Ein Geschenk der anderen Art
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Ein Geschenk der anderen Art
Die Worte der Ilharess brannten sich in Alniiras Geist ein, forderten sie heraus, ihre Grenzen zu überschreiten. Ein „Schatten in einer Flasche“ – das war keine gewöhnliche Forderung. Ihre eigenen Labore im Haus Ky'Alur waren zwar umfassend, aber für solche obskuren Manifestationen von Verderbnis fehlte es an den direkten Verbindungen zur Oberwelt, zu jenen Ecken, in denen die Moral verblasste und der Handel mit dem Unaussprechlichen florierte.
Doch Alniira wusste, wo sie anfangen musste. Im Qu'ellar hatte sie flüsternd vernommen, dass das Blackrock-Syndikat in den vergangenen Zyklen bereits mehrere Fässer mit potenten Giften an das Haus und Organisationen der Oberwelt geliefert hatte. Diese Information war, wie so oft, durch die unsichtbaren Kanäle ihrer eigenen Einflussstrategie zu ihr gelangt. Das Syndikat, jener Schattenspieler im Graubereich von Handel und Kriminalität, war ihre erste und vielversprechendste Anlaufstelle.
„Das Syndikat“, murmelte Alniira innerlich, während sie ihre Reisegewänder anlegte, die ihre drowischen Merkmale geschickt kaschierten. „Sie verstehen die Natur der Dinge, die im Verborgenen blühen. Sie liefern nicht nur Waren; sie liefern Wissen. Und sie sind diskret. Perfekt für das, was die Ilharess verlangt und was ich wirklich brauche.“
Die Tage vergingen, seit der Befehl erteilt worden war, und die Leere der Ungewissheit nagte an Alniiras sonst so unbeirrbarem Gemüt. Jeder flüchtige Gedanke, jede nächtliche Ruhe, wurde von der unerfüllten Forderung der Ilharess überschattet. Ein „Schatten in einer Flasche“ – die Worte tanzten wie Spinnen in ihrem Geist, forderten eine Antwort, die sie noch nicht besaß. Die Unsicherheit war ein rohes, unangenehmes Gefühl, eine Schwäche, die sie zutiefst verabscheute. Sie brauchte eine Spur, einen Ansatzpunkt, und das schnell. Nur das Blackrock-Syndikat, mit seinem weitreichenden Wissen, konnte ihr diese erste Richtung weisen.
Sie arrangierte kein persönliches Treffen. Die Dringlichkeit ihrer Lage, ja, die nagte an ihr, doch die Notwendigkeit absoluter Diskretion wog schwerer. Sie durfte keine direkte Spur legen, die sie mit dieser gefährlichen Suche verband. Stattdessen verfasste sie eine Nachricht, jedes Wort sorgfältig gewählt, um ihre Verzweiflung zu verbergen und gleichzeitig die Dringlichkeit ihrer Anfrage zu kommunizieren. Es war eine chiffrierte Botschaft, in alter Drow-Schrift verfasst, die nur ihr Kontaktmann beim Syndikat, Shezar, würde entziffern können.
Die Nachricht, fest versiegelt und unauffällig, übergab sie einem ihrer vertrauenswürdigsten Boten – einem stummen Sargtling, der für seine unauffällige Effizienz bekannt war und nur Befehle, nicht ihren Inhalt, verstand. Seine Aufgabe war simpel: die Nachricht direkt an Shezar zu überbringen und keine Fragen zu stellen, noch zu beantworten.
In der Botschaft an Shezar hieß es:
„Shezar, das Geschäft des Hauses Ky'Alur dehnt sich aus. Die Ilharess sucht nach neuen Wegen, ihre Autorität zu festigen. Sie benötigt eine Substanz von… außergewöhnlicher Wirkung.“
„Die Ilharess verlangt das Stärkste. Aber was ist 'stark' in diesem Kontext?“, dachte Alniira, während sie die Worte im Geist formulierte, als säße Shezar ihr gegenüber. „Nicht nur das, was den Körper lähmt oder das Herz zum Stillstand bringt. Das kann jeder Alchemist. Sie will etwas, das die Seele formt, das die Realität des Opfers verzerrt. Ich muss Shezar in die richtige Richtung lenken, ohne meine Handlung zu verraten. Er ist ein Händler, kein Philosoph der metaphysischen Verderbnis.“
Die Nachricht fuhr fort: „Ich habe vernommen, das Syndikat hat kürzlich... interessante Lieferungen getätigt. Fässer voller… spezialisierter Elixiere. Ich benötige das stärkste Gift, das ihr beschaffen könnt. Nicht nur tödlich, Shezar. Sondern… verderbend. Etwas, das einen Feind nicht nur von dieser Welt nimmt, sondern seine letzten Momente zu einem Mahnmal der Verzweiflung macht. Etwas, das die Essenz seiner Existenz angreift, es umwertet.“
Alniira sah Shezars gedankliche Reaktion vor sich, wie seine Augenbrauen sich hoben, ein seltenes Zeichen von Überraschung bei ihm. Sie konnte seine gedankliche Antwort beinahe hören: „Verderbend? Wir liefern tödliche Gifte, Alniira. Konzentrate, die selbst einen Drachen zu Fall bringen können. Aber… das ist eine andere Art von Anfrage. Eine, die nach Verderbnis klingt, nicht nach Handel.“
Ihre imaginäre Erwiderung war präzise und unnachgiebig: „In der Tat. Die Ilharess ist… wählerisch. Sie verlangt nach dem Ultimatum. Ein Gift, das so tiefgreifend wirkt, dass der Schmerz über das Physische hinausgeht. Etwas, das die Träume eines Wesens versengt, noch ehe es seinen letzten Atemzug tut. Etwas, das seinen Geist zerreißt. Kennt das Syndikat solche Substanzen? Oder könnt ihr sie beschaffen? Durchstreift mir die dunkelsten Ecken der Welt dafür. Nicht nur die Pfade des Todes, sondern die Abgründe des Geistes. Ich brauche das stärkste, das verderbendste Gift, das eure Chroniken oder eure Spione kennen.“ Ihr imaginärer Blick, rubinrot in der Dunkelheit, bohrte sich in Shezars Augen, ein Flehen in seinen Tiefen, das sie kaum zu zeigen wagte. „Ich brauche eine Richtung. Eine Idee. Etwas, das mich auf den richtigen Pfad führt.“
Sie wusste, Shezar würde ihre wahren Motive zu ergründen versuchen. Er würde vermuten, dass es um eine neue, besonders grausame Bestrafung der Ilharess ging, oder um eine Waffe, die über bloße Klingen hinausging, doch die pure, ungeschminkte Notwendigkeit in ihren Augen würde ihm nicht verborgen bleiben.
Alniira hatte im Voraus einen Beutel mit sorgfältig abgewogenem Gold beigefügt, ein Vorschuss, der die Dringlichkeit ihres Auftrags und ihre Abhängigkeit unterstrich. Die Nachricht endete mit einer klaren Anweisung: „Das Wissen, das dabei gewonnen wird, ist seinen Preis wert. Versteht das. Absolute Diskretion, Shezar. Niemand darf von dieser Suche erfahren. Die Ilharess will ihren Schatten in der Flasche, und ich werde ihn ihr bringen. Ich verlasse mich auf euch.“
Nachdem der Bote die Nachricht fortgetragen hatte, verweilte Alniira noch eine Weile in der Stille ihrer Werkstatt, erfüllt von dem flüchtigen Geruch von Angst, der in der kalten Luft hing. Alniiras Lippen verzogen sich zu einem fast unsichtbaren, triumphierenden Lächeln. Die wahre Jagd hatte soeben begonnen. Und dieses Mal würde sie nicht nur ein Gift finden; sie würde ein Werkzeug finden, das die Grenzen des Geistes selbst neu definierte und die Verzweiflung war nur ein weiterer Katalysator gewesen.
Doch Alniira wusste, wo sie anfangen musste. Im Qu'ellar hatte sie flüsternd vernommen, dass das Blackrock-Syndikat in den vergangenen Zyklen bereits mehrere Fässer mit potenten Giften an das Haus und Organisationen der Oberwelt geliefert hatte. Diese Information war, wie so oft, durch die unsichtbaren Kanäle ihrer eigenen Einflussstrategie zu ihr gelangt. Das Syndikat, jener Schattenspieler im Graubereich von Handel und Kriminalität, war ihre erste und vielversprechendste Anlaufstelle.
„Das Syndikat“, murmelte Alniira innerlich, während sie ihre Reisegewänder anlegte, die ihre drowischen Merkmale geschickt kaschierten. „Sie verstehen die Natur der Dinge, die im Verborgenen blühen. Sie liefern nicht nur Waren; sie liefern Wissen. Und sie sind diskret. Perfekt für das, was die Ilharess verlangt und was ich wirklich brauche.“
Die Tage vergingen, seit der Befehl erteilt worden war, und die Leere der Ungewissheit nagte an Alniiras sonst so unbeirrbarem Gemüt. Jeder flüchtige Gedanke, jede nächtliche Ruhe, wurde von der unerfüllten Forderung der Ilharess überschattet. Ein „Schatten in einer Flasche“ – die Worte tanzten wie Spinnen in ihrem Geist, forderten eine Antwort, die sie noch nicht besaß. Die Unsicherheit war ein rohes, unangenehmes Gefühl, eine Schwäche, die sie zutiefst verabscheute. Sie brauchte eine Spur, einen Ansatzpunkt, und das schnell. Nur das Blackrock-Syndikat, mit seinem weitreichenden Wissen, konnte ihr diese erste Richtung weisen.
Sie arrangierte kein persönliches Treffen. Die Dringlichkeit ihrer Lage, ja, die nagte an ihr, doch die Notwendigkeit absoluter Diskretion wog schwerer. Sie durfte keine direkte Spur legen, die sie mit dieser gefährlichen Suche verband. Stattdessen verfasste sie eine Nachricht, jedes Wort sorgfältig gewählt, um ihre Verzweiflung zu verbergen und gleichzeitig die Dringlichkeit ihrer Anfrage zu kommunizieren. Es war eine chiffrierte Botschaft, in alter Drow-Schrift verfasst, die nur ihr Kontaktmann beim Syndikat, Shezar, würde entziffern können.
Die Nachricht, fest versiegelt und unauffällig, übergab sie einem ihrer vertrauenswürdigsten Boten – einem stummen Sargtling, der für seine unauffällige Effizienz bekannt war und nur Befehle, nicht ihren Inhalt, verstand. Seine Aufgabe war simpel: die Nachricht direkt an Shezar zu überbringen und keine Fragen zu stellen, noch zu beantworten.
In der Botschaft an Shezar hieß es:
„Shezar, das Geschäft des Hauses Ky'Alur dehnt sich aus. Die Ilharess sucht nach neuen Wegen, ihre Autorität zu festigen. Sie benötigt eine Substanz von… außergewöhnlicher Wirkung.“
„Die Ilharess verlangt das Stärkste. Aber was ist 'stark' in diesem Kontext?“, dachte Alniira, während sie die Worte im Geist formulierte, als säße Shezar ihr gegenüber. „Nicht nur das, was den Körper lähmt oder das Herz zum Stillstand bringt. Das kann jeder Alchemist. Sie will etwas, das die Seele formt, das die Realität des Opfers verzerrt. Ich muss Shezar in die richtige Richtung lenken, ohne meine Handlung zu verraten. Er ist ein Händler, kein Philosoph der metaphysischen Verderbnis.“
Die Nachricht fuhr fort: „Ich habe vernommen, das Syndikat hat kürzlich... interessante Lieferungen getätigt. Fässer voller… spezialisierter Elixiere. Ich benötige das stärkste Gift, das ihr beschaffen könnt. Nicht nur tödlich, Shezar. Sondern… verderbend. Etwas, das einen Feind nicht nur von dieser Welt nimmt, sondern seine letzten Momente zu einem Mahnmal der Verzweiflung macht. Etwas, das die Essenz seiner Existenz angreift, es umwertet.“
Alniira sah Shezars gedankliche Reaktion vor sich, wie seine Augenbrauen sich hoben, ein seltenes Zeichen von Überraschung bei ihm. Sie konnte seine gedankliche Antwort beinahe hören: „Verderbend? Wir liefern tödliche Gifte, Alniira. Konzentrate, die selbst einen Drachen zu Fall bringen können. Aber… das ist eine andere Art von Anfrage. Eine, die nach Verderbnis klingt, nicht nach Handel.“
Ihre imaginäre Erwiderung war präzise und unnachgiebig: „In der Tat. Die Ilharess ist… wählerisch. Sie verlangt nach dem Ultimatum. Ein Gift, das so tiefgreifend wirkt, dass der Schmerz über das Physische hinausgeht. Etwas, das die Träume eines Wesens versengt, noch ehe es seinen letzten Atemzug tut. Etwas, das seinen Geist zerreißt. Kennt das Syndikat solche Substanzen? Oder könnt ihr sie beschaffen? Durchstreift mir die dunkelsten Ecken der Welt dafür. Nicht nur die Pfade des Todes, sondern die Abgründe des Geistes. Ich brauche das stärkste, das verderbendste Gift, das eure Chroniken oder eure Spione kennen.“ Ihr imaginärer Blick, rubinrot in der Dunkelheit, bohrte sich in Shezars Augen, ein Flehen in seinen Tiefen, das sie kaum zu zeigen wagte. „Ich brauche eine Richtung. Eine Idee. Etwas, das mich auf den richtigen Pfad führt.“
Sie wusste, Shezar würde ihre wahren Motive zu ergründen versuchen. Er würde vermuten, dass es um eine neue, besonders grausame Bestrafung der Ilharess ging, oder um eine Waffe, die über bloße Klingen hinausging, doch die pure, ungeschminkte Notwendigkeit in ihren Augen würde ihm nicht verborgen bleiben.
