Geschichten aus der Taverne – Ein ganz gewöhnlicher Abend

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Bareti
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Geschichten aus der Taverne – Ein ganz gewöhnlicher Abend

Beitrag von Bareti »

Es war einer jener Abende, an denen der Mond das Meer von Moonglow silbern färbte und der Wind durch die Ritzen der Taverne strich, als wolle er lauschen. Hinter dem Tresen stand Bareti, wie so oft in ein türkises Wams gekleidet, den Blick verloren auf ein halbgeleertes Glas Most. Ihre Gedanken kreisten um den Rat von Moonglow, dessen jüngste Entscheidungen ihr Unbehagen bereiteten. So bemerkte sie zunächst nicht, wie die Tür sich öffnete.

Drei Gestalten traten ein, begleitet vom leisen Knarren des hölzernen Eingangs. Ein Lichtelf mit edlem, ruhigem Gang, ein Mensch mit wachsamen Augen und ein schweigsamer Waldelf. Sie warfen einen kurzen Blick umher – und als sie die geöffnete Taverne sahen, huschte ein Lächeln über ihre Gesichter. Ihre Kleidung war schlicht, aber sorgfältig gewählt – als seien sie Reisende mit Anspruch, jedoch ohne Prunk.

Oh wie schön“, sagte die Frau leise. „Es ist noch offen.“

Bareti fuhr leicht zusammen, als sie das erste Wort hörte. „Oh, verzeiht!“, murmelte sie und trat hinter dem Tresen hervor, um die Gäste zu begrüßen.

Nichts zu verzeihen, wir überfallen euch zu später Stunde – ihr müsst uns verzeihen. Aber unser neuer Freund hier kommt gerade aus den Höhlen von Despise…“

Der Angesprochene, Rianon, nickte stumm. Seine Kleidung war von Reise und Kampf gezeichnet, doch in seinen Augen lag Sanftmut. „Sie war… anders“, sagte er leise, als das Gespräch kurz auf die Begegnung mit einer Dunkelelfe kam. Seine Stimme klang rau, als würde sie selten gebraucht.

Bareti reichte ihnen Wein – aus einer Flasche, die sie mit Bedacht geöffnet hatte – und empfahl Fenya, der Menschenfrau, stattdessen einen Most. Es wurde gelacht, als sie über das schlafende Krokodil stieg, das mitten auf dem Boden lag wie ein Haustier, das man längst zu akzeptieren gelernt hatte.

Ist das euer Krokodil?“, fragte Rianon neugierig.

Nun... nein“, antwortete Bareti zögernd. „Es scheint einfach beschlossen zu haben, dass es ihm hier besser gefällt als in den Mooren, wo ich es einst gefunden habe.“

Vielleicht spürt es, dass es hier sicher ist“, sagte Rianon nachdenklich, während er den Blick in Richtung Bareti wandte, die noch etwas entfernt am Tresen stand. Er hob kurz die Hand in einer zögerlichen Geste, ließ sie dann jedoch wieder sinken.

Während Wein und Most verteilt wurden, entspannte sich die Atmosphäre. Die drei Gäste sprachen leise miteinander – mal auf Elfenisch, mal in gebrochenem Gemein – und warfen gelegentlich neugierige Blicke auf das Inventar der Taverne: den alten Kamin, die Harfe an der Wand, den alten Wanderstab, der neben dem Sims lehnte.

Rianon und Fenya verabschiedeten sich bald. Die Müdigkeit der Reise, so schien es, lastete schwer auf ihnen. Fenya bedankte sich höflich, Rianon nickte bloß. Noch einmal wurde die Tür geöffnet, ein kühler Luftzug wehte hinein, dann war Bareti allein mit dem Lichtelf.

Ist es euch recht?“, fragte sie, während sie sich langsam zu ihm an den Tisch setzte. Ihre Bewegungen waren ruhig, fast elegant. Sie stellte ein eigenes Glas ab – Most, wie immer – und lächelte dezent.

Niemand hier sollte alleine sitzen, sofern dies nicht sein Wunsch ist.“

Der Elf nickte. „Einsam bin ich nicht, nur allein – falls dies eure Befürchtung war.“

Ein Gespräch entspann sich – leise, tief, manchmal von einer Stille durchzogen, die mehr sagte als Worte. Sie sprachen von der Taverne selbst, wie sie entstanden war, wie sie sich geformt hatte. Von der Art, wie Orte und Wesen einander finden und verändern. Von Fremdheit und Willkommensein.

