Der Ruf der Freiheit
Verfasst: 17 Mai 2025, 21:40
Konrad Kaltenbach ? Der Ruf des Lichts und der Freiheit
Der Bach rauschte an jenem Morgen etwas lauter als gew?hnlich. Vielleicht war es der Regen der Nacht, vielleicht ein Zeichen der G?tter. Bruder Henricus, ein greiser Kleriker des Tyrael-Ordens, beugte sich ?ber das Gel?nder der kleinen Steinbr?cke, auf der er oft stand, um zu beten. Da sah er ihn ? einen Weidenkorb, sanft schaukelnd auf den Wellen, zwischen ?sten und Bl?ttern treibend. Als er ihn herauszog, h?rte er das erste Mal das leise Weinen eines Neugeborenen. In Leinent?cher geh?llt, mit einem einfachen Holzkreuz um den Hals ? weiter nichts. Kein Name, kein Zeichen, keine Herkunft.
?Konrad soll er hei?en?, sprach Henricus, ?nach dem alten Ordensgr?nder. Und Kaltenbach? denn dort hat Tyrael ihn uns gesandt.?
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Jahre der Ordnung und Pflicht
Das Kloster St. Almarin war kein Ort der Tr?gheit. Die Mauern, aus hellem Kalkstein, erhoben sich scharf und klar gegen den Himmel ? Symbol f?r Disziplin, Klarheit und Ordnung. Konrad wuchs in diesen Mauern auf. Er lernte fr?h zu gehorchen: zur sechsten Stunde Beten, zur siebten Wasser holen, danach K?chendienst. Mit neun Jahren war er schon verantwortlich f?r das Kr?uterbeet hinter dem Nordfl?gel ? und f?r jedes vergessene Blatt Unkraut gab es einen scharfen Blick vom Prior.
?Nicht jeder ist zum Dienst an Tyrael geboren?, sagte man ihm, ?aber jeder hat seine Pflicht zu erf?llen.? Und so h?mmerte er N?gel, reinigte Latrinen, flickte zerschlissene Kutten. Wenn andere Kinder unterwiesen wurden in Liturgie, lernte Konrad, wie man Mauerrisse mit Lehm stopfte. Wenn die Novizen Psalmen rezitierten, trug er das Brennholz in den Saal.
Es waren die kleinen Momente, die sich in seine Seele brannten:
? Der Tag, an dem er in der Bibliothek B?cher tragen musste und ?ber eine aufgeschlagene Seite stolperte, in der von einem ?wandernden Licht? die Rede war, das jenseits aller Ordnung leuchtet.
? Der kalte Morgen, an dem er allein im Glockenturm den Reif auf dem Feld gl?nzen sah ? so still, so grenzenlos weit.
? Die verbotenen Gespr?che mit dem alten Bruder Aegidius, der heimlich Geschichten von anderen V?lkern und anderen G?ttern sammelte und ihm zufl?sterte: ?Nicht jeder Lichtstrahl f?llt durch das gleiche Fenster.?
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Gefangenschaft hinter Mauern
Konrad f?hlte sich nie zugeh?rig. Die strenge Ordnung, das endlose Wiederholen derselben Rituale ? alles schien darauf ausgelegt, jede Regung, jede Frage zu unterdr?cken. Der Glaube, wie er ihm gelehrt wurde, war eine Mauer aus Regeln, nicht ein Quell lebendiger Wahrheit.
In der siebten Woche jedes Jahres gab es einen Tag der Stille ? kein Wort durfte gesprochen werden. F?r viele Br?der war es ein Tag der Andacht. F?r Konrad war es Folter. Die Gedanken schrien in ihm, r?ttelten an den Ketten seines Geistes. Er fragte sich, warum ein Gott, der das Licht brachte, mit so viel Dunkelheit, Dogmen und Zwang im Herzen verehrt werden sollte.
?Bin ich denn falsch??, fragte er sich oft. Doch da war niemand, der antwortete.
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Erste Zeichen ? der Ruf Ryonars
Mit etwa zwanzig Jahren, w?hrend eines besonders strengen Winters, wurde Konrad aufgetragen, das Dach der Vorratskammer freizuschaufeln. Der Frost biss in seine Finger, der Wind peitschte sein Gesicht. Doch als er innehielt, um Kraft zu sch?pfen, sah er am Himmel einen einzelnen Greifvogel kreisen ? weit ?ber den T?rmen des Klosters.
?Adun???, fl?sterte er pl?tzlich. Er wusste nicht, woher das Wort kam. Kein M?nch hatte es ihn gelehrt. Und doch f?hlte es sich an wie ein Ruf ? ein Versprechen.