Alniira hatte im Voraus einen Beutel mit sorgfältig abgewogenem Gold beigefügt, ein Vorschuss, der die Dringlichkeit ihres Auftrags und ihre Abhängigkeit unterstrich. Die Nachricht endete mit einer klaren Anweisung: „Das Wissen, das dabei gewonnen wird, ist seinen Preis wert. Versteht das. Absolute Diskretion, Shezar. Niemand darf von dieser Suche erfahren. Die Ilharess will ihren Schatten in der Flasche, und ich werde ihn ihr bringen. Ich verlasse mich auf euch.“
Nachdem der Bote die Nachricht fortgetragen hatte, verweilte Alniira noch eine Weile in der Stille ihrer Werkstatt, erfüllt von dem flüchtigen Geruch von Angst, der in der kalten Luft hing. Alniiras Lippen verzogen sich zu einem fast unsichtbaren, triumphierenden Lächeln. Die wahre Jagd hatte soeben begonnen. Und dieses Mal würde sie nicht nur ein Gift finden; sie würde ein Werkzeug finden, das die Grenzen des Geistes selbst neu definierte und die Verzweiflung war nur ein weiterer Katalysator gewesen.
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Re: Ein Geschenk der anderen Art
Ein Schatten in der Flasche: Kapitel 1 Der Angriff
Der Wald atmete. Ein feuchter, erdiger Atem, der nach Moder und unergründlichen Geheimnissen roch. Alniiras Hände, vom Zittern der vergangenen Stunden befreit, umklammerten fest den Griff ihres Dolches. Die Klinge, ein schwarzer Schatten in der umgebenden Schwärze, war nun nicht länger ein bloßer Trost, sondern ein verlängerter Wille. Das Heulen war verstummt, das Lachen verklungen. Was blieb, war die Gewissheit. Die Entdeckung der „Störungen“ im Laub – des umgeknickten Farns, des verdichteten Mooses, der präzisen Kerbe im Baumstamm – hatte den Wahnsinn nicht gebannt, aber ihn in eine greifbare Form gebracht. Sie war nicht verrückt geworden. Etwas war da. Etwas, das Spuren hinterließ, auch wenn es sich selbst zu verbergen wusste.
Doch die Jagd war zermürbend. Die Spuren schienen sich aufzulösen, ehe sie sie fassen konnte. Ein umgeknickter Farn führte zu einem Bereich von unberührtem Moos. Ein verdichtetes Laubfeld endete abrupt vor einem scheinbar undurchdringlichen Dickicht. Der Wald selbst schien sich gegen sie zu wenden, seine Pfade verschwanden und formten sich neu, nur um sie in die Irre zu führen. Das Gefühl der Beobachtung kehrte zurück, verstärkt durch die ergebnislose Suche. Es war ein lauernder Blick, der sie von allen Seiten zu umgarnen schien, ein unsichtbarer Kreis, der sich um sie schloss.
Plötzlich, ohne Vorwarnung, durchbrach etwas die Schwärze der Nacht mit der Wucht einer Explosion. Kein gewöhnlicher Schall, sondern eine physische Erschütterung der Luft selbst. Aus der undurchdringlichen Finsternis stürmte etwas auf sie zu, eine Masse aus Fell, zu schnell, zu gewaltig, um es auch nur im Ansatz zu beschreiben. Es war ein Bruchteil eines Bruchteils eines Bruchteils eines Momentes, ein dunkler Blitz, der ihre Wahrnehmung überforderte. Sie sah nur eine verschwommene Masse aus unförmigen Schatten und Haaren, die sich mit unmenschlicher Geschwindigkeit näherte.
Das Ding traf sie mit einer urtümlichen, unbegreiflichen Kraft, die sie von den Füßen riss. Ihr Körper wurde von der Wucht des Aufpralls durch die Luft geschleudert, landete hart im feuchten, kalten Moos. Ein Schmerz, schärfer als jede Klinge, durchzuckte sie, doch ihr Verstand reagierte instinktiv, noch bevor ihr Körper die volle Wucht des Aufpralls registrierte. Ihr Dolch, dessen Klinge so schwarz war wie die Nacht selbst, schnellte nach vorne, direkt in die Dunkelheit, eine Mauer der Verteidigung, die sich vor ihr aufbaute. Es war eine Geste, so lächerlich in ihrer scheinbaren Sinnlosigkeit, um ein solches Monstrum zu bedrohen, doch in ihrer Absolutheit spiegelte sich all ihre Entschlossenheit wider, sich mit jedem Atom ihres Willens zu verteidigen. Ihre Augen, weit aufgerissen, starrten in das Nichts über ihr, bereit, den nächsten Angriff zu empfangen.
Aus der Schwärze der Nacht, jener undurchdringlichen Decke, die selbst ihre Drow-Augen in die Irre führte, löste sich eine Gestalt. Sie war zu schnell für die menschliche Wahrnehmung, aber Alniiras geschärfte Sinne, die in den ewigen Schatten des Unterreichs geschult worden waren, erfassten ihre Form: ein Wolf. Gigantisch, mit Fell, das die Dunkelheit selbst zu absorbieren schien, und Augen, die in der Finsternis wie glühende Kohlen brannten.
Es war kein Angriff, wie Alniira ihn kannte. Kein Kampf um Leben und Tod, bei dem der Gegner sich offen zeigte. Es war ein Spiel. Ein grausames, berechnendes Spiel, bei dem sie die Beute war, und das Tier ihr Jäger, der seine Überlegenheit genoss. Der Wolf stürmte aus dem Nichts, ein Schatten auf Schatten, traf sie mit seinem gewaltigen Körper – kein Biss, keine Krallen, nur die reine, schockierende Wucht einer Kollision – und verschwand im selben Augenblick wieder, als hätte er nie existiert. Alniira spürte den feuchten Moosboden unter sich, den kalten Atem des Tieres, der sie streifte. Dann war nur noch die Stille.
Der Sieg währte nur einen Wimpernschlag. Bevor sie ihre Haltung festigen konnte, bevor ihr Dolch wieder eine effektive Abwehr bilden konnte, durchbrach das Ding erneut die Dunkelheit. Diesmal war der Angriff nicht nur ein Stoß, sondern eine Lawine aus Fell und roher Gewalt, die sie aus dem Gleichgewicht riss. Sie wurde mit einer Wucht getroffen, die ihr das Gefühl gab, als würde ihr Körper in seine Einzelteile zerfallen. Die Welt drehte sich. Die Bäume verschwammen zu dunklen Schlieren. Ihr Kopf schlug hart auf. Sie landete wieder im feuchten Moos, ein leiser, ungewollter Laut entwich ihren Lippen.
Diesmal jedoch verschwand der Wolf nicht.
Alniira lag auf dem Rücken, ihr Atem rasselnd, der Geschmack von Erde und Blut in ihrem Mund. Ihre Augen, die einst in der Finsternis sehen konnten, waren hier nutzlos, gefangen in einer absoluten Schwärze, die jede Form verschluckte. Sie versuchte, ihren Dolch zu finden, ihre Hand tastete ins Leere. Verzweifelt suchte sie den Griff, den kalten Stahl, die letzte Verteidigung, die sie besaß. Doch ihre Finger fanden nichts als feuchtes Laub und weiches Moos. Der Dolch. Er musste ihr bei dem letzten Aufprall entglitten sein, irgendwo in der bodenlosen Dunkelheit verschluckt.
Ein gewaltiger Schatten beugte sich über sie. Eine massive Form, deren Umrisse sich nur als eine noch tiefere Schwärze in der Nacht abzeichneten. Der Atem des Wolfes, schwer und warm, strich über ihr Gesicht, roch nach nassem Fell und etwas Urtümlichem. Alniira spürte den Druck auf ihrer Brust, das Gewicht, das sie niederdrückte, die unsichtbare Präsenz, die sie fixierte. Sie war hilflos. Der Schmerz ihres Körpers, nun da der Adrenalinrausch wich, schoss wie glühende Lanzen durch ihre Gliedmaßen. Jede Rippe, jeder Muskel schien zu protestieren, doch die wahre Erkenntnis war kälter als jede Wunde.
Das Ende war nahe.
Alniira lag auf dem Rücken, ihr Atem rasselnd, der Geschmack von Erde und Blut in ihrem Mund. Ihre Augen, die einst in der Finsternis sehen konnten, waren hier nutzlos, gefangen in einer absoluten Schwärze, die jede Form verschluckte. Der Dolch war fort, irgendwo in der bodenlosen Dunkelheit verschluckt. Ein gewaltiger Schatten beugte sich über sie, eine massive Form, deren Umrisse sich nur als eine noch tiefere Schwärze in der Nacht abzeichneten. Der Atem des Wolfes, schwer und warm, strich über ihr Gesicht, roch nach nassem Fell und etwas Urtümlichem. Alniira spürte den Druck auf ihrer Brust, das Gewicht, das sie niederdrückte, die unsichtbare Präsenz, die sie fixierte. Sie war hilflos. Der Schmerz ihres Körpers, nun da der Adrenalinrausch wich, schoss wie glühende Lanzen durch ihre Gliedmaßen. Jede Rippe, jeder Muskel schien zu protestieren, doch die wahre Erkenntnis war kälter als jede Wunde.
Doch der Tod kam nicht. Nicht auf die erwartete Art.
Stattdessen spürte Alniira eine feuchte, warme Schnauze, die über ihre Wangen strich, dann über ihren Hals, ihre Schulter. Ein tiefes, knurrendes Schnüffeln, das nicht nach der Gier eines Raubtiers klang, das seine Beute identifiziert. Es war intensiver, suchend, fast... prüfend. Der Wolf hob den Kopf, ein leises Wimmern entwich seiner Kehle, ein Laut, der von tiefer Konzentration zeugte. Dann senkte er seinen Kopf wieder, seine feuchte Nase wanderte über ihre Narben, jene Zeugen ihres früheren Leidens, ihres Überlebens. Er verharrte an einer Stelle, direkt über ihrem Herzen, seine Schnauze presste leicht gegen ihre Brust, und Alniira spürte, wie eine unsichtbare Welle von Energie sie durchfuhr, ein fast schmerzhaftes Prickeln, das ihre Muskeln unwillkürlich zucken ließ.
Das Schnüffeln des Wolfes wurde langsamer, tiefer, eindringlicher. Eine leise Vibration, die von seiner Schnauze ausging, übertrug sich auf ihre Haut, drang tiefer, bis in ihre Knochen. Dann ein plötzliches, scharfes Einatmen des Tieres, ein Laut, der wie ein Erkennen klang. Die massive Form über ihr veränderte sich. Die muskulöse Anspannung in seinen Schultern wich einer fast unheimlichen Entspannung. Die bedrohliche Aggression, die seine Aura zuvor erfüllt hatte, löste sich auf, ersetzt durch eine seltsame, unmissverständliche Gewissheit. Die Augen, die zuvor wie glühende Kohlen in der Dunkelheit gebrannt hatten, schienen nun einen anderen Glanz zu tragen, einen, den Alniira nicht zu deuten vermochte. Sie waren ruhiger, aber auch… fordernder.