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Bild
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Ein Ort wie dieser entsteht nicht einfach“, sagte E’lessar leise. „Er wird gewoben – wie ein Kleid, das man dem Schicksal anzieht.“

Bareti lächelte über das Bild. „Oder wie ein Netz, das auffängt – manchmal auch jene, die nicht wissen, dass sie fallen.“

E’lessar sprach von Yew, von den Grenzen des Waldes und den Wegen, die seine Verwandten gingen. Bareti sprach von einer Freundin, deren Name unausgesprochen blieb, deren Herkunft aber klar wurde. Eine Fey, aus Yew, voller Liebe zum Wald, doch mit einer Vergangenheit, die sie kaum teilte. Der Lichtelf hörte aufmerksam zu, und in seinen Worten schwang Verständnis – und Sorge.

Ich hoffe auf das Beste für alle Fey“, sagte er schließlich. „Auch wenn ich weiß, dass es selten ist, ganz und vollkommen elfisch zu sein, fern des Waldes.“

Bareti schenkte ihm einen langen Blick. „Ich hoffe, ich kann ihr wenigstens zeigen, dass es Halt für sie gibt.“

Das reicht oft schon“, antwortete E’lessar, „mehr, als viele zu geben vermögen.“

Zum Schluss sprach er vom Wein – südlich, sonnengetränkt, wie Bareti erklärte. Er schmeckte die Herkunft, und vielleicht auch ein wenig Frieden darin. Sie scherzten kurz über die Insel, von der der Wein kam, und über das Leben fernab des Waldes. Selbst das Krokodil hob kurz den Kopf, als wolle es zustimmen, dann schlief es weiter.

Als E’lessar sich verabschiedete, neigte er leicht den Kopf. „Sha’dhao.“

Vale“, antwortete Bareti mit sanfter Stimme.

Dann trat Stille ein. Die Tür schloss sich hinter ihm, der Wind kehrte zurück, und Bareti blieb allein mit dem Krokodil, das sich nicht rührte. Sie stand langsam auf, hob das Glas an ihre Lippen und ließ den Blick noch einmal durch den Raum schweifen. Auf dem Tisch lag ein vergessenes Stück Papier – vielleicht eine Notiz, vielleicht nur ein Krümel aus einem Gespräch, das Spuren hinterließ.

Ein ganz normaler Abend in der Taverne – und doch einer, der blieb.
"Es ist seltsam, wie viel Vertrauen in ein Glas Most passt. Noch seltsamer, wie ein Lichtelf zwischen zwei Schlucken Welten öffnet, ohne sie zu benennen. Ich sollte mich daran erinnern: Nicht jeder, der schweigt, hat nichts zu sagen – manchmal wartet er nur, bis jemand zuhört. Und vielleicht… vielleicht haben sogar Krokodile ein Gespür für friedliche Orte."
Lirael Vanya'thiel
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Re: Geschichten aus der Taverne – Ein ganz gewöhnlicher Abend

Beitrag von Lirael Vanya'thiel »

Lirael saß in der abendlichen Stille unter ihrem Lieblingsapfelbaum. Die Taverne und ihre neuen Freunde hatte sie schätzen gelernt. Obwohl sie sich bemüht hatte, sich innerhalb der Mauern nützlich zu machen, fühlte sie sich außerhalb der Taverne, in der freien Natur, doch stets wohler. Ihr Blick wanderte über das Wasser, das die Farben des scheidenden Tages reflektierte, während die Dämmerung sanft in die Nacht überging.

Wer die Geduld aufbrachte, diesen Apfelhain mit Achtsamkeit zu erleben, konnte Zeuge eines beinahe magischen Spektakels werden. Der unscheinbare Fleck Erde verwandelte sich in ein pulsierendes Mosaik von Leben: Bienen und Hummeln schwirrten zwischen den weißen Blüten der Bäume, Grillen stimmten ihr Zirpen an, Vögel jagten nach Mücken, und hin und wieder huschte ein Eichhörnchen über die knorrigen Äste. Lirael liebte diese Szenerie, in der sie sich der stillen Kraft der Natur nahe fühlte, und zugleich schätzte sie es, in der Nähe der Taverne zu sein, die ihr eine Gemeinschaft und neue Beziehungen bot.

