Man fand ihn an einem regnerischen Morgen in der N?he eines verfallenen Tempels, auf den Stufen kauernd, die H?nde gefaltet, das Gewand zerrissen. In seinen Augen: Dunkelheit und Klarheit zugleich. Doch keine g?ttliche Kraft begleitete ihn. Kein Strahl des Segens. Kein Licht, kein Wunder.
?Ich bin wieder da?
sagte er nur - aber zu niemandem.
Yon war einst ein gesalbter Priester Arachnans gewesen, von Gott selbst in einem Traum auserw?hlt. Arachnans Stimme war klar gewesen - kalt, logisch, durchdrungen von uraltem Hass. Und Yon, ein Mann des Gesetzes, fand in diesem Gott die Wahrheit, die er in den verworrenen Lehren anderer nie gefunden hatte: Ordnung durch Willen. Disziplin durch Schmerz. Erl?sung durch Rache.
Er wurde einer der sogenannten ?Stummen Klingen?, ein Wanderpriester, der allein durch die Lande zog, um Einfluss zu s?en und Tyraels J?nger zu unterwandern. Sein Glaube war rein. Seine Macht war gro?. Bis er eines Tages verschwand - mitten auf einer geheimen Mission in den Grenzlanden des Ostens. Niemand h?rte mehr von ihm.
Yon behauptet, vom Geist Arachnans auf eine Pilgerreise ?ins Innere der Finsternis? geschickt worden zu sein. Dort, an einem Ort jenseits der Zeit, habe Arachnan ihn vor eine Wahl gestellt.
In diesem Moment soll Yon freiwillig einen gro?teil seiner g?ttliche Verbindung geopfert haben - als Beweis seines unersch?tterlichen Glaubens. Ein Schwur des Schweigens, der Verlust der Macht auf Zeit. Ein Abstieg, um sp?ter in noch gr??erer Reinheit zur?ckzukehren.Wer mein Wesen verstehen will, muss es ohne es tragen. Wer meine Ordnung verk?nden will, muss das Chaos in sich dulden. Wer Tyrael brechen will, darf sich nicht l?nger auf mich st?tzen, sondern muss seine Klinge aus eigenem Stahl schmieden.
Nat?rlich kann man das nicht beweisen.
Er k?nnte ein Narr sein. Ein Wahnsinniger. Ein Hochstapler. Oder ein Gefallener, der sein Scheitern umdeutet.
Aber niemand kann es mit Sicherheit widerlegen. Das macht Yon so gef?hrlich.
Seitdem wandert Yon Essray als ?gew?hnlicher Priester? durch die Welt. Seine g?ttliche Macht ist reduziert bis zum Ende der Pr?fung. F?r andere ist er ein Schw?chling. Kein Wunder. Kein Segen. Kein Zorn. Nur Worte. Und Blicke.
Er tr?gt ein einfaches schwarzes Gewand, in dessen S?ume alte Gebetsrunen eingen?ht sind - verborgen unter Schichten von Dreck und Staub. An seiner Seite ein schlichter Wanderstab, dessen Griff mit Dornensymbolen eingeritzt ist, die man nur erkennt, wenn man wei?, wonach man sucht.
Doch was ihn auszeichnet, ist nicht seine Kraft. Es ist seine ?berzeugung.
Er spricht wenig. Beobachtet viel. Und stellt Fragen, die andere nicht h?ren wollen:
?Glaubst du, dass das Licht dich befreit - oder f?hrt es dich??
?Hast du je Gnade erfahren - oder nur Unterwerfung in sch?nem Gewand??
?Ist es Verrat, den falschen Herrn zu verlassen - oder ist es Wahrheit??
Arachnan hatte Yon nicht verlassen ? er hatte ihn gekennzeichnet.
Die Botschaft ist klar:
Damit entzog Arachnan ihm einen Gro?teil seiner g?ttlichen Macht ? nicht aus Strafe, sondern als Pr?fung. Was blieb, war ein schwelender Funke. Eine schmerzhafte Glut g?ttlicher Energie tief in Yons Innerem, die sich nur selten entfaltet. Wenn sie es tut, sp?rt er gleichzeitig die Macht und den Schmerz der Verbindung ? als w?rde jeder Zauber, jede Gabe durch eine brennende Wunde gepresst.Wenn du mein Streiter sein willst, darfst du nicht aus Gewohnheit glauben. Du musst mir treu sein, selbst wenn ich dich nicht sch?tze. Selbst wenn du f?llst. Selbst wenn du allein bist.
Er kann noch wirken ? aber nicht wie fr?her. Kleine Wunder. Gebete, die z?gerlich beantwortet werden. Kr?fte, die nicht immer gehorchen. F?r viele ein Zeichen von Schw?che. F?r Yon ein Zeichen des Glaubens.
Er sagt:
In Wahrheit glaubt Yon, dass diese Schw?chung ihn w?rdiger macht als alle anderen Kleriker. Denn er dient nicht f?r Macht. Sondern f?r Rache. F?r Ordnung. F?r Arachnan selbst ? auch wenn der schweigt.Wer nur stark glaubt, wenn er stark ist, glaubt nicht. Wer glaubt, wenn alles schwindet, ist Werkzeug eines Gottes.