Doch in dem Moment, als sich die Maske der Aggression von dem Wolf zu lösen schien, in dem Augenblick, als Alniira ihren Geist auf die Erleichterung vorbereitete, geschah es. Ohne Vorwarnung. Ohne ein weiteres Knurren. Ohne den geringsten Hauch einer Regung, die seine Absicht verraten hätte. Die massive Schnauze senkte sich. Alniiras Augen, weit aufgerissen in der Dunkelheit, konnten nichts sehen. Nur das Gefühl.
Es war kein Stoß, keine Wucht. Es war ein Biss. Kalt, präzise, und von einer plötzlichen Intensität, die ihr das Gefühl gab, als würde die Welt um sie herum zerbersten. Alniira war nicht darauf vorbereitet, nicht auf diesen Akt, der über alle Erwartungen hinausging. Zwei gewaltige Reißzähne drangen in ihre linke Schulter, bohrten sich tief durch ihre Haut, ihre Muskeln, ihre Rippen, ein Schmerz, der so absolut war, dass er die Welt in ein einziges, alles verschlingendes Weiß tauchte, auch wenn die Dunkelheit um sie herum undurchdringlich blieb. Sie spürte, wie das Gewebe ihrer Haut riss, wie die Zähne an ihren Sehnen zerrten, wie das warme, klebrige Blut aus der Wunde quoll und ihren Körper durchnässte. Ein lautes, trockenes Knacken, das durch ihren Schädel dröhnte, als etwas in ihrem Inneren nachgab. Die Luft entwich ihren Lungen in einem keuchenden Laut, den sie nicht kontrollieren konnte.
Dann ein plötzlicher Ruck. Die Welt drehte sich, wurde zu einem verschwommenen Wirbel aus Dunkelheit und Schmerz. Ihr Körper wurde von der Wucht des Bisses durch die Luft gewirbelt, traf hart auf einen Baumstamm und prallte zurück, um dann achtlos im feuchten Moos zu landen. Der Biss war nicht nur ein Akt der Gewalt; es war eine Prägung. Eine tiefe, unwiderrufliche Veränderung, die sich mit dem Schmerz in ihre Seele brannte.
Die Schmerzen waren nun allumfassend, ein loderndes Inferno, das jeden Nerv in ihrem Körper zu verbrennen schien. Die Erkenntnis war brutal, klarer als jeder Kristall: Die Bestie hatte nicht mit ihr gespielt, um sie am Leben zu lassen. Sie hatte gespielt, um einen neuen Zweck zu offenbaren. Der Wolf, dessen dunkle Form sich lautlos in der Nacht auflöste, hatte ihr mehr angetan als den Tod. Er hatte ihr ein Schicksal verliehen, das ihre Vorstellungskraft sprengte, das alle ihre Pläne, ihre Ambitionen, ihre Kontrolle über das eigene Leben in den Abgrund stürzte.
Alniira lag allein in der Stille des Waldes, das Blut sickerte in den Moosboden, der Geruch von nasser Erde und dem eigenen, warmen Blut füllte ihre Nasenlöcher. Der Schmerz war die einzige Realität, die ihr noch blieb. Was war geschehen? Was hatte der Wolf getan? Und welches neue Monster hatte er in ihr geweckt? Die Nacht war tief, und die Antworten schlummerten im Grauen ihrer neuen Existenz.
Der Wald atmete. Ein feuchter, erdiger Atem, der nach Moder und unergründlichen Geheimnissen roch. Alniiras Hände, vom Zittern der vergangenen Stunden befreit, umklammerten fest den Griff ihres Dolches. Die Klinge, ein schwarzer Schatten in der umgebenden Schwärze, war nun nicht länger ein bloßer Trost, sondern ein verlängerter Wille. Das Heulen war verstummt, das Lachen verklungen. Was blieb, war die Gewissheit. Die Entdeckung der „Störungen“ im Laub – des umgeknickten Farns, des verdichteten Mooses, der präzisen Kerbe im Baumstamm – hatte den Wahnsinn nicht gebannt, aber ihn in eine greifbare Form gebracht. Sie war nicht verrückt geworden. Etwas war da. Etwas, das Spuren hinterließ, auch wenn es sich selbst zu verbergen wusste.
Ein Schritt nach dem anderen glitt Alniira durch das dichte Unterholz. Ihr Blick, obwohl an die Oberfläche angepasst, suchte nicht nach dem Offensichtlichen. Er scannte den Waldboden nach den kleinsten Abweichungen, den subtilsten Brüchen in der natürlichen Ordnung. Ein leicht verschobener Stein, ein kaum sichtbarer Kratzer an einer Wurzel, ein Grashalm, der unnatürlich geknickt war. Sie folgte einer Fährte aus Nicht-Existenz, einer Spur, die so vergänglich war wie ein Traum im Morgengrauen.„Es ist da“, hallte Alniiras Geist, ein kalter Triumph mischte sich in ihren Adrenalinpegel. „Ich bin nicht allein. Die Angst war keine Hirngespinst, sondern eine Vorwarnung. Die Aufgabe, diese Spur zu verfolgen, gibt meinem Willen neue Nahrung. Sie lenkt mich ab von der allumfassenden Kälte, die nach meiner Seele griff. Die Unwissenheit ist das wahre Gift, nicht die bloße Gefahr. Und ich werde es nicht zulassen, dass die Furcht meine Sinne trübt. Ich werde dieses Ding finden. Ich werde es entlarven.“
Doch die Jagd war zermürbend. Die Spuren schienen sich aufzulösen, ehe sie sie fassen konnte. Ein umgeknickter Farn führte zu einem Bereich von unberührtem Moos. Ein verdichtetes Laubfeld endete abrupt vor einem scheinbar undurchdringlichen Dickicht. Der Wald selbst schien sich gegen sie zu wenden, seine Pfade verschwanden und formten sich neu, nur um sie in die Irre zu führen. Das Gefühl der Beobachtung kehrte zurück, verstärkt durch die ergebnislose Suche. Es war ein lauernder Blick, der sie von allen Seiten zu umgarnen schien, ein unsichtbarer Kreis, der sich um sie schloss.
Die Geräusche des Waldes mutierten. Das ferne Zirpen der Grillen klang nun wie ein leises, hämisches Kichern, das aus den Tiefen der Bäume zu kommen schien. Das Rascheln von Blättern verwandelte sich in das Flüstern unhörbarer Worte, die ihren Namen riefen, ihn ins Unendliche verzerrten, ihre eigene Sprache in ein makabres Echo verwandelten. Jeder Schatten schien sich zu verdichten, jede Ansammlung von Bäumen nahm groteske Formen an, drohten, sie zu verschlingen. Die Luft wurde dünner, schwer, wie von einer unsichtbaren Last erdrückt. Der Bergkamm der Britain Mine, der sich in der Ferne abzeichnete, war keine Beruhigung mehr; er war ein schallender Verstärker des Grauens, das Heulen, das von seinen Wänden zurückprallte, war nun ein vielstimmiger Chor des Entsetzens.„Es ist nutzlos“, knurrte Alniira innerlich, die Verzweiflung klammerte sich wie eine Eisklammer um ihr Herz. „Die Fährte ist ein Trugbild. Sie führt ins Nichts. Dieses Ding spielt mit mir. Es weiß, dass ich es jage, und es verspottet meine Bemühungen. Die Kälte des Waldes ist nur ein Spiegelbild meiner eigenen Hilflosigkeit, die sich in mir ausbreitet. Ich bin blind. Mein Wille ist stark, aber was nützt ein Wille ohne Erkenntnis? Ich kann nicht fassen, was sich mir entzieht. Ich kann nicht kontrollieren, was ich nicht definieren kann. Die Natur selbst ist hier ein Feind, der mich in den Wahnsinn treibt.“
Plötzlich, ohne Vorwarnung, durchbrach etwas die Schwärze der Nacht mit der Wucht einer Explosion. Kein gewöhnlicher Schall, sondern eine physische Erschütterung der Luft selbst. Aus der undurchdringlichen Finsternis stürmte etwas auf sie zu, eine Masse aus Fell, zu schnell, zu gewaltig, um es auch nur im Ansatz zu beschreiben. Es war ein Bruchteil eines Bruchteils eines Bruchteils eines Momentes, ein dunkler Blitz, der ihre Wahrnehmung überforderte. Sie sah nur eine verschwommene Masse aus unförmigen Schatten und Haaren, die sich mit unmenschlicher Geschwindigkeit näherte.
Das Ding traf sie mit einer urtümlichen, unbegreiflichen Kraft, die sie von den Füßen riss. Ihr Körper wurde von der Wucht des Aufpralls durch die Luft geschleudert, landete hart im feuchten, kalten Moos. Ein Schmerz, schärfer als jede Klinge, durchzuckte sie, doch ihr Verstand reagierte instinktiv, noch bevor ihr Körper die volle Wucht des Aufpralls registrierte. Ihr Dolch, dessen Klinge so schwarz war wie die Nacht selbst, schnellte nach vorne, direkt in die Dunkelheit, eine Mauer der Verteidigung, die sich vor ihr aufbaute. Es war eine Geste, so lächerlich in ihrer scheinbaren Sinnlosigkeit, um ein solches Monstrum zu bedrohen, doch in ihrer Absolutheit spiegelte sich all ihre Entschlossenheit wider, sich mit jedem Atom ihres Willens zu verteidigen. Ihre Augen, weit aufgerissen, starrten in das Nichts über ihr, bereit, den nächsten Angriff zu empfangen.
Aus der Schwärze der Nacht, jener undurchdringlichen Decke, die selbst ihre Drow-Augen in die Irre führte, löste sich eine Gestalt. Sie war zu schnell für die menschliche Wahrnehmung, aber Alniiras geschärfte Sinne, die in den ewigen Schatten des Unterreichs geschult worden waren, erfassten ihre Form: ein Wolf. Gigantisch, mit Fell, das die Dunkelheit selbst zu absorbieren schien, und Augen, die in der Finsternis wie glühende Kohlen brannten.
Es war kein Angriff, wie Alniira ihn kannte. Kein Kampf um Leben und Tod, bei dem der Gegner sich offen zeigte. Es war ein Spiel. Ein grausames, berechnendes Spiel, bei dem sie die Beute war, und das Tier ihr Jäger, der seine Überlegenheit genoss. Der Wolf stürmte aus dem Nichts, ein Schatten auf Schatten, traf sie mit seinem gewaltigen Körper – kein Biss, keine Krallen, nur die reine, schockierende Wucht einer Kollision – und verschwand im selben Augenblick wieder, als hätte er nie existiert. Alniira spürte den feuchten Moosboden unter sich, den kalten Atem des Tieres, der sie streifte. Dann war nur noch die Stille.
