Drei Gestalten traten ein, begleitet vom leisen Knarren des hölzernen Eingangs. Ein Lichtelf mit edlem, ruhigem Gang, ein Mensch mit wachsamen Augen und ein schweigsamer Waldelf. Sie warfen einen kurzen Blick umher – und als sie die geöffnete Taverne sahen, huschte ein Lächeln über ihre Gesichter. Ihre Kleidung war schlicht, aber sorgfältig gewählt – als seien sie Reisende mit Anspruch, jedoch ohne Prunk.
„Oh wie schön“, sagte die Frau leise. „Es ist noch offen.“
Bareti fuhr leicht zusammen, als sie das erste Wort hörte. „Oh, verzeiht!“, murmelte sie und trat hinter dem Tresen hervor, um die Gäste zu begrüßen.
„Nichts zu verzeihen, wir überfallen euch zu später Stunde – ihr müsst uns verzeihen. Aber unser neuer Freund hier kommt gerade aus den Höhlen von Despise…“
Der Angesprochene, Rianon, nickte stumm. Seine Kleidung war von Reise und Kampf gezeichnet, doch in seinen Augen lag Sanftmut. „Sie war… anders“, sagte er leise, als das Gespräch kurz auf die Begegnung mit einer Dunkelelfe kam. Seine Stimme klang rau, als würde sie selten gebraucht.
Bareti reichte ihnen Wein – aus einer Flasche, die sie mit Bedacht geöffnet hatte – und empfahl Fenya, der Menschenfrau, stattdessen einen Most. Es wurde gelacht, als sie über das schlafende Krokodil stieg, das mitten auf dem Boden lag wie ein Haustier, das man längst zu akzeptieren gelernt hatte.
„Ist das euer Krokodil?“, fragte Rianon neugierig.
„Nun... nein“, antwortete Bareti zögernd. „Es scheint einfach beschlossen zu haben, dass es ihm hier besser gefällt als in den Mooren, wo ich es einst gefunden habe.“
„Vielleicht spürt es, dass es hier sicher ist“, sagte Rianon nachdenklich, während er den Blick in Richtung Bareti wandte, die noch etwas entfernt am Tresen stand. Er hob kurz die Hand in einer zögerlichen Geste, ließ sie dann jedoch wieder sinken.
Während Wein und Most verteilt wurden, entspannte sich die Atmosphäre. Die drei Gäste sprachen leise miteinander – mal auf Elfenisch, mal in gebrochenem Gemein – und warfen gelegentlich neugierige Blicke auf das Inventar der Taverne: den alten Kamin, die Harfe an der Wand, den alten Wanderstab, der neben dem Sims lehnte.
Rianon und Fenya verabschiedeten sich bald. Die Müdigkeit der Reise, so schien es, lastete schwer auf ihnen. Fenya bedankte sich höflich, Rianon nickte bloß. Noch einmal wurde die Tür geöffnet, ein kühler Luftzug wehte hinein, dann war Bareti allein mit dem Lichtelf.
„Ist es euch recht?“, fragte sie, während sie sich langsam zu ihm an den Tisch setzte. Ihre Bewegungen waren ruhig, fast elegant. Sie stellte ein eigenes Glas ab – Most, wie immer – und lächelte dezent.
„Niemand hier sollte alleine sitzen, sofern dies nicht sein Wunsch ist.“
Der Elf nickte. „Einsam bin ich nicht, nur allein – falls dies eure Befürchtung war.“
Ein Gespräch entspann sich – leise, tief, manchmal von einer Stille durchzogen, die mehr sagte als Worte. Sie sprachen von der Taverne selbst, wie sie entstanden war, wie sie sich geformt hatte. Von der Art, wie Orte und Wesen einander finden und verändern. Von Fremdheit und Willkommensein.
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„Ein Ort wie dieser entsteht nicht einfach“, sagte E’lessar leise. „Er wird gewoben – wie ein Kleid, das man dem Schicksal anzieht.“
Bareti lächelte über das Bild. „Oder wie ein Netz, das auffängt – manchmal auch jene, die nicht wissen, dass sie fallen.“
E’lessar sprach von Yew, von den Grenzen des Waldes und den Wegen, die seine Verwandten gingen. Bareti sprach von einer Freundin, deren Name unausgesprochen blieb, deren Herkunft aber klar wurde. Eine Fey, aus Yew, voller Liebe zum Wald, doch mit einer Vergangenheit, die sie kaum teilte. Der Lichtelf hörte aufmerksam zu, und in seinen Worten schwang Verständnis – und Sorge.
„Ich hoffe auf das Beste für alle Fey“, sagte er schließlich. „Auch wenn ich weiß, dass es selten ist, ganz und vollkommen elfisch zu sein, fern des Waldes.“
Bareti schenkte ihm einen langen Blick. „Ich hoffe, ich kann ihr wenigstens zeigen, dass es Halt für sie gibt.“
„Das reicht oft schon“, antwortete E’lessar, „mehr, als viele zu geben vermögen.“
Zum Schluss sprach er vom Wein – südlich, sonnengetränkt, wie Bareti erklärte. Er schmeckte die Herkunft, und vielleicht auch ein wenig Frieden darin. Sie scherzten kurz über die Insel, von der der Wein kam, und über das Leben fernab des Waldes. Selbst das Krokodil hob kurz den Kopf, als wolle es zustimmen, dann schlief es weiter.
Als E’lessar sich verabschiedete, neigte er leicht den Kopf. „Sha’dhao.“
„Vale“, antwortete Bareti mit sanfter Stimme.
Dann trat Stille ein. Die Tür schloss sich hinter ihm, der Wind kehrte zurück, und Bareti blieb allein mit dem Krokodil, das sich nicht rührte. Sie stand langsam auf, hob das Glas an ihre Lippen und ließ den Blick noch einmal durch den Raum schweifen. Auf dem Tisch lag ein vergessenes Stück Papier – vielleicht eine Notiz, vielleicht nur ein Krümel aus einem Gespräch, das Spuren hinterließ.
Ein ganz normaler Abend in der Taverne – und doch einer, der blieb.
"Es ist seltsam, wie viel Vertrauen in ein Glas Most passt. Noch seltsamer, wie ein Lichtelf zwischen zwei Schlucken Welten öffnet, ohne sie zu benennen. Ich sollte mich daran erinnern: Nicht jeder, der schweigt, hat nichts zu sagen – manchmal wartet er nur, bis jemand zuhört. Und vielleicht… vielleicht haben sogar Krokodile ein Gespür für friedliche Orte."