An diesem speziellen Tag, der sich von allen anderen Tagen nur dadurch unterschied, dass er dieser spezielle Tag war, wurde Arencia aus ihren... nun ja, "Komfortzonen" (ein großzügiger Begriff für eine Kammer, die Gemütlichkeit primär durch Abwesenheit von Folterinstrumenten definierte) geholt. Die Überbringerin der Nachricht war eine Drow-Kriegerin, deren Namensschilder notorisch schlecht lesbar und meist mit verdächtigen Flecken bedeckt waren – falls sie überhaupt eines trug. Diese spezielle Kriegerin hatte die beeindruckende Fähigkeit, selbst das Wort "Hallo" wie eine Kriegserklärung klingen zu lassen.
presste sie hervor, jedes Wort ein kleiner verbaler Peitschenhieb auf Arencias Nerven. Ihre roten Augen funkelten erwartungsfroh, als hoffte sie, Arencia würde versuchen zu fliehen, nur damit sie einen Grund hätte, ihre neu polierten Stiefel an ihr auszuprobieren. Arencia überlegte kurz, ob sie einen dramatischen Schwächeanfall vortäuschen solltest – vielleicht etwas mit Schaum vor dem Mund und unkontrollierten Zuckungen? –, entschied sich aber dagegen. Die Ilharess hatte einen seltsamen Sinn für Humor, wenn es um vorgetäuschte Krankheiten ging, der meistens darin gipfelte, dass man tatsächlich krank wurde. Sehr, sehr krank.Die Ilharess. Wünscht. Euch. Zu. Sehen,
Also trottete Arencia hinter der Drow-Kriegerin her, durch Gänge, die so aussahen, als hätte ein Architekt mit einer Vorliebe für Spinnennetze und einer Abneigung gegen rechte Winkel sie entworfen. Überall lauerten Schatten, in denen man wahlweise bösartige Kreaturen, noch bösartigere Drow oder einfach nur den Hausmeister vermuten konnte, der wahrscheinlich auch bösartig war. Es war Teil des "Ambientes".
Schließlich erreichten sie das Allerheiligste: den Audienzsaal der Ilharess Jhea'kryna. Das Portal, bewacht von zwei Drow, die aussahen, als würden sie zum Frühstück Nägel kauen und zum Abendessen Hoffnungen und Träume zertrampeln, öffnete sich mit einem Geräusch, das verdächtig nach dem Seufzer einer gequälten Seele klang. Oder es war einfach nur schlecht geölt. Bei den Drow wusste man das nie so genau.
Der Saal selbst war ein Meisterwerk der Kategorie "Wie drücke ich meine unermessliche Macht und meinen fragwürdigen Geschmack möglichst teuer aus?". Hohe, von der Decke tropfende Stalaktiten (oder waren es Stalagmiten von oben? Die Lichtverhältnisse waren immer ein Rätsel) glitzerten feucht. Spinnennetzartige Banner hingen von Wänden, die aussahen, als wären sie direkt aus dem Albtraum eines Arachnophobikers geschnitzt worden. Und in der Mitte, auf einem Thron, der aussah, als hätte er ein paar kleinere Thröne gefressen, um so groß zu werden, saß SIE.
Ilharess Jhea'kryna. Ihr weißes Haar war heute zu einer komplizierten Turmfrisur aufgetürmt, die vermutlich eine eigene Baugenehmigung benötigte. Ihre scharlachroten Augen, scharf wie frisch geschliffenes Adamant, nagelten Arencia am Boden fest. Sie trug ein Gewand aus schwarzer Seide, das bei jeder ihrer kaum wahrnehmbaren Bewegungen raschelte wie ein ganzer Wald voller zorniger Schlangen. Neben ihr stand, wie immer leicht nervös mit seinen Fingernägeln klickend, ihr Haus-und-Hof-Magus, ein Kerl, der aussah, als hätte er seit drei Wochen nicht geschlafen und stattdessen versucht, das Konzept von "Freude" in einem alten Drow-Lexikon zu finden (Spoiler: es steht nicht drin).
säuselte sie, und ihre Stimme hatte diesen speziellen Klang, den Arencia so liebte – eine Mischung aus herablassender Süße und dem Versprechen von komplizierten Problemen.Ilharess Jhea'kryna hat geschrieben:Ah, das Menschlein,
Wahrscheinlich wegen der empfindlichen Seiden, die sie heute trug, dachte Arencia, oder vielleicht mag sie einfach den Geruch von Menschen nicht, die nicht gerade in Parfüm gebadet haben und aus den unteren Dienerschaftskammern kommen.Ilharess Jhea'kryna hat geschrieben:Tritt näher. Aber nicht zu nah.
Arencia machte die erforderliche Anzahl an Schritten, eine Kunstform, die sie über die Jahre perfektioniert hatte – nicht zu unterwürfig, nicht zu selbstbewusst, genau das richtige Maß an "Ich bin ein unbedeutender Wurm, aber bitte zertritt mich nicht sofort".
begann sie, und ein Lächeln, das man mit viel gutem Willen als "nicht direkt bösartig" hätte bezeichnen können, zuckte um ihre Lippen,Ilharess Jhea'kryna hat geschrieben:Deine... Bemühungen... auf dem Gebiet der Alchemie,
Arencia nickte stumm. Gold aus Schwefel. Das erklärte einiges über die seltsamen Flecken und den permanenten leichten Hustenreiz im Alchemielabor.Ilharess Jhea'kryna hat geschrieben:waren... nun, sagen wir, sie haben die Erwartungen nicht gänzlich unterboten. Du hast es geschafft, weniger Explosionen zu verursachen als dein Vorgänger, was an sich schon eine Leistung ist. Er hat versucht, Gold aus Schwefel zu brauen. Ambitioniert, aber geruchsintensiv.