Wieder kam der Wolf. Ein tiefes Knurren, das aus dem Nichts zu kommen schien, direkt neben ihrem Ohr. Dann ein Stoß, hart, präzise, in ihre Seite, der ihr den Atem raubte. Sie rollte, ihr Körper schmerzte, doch sie sah nichts. Das Tier war schon wieder verschwunden, ein Geist in der Finsternis. Alniira zuckte mit dem Dolch ins Leere, ihre Klinge schnitt nur die kalte Luft. Der Wolf spielte mit ihr, wie ein Kater mit einer Maus, die er gefangen hatte, aber noch nicht töten wollte.„Ein Test“, knurrte Alniira innerlich, ihre Zähne knirschten. „Er testet mich. Er testet meine Entschlossenheit, meine Furcht. Er will nicht nur meinen Körper besiegen; er will meinen Geist brechen. Das ist kein Wolf, der nach Beute sucht. Das ist ein Jäger, der nach Erkenntnis strebt. Er will sehen, wie ich auf die Ohnmacht reagiere, auf die Unfähigkeit, seinen Angriff zu erwidern. Er ist wie die Ungewissheit im Wald, die sich nun materialisiert hat, um mich zu verspotten.“
Mit letzter Kraft, ihre Muskeln zitterten, doch ihr Wille peitschte sie voran, stemmte Alniira sich hoch. Jeder Zentimeter war ein Kampf, eine Demütigung. Sie taumelte, ihre Augen suchten die Schwärze nach einer festen Form, einem Punkt, auf den sie ihren Widerstand richten konnte. Ihre linke Hand drückte auf ihre Rippen, ein dumpfer Schmerz, der ihr erst jetzt, da der Schock nachließ, bewusst wurde. Doch sie stand. Schwankend, zitternd, aber sie stand.„Ich muss mich erheben“, flüsterte Alniiras Geist, ein roher, unnachgiebiger Wille durchfuhr sie. „Ich bin keine Beute. Ich bin eine Drow. Ich bin eine Schöpferin. Ich bin mehr als diese primitive Kreatur. Ich werde mich nicht dem Boden unterwerfen. Ich werde nicht in dieser Dunkelheit verharren und auf den nächsten Schlag warten.“
Der Sieg währte nur einen Wimpernschlag. Bevor sie ihre Haltung festigen konnte, bevor ihr Dolch wieder eine effektive Abwehr bilden konnte, durchbrach das Ding erneut die Dunkelheit. Diesmal war der Angriff nicht nur ein Stoß, sondern eine Lawine aus Fell und roher Gewalt, die sie aus dem Gleichgewicht riss. Sie wurde mit einer Wucht getroffen, die ihr das Gefühl gab, als würde ihr Körper in seine Einzelteile zerfallen. Die Welt drehte sich. Die Bäume verschwammen zu dunklen Schlieren. Ihr Kopf schlug hart auf. Sie landete wieder im feuchten Moos, ein leiser, ungewollter Laut entwich ihren Lippen.
Diesmal jedoch verschwand der Wolf nicht.
Alniira lag auf dem Rücken, ihr Atem rasselnd, der Geschmack von Erde und Blut in ihrem Mund. Ihre Augen, die einst in der Finsternis sehen konnten, waren hier nutzlos, gefangen in einer absoluten Schwärze, die jede Form verschluckte. Sie versuchte, ihren Dolch zu finden, ihre Hand tastete ins Leere. Verzweifelt suchte sie den Griff, den kalten Stahl, die letzte Verteidigung, die sie besaß. Doch ihre Finger fanden nichts als feuchtes Laub und weiches Moos. Der Dolch. Er musste ihr bei dem letzten Aufprall entglitten sein, irgendwo in der bodenlosen Dunkelheit verschluckt.
Ein gewaltiger Schatten beugte sich über sie. Eine massive Form, deren Umrisse sich nur als eine noch tiefere Schwärze in der Nacht abzeichneten. Der Atem des Wolfes, schwer und warm, strich über ihr Gesicht, roch nach nassem Fell und etwas Urtümlichem. Alniira spürte den Druck auf ihrer Brust, das Gewicht, das sie niederdrückte, die unsichtbare Präsenz, die sie fixierte. Sie war hilflos. Der Schmerz ihres Körpers, nun da der Adrenalinrausch wich, schoss wie glühende Lanzen durch ihre Gliedmaßen. Jede Rippe, jeder Muskel schien zu protestieren, doch die wahre Erkenntnis war kälter als jede Wunde.
Sie schloss die Augen, ihr Atem flachte ab. Die Kälte des Waldes kroch in sie hinein, umarmte sie wie ein vertrauter Feind. Die absolute Ohnmacht war da, doch auch eine seltsame Akzeptanz. Sie würde keinen Kampf mehr führen. Der Wolf beugte sich weiter über sie, seine schwere Masse verdeckte jede mögliche Lichtquelle.„Ich werde sterben“, dachte Alniira, ein kalter, klarer Gedanke, der jede Furcht transzendierte. „Ich habe nichts mehr. Keine Waffe. Keine Verteidigung. Die Wellen der Angriffe haben mir die letzte Kraft genommen. Dies ist das Ende. Die Ilharess wird meinen Namen vergessen. Mein Wille zur Macht… er wird hier enden, in der Fremde, von einer Bestie besiegt, die ich nicht einmal sehen konnte. Ich habe versagt. Dies ist die ultimative Demütigung. Doch ich werde keinen Laut von mir geben. Keine Schwäche zeigen. Niemals.“
Das Ende war nahe.
Alniira lag auf dem Rücken, ihr Atem rasselnd, der Geschmack von Erde und Blut in ihrem Mund. Ihre Augen, die einst in der Finsternis sehen konnten, waren hier nutzlos, gefangen in einer absoluten Schwärze, die jede Form verschluckte. Der Dolch war fort, irgendwo in der bodenlosen Dunkelheit verschluckt. Ein gewaltiger Schatten beugte sich über sie, eine massive Form, deren Umrisse sich nur als eine noch tiefere Schwärze in der Nacht abzeichneten. Der Atem des Wolfes, schwer und warm, strich über ihr Gesicht, roch nach nassem Fell und etwas Urtümlichem. Alniira spürte den Druck auf ihrer Brust, das Gewicht, das sie niederdrückte, die unsichtbare Präsenz, die sie fixierte. Sie war hilflos. Der Schmerz ihres Körpers, nun da der Adrenalinrausch wich, schoss wie glühende Lanzen durch ihre Gliedmaßen. Jede Rippe, jeder Muskel schien zu protestieren, doch die wahre Erkenntnis war kälter als jede Wunde.
Sie schloss die Augen, ihr Atem flachte ab. Die Kälte des Waldes kroch in sie hinein, umarmte sie wie ein vertrauter Feind. Die absolute Ohnmacht war da, doch auch eine seltsame Akzeptanz. Sie würde keinen Kampf mehr führen. Der Wolf beugte sich weiter über sie, seine schwere Masse verdeckte jede mögliche Lichtquelle. Das Ende war nahe.„Ich werde sterben“, dachte Alniira, ein kalter, klarer Gedanke, der jede Furcht transzendierte. „Ich habe nichts mehr. Keine Waffe. Keine Verteidigung. Die Wellen der Angriffe haben mir die letzte Kraft genommen. Dies ist das Ende. Die Ilharess wird meinen Namen vergessen. Mein Wille zur Macht… er wird hier enden, in der Fremde, von einer Bestie besiegt, die ich nicht einmal sehen konnte. Ich habe versagt. Dies ist die ultimative Demütigung. Doch ich werde keinen Laut von mir geben. Keine Schwäche zeigen. Niemals.“
Doch der Tod kam nicht. Nicht auf die erwartete Art.
Stattdessen spürte Alniira eine feuchte, warme Schnauze, die über ihre Wangen strich, dann über ihren Hals, ihre Schulter. Ein tiefes, knurrendes Schnüffeln, das nicht nach der Gier eines Raubtiers klang, das seine Beute identifiziert. Es war intensiver, suchend, fast... prüfend. Der Wolf hob den Kopf, ein leises Wimmern entwich seiner Kehle, ein Laut, der von tiefer Konzentration zeugte. Dann senkte er seinen Kopf wieder, seine feuchte Nase wanderte über ihre Narben, jene Zeugen ihres früheren Leidens, ihres Überlebens. Er verharrte an einer Stelle, direkt über ihrem Herzen, seine Schnauze presste leicht gegen ihre Brust, und Alniira spürte, wie eine unsichtbare Welle von Energie sie durchfuhr, ein fast schmerzhaftes Prickeln, das ihre Muskeln unwillkürlich zucken ließ.
Das Schnüffeln des Wolfes wurde langsamer, tiefer, eindringlicher. Eine leise Vibration, die von seiner Schnauze ausging, übertrug sich auf ihre Haut, drang tiefer, bis in ihre Knochen. Dann ein plötzliches, scharfes Einatmen des Tieres, ein Laut, der wie ein Erkennen klang. Die massive Form über ihr veränderte sich. Die muskulöse Anspannung in seinen Schultern wich einer fast unheimlichen Entspannung. Die bedrohliche Aggression, die seine Aura zuvor erfüllt hatte, löste sich auf, ersetzt durch eine seltsame, unmissverständliche Gewissheit. Die Augen, die zuvor wie glühende Kohlen in der Dunkelheit gebrannt hatten, schienen nun einen anderen Glanz zu tragen, einen, den Alniira nicht zu deuten vermochte. Sie waren ruhiger, aber auch… fordernder.
Ein Gefühl der Erlösung, flüchtig und trügerisch, begann sich in Alniira auszubreiten. Die Schmerzen ihres Körpers schienen für einen Augenblick in den Hintergrund zu treten, überlagert von der fast greifbaren Gewissheit, überlebt zu haben. Der Wolf würde sich nun abwenden, sie in Ruhe lassen, ein Mahnmal für ihre Begegnung in dieser fremden, grausamen Nacht.„Er wird mich doch nicht töten?“, zuckte ein Hoffnungsschimmer durch Alniiras sonst so eisigen Verstand. „Das Spiel ist zu Ende. Er hat seine Macht demonstriert, meine Ohnmacht offengelegt. Nun wird er verschwinden. Mich in dieser Dunkelheit zurücklassen. Ich werde leben. Ich habe es überstanden. Diese Bestie… sie ist anders, als alle meine Erwartungen. Sie ist kein stumpfer Jäger. Sie ist ein Denker. Ich habe diesen Test bestanden. Die Ilharess würde meine Entschlossenheit anerkennen.“
Doch in dem Moment, als sich die Maske der Aggression von dem Wolf zu lösen schien, in dem Augenblick, als Alniira ihren Geist auf die Erleichterung vorbereitete, geschah es. Ohne Vorwarnung. Ohne ein weiteres Knurren. Ohne den geringsten Hauch einer Regung, die seine Absicht verraten hätte. Die massive Schnauze senkte sich. Alniiras Augen, weit aufgerissen in der Dunkelheit, konnten nichts sehen. Nur das Gefühl.
Es war kein Stoß, keine Wucht. Es war ein Biss. Kalt, präzise, und von einer plötzlichen Intensität, die ihr das Gefühl gab, als würde die Welt um sie herum zerbersten. Alniira war nicht darauf vorbereitet, nicht auf diesen Akt, der über alle Erwartungen hinausging. Zwei gewaltige Reißzähne drangen in ihre linke Schulter, bohrten sich tief durch ihre Haut, ihre Muskeln, ihre Rippen, ein Schmerz, der so absolut war, dass er die Welt in ein einziges, alles verschlingendes Weiß tauchte, auch wenn die Dunkelheit um sie herum undurchdringlich blieb. Sie spürte, wie das Gewebe ihrer Haut riss, wie die Zähne an ihren Sehnen zerrten, wie das warme, klebrige Blut aus der Wunde quoll und ihren Körper durchnässte. Ein lautes, trockenes Knacken, das durch ihren Schädel dröhnte, als etwas in ihrem Inneren nachgab. Die Luft entwich ihren Lungen in einem keuchenden Laut, den sie nicht kontrollieren konnte.
Dann ein plötzlicher Ruck. Die Welt drehte sich, wurde zu einem verschwommenen Wirbel aus Dunkelheit und Schmerz. Ihr Körper wurde von der Wucht des Bisses durch die Luft gewirbelt, traf hart auf einen Baumstamm und prallte zurück, um dann achtlos im feuchten Moos zu landen. Der Biss war nicht nur ein Akt der Gewalt; es war eine Prägung. Eine tiefe, unwiderrufliche Veränderung, die sich mit dem Schmerz in ihre Seele brannte.
Die Schmerzen waren nun allumfassend, ein loderndes Inferno, das jeden Nerv in ihrem Körper zu verbrennen schien. Die Erkenntnis war brutal, klarer als jeder Kristall: Die Bestie hatte nicht mit ihr gespielt, um sie am Leben zu lassen. Sie hatte gespielt, um einen neuen Zweck zu offenbaren. Der Wolf, dessen dunkle Form sich lautlos in der Nacht auflöste, hatte ihr mehr angetan als den Tod. Er hatte ihr ein Schicksal verliehen, das ihre Vorstellungskraft sprengte, das alle ihre Pläne, ihre Ambitionen, ihre Kontrolle über das eigene Leben in den Abgrund stürzte.
Alniira lag allein in der Stille des Waldes, das Blut sickerte in den Moosboden, der Geruch von nasser Erde und dem eigenen, warmen Blut füllte ihre Nasenlöcher. Der Schmerz war die einzige Realität, die ihr noch blieb. Was war geschehen? Was hatte der Wolf getan? Und welches neue Monster hatte er in ihr geweckt? Die Nacht war tief, und die Antworten schlummerten im Grauen ihrer neuen Existenz.