„Freunde…“ Das Wort hallte in ihrem Geist nach, und sie ließ die Gedanken daran kreisen. Diese bunte Schar von Persönlichkeiten, die sich hier in der Taverne zusammengefunden hatte, verband auf den ersten Blick nichts, und doch war da etwas, das sie enger zusammenschweißte, als sie zugeben wollte. Besonders Bareti, deren tiefgründige Gespräche oft etwas in Lirael berührten, das sie lange verborgen gehalten hatte. Aber auch Nicoletta mit ihren unerwarteten Weisheiten in den Gesprächen trug dazu bei, dass Lirael sich heimisch fühlte.

Heute jedoch sehnte sie sich nach Ruhe. Mit geschlossenen Augen lehnte sie sich an den vertrauten Stamm und ließ die Energie des Ortes in sich einströmen. Ab und zu öffnete sie die Lider, um den Blick über das dunkler werdende Wasser gleiten zu lassen oder die Quelle eines Geräuschs auszumachen, wenn sich ein Schatten zwischen den Bäumen regte.

Ein plötzliches Geräusch ließ sie aufhorchen. Pferde näherten sich in der Ferne. Nach wenigen Augenblicken hörte sie das Klappern von Hufen vor der Taverne verstummen. Mit halb geöffneten Augen beobachtete sie, wie drei Gestalten im Schein der Taverne verschwanden und durch den Haupteingang eintraten. Gäste, dachte Lirael. Sie wusste, wie viel Bareti diese Reisenden bedeuteten, und auch wenn sie selbst nicht viel mit dem Gewerbe der Gastlichkeit anfangen konnte, freute sie sich insgeheim über die belebende Wirkung, die neue Gesichter auf die Taverne hatten.

Eine Weile später hörte sie, wie die Tür erneut geöffnet wurde. Dieses Mal waren es nur zwei Personen, die heraustraten. Eine von ihnen bewegte sich mit einer anmutigen Leichtigkeit, die Lirael an die Elfen erinnerte. Neugierig versuchte sie, im schwachen Licht mehr zu erkennen, doch die Gedanken, die sich nun in ihr regten, störten sie. Sie hatte sich doch für Ruhe entschieden! Mit einem Kopfschütteln schloss sie die Augen wieder, um die störenden Bilder zu vertreiben.

Doch die Stille ließ ihre Gedanken nicht ruhen. Hatte sie einen Mantel in den Farben der Bäume von Yew gesehen? Waren es vielleicht tatsächlich Waldelfen? Schließlich gab sie ihrer Neugier nach, erhob sich langsam und machte sich auf den Weg zur Taverne. Auf der Terrasse angekommen, schlich sie näher und lauschte den Stimmen, die aus dem Inneren drangen.

Baretis sanfte Worte fesselten sie. Sie sprach von einer Freundin aus dem Volk der Waldelfen, und Lirael spürte, wie eine längst vergessene Wehmut in ihr aufstieg. Der fremde Gast erzählte von den Wäldern von Yew, von ihrer unvergänglichen Schönheit und der tiefen Verbindung, die Elfen zu diesen Orten hatten. Lirael schloss die Augen und kämpfte gegen die Erinnerungen, die nun an die Oberfläche drängten. Sie spürte die Wahrheit in den Worten des Fremden: Ein Elf fern von Yews uralten Wäldern war niemals ganz vollständig.

Als Bareti schließlich mit leiser Stimme erklärte, wie wichtig es ihr sei, ihrer Schwester – oder jedem, den sie als Familie betrachtete – Halt zu geben, stiegen Lirael Tränen in die Augen. Es war nicht die Erzählung des Fremden von den Wäldern von Yew, die sie so tief bewegte, sondern die unerschütterliche Wärme und Entschlossenheit in Baretis Stimme. Dieser Wunsch, für andere da zu sein, koste es, was es wolle, erinnerte Lirael daran, dass sie in Bareti mehr als nur eine Freundin gefunden hatte – eine Verbündete, die ihr auch in den dunkelsten Momenten beistehen würde. Diese Erkenntnis ließ sie innehalten, den Rücken gegen die Taverne gelehnt, während sie mit einem Kloß im Hals hinaus in die Nacht blickte.

Mit starren Blicken in die Dunkelheit blieb sie auf der Terrasse sitzen, während das Murmeln aus der Taverne leiser wurde. Irgendwo zwischen der Sicherheit ihrer neuen Heimat und der Sehnsucht nach dem Alten spürte Lirael, dass sie eine Entscheidung treffen musste. Doch nicht heute. Heute würde sie einfach nur sitzen bleiben, unter dem weiten Himmel, der alles umspannt – Heimat und Fremde zugleich.
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