Interviewanfrage an die Gräfin von Wolfenreich // Einladung zum Gespräch: Die Lage in Duesterhafen

[Morgrimm Dunkelruss]

In den frühen Abendstunden, als das matte Licht der Laternen durch die Fenster seines kleinen Büros fiel, setzte Morgrimm Dunkelruß die Feder an. Der Duft von kalter Asche hing in der Luft, irgendwo klapperte ein loser Fensterladen im Wind. Mit der gewohnten Sorgfalt des alten Duergar zeichnete er Zeile um Zeile, bedacht, jedes Wort mit dem nötigen Gewicht zu versehen.

An
Ihre Hochgeboren
Gräfin Armatia Maire von Wolfenreich
Duesterhafen

Hochgeborene Gräfin,

in tiefem Respekt vor Ihrem Namen und Ihrer Stellung erlaube ich mir, mich an Sie zu wenden. Mein Name ist Morgrimm Dunkelruß, Berichterstatter des Moonglower Boten und zuständig für Angelegenheiten von öffentlichem Interesse, politischer Bedeutung und – mit der Erlaubnis Eurer Hochgeboren – angemessener Klarheit.

Die jüngsten Entwicklungen in Duesterhafen, das Erscheinen Eurer Hochgeboren und die mit Eurem Hause verbundenen Ansprüche auf Herrschaft werfen in der Bevölkerung, wie auch im gesamten Königreich, viele Fragen auf. Zugleich mehren sich Berichte über Unruhe, Unsicherheit und widersprüchliche Stimmen aus der Bürgerschaft.

Aus diesem Anlass gestatte ich mir die höfliche Bitte, ein kurzes, aber ausführliches Gespräch mit Euch zu führen. Ziel ist es, Eurer Hochgeboren Gelegenheit zu bieten, sich zu diesen Themen zu äußern:

zur Grundlage und Legitimation Eures Herrschaftsanspruchs in Duesterhafen,

zu Eurem jüngsten Erscheinen in der Stadt,

sowie zu der Frage, wie Ihr die derzeitigen Spannungen und Unruhen einschätzt und welche Maßnahmen Ihr zu deren Beruhigung befürwortet.

Es wäre mir eine Ehre, dies in einem Rahmen zu tun, der Eurer Position angemessen ist und Eure Sichtweise unverkürzt wiedergibt. Ort und Zeitpunkt richte ich mich selbstverständlich nach Eurer Hochgeboren; eine kurze Nachricht genügt, und ich stelle mich unverzüglich ein.

Mit größtem Respekt und der Versicherung absoluter Diskretion verbleibe ich

Morgrimm Dunkelruß
Ermittler & Sonderkorrespondent
Moonglower Bote

Als er den Brief schließlich versiegelte, rief er einen zuverlässigen Boten herbei – einen jungen Mann aus Moonglow, flink, schweigsam und vertrauenswürdig genug, um selbst durch die Gassen Duesterhafens unbehelligt zu reisen. Ihm übergab Morgrimm das Schreiben mit der eindringlichen Bitte, es der Gräfin oder deren Gehilfen direkt und ohne weiteren Verzug zuzustellen.

[Illion Leichtfuss]

„bist du dir sicher dass du dies tun willst? Hast du nicht die neuesten Gerüchte und Stimmen aus Düsterhafen gehört? Aushänge prangern die Ermordung des alten Hauptmanns an, die Bürger werden unruhig und es gibt schon erste Anzeichen, dass sich ein Mob bildet.

Man könnte sagen dort ist die Kacke so richtig am dampfen.

Ich gebe dem ganzen einen … mit viel gutem Willen zwei Monate. Spätestens dann springt diesen Wolfenreichs der Mob durch die Fenster und klaut ihnen die Kekse von den Tellern … oder hackt ihnen gleich den Kopf ab.
Sie wissen es vielleicht noch nicht, aber sie sind bereits dem Tode geweiht.“

Eben noch besorgt ob der Zustände in der fernen Stadt im Osten schweift der Blick Illions im nächsten Moment bereits nach rechts oben ab.

„Ich sehe schon die nächsten Schlagzeilen vor mir:

• Grafenfamilie in Düsterhafen ermordet, Königin unternimmt nichts – wollte sie ihren Thron schützen?
• Das ungeborene Kind der toten Grafentochter – war der verschwundene Kronprinz der uneheliche Vater?
• Aufgewiegelter Pöbel in Düsterhafen – stecken die Schwarztanns dahinter?

such dir eine aus und bring die passenden wahrsten Wahrheiten aus Düsterhafen mit … wenn du schon dort in die Höhle der Löwen gehst.“

[Morgrimm Dunkelruss]

Illions Worte hingen noch im Raum wie der Rauch einer schlecht gelöschten Öllampe, doch Morgrimm Dunkelruß rührten sie kaum. Der Duergar zog nur langsam an seiner Pfeife, ließ den Blick kurz über den Rand seiner Brille gleiten und schnaubte leise, als hätte er diese Art von Warnungen schon hundertmal gehört.

„Illion,“ begann er ruhig, „wenn ich mich von jedem aufgeregten Aushang oder jeder Marktfrau mit vibrierendem Zeigefinger abhalten ließe, wäre ich längst in einem warmen Schreibstübchen in Moonglow eingesperrt – und tot vor Langeweile.“ Er legte die Pfeife beiseite, faltete die Hände und fuhr fort: „Ich erinnere mich an eine Priesterin in Elashinn. Eine dieser eleganten, tödlichen, bei denen selbst der Schatten Angst hat, ihnen zu nahe zu kommen. Sie hatte drei Dolche im Haar, jeder schöner als der letzte, und erklärte mir während des Interviews ganz sachlich, welcher davon am besten geeignet sei, mir das Herz herauszuhebeln, falls ich eine ›unwahre Wahrheit‹ drucken sollte.“ Morgrimm lächelte bei der Erinnerung beinahe zärtlich. „Am Ende bot sie mir Tee an. Sehr bitteren Tee, aber Tee.“

Er erhob sich, griff nach seinem Hut und klopfte ihn aus. „Die wahrsten Wahrheiten der Schattenwelt obsiegen immer, Illion. Das ist das Einzige, worauf man sich wirklich verlassen kann. Und selbst ein Mob…“ Er deutete mit dem Hut auf seinen Kollegen. „Selbst ein wütender Mob respektiert die Presse. Nicht weil wir unverwundbar wären, sondern weil wir diejenigen sind, die ihre Wut in Worte fassen.“

Mit einem letzten schiefen Grinsen fügte er hinzu: „Und falls sie mir doch die Kekse klauen – dann schreibe ich eben darüber.“

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[Illion Leichtfuss]

fügte Illion seiner Liste eine weitere Schlagzeile hinzu während Morgrimm bereits durch die Tür verschwandt:

Wütender Mob kennt keine Grenzen - Reporter des Boten seiner Kekse beraubt