Re: Ein Geschenk der anderen Art
Rianon trat vorsichtig aus dem Dickicht, als der Schrei die nächtliche Stille zerriss. Ein markerschütterndes Kreischen, voller Schmerz und Angst – dann das wütende Knurren eines Raubtiers. Seine Schritte beschleunigten sich, lautlos glitt er zwischen Farnen und Wurzeln dahin, bis er den Rand der kleinen Lichtung erreichte. Im flackernden Licht des Mondes sah er, was geschehen war: Die Drow – das Mädchen, das er aus der Ferne beobachtet hatte – lag am Boden, von einem massigen Schatten überragt. Der Wolf war riesig, größer als jeder, den er je gesehen hatte. Die Lefzen hochgezogen, die Reißzähne blutig, die Augen glühten fast im Zwielicht. Mit einem letzten Hieb seiner Pranke schleuderte er die junge Frau durch die Luft, als wäre sie nicht mehr als ein Spielzeug. Ihr Körper prallte gegen einen Baumstamm und blieb reglos liegen.
Rianon spannte instinktiv seinen Bogen und ließ zwei Pfeile fliegen. Der erste traf den Wolf in die Flanke, der zweite streifte nur sein Schulterfell. Kaum hatte er geschossen, stürmte er aus der Deckung und entzündete eine Fackel in der linken Hand, in der Hoffnung, dass das Biest Angst vor Feuer hat. Das Feuer warf zuckende Schatten über die Bäume, sein Schein ließ das Raubtier innehalten. Ein tiefes, kehliges Knurren grollte durch die Lichtung. Der Wolf zögerte einen Moment, dann trat er den Rückzug an – nicht flüchtend in Panik, sondern schnell, mit der geschmeidigen Eleganz eines geübten Jägers. Rianon machte einen Schritt in seine Richtung, hob bereits den Bogen, als er inne hielt. „Jedes Leben ist schützenswert“, hallte es in ihm wider. Nicht nur das der Schwachen, auch das der Gefährlichen. Und auch das der Drow.
Er senkte die Waffe und wandte er sich der Gestalt am Boden zu. Die Drow lebte noch – gerade so. Ihr Atem war flach, unregelmäßig, und aus einer klaffenden Wunde an ihrer Seite sickerte dunkles Blut. Rianon kniete sich neben sie, überprüfte mit sanften Fingern ihren Puls, ihre Atmung. Verletzungen dieser Art hatte er bei verwundeten Füchsen oder Greifvögeln gesehen – doch ein Mensch, eine Elfe... das war etwas anderes. Er wusste, wi eman ein lahmes Pferd behandelt oder einem brummigen Braunbären die Ohren reinigte. Von Elfenheilkunde verstand er nichts. Er fluchte leise, holte eine Bandage aus seinem Rucksack, tränkte sie mit Wasser und begann, die Wunde zu reinigen. Da war wieder dieser widerliche Geruch, den er auch bei dem toten Hirsch vernahm. Dann presste er vorsichtig Moos und eine Handvoll getrockneter Kräuter darauf – mehr aus Instinkt als aus Wissen. Er konnte nicht sagen, ob es half. Doch der Blutfluss verlangsamte sich. Ihre Atmung wurde regelmäßiger. „Bleib bei mir“, murmelte er leise, mehr zu sich selbst als zu ihr.
Es verging einige Zeit. Vielleicht eine Stunde. Vielleicht zwei. Der Wald war still geworden, selbst die Nachtvögel schwiegen. Als er sicher war, dass sie stabil war – zumindest fürs Erste – deckte er sie vorsichtig mit seinem Umhang zu. Dann erhob er sich. Der Boden zeigte noch die Spuren des Wolfes. Große Pfotenabdrücke, tief in den feuchten Waldboden gedrückt. Rianon zögerte, sein Blick wanderte von der Bewusstlosen zur Dunkelheit zwischen den Bäumen. Er holte tief Luft. „Ich komme wieder“, versprach er ihr leise.
Dann verschwand er lautlos im Schatten, dem Wolf folgend – nicht aus Rachsucht, sondern aus Sorge. Etwas stimmte nicht mit diesem Tier. Etwas stimmte überhaupt nicht mit dieser Nacht.

Rianon spannte instinktiv seinen Bogen und ließ zwei Pfeile fliegen. Der erste traf den Wolf in die Flanke, der zweite streifte nur sein Schulterfell. Kaum hatte er geschossen, stürmte er aus der Deckung und entzündete eine Fackel in der linken Hand, in der Hoffnung, dass das Biest Angst vor Feuer hat. Das Feuer warf zuckende Schatten über die Bäume, sein Schein ließ das Raubtier innehalten. Ein tiefes, kehliges Knurren grollte durch die Lichtung. Der Wolf zögerte einen Moment, dann trat er den Rückzug an – nicht flüchtend in Panik, sondern schnell, mit der geschmeidigen Eleganz eines geübten Jägers. Rianon machte einen Schritt in seine Richtung, hob bereits den Bogen, als er inne hielt. „Jedes Leben ist schützenswert“, hallte es in ihm wider. Nicht nur das der Schwachen, auch das der Gefährlichen. Und auch das der Drow.
Er senkte die Waffe und wandte er sich der Gestalt am Boden zu. Die Drow lebte noch – gerade so. Ihr Atem war flach, unregelmäßig, und aus einer klaffenden Wunde an ihrer Seite sickerte dunkles Blut. Rianon kniete sich neben sie, überprüfte mit sanften Fingern ihren Puls, ihre Atmung. Verletzungen dieser Art hatte er bei verwundeten Füchsen oder Greifvögeln gesehen – doch ein Mensch, eine Elfe... das war etwas anderes. Er wusste, wi eman ein lahmes Pferd behandelt oder einem brummigen Braunbären die Ohren reinigte. Von Elfenheilkunde verstand er nichts. Er fluchte leise, holte eine Bandage aus seinem Rucksack, tränkte sie mit Wasser und begann, die Wunde zu reinigen. Da war wieder dieser widerliche Geruch, den er auch bei dem toten Hirsch vernahm. Dann presste er vorsichtig Moos und eine Handvoll getrockneter Kräuter darauf – mehr aus Instinkt als aus Wissen. Er konnte nicht sagen, ob es half. Doch der Blutfluss verlangsamte sich. Ihre Atmung wurde regelmäßiger. „Bleib bei mir“, murmelte er leise, mehr zu sich selbst als zu ihr.
Es verging einige Zeit. Vielleicht eine Stunde. Vielleicht zwei. Der Wald war still geworden, selbst die Nachtvögel schwiegen. Als er sicher war, dass sie stabil war – zumindest fürs Erste – deckte er sie vorsichtig mit seinem Umhang zu. Dann erhob er sich. Der Boden zeigte noch die Spuren des Wolfes. Große Pfotenabdrücke, tief in den feuchten Waldboden gedrückt. Rianon zögerte, sein Blick wanderte von der Bewusstlosen zur Dunkelheit zwischen den Bäumen. Er holte tief Luft. „Ich komme wieder“, versprach er ihr leise.
Dann verschwand er lautlos im Schatten, dem Wolf folgend – nicht aus Rachsucht, sondern aus Sorge. Etwas stimmte nicht mit diesem Tier. Etwas stimmte überhaupt nicht mit dieser Nacht.

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Re: Ein Geschenk der anderen Art
Der Geruch von frischem Harz klebte in der Luft, schwer und aufdringlich, genau wie die Arbeit, die man ihm aufgetragen hatte. Holz hacken. Wieder einmal. Für irgendein Lagerfeuer, irgendein lächerliches Außenlager von Alniira, weit genug entfernt, dass man es einen „Außenposten“ nennen konnte – und nahe genug, um Tath'raen dafür abzustellen. Als wäre sein Können nicht zu Höherem bestimmt. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn, als ein leiser Laut durch das Dickicht drang. Ein Schrei. Kein Raubtier, kein Tierlaut. Schmerz. Panik. Und dann – Knurren. Schwer, tief, vertraut. Tath’raens Miene versteinerte.
Geduckt lief er tiefer in den Wald, bis zu einer Lichtung. Er kauerte sich lautlos hinter einen bemoosten Felsen und blickte durch die Schatten. Die Lichtung öffnete sich wie das Auge eines Dämons. Und dort, im Zentrum – das war doch tatsächlich Alniira. Halb bewusstlos, blutend, mit zerrissener Kleidung. Über ihr ein Wolf, groß wie ein Kriegshund aus den Tiefen der Schattenwelt. Ein Monster – und wie zur Pointe tauchte er auf. Ein Waldelf. Tath’raen verzog die Lippen zu einem kalten Lächeln, während er reglos im Schatten blieb. Rianon. Jener Pickel, der ihm einst ein Dutzend Bauern gekostet hatte. So selbstlos. So edel. So lächerlich naiv. Er könnte diesen Pickel hier und jetzt ausdrücken. Aber er wartete. Die Szene genießend.
Der Elf handelte schnell. Pfeile. Fackel. Keine schlechte Technik. Tath'raen hätte es effizienter gemacht. Tödlicher. Aber das war nicht der Punkt. Er half ihr. Und genau in diesem Moment wusste Tath’raen, dass dieser Tag ihm doch noch etwas bringen würde. Er duckte sich tiefer ins Laub, ließ keinen Laut entweichen, während er beobachtete, wie der Elf sich über Alniira beugte, sie versorgte. Zärtlich. Wie ein kümmernder Bruder. Oder… wie ein Verbündeter? Er lachte innerlich.
Wenn die Ilharess das erfährt… Eine Drow, die mit einem Waldelfen im Mondlicht liegt. Die von ihm gerettet, vielleicht sogar berührt wird. Die sich freiwillig in seinen Einfluss begibt. Was für eine Geschichte das wäre. Was für ein Bild er malen könnte. Verräterin. Späherin. Diejenige, die Elashin an die Elfen verkauft. Es war nicht die Wahrheit, aber das spielte keine Rolle. Tath’raen wusste: Wahrheit ist formbar. So konnte er auch Lyr'sa retten...diese dumme Handwerkerin war die eigentliche Verräterin. Aber das wusste niemand.
Alniira würde nicht mehr lange Holz hacken lassen. Vielleicht hackte bald jemand anderes an ihr. Er erhob sich lautlos, ließ den Schatten zurückgleiten, den er nie ganz verließ, und drehte sich um. Seine Schritte führten ihn fort – zurück in Richtung Elashin. Zur Ilharess. Ein Lächeln zog sich über seine Lippen. „Vielleicht war das der nützlichste Scheit Holz, den ich je gefunden habe.“
Geduckt lief er tiefer in den Wald, bis zu einer Lichtung. Er kauerte sich lautlos hinter einen bemoosten Felsen und blickte durch die Schatten. Die Lichtung öffnete sich wie das Auge eines Dämons. Und dort, im Zentrum – das war doch tatsächlich Alniira. Halb bewusstlos, blutend, mit zerrissener Kleidung. Über ihr ein Wolf, groß wie ein Kriegshund aus den Tiefen der Schattenwelt. Ein Monster – und wie zur Pointe tauchte er auf. Ein Waldelf. Tath’raen verzog die Lippen zu einem kalten Lächeln, während er reglos im Schatten blieb. Rianon. Jener Pickel, der ihm einst ein Dutzend Bauern gekostet hatte. So selbstlos. So edel. So lächerlich naiv. Er könnte diesen Pickel hier und jetzt ausdrücken. Aber er wartete. Die Szene genießend.
Der Elf handelte schnell. Pfeile. Fackel. Keine schlechte Technik. Tath'raen hätte es effizienter gemacht. Tödlicher. Aber das war nicht der Punkt. Er half ihr. Und genau in diesem Moment wusste Tath’raen, dass dieser Tag ihm doch noch etwas bringen würde. Er duckte sich tiefer ins Laub, ließ keinen Laut entweichen, während er beobachtete, wie der Elf sich über Alniira beugte, sie versorgte. Zärtlich. Wie ein kümmernder Bruder. Oder… wie ein Verbündeter? Er lachte innerlich.