Jhea'kryna fuhr fort, ihre Stimme triefte jetzt vor gespielter Großzügigkeit:
Hier warf sie einen kurzen Blick auf ihren Magus, der eifrig nickte wie ein Wackeldackel auf einer Kutschfahrt durch die holprigen Straßen Britains.Ilharess Jhea'kryna hat geschrieben:Angesichts dieser... bemerkenswerten Kompetenz in praktischen Dingen habe ich beschlossen, deine Talente weiter zu fördern. Die Ilharess ist schließlich bekannt für ihre weitsichtige Personalentwicklung.
erklärte sie mit der Miene einer Vorstandsvorsitzenden, die gerade erklären muss, warum die Quartalszahlen so aussehen, als hätte ein Goblin sie gewürfelt.Ilharess Jhea'kryna hat geschrieben:Unsere Operationen in den... äh... oberirdischen Beschaffungszonen für Metalle sind suboptimal gelaufen,
Innerlich sah Arencia sich schon mit einem winzigen Hämmerchen auf einen ambitionierten Felsbrocken eindreschen, während ihre Seele leise weinte und ihre magischen Fähigkeiten eine Protestnote verfassten. Alchemie war schon grenzwertig gewesen, eine ständige Beleidigung für jede Faser ihres arkanen Wesens. Aber das hier? Das war, als würde man einen Konzertpianisten bitten, als Holzfäller zu arbeiten, weil er "so kräftige Finger" habe.Ilharess Jhea'kryna hat geschrieben:Es mangelt an... Enthusiasmus und Effizienz. Daher, mein liebes Menschlein, wirst du nun die ehrenvolle Aufgabe übernehmen, diese Lücke zu füllen. Du wirst lernen, das glitzernde Gestein aus der profanen Erde zu kratzen. Du wirst lernen, es in der Hitze der Schmiede zu bändigen. Bergbau und Schmiedekunst! Klingt das nicht nach einer aufregenden neuen Herausforderung für eine aufstrebende Arbeitskraft wie dich?
Sie machte eine Pause.Ilharess Jhea'kryna hat geschrieben:Stell dir die Möglichkeiten vor! Du, eine Meisterin nicht nur der subtilen Künste der Magie und der etwas weniger subtilen Künste der Alchemie, sondern bald auch eine Koryphäe der Spitzhacke und des Schmiedehammers! Ein wahres Multitalent! Ich erwarte Großes von dir.
Ihr Blick verhärtete sich leicht.Ilharess Jhea'kryna hat geschrieben:Oder zumindest brauchbare Barren aus Eisen. Und versuche, dich nicht gleich am ersten Tag selbst zu erschlagen. Das wäre... unproduktiv.
Die Art, wie sie "Privileg" sagte, klang verdächtig nach etwas, das man normalerweise unter Androhung von Gewalt annimmt.Ilharess Jhea'kryna hat geschrieben:Die notwendigen Vorbereitungen für deine... Einarbeitung... werden getroffen. Ein fähiger Aufseher wird dir die Freuden körperlicher Arbeit näherbringen. Betrachte es als ein Privileg.
Arencia überlegte, ob die Frage "Seid Ihr eigentlich völlig übergeschnappt?" als konstruktiv angesehen würde. Wahrscheinlich nicht.Ilharess Jhea'kryna hat geschrieben:Fragen?
sagte Arencia stattdessen mit der Stimme einer Märtyrerin, die gerade ihren persönlichen Scheiterhaufen zugewiesen bekommen hat.Nein, erhabene Ilharess,
So blendend, dass man am liebsten die Augen schließen möchte. Dauerhaft.Eure Weisheit ist wie immer... blendend.
Jhea'kryna lächelte zufrieden, das Lächeln eines Raubtiers, das gerade beschlossen hat, mit seiner Beute noch ein wenig zu spielen, bevor es zubeißt.Ilharess Jhea'kryna hat geschrieben:Ausgezeichnet.
Sie machte eine vage Geste der Entlassung.Ilharess Jhea'kryna hat geschrieben:Dann geh. Und enttäusche mich nicht. Du weißt, ich werde... ungehalten... wenn meine Investitionen keine Rendite bringen.
Arencia verbeugte sich erneut, so tief es ging, ohne mit der Nase den Boden zu berühren (eine Fähigkeit, die sie ebenfalls perfektioniert hatte), und machtest sich auf den Rückzug, während die Drow-Kriegerin sie schon mit einem Blick fixierte, der sagte: "Na los, beweg dich, oder ich helfe nach."
Der Weg aus dem Audienzsaal fühlte sich für Arencia an wie der erste Schritt auf einer sehr, sehr langen und extrem schlecht gepflasterten Straße in Richtung "beruflicher Erfüllung". Auf Drow-Art. Halleluja.