Feuchte Überraschung

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Loretta von Auenstein
Beiträge: 10
Registriert: 12 Mai 2025, 15:01

Feuchte Überraschung

Beitrag von Loretta von Auenstein »

Loretta wurde das alles zuviel. Was war nur los? Mit der Stadt oder mit ihr? Ihre Welt hatte sich über Nacht gewandelt und sie erkannte sie nur bedingt wieder. Es war ihr Heim, die Villa Auenstein. Der Ort, an dem sie sechs Jahrzehnte, den Großteil ihres Lebens, verbracht hatte. Aber alles war auf einmal abgedeckt mit weißen Laken gewesen und es hatte von der Decke getropft, als hätte hier über lange Zeit niemand mehr gewohnt. Den Dachschaden hatte sie inzwischen beheben lassen, aber sie fragte sich, ob sie vielleicht selbst einen hatte. Die Möbel mussten fast alle entsorgt werden aufgrund der Feuchte. Jetzt war die Villa nahezu leer und sie musste zeitweise im Zimmer ihres verstorbenen Vaters schlafen, da es am anderen Ende des Anwesens nicht von der feuchten Witterung betroffen war.

Als sie in jener Nacht ein herabfallender Wassertropfen geweckt hatte, war sie hochgeschreckt und hatte nur das klamme Gefühl in ihrem Bett gespürt. Und nun stand sie da, in ihrem irgendwie fremd wirkenden Heim, in dem alle Fenster schon seit Tagen weit aufgerissen standen, um die Feuchtigkeit nach draußen zu treiben. Sie atmete tief durch, während ihr leicht schwindelig wurde beim Blick durchs Kaminzimmer. Sie erinnerte sich, wie sich vor kurzem noch der lange Tisch darin befunden hatte mit den vielen Stühlen und der schön verzierten Tischdecke. Und wie das Kaminfeuer geprasselt hatte und es angenehm warm und trocken gewesen war.

Aber nun war alles anders. Nicht nur in der Villa Auenstein. Die ganze Nachbarschaft wirkte wie ausgewechselt. Es schienen gar keine Adeligen mehr im Villenviertel zu leben. Sie kannte niemanden mehr. Wenn sie durch die Straßen ging, war vieles noch so wie sie es kannte, aber vieles auch nicht. Sie verstand das alles nicht und knabberte nervös an den Nägeln, während sie ihr Heim erneut inspizierte, als hätte sich ihr Unglaube über ihre neue Wirklichkeit noch nicht ganz verflüchtigt. Am nächsten Tag wollte sie dem Statthalter einen Besuch im Rathaus abstatten, um zu schauen, ob sie überhaupt noch offiziell existierte in dieser Stadt, Britain. Andernfalls würde es schwierig werden, an ihr Vermögen zu gelangen, falls dieses ebenfalls überhaupt noch existierte.

Ihr neuer Nachbar hatte sich als Schreiner vorgestellt. Ungewöhnlich für einen Nachbarn im Adelsviertel. Sehr ungewöhnlich, aber er kam auch gerade wie gerufen. Glück im Unglück, dachte Loretta sich. Sie nahm sich vor, bei ihrem Nachbarn in der nächsten Zeit mal anzuklopfen. Sie schämte sich etwas, ihn nicht schon längst zu einem Tee eingeladen zu haben, aber leider gab die Villa Auenstein das aktuell nicht her.