Wenn die Ilharess das erfährt… Eine Drow, die mit einem Waldelfen im Mondlicht liegt. Die von ihm gerettet, vielleicht sogar berührt wird. Die sich freiwillig in seinen Einfluss begibt. Was für eine Geschichte das wäre. Was für ein Bild er malen könnte. Verräterin. Späherin. Diejenige, die Elashin an die Elfen verkauft. Es war nicht die Wahrheit, aber das spielte keine Rolle. Tath’raen wusste: Wahrheit ist formbar. So konnte er auch Lyr'sa retten...diese dumme Handwerkerin war die eigentliche Verräterin. Aber das wusste niemand.
Alniira würde nicht mehr lange Holz hacken lassen. Vielleicht hackte bald jemand anderes an ihr. Er erhob sich lautlos, ließ den Schatten zurückgleiten, den er nie ganz verließ, und drehte sich um. Seine Schritte führten ihn fort – zurück in Richtung Elashin. Zur Ilharess. Ein Lächeln zog sich über seine Lippen. „Vielleicht war das der nützlichste Scheit Holz, den ich je gefunden habe.“
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Re: Ein Geschenk der anderen Art
Die Welt im Traum
Der Biss. Kalt, präzise, ein Schmerz, der die Welt in ein einziges, alles verschlingendes Weiß tauchte, auch wenn die Dunkelheit um sie herum undurchdringlich blieb. Alniira spürte, wie das Gewebe ihrer Haut riss, wie die Zähne an ihren Sehnen zerrten, wie das warme, klebrige Blut aus der Wunde quoll und ihren Körper durchnässte. Ein lautes, trockenes Knacken, das durch ihren Schädel dröhnte, als etwas in ihrem Inneren nachgab. Die Luft entwich ihren Lungen in einem keuchenden Laut, den sie nicht kontrollieren konnte. Dann ein plötzlicher Ruck. Die Welt drehte sich, wurde zu einem verschwommenen Wirbel aus Dunkelheit und Schmerz. Ihr Körper wurde durch die Luft gewirbelt, traf hart auf einen Baumstamm und prallte zurück, um dann achtlos im feuchten Moos zu landen. Der Biss war nicht nur ein Akt der Gewalt; es war etwas anderes. Eine tiefe, unwiderrufliche Veränderung, die sich mit dem Schmerz in ihre Seele brannte.
Die Schmerzen waren nun allumfassend, ein loderndes Inferno, das jeden Nerv in ihrem Körper zu verbrennen schien. Die Erkenntnis war brutal, klarer als jeder Kristall: Die Bestie hatte nicht mit ihr gespielt, um sie am Leben zu lassen. Sie hatte gespielt, um einen neuen Zweck zu offenbaren. Der Wolf, dessen dunkle Form sich lautlos in der Nacht auflöste, hatte ihr mehr angetan als den Tod. Er hatte ihr ein Schicksal verliehen, das ihre Vorstellungskraft sprengte, das alle ihre Pläne, ihre Ambitionen, ihre Kontrolle über das eigene Leben in den Abgrund stürzte.
Alniira lag allein in der Stille des Waldes, das Blut sickerte in den Moosboden, der Geruch von nasser Erde und dem eigenen, warmen Blut füllte ihre Nasenlöcher. Der Schmerz war die einzige Realität, die ihr noch blieb. Was war geschehen? Was hatte der Wolf getan? Und welches neue Monster hatte er in ihr geweckt? Die Nacht war tief, und die Antworten schlummerten im Grauen ihrer neuen Existenz.
Die Welt im Traum: Ein Labyrinth des Unbewussten
Der Schmerz verschwamm, wurde zu einem fernen Echo, einem dumpfen Pochen am Rande eines Abgrunds. Alniira fiel. Nicht durch die Luft, nicht durch die Erde, sondern durch eine Leere, die keine Richtung kannte. Die Dunkelheit, die sie umgab, war nicht die vertraute Schwärze des Unterreichs, noch die beklemmende Finsternis der Oberwelt. Es war eine absolute Abwesenheit von allem, eine Leere, die ihren Geist zu verschlingen drohte.
Dann, ohne Vorwarnung, materialisierte sich die Leere. Sie war kein Ort, sondern ein Zustand. Ein Labyrinth aus sich windenden Gängen, nicht aus Stein, sondern aus flüsterndem Schatten. Die Wände waren aus dem, was sie nicht sehen konnte, doch sie spürte ihre Präsenz, ihre Kälte, die bis in die Knochen drang. Jeder Gang endete in einem weiteren, identischen Gang, eine endlose Wiederholung, die ihren Orientierungssinn verspottete.
Die Geräusche des Waldes, die sie in den letzten Nächten gequält hatten, kehrten zurück, verzerrt, verstärkt, pervertiert. Das Rascheln von Blättern wurde zum Schleifen unsichtbarer Schritte direkt hinter ihr, so nah, dass sie den kalten Atem auf ihrem Nacken spürte. Das Knistern trockener Äste verwandelte sich in das Knochenbrechen von Gliedmaßen, die sich in der Dunkelheit winden. Das ferne Zirpen der Grillen mutierte zu einem Chor flüsternder Stimmen, die ihren Namen riefen, ihn ins Unendliche verzerrten, ihre eigene Sprache in ein makabres Echo verwandelten.
Plötzlich, inmitten des Chaos, manifestierte sich eine Form. Nicht der Wolf. Sondern ein Auge. Gigantisch, leuchtend rot, wie die Augen der Drow, doch von einer unendlichen Kälte und einem unermesslichen Alter erfüllt. Es schwebte vor ihr, füllte ihr gesamtes Sichtfeld, und in seiner Tiefe sah sie nicht nur ihre eigene Angst, sondern auch die Ängste aller Wesen, die sie jemals gekannt hatte. Die Furcht, die Panik der Oberweltler vor dem Sternenfall, die unterschwellige Angst der Drow vor Lolths Zorn.
Das Auge pulsierte, und aus seiner Tiefe stieg ein Geruch auf – der Geruch von nassem Fell, von altem Blut, von etwas Urtümlichem, das sie nicht zuordnen konnte. Es war der Geruch des Wolfes, doch nun war er verstärkt, konzentriert, eine Essenz der Wildheit, die ihre Sinne betäubte.
Der Biss. Kalt, präzise, ein Schmerz, der die Welt in ein einziges, alles verschlingendes Weiß tauchte, auch wenn die Dunkelheit um sie herum undurchdringlich blieb. Alniira spürte, wie das Gewebe ihrer Haut riss, wie die Zähne an ihren Sehnen zerrten, wie das warme, klebrige Blut aus der Wunde quoll und ihren Körper durchnässte. Ein lautes, trockenes Knacken, das durch ihren Schädel dröhnte, als etwas in ihrem Inneren nachgab. Die Luft entwich ihren Lungen in einem keuchenden Laut, den sie nicht kontrollieren konnte. Dann ein plötzlicher Ruck. Die Welt drehte sich, wurde zu einem verschwommenen Wirbel aus Dunkelheit und Schmerz. Ihr Körper wurde durch die Luft gewirbelt, traf hart auf einen Baumstamm und prallte zurück, um dann achtlos im feuchten Moos zu landen. Der Biss war nicht nur ein Akt der Gewalt; es war etwas anderes. Eine tiefe, unwiderrufliche Veränderung, die sich mit dem Schmerz in ihre Seele brannte.
Die Schmerzen waren nun allumfassend, ein loderndes Inferno, das jeden Nerv in ihrem Körper zu verbrennen schien. Die Erkenntnis war brutal, klarer als jeder Kristall: Die Bestie hatte nicht mit ihr gespielt, um sie am Leben zu lassen. Sie hatte gespielt, um einen neuen Zweck zu offenbaren. Der Wolf, dessen dunkle Form sich lautlos in der Nacht auflöste, hatte ihr mehr angetan als den Tod. Er hatte ihr ein Schicksal verliehen, das ihre Vorstellungskraft sprengte, das alle ihre Pläne, ihre Ambitionen, ihre Kontrolle über das eigene Leben in den Abgrund stürzte.
Alniira lag allein in der Stille des Waldes, das Blut sickerte in den Moosboden, der Geruch von nasser Erde und dem eigenen, warmen Blut füllte ihre Nasenlöcher. Der Schmerz war die einzige Realität, die ihr noch blieb. Was war geschehen? Was hatte der Wolf getan? Und welches neue Monster hatte er in ihr geweckt? Die Nacht war tief, und die Antworten schlummerten im Grauen ihrer neuen Existenz.
Die Welt im Traum: Ein Labyrinth des Unbewussten
Der Schmerz verschwamm, wurde zu einem fernen Echo, einem dumpfen Pochen am Rande eines Abgrunds. Alniira fiel. Nicht durch die Luft, nicht durch die Erde, sondern durch eine Leere, die keine Richtung kannte. Die Dunkelheit, die sie umgab, war nicht die vertraute Schwärze des Unterreichs, noch die beklemmende Finsternis der Oberwelt. Es war eine absolute Abwesenheit von allem, eine Leere, die ihren Geist zu verschlingen drohte.
Dann, ohne Vorwarnung, materialisierte sich die Leere. Sie war kein Ort, sondern ein Zustand. Ein Labyrinth aus sich windenden Gängen, nicht aus Stein, sondern aus flüsterndem Schatten. Die Wände waren aus dem, was sie nicht sehen konnte, doch sie spürte ihre Präsenz, ihre Kälte, die bis in die Knochen drang. Jeder Gang endete in einem weiteren, identischen Gang, eine endlose Wiederholung, die ihren Orientierungssinn verspottete.
Das Heulen. Es war wieder da. Nicht fern, nicht nah. Es kam von überall und nirgends zugleich, ein vielstimmiger Chor des Entsetzens, der sich an den unsichtbaren Wänden des Labyrinths brach und in unzähligen, gespenstischen Echos zu ihr zurückkehrte. Doch es war nicht das Heulen eines Wolfes. Es war ein Lachen. Ein feines, fast menschliches Lachen, das ihre eigene Angst widerspiegelte, sie verspottete, sie in den Wahnsinn trieb. Es war das Lachen des Unbekannten, das sich nun in ihrem Innersten manifestierte.„Wo bin ich?“, hallte Alniiras Gedanke, doch er war nur ein Echo in der Stille. „Dies ist kein Traum, wie ich ihn kenne. Keine wirren Bilder, keine verzerrten Erinnerungen. Dies ist eine Formung des Nichts. Eine bewusste Leere, die mich zu umgarnen sucht.
Die Geräusche des Waldes, die sie in den letzten Nächten gequält hatten, kehrten zurück, verzerrt, verstärkt, pervertiert. Das Rascheln von Blättern wurde zum Schleifen unsichtbarer Schritte direkt hinter ihr, so nah, dass sie den kalten Atem auf ihrem Nacken spürte. Das Knistern trockener Äste verwandelte sich in das Knochenbrechen von Gliedmaßen, die sich in der Dunkelheit winden. Das ferne Zirpen der Grillen mutierte zu einem Chor flüsternder Stimmen, die ihren Namen riefen, ihn ins Unendliche verzerrten, ihre eigene Sprache in ein makabres Echo verwandelten.
Sie versuchte zu rennen, doch ihre Beine versagten. Sie versuchte zu schreien, doch kein Laut entwich ihren Lippen. Sie war gefangen, nicht von Gittern, sondern von der eigenen Psyche, die am Rande des Abgrunds tanzte. Der Wahnsinn schien eine greifbare Form anzunehmen, während die Dunkelheit um sie herum lebendig wurde und die Leere ihres eigenen Geistes zu füllen schien. Ihre Beherrschung zerfiel, Stück für Stück, wie morsches Pergament.„Ich bilde es mir nicht ein“, dachte Alniira, ein eisiger Schauer lief ihr über den Rücken. Die Bestätigung war keine Erleichterung, sondern ein Sprung in einen tieferen Abgrund. „Ich bin nicht allein. Doch was ist es? Warum ist es unsichtbar? Warum hinterlässt es solche Spuren? Es ist kein Tier, das ich kenne. Kein Drow, kein Oberflächenmensch. Es ist… das Unbekannte. Die Verkörperung der Furcht selbst. Eine Präsenz, die meine Kontrolle zersetzt, die meine Vernunft angreift, die mich in einen Zustand der reinen, unerträglichen Angst zwingt. Diese Nacht… dieser Traum ist ein lebendiger Albtraum, der mich verschlingt, und ich kann nicht erwachen.“
Plötzlich, inmitten des Chaos, manifestierte sich eine Form. Nicht der Wolf. Sondern ein Auge. Gigantisch, leuchtend rot, wie die Augen der Drow, doch von einer unendlichen Kälte und einem unermesslichen Alter erfüllt. Es schwebte vor ihr, füllte ihr gesamtes Sichtfeld, und in seiner Tiefe sah sie nicht nur ihre eigene Angst, sondern auch die Ängste aller Wesen, die sie jemals gekannt hatte. Die Furcht, die Panik der Oberweltler vor dem Sternenfall, die unterschwellige Angst der Drow vor Lolths Zorn.
