen eintreten — nicht, um Ehre zu empfangen, sondern um zu dienen. Möge dein Herz rein sein, dein Wille fest und dein Geist bereit, den Weg des Schwertbundes zu wandeln.“
Lucio senkte den Blick — nicht aus Unsicherheit, sondern aus Dankbarkeit. Dann sprach er:
„Ehrwürdiger Schwertbund des dunklen Engels Arachnan,
ich, Lucio Fernandez, stehe heute vor euch in Demut und Stille.
Nicht aus Stolz bin ich hier,
nicht aus dem Wunsch nach Ehre,
sondern weil der Ruf eurer Gemeinschaft mein Herz erreichte,
als alles andere in mir verstummt war.
Die Kometen haben die Welt zerrissen
und aus meinem alten Leben blieb nur Asche zurück.
Ich wanderte ohne Ziel,
ein Fremder unter den Lebenden,
getragen von einem Körper,
doch ohne Richtung in der Seele.
Doch in den Schatten Düsterhafens,
zwischen den Verlorenen und Schwachen,
erkannte ich die Bedeutung meines Handelns,
und durch Bruder Auron vernahm ich zum ersten Mal
die leise Stimme des dunklen Engels Arachnan.
Vor euch beuge ich mich heute –
nicht weil ich mich würdig fühle,
sondern weil ich hoffe, eines Tages würdig zu werden.
Wenn der Engel es zulässt,
so will ich lernen, was ihr bewahrt.
Ich will dienen, wo ihr dient.
Ich will schützen, wen ihr schützt.
Und ich will tragen, was ihr tragt:
die Pflicht, Ordnung in einer Welt des Chaos zu bewahren.
Ich bin gekommen,
um mein verbliebenes Tun in eure Hände zu legen,
mein Ringen, meinen Willen
und die Flamme, die in mir wieder zu brennen beginnt.
Möge Arachnans Blick mich prüfen.
Möge euer Urteil mich formen.
Und möge ich eines Tages würdig sein,
den Titel eines Bruders zu tragen
und meinen Platz in diesem heiligen Bund einzunehmen.
Dies ist mein Wort.
Dies ist mein Schritt.
Dies ist mein Beginn.“
Seine Stimme hallte klar und ruhig durch den Raum, und jedes Wort legte sich wie eine neue Schicht Verantwortung auf seine Schultern — schwer, aber nicht erdrückend. Es war ein Gewicht, das er bereit war zu tragen.
Als der letzte Teil des Schwurs verklungen war, trat Bruder Auron erneut vor.
„Von diesem Tage an,“ verkündete er, „wirst du als Anwärter der Bruderschaft des Schwertbundes geführt. Geprüft im Geist, geprüft im Willen — und doch noch am Beginn deines Weges. Möge deine Hingabe wachsen, und möge dein Glaube dich stärken, damit du fortan für das Gute einstehst, wohin der Bund dich ruft.“
In diesem Moment erfüllte Lucio ein Gefühl tiefer Gewissheit. Er war angekommen — nicht am Ende seines Weges, sondern an seinem wahrhaften Anfang.
Das Wachssiegel — ein stilisiertes Schwert mit ausgebreiteten Flügeln — schimmerte matt im schwachen Licht seiner Laterne. Mit Bedacht löste er es. Die Zeilen darin waren knapp und dennoch so mächtig, dass sie ihn sofort umfingen:
„Lucio. Es ist Zeit. Der Tempel erwartet dich.“
Er verweilte einen Moment in der kühlen Schwärze der Nacht und spürte die Bedeutung dieser Worte tiefer als jede Furcht, die der Wind herantragen mochte. Dann schloss er die Tür seines Hauses, vielleicht für längere Zeit, und machte sich auf den Weg — durch Straßen, die von Schatten erfüllt waren, die jedoch nicht länger an seinem Herzen zehrten, sondern ihn vorwärtstrieben.
Der Tempel lag wie ein steinernes Versprechen in der Dunkelheit, die schweren Tore bereits einen Spalt weit geöffnet. Als Lucio eintrat, warteten die verbliebenen Brüder des Schwertbundes in einem Halbkreis auf ihn. Ihre Gesichter waren ernst, streng geprüft vom Dienst, den sie seit Jahren trugen. Ihre Blicke lagen schwer auf ihm — prüfend, abwägend, tastend nach dem wahren Feuer in seinem Innern. Doch in keinem Blick lag Feindseligkeit. Eher etwas anderes: Verantwortlichkeit.