Das Auge pulsierte, und aus seiner Tiefe stieg ein Geruch auf – der Geruch von nassem Fell, von altem Blut, von etwas Urtümlichem, das sie nicht zuordnen konnte. Es war der Geruch des Wolfes, doch nun war er verstärkt, konzentriert, eine Essenz der Wildheit, die ihre Sinne betäubte.
„Was willst du von mir?“, dachte Alniira, ihre Gedanken waren nun ein wirres Geflecht aus Furcht und unbändigem Willen. „Du hast mich gebissen. Du hast mich in diese Leere gestoßen. Ist dies der Tod? Oder ist es eine Verwandlung? Was ist diese 'Saat', die du in mir geweckt hast? Was wird aus mir werden, wenn ich aus diesem Albtraum erwache? Werde ich noch ich selbst sein? Oder werde ich zu einem Teil dieses Unbekannten, das mich jagt und formt?“
Re: Ein Geschenk der anderen Art
Ein halber Tag später...
Der dichte Nebel hatte sich kaum gehoben, als Rianon leise zwischen Farnen und Moos zurück zu der kleinen Lichtung schlich, auf der er die Drow zurückgelassen hatte. Der Angriff der Bestie war heftig gewesen – und obwohl sie noch lebte, wusste er nicht, wie schlimm ihre Verletzungen tatsächlich waren. Mit schnellen, geschulten Blicken prüfte er ihre Gestalt. Sie lag zusammengerollt zwischen Wurzeln, der Atem flach, die Stirn schweißnass. „Immer noch Fieber,“ murmelte Rianon besorgt und kniete sich neben sie. Seine langen Finger glitten vorsichtig unter den Umhang, prüften die Wunden. Noch immer glühte ihre Haut. Ihre Lippen bewegten sich kaum hörbar. „Udosst... vel'uss... naut zhaun...“ Die Worte klangen fremd, wie gehauchte Schatten – in der flüsternden Sprache der Drow. Rianon konnte sie nicht verstehen, aber sie waren von Schmerz und Verwirrung durchtränkt. Mit einem Seufzen zog er ein kleines Ledertäschchen hervor. Er mischte eine Paste aus Schafgarbe, Beifuß und dem harzigen Saft der Silberkiefer – ein Mittel, das er sonst bei verletzten Luchsen anwendete. „Ich hoffe, ihr Körper reagiert wie der eines Tieres,“ sagte er halblaut und trug die Salbe auf ihre Brust und die Seitenwunde auf. Dann deckte er sie mit seinem Umhang zu.
Die Dämmerung kroch heran. Ein leises Stöhnen ließ ihn aufhorchen. Die Drow bewegte sich. Ihre Lider flackerten – dann riss sie die Augen auf. Wach. Wild. „Was…“ Ihre Stimme war kratzig. „Wo... wo bin ich?!“ Rianon beugte sich ein Stück vor. „Du bist in Sicherheit. Ich habe dich gefunden. Du warst verletzt… ich—“ „Was hast du mit mir gemacht?!“ Ihre Stimme schnitt wie eine Klinge. Mit einer ruckartigen Bewegung richtete sie sich halb auf – der Schweiß lief ihr in Strömen vom Gesicht, die Glieder zitterten, doch der Zorn war echt. Ihre Augen fanden Rianon und verengten sich sofort. „Ein Waldelf.“ Das Wort war Gift auf ihren Lippen. „Ich wollte dir helfen. Du—“ Sie knurrte. Ein rohes, tierisches Geräusch. Mit zittrigen Armen riss sie den Umhang von sich und warf ihn Rianon ins Gesicht. „Berühr mich nie wieder, jaluk! Dumm, weichherzig wie eure ganze Art!“ Rianon wich erschrocken zurück. „Du warst im Fieber. Eine Bestie hat dich—“ „Lies! Xal dos vel'uss nindel wun naut!“ rief sie in der rauen Zunge ihrer Heimat. Dann stand sie taumelnd auf. Ihre Knie zitterten, doch ihr Stolz trug sie aufrecht. Sie stapfte in den Wald, ohne sich noch einmal umzusehen.
Zurück blieb nur Stille. Und Rianon, sprachlos, mit dem Umhang in der Hand. Erst als das letzte Rascheln ihrer Schritte verklungen war, sprach er leise: „Was, bei den Sternen... war das?“ Er betrachtete die Richtung, in die sie verschwunden war. Irgendetwas in ihrer Stimme, in der Art, wie sie kämpfte, selbst jetzt – das ließ ihn nicht los. Dann erinnerte er sich an etwas, was ihm einst ein alter Schamane gesagt hatte:

Der dichte Nebel hatte sich kaum gehoben, als Rianon leise zwischen Farnen und Moos zurück zu der kleinen Lichtung schlich, auf der er die Drow zurückgelassen hatte. Der Angriff der Bestie war heftig gewesen – und obwohl sie noch lebte, wusste er nicht, wie schlimm ihre Verletzungen tatsächlich waren. Mit schnellen, geschulten Blicken prüfte er ihre Gestalt. Sie lag zusammengerollt zwischen Wurzeln, der Atem flach, die Stirn schweißnass. „Immer noch Fieber,“ murmelte Rianon besorgt und kniete sich neben sie. Seine langen Finger glitten vorsichtig unter den Umhang, prüften die Wunden. Noch immer glühte ihre Haut. Ihre Lippen bewegten sich kaum hörbar. „Udosst... vel'uss... naut zhaun...“ Die Worte klangen fremd, wie gehauchte Schatten – in der flüsternden Sprache der Drow. Rianon konnte sie nicht verstehen, aber sie waren von Schmerz und Verwirrung durchtränkt. Mit einem Seufzen zog er ein kleines Ledertäschchen hervor. Er mischte eine Paste aus Schafgarbe, Beifuß und dem harzigen Saft der Silberkiefer – ein Mittel, das er sonst bei verletzten Luchsen anwendete. „Ich hoffe, ihr Körper reagiert wie der eines Tieres,“ sagte er halblaut und trug die Salbe auf ihre Brust und die Seitenwunde auf. Dann deckte er sie mit seinem Umhang zu.
Die Dämmerung kroch heran. Ein leises Stöhnen ließ ihn aufhorchen. Die Drow bewegte sich. Ihre Lider flackerten – dann riss sie die Augen auf. Wach. Wild. „Was…“ Ihre Stimme war kratzig. „Wo... wo bin ich?!“ Rianon beugte sich ein Stück vor. „Du bist in Sicherheit. Ich habe dich gefunden. Du warst verletzt… ich—“ „Was hast du mit mir gemacht?!“ Ihre Stimme schnitt wie eine Klinge. Mit einer ruckartigen Bewegung richtete sie sich halb auf – der Schweiß lief ihr in Strömen vom Gesicht, die Glieder zitterten, doch der Zorn war echt. Ihre Augen fanden Rianon und verengten sich sofort. „Ein Waldelf.“ Das Wort war Gift auf ihren Lippen. „Ich wollte dir helfen. Du—“ Sie knurrte. Ein rohes, tierisches Geräusch. Mit zittrigen Armen riss sie den Umhang von sich und warf ihn Rianon ins Gesicht. „Berühr mich nie wieder, jaluk! Dumm, weichherzig wie eure ganze Art!“ Rianon wich erschrocken zurück. „Du warst im Fieber. Eine Bestie hat dich—“ „Lies! Xal dos vel'uss nindel wun naut!“ rief sie in der rauen Zunge ihrer Heimat. Dann stand sie taumelnd auf. Ihre Knie zitterten, doch ihr Stolz trug sie aufrecht. Sie stapfte in den Wald, ohne sich noch einmal umzusehen.
Zurück blieb nur Stille. Und Rianon, sprachlos, mit dem Umhang in der Hand. Erst als das letzte Rascheln ihrer Schritte verklungen war, sprach er leise: „Was, bei den Sternen... war das?“ Er betrachtete die Richtung, in die sie verschwunden war. Irgendetwas in ihrer Stimme, in der Art, wie sie kämpfte, selbst jetzt – das ließ ihn nicht los. Dann erinnerte er sich an etwas, was ihm einst ein alter Schamane gesagt hatte:
Ein Gedanke formte sich in ihm. Vielleicht… vielleicht war sie wie eines dieser Wesen. Und vielleicht braucht sie noch Hilfe – selbst wenn sie es nicht sagen kann. Bei den Ihren würde sie diese Hilfe nicht finden. Langsam, nachdenklich, zog er seinen Umhang wieder über, strich die Falten glatt und blickte in den Wald. Dann machte er sich auf den Weg. Nicht um ihr zu folgen. Noch nicht. Aber bereit, da zu sein, wenn sie ihn doch brauchen sollte.„Manche Seelen sind wie Tiere, die zu früh in Fallen geraten. Sie beißen dich, wenn du sie befreien willst – aus Angst, nicht aus Hass.“

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Re: Ein Geschenk der anderen Art
Der Nebel war ein feuchter Schleier, der sich um Alniiras zitternde Glieder legte, als sie taumelnd in den Wald stolperte. Jeder Schritt war eine Qual, ein Stich in die Rippen, ein Brennen in der Seite. Ihr Körper, dieses verräterische Gefäß, das sie so akribisch trainiert und kontrolliert hatte, war schwach, schweißnass und zitterte unkontrolliert. Die Erinnerung an den Biss der Bestie, an den Kampf, an die Ohnmacht – all das lag unerreichbar im dichten Nebel des Vergessens. Nur die Berührung des Waldelfen, Rianon, brannte noch immer auf ihrer Haut – eine Verunreinigung, eine Demütigung, die tiefer saß als jede körperliche Wunde.
Sie stapfte tiefer in den Wald, ohne sich noch einmal umzusehen. Ihr Atem ging in kurzen, scharfen Zügen, aber in ihrem Inneren wuchs eine kalte, unerbittliche Entschlossenheit. Sie würde diese Schwäche ablegen, sie würde sich reinigen. Sie würde sich selbst wieder beweisen, dass sie die Kontrolle hatte. Immer.
Alniira rannte. Die Bäume verschwammen zu einem grünen und braunen Schleier, der Boden unter ihren Pfoten war eine verschwommene Abfolge von Wurzeln, Steinen und feuchter Erde. Jeder Atemzug war ein Stich in ihre Lungen, ihre Muskeln schrien vor Anstrengung, doch sie ignorierte es. Der Schmerz war ein vertrauter Feind, den sie zu beherrschen versuchte, ein Echo der Demütigung, das sie mit jedem Schritt zu überwinden suchte. Sie musste weg. Weg von dem Elfen, weg von der Erinnerung an ihre eigene Schwäche, weg von dem Gefühl, das sie am meisten verabscheute: die Angst.
Es war eine Ekstase, die sie nie zuvor gekannt hatte. Die rohe Kraft in ihren Gliedern, die Geschwindigkeit, mit der sie den Wald durchquerte, das Gefühl des Windes, der durch ihr Fell strich – es war eine tiefe, archaische Freude. Etwas in ihrem Inneren, das sie nie zuvor gespürt hatte, erwachte. Eine Verbindung zur Erde, zu den Gerüchen des Waldes, zu den unsichtbaren Pfaden, die nur die Wildnis kannte. Sie war nicht mehr Alniira, die Handwerkerin des Hauses Ky'Alur. Sie war nur noch ein Wesen, das vor etwas Unsichtbarem floh, angetrieben von einer Urangst, die sie nicht benennen konnte, aber gleichzeitig eine Freiheit genoss, die sie nie für möglich gehalten hätte. Ihre Zähne waren leicht gefletscht, ihre Krallen bereit, sich an allem festzukrallen, was ihr Halt versprach. Sie spürte die feuchte Erde unter ihren Pfoten nicht mehr, nur den rhythmischen Aufprall, der sie vorwärts trieb.
Die Stunden vergingen, oder vielleicht waren es Tage – die Zeit hatte jede Bedeutung verloren. Die Dämmerung wich der tiefen Nacht, doch der Wald blieb in einem unheimlichen Zwielicht gefangen, durchbrochen von den schwachen Licht des Mondes.
Alniira rannte einfach weiter, getrieben von einem inneren Feuer, das ihre Erschöpfung verbrannte. Ihre Pfoten waren wund, ihr Fell von Dornen zerkratzt, aber sie spürte es kaum. Sie war ein Schatten, der durch die Wildnis huschte, eine Jägerin, die vor ihrer eigenen Beute floh.
Als die Müdigkeit schließlich doch übermächtig wurde, fand sie instinktiv Schutz. Ein kleines, grob errichtetes Zelt, das scheinbar von einem Wanderer zurückgelassen worden war, bot ihr einen Unterschlupf. Sie kroch hinein, rollte sich zusammen und sank in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Sie wurde von einem Geräusch geweckt. Ein tiefes Knurren, gefolgt von einem lauten Fluch, der die Luft zerriss. Alniira erstarrte. Ihr Körper reagierte, bevor ihr Geist es konnte. Sie duckte sich tiefer in das Zelt, ihre Augen suchten die Dunkelheit ab.
Ein riesiger Schatten bewegte sich durch das Unterholz, größer als jeder Drow, den sie je gesehen hatte. Ein Hüne von einem Mann, dessen bloße Präsenz die Luft zu verdichten schien. Seine Schultern waren breit wie ein Ochse, er trug kaum mehr als Felle und Leder.Ein Barbar. Ein Bewohner der Oberfläche, noch wilder und ungezähmter als der Elf, dem sie entflohen war.
Der Barbar stolperte, schlug mit seiner Faust gegen einen Baum und knurrte vor Frustration. Dann, zu Alniiras Entsetzen, drehte er sich um und erleichterte sich ungeniert an einem dicken Baumstamm, seine rohe Unbekümmertheit war schockierend. Er schien hier z leben. Alniira spürte, wie ihr Herz in ihrer Brust hämmerte, ein wilder Trommelschlag, der ihre Ohren füllte. Sie war eine Drow, eine Kreatur der Schatten, und dieser Barbar war eine Verkörperung der rohen, unkontrollierbaren Macht der Oberfläche.
Der Geruch von Schafgarbe und Kiefernharz, den Rianon auf ihre Wunden geschmiert hatte, klebte an ihr, widerlich süßlich. Es war der Geruch der Schwäche, der Abhängigkeit, der Hilflosigkeit. Sie riss den Umhang, den er ihr übergelegt hatte, von sich, als wäre er ein glühendes Eisen, und schleuderte ihn ihm ins Gesicht. Ein Akt der Trotz, der Verzweiflung, der Wiedererlangung der Kontrolle, auch wenn es nur über ein Stück Stoff war.„Was hast du mit mir gemacht?!“ Ihre eigene Stimme hatte sich wie ein scharfer Dolch angefühlt, als sie ihn anschnitt. Sie war erschrocken, fühlte sich schwach und verletzlich, und in diesem Zustand der völligen Desorientierung hatte sie... Angst vor ihm. „Berühr mich nie wieder, jaluk! Dumm, weichherzig wie eure ganze Art!“ Die Worte waren aus ihr herausgebrochen, rohe, ungefilterte Wut, die sie kaum im Griff hatte. Eine Schwäche, die sie zutiefst verabscheute. Sie, Alniira, hatte sich von Schmerz und Verwirrung beherrschen lassen. Sie hatte sich von einem Oberflächenbewohner berühren lassen, sich von seiner vermeintlichen Hilfe abhängig gemacht, auch wenn der Grund dafür im Schleier des Vergessens lag.
Ihre Knie zitterten, doch ihr Stolz trug sie aufrecht. Jeder Muskel schrie, jede Faser ihres Seins rebellierte gegen die Anstrengung, aber sie zwang sich weiter. Weg von diesem Ort, weg von diesem Elfen, weg von der Erinnerung an ihre eigene Verletzlichkeit.„Lies! Xal dos vel'uss nindel wun naut!“ fluchte sie in der rauen Zunge ihrer Heimat. Geh! Du wirst mich niemals wieder berühren! Die Worte waren eine Barriere, eine Mauer, die sie zwischen sich und die Welt der Oberflächenbewohner errichten wollte, zwischen sich und jeder Form von ungewollter Hilfe oder Mitgefühl, die sie als Schwäche empfand.
Sie stolperte über eine Wurzel, fiel beinahe, fing sich aber im letzten Moment ab. Der Schmerz war ein vertrauter Begleiter, aber diesmal würde er sie nicht brechen. Er würde sie härten. Die Demütigung würde sie stärken.„Kontrolle“, dachte sie, während der Wald um sie herum verschwamm und die Bäume zu dunklen Schatten wurden. „Alles ist Kontrolle. Mein Körper, mein Geist, meine Reaktionen. Ich darf niemals wieder zulassen, dass etwas Äußeres mich so beherrschen kann. Nicht die Bestie, nicht die Schwäche, nicht die falsche Freundlichkeit eines Oberflächenbewohners.“
Sie stapfte tiefer in den Wald, ohne sich noch einmal umzusehen. Ihr Atem ging in kurzen, scharfen Zügen, aber in ihrem Inneren wuchs eine kalte, unerbittliche Entschlossenheit. Sie würde diese Schwäche ablegen, sie würde sich reinigen. Sie würde sich selbst wieder beweisen, dass sie die Kontrolle hatte. Immer.
Sie war eine Drow. Eine Tochter des Unterreichs. Und sie würde sich niemals von der Schwäche der Oberfläche beugen lassen. Nicht jetzt, nicht jemals.„Lauf, Alniira, lauf“, befahl sie sich selbst. „Lauf, bis der Schmerz dich nicht mehr beherrschen kann. Lauf, bis die Erinnerung an seine Berührung verblasst ist. Lauf, bis du wieder ganz du selbst bist – unantastbar, unkontrollierbar für andere, und absolut beherrscht von dir selbst.“
Alniira rannte. Die Bäume verschwammen zu einem grünen und braunen Schleier, der Boden unter ihren Pfoten war eine verschwommene Abfolge von Wurzeln, Steinen und feuchter Erde. Jeder Atemzug war ein Stich in ihre Lungen, ihre Muskeln schrien vor Anstrengung, doch sie ignorierte es. Der Schmerz war ein vertrauter Feind, den sie zu beherrschen versuchte, ein Echo der Demütigung, das sie mit jedem Schritt zu überwinden suchte. Sie musste weg. Weg von dem Elfen, weg von der Erinnerung an ihre eigene Schwäche, weg von dem Gefühl, das sie am meisten verabscheute: die Angst.
Doch während sie rannte, geschah etwas mit ihr, das sie nicht bemerkte. Ihre Bewegungen wurden flüssiger, instinktiver. Sie wich Ästen aus, sprang über umgestürzte Baumstämme, ohne bewusst nachzudenken. Ihre Augen, die einst so scharf die Runen auf Obsidian studiert hatten, nahmen nun nur noch die unmittelbare Umgebung wahr – den nächsten Schritt, den nächsten Schatten, die nächste Möglichkeit, vorwärtszukommen. Der kultivierte Geist, der nach Kontrolle strebte, trat in den Hintergrund. Ein älterer, wilderer Instinkt übernahm das Kommando.„Lauf“, befahl sie sich immer wieder, ein Mantra, das den pochenden Schmerz in ihrem Kopf übertönen sollte. „Lauf, bis du nichts mehr fühlst, außer die Leere.“
Es war eine Ekstase, die sie nie zuvor gekannt hatte. Die rohe Kraft in ihren Gliedern, die Geschwindigkeit, mit der sie den Wald durchquerte, das Gefühl des Windes, der durch ihr Fell strich – es war eine tiefe, archaische Freude. Etwas in ihrem Inneren, das sie nie zuvor gespürt hatte, erwachte. Eine Verbindung zur Erde, zu den Gerüchen des Waldes, zu den unsichtbaren Pfaden, die nur die Wildnis kannte. Sie war nicht mehr Alniira, die Handwerkerin des Hauses Ky'Alur. Sie war nur noch ein Wesen, das vor etwas Unsichtbarem floh, angetrieben von einer Urangst, die sie nicht benennen konnte, aber gleichzeitig eine Freiheit genoss, die sie nie für möglich gehalten hätte. Ihre Zähne waren leicht gefletscht, ihre Krallen bereit, sich an allem festzukrallen, was ihr Halt versprach. Sie spürte die feuchte Erde unter ihren Pfoten nicht mehr, nur den rhythmischen Aufprall, der sie vorwärts trieb.
Die Stunden vergingen, oder vielleicht waren es Tage – die Zeit hatte jede Bedeutung verloren. Die Dämmerung wich der tiefen Nacht, doch der Wald blieb in einem unheimlichen Zwielicht gefangen, durchbrochen von den schwachen Licht des Mondes.
Alniira rannte einfach weiter, getrieben von einem inneren Feuer, das ihre Erschöpfung verbrannte. Ihre Pfoten waren wund, ihr Fell von Dornen zerkratzt, aber sie spürte es kaum. Sie war ein Schatten, der durch die Wildnis huschte, eine Jägerin, die vor ihrer eigenen Beute floh.
Als die Müdigkeit schließlich doch übermächtig wurde, fand sie instinktiv Schutz. Ein kleines, grob errichtetes Zelt, das scheinbar von einem Wanderer zurückgelassen worden war, bot ihr einen Unterschlupf. Sie kroch hinein, rollte sich zusammen und sank in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Sie wurde von einem Geräusch geweckt. Ein tiefes Knurren, gefolgt von einem lauten Fluch, der die Luft zerriss. Alniira erstarrte. Ihr Körper reagierte, bevor ihr Geist es konnte. Sie duckte sich tiefer in das Zelt, ihre Augen suchten die Dunkelheit ab.
Ein riesiger Schatten bewegte sich durch das Unterholz, größer als jeder Drow, den sie je gesehen hatte. Ein Hüne von einem Mann, dessen bloße Präsenz die Luft zu verdichten schien. Seine Schultern waren breit wie ein Ochse, er trug kaum mehr als Felle und Leder.Ein Barbar. Ein Bewohner der Oberfläche, noch wilder und ungezähmter als der Elf, dem sie entflohen war.
Der Barbar stolperte, schlug mit seiner Faust gegen einen Baum und knurrte vor Frustration. Dann, zu Alniiras Entsetzen, drehte er sich um und erleichterte sich ungeniert an einem dicken Baumstamm, seine rohe Unbekümmertheit war schockierend. Er schien hier z leben. Alniira spürte, wie ihr Herz in ihrer Brust hämmerte, ein wilder Trommelschlag, der ihre Ohren füllte. Sie war eine Drow, eine Kreatur der Schatten, und dieser Barbar war eine Verkörperung der rohen, unkontrollierbaren Macht der Oberfläche.
Der Barbar hob den Kopf, seine Augen, scharf und wachsam, suchten die Dunkelheit ab. Er hatte etwas gehört. Seine Blicke fielen auf das Zelt. Alniira hielt den Atem an, ihre Muskeln waren angespannt, bereit zur Flucht. Doch der Barbar näherte sich dem Zelt, bückte sich und schob einen großen Brocken rohes Fleisch hinein. „Eigentlich war es für Chang, erzähle es ihm bloß nichts.“, brummte er in einer tiefen, gutturalen Stimme. Ein Teil von ihr, der wilde Instinkt, der sie hierher getrieben hatte, wollte nicht weglaufen. Er wollte beobachten. Er wollte verstehen. Und der Geschmack des Fleisches war unwiderstehlich. Und sie rannte weiter…Ihre Instinkte schrien: „Flieh! Versteck dich! Erkenne die Gefahr!“ Doch etwas anderes regte sich in ihr, etwas, das sie nicht verstand. Eine seltsame Mischung aus Abscheu und einer fast schon magnetischen Anziehungskraft. Er war so roh, so ungefiltert, so unbeherrscht. Alles, was sie zu kontrollieren versuchte, schien in diesem Barbaren zu pulsieren. Und in diesem Moment, in ihrer eigenen wilden, unkontrollierten Flucht, war sie ihm vielleicht ähnlicher, als sie es jemals zugeben würde.
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