Nach dieser wortlosen Prüfung führten sie ihn tiefer in den Tempel. Der Klang seiner Schritte hallte durch hohe Gewölbe, begleitet vom gedämpften Prasseln der Fackeln, die die Mauern mit warmem Licht erfüllten. Inmitten dieser heiligen Stille wusste Lucio, dass er an einem Wendepunkt stand — dass sein Leben sich nun in eine Richtung neigen würde, die ihn weit über sich selbst hinausführen konnte.
Im innersten Raum warteten die Ältesten. Der Sprecher des Bundes trat vor. Es war Bruder Auron. Und seine Stimme, ruhig und doch machtvoll, durchschnitt die gesammelte Stille.
„Lucio,“ begann er, „du trittst heute nicht als Krieger vor uns, nicht als Suchender, sondern als einer, der den Ruf vernommen und ihm gefolgt ist. In Demut stehst du vor dieser Gemeinschaft, und in Demut wirst du in ihre Reihen eintreten — nicht, um Ehre zu empfangen, sondern um zu dienen. Möge dein Herz rein sein, dein Wille fest und dein Geist bereit, den Weg des Schwertbundes zu wandeln.“
Lucio senkte den Blick — nicht aus Unsicherheit, sondern aus Dankbarkeit. Dann sprach er:
„Ehrwürdiger Schwertbund des dunklen Engels Arachnan,
ich, Lucio Fernandez, stehe heute vor euch in Demut und Stille.
Nicht aus Stolz bin ich hier,
nicht aus dem Wunsch nach Ehre,
sondern weil der Ruf eurer Gemeinschaft mein Herz erreichte,
als alles andere in mir verstummt war.
Die Kometen haben die Welt zerrissen
und aus meinem alten Leben blieb nur Asche zurück.
Ich wanderte ohne Ziel,
ein Fremder unter den Lebenden,
getragen von einem Körper,
doch ohne Richtung in der Seele.
Doch in den Schatten Düsterhafens,
zwischen den Verlorenen und Schwachen,
erkannte ich die Bedeutung meines Handelns,
und durch Bruder Auron vernahm ich zum ersten Mal
die leise Stimme des dunklen Engels Arachnan.
Vor euch beuge ich mich heute –
nicht weil ich mich würdig fühle,
sondern weil ich hoffe, eines Tages würdig zu werden.
Wenn der Engel es zulässt,
so will ich lernen, was ihr bewahrt.
Ich will dienen, wo ihr dient.
Ich will schützen, wen ihr schützt.
Und ich will tragen, was ihr tragt:
die Pflicht, Ordnung in einer Welt des Chaos zu bewahren.
Ich bin gekommen,
um mein verbliebenes Tun in eure Hände zu legen,
mein Ringen, meinen Willen
und die Flamme, die in mir wieder zu brennen beginnt.
Möge Arachnans Blick mich prüfen.
Möge euer Urteil mich formen.
Und möge ich eines Tages würdig sein,
den Titel eines Bruders zu tragen
und meinen Platz in diesem heiligen Bund einzunehmen.
Dies ist mein Wort.
Dies ist mein Schritt.
Dies ist mein Beginn.“
Seine Stimme hallte klar und ruhig durch den Raum, und jedes Wort legte sich wie eine neue Schicht Verantwortung auf seine Schultern — schwer, aber nicht erdrückend. Es war ein Gewicht, das er bereit war zu tragen.
Als der letzte Teil des Schwurs verklungen war, trat Bruder Auron erneut vor.
„Von diesem Tage an,“ verkündete er, „wirst du als Anwärter der Bruderschaft des Schwertbundes geführt. Geprüft im Geist, geprüft im Willen — und doch noch am Beginn deines Weges. Möge deine Hingabe wachsen, und möge dein Glaube dich stärken, damit du fortan für das Gute einstehst, wohin der Bund dich ruft.“
In diesem Moment erfüllte Lucio ein Gefühl tiefer Gewissheit. Er war angekommen — nicht am Ende seines Weges, sondern an seinem wahrhaften Anfang.