In den folgenden Monaten wiederholte sich dieses Gef?hl. Immer wieder. Wenn er allein war. Wenn der Wind durch die G?nge strich. Wenn das Sonnenlicht in die Kapelle fiel und sich golden ?ber den kalten Stein legte. Etwas ? jemand ? sprach zu ihm, nicht mit Worten, sondern mit Freiheit.
Er h?rte, was andere nicht h?rten. Der Klang des Bachs, an dem er gefunden worden war, wurde f?r ihn zum Lied. Eine Melodie, die ihn erinnerte: ?Du geh?rst nicht hierher. Du bist mehr als ein Werkzeug. Du bist berufen. Frei sollst du sein."
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Der Gott, der ihn sah
Es war in der Nacht vor dem Fest des strahlenden Lichts, als Konrad tr?umte. Er stand auf einem weiten Feld, barfu?, umgeben von Nebel. Und aus dem Nebel trat eine Gestalt ? nicht klar zu erkennen, nur Licht und Bewegung. Keine Krone, kein Zepter. Nur Gegenwart. Freiheit. Und eine Stimme sprach in sein Innerstes:
?Du hast mich nicht gesucht. Doch ich habe dich gesehen. Du bist nicht gemacht f?r Ketten. Du wirst wandeln. Du wirst f?hren. Du wirst frei sein.?
Als er erwachte, war alles klar. Der Glaube hatte ihn gefunden. Ryonar, der Gott des freien Lichts, hatte ihn erw?hlt. Nicht durch ein Buch, nicht durch ein Ritual. Sondern durch das, was er immer war ? ein Mensch, der sich sehnte.
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Der Aufbruch
Zwei Jahrzehnte lang diente Konrad noch dem Kloster. Seine H?nde waren rau wie Baumrinde, sein R?cken von Arbeit gezeichnet. Doch sein Blick blieb jung, sein Herz ungebrochen. Und irgendwann wurde der Ruf in ihm zu laut.
In einer mondlosen Nacht, als der Wind durch die Zypressenstr?ucher pfiff und kein Bruder wachte, schlich sich Konrad durch den Hinterhof, nahm ein grob geschn?rtes B?ndel ? einen alten Umhang, ein St?ck Brot, das Holzkreuz, das ihm einst umgelegt worden war ? und trat durch das Haupttor. Niemand hielt ihn auf. Es war, als h?tte das Kloster selbst verstanden, dass seine Zeit dort vorbei war.
Er wanderte tagelang. Durch W?lder, ?ber H?gel, vorbei an D?rfern, wo ihn niemand kannte. Und in ihm sang ein neues Lied ? eines von Wind, Licht, Weite und Freiheit. Die Worte ?Adun?? und ?Ryonar? wurden sein t?gliches Gebet.
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Heute
Nun ist Konrad 42 Jahre alt. Seine Erscheinung schlicht, aber w?rdevoll. Er tr?gt keinen Prunk, nur den Blick eines Mannes, der Ketten gesprengt hat ? Ketten der Pflicht, der Unterdr?ckung, der Entt?uschung. Er sieht sich nicht als Heiliger, sondern als Werkzeug Ryonars. Jemand, der anderen zeigen will, dass Freiheit heilig ist, dass Mitgef?hl und F?rsorge mehr wert sind, als strenge Dogmen und Regeln.
Und dass Licht nicht geordnet sein muss, um zu strahlen.
Der Bach rauschte an jenem Morgen etwas lauter als gew?hnlich. Vielleicht war es der Regen der Nacht, vielleicht ein Zeichen der G?tter. Bruder Henricus, ein greiser Kleriker des Tyrael-Ordens, beugte sich ?ber das Gel?nder der kleinen Steinbr?cke, auf der er oft stand, um zu beten. Da sah er ihn ? einen Weidenkorb, sanft schaukelnd auf den Wellen, zwischen ?sten und Bl?ttern treibend. Als er ihn herauszog, h?rte er das erste Mal das leise Weinen eines Neugeborenen. In Leinent?cher geh?llt, mit einem einfachen Holzkreuz um den Hals ? weiter nichts. Kein Name, kein Zeichen, keine Herkunft.
?Konrad soll er hei?en?, sprach Henricus, ?nach dem alten Ordensgr?nder. Und Kaltenbach? denn dort hat Tyrael ihn uns gesandt.?
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Jahre der Ordnung und Pflicht
Das Kloster St. Almarin war kein Ort der Tr?gheit. Die Mauern, aus hellem Kalkstein, erhoben sich scharf und klar gegen den Himmel ? Symbol f?r Disziplin, Klarheit und Ordnung. Konrad wuchs in diesen Mauern auf. Er lernte fr?h zu gehorchen: zur sechsten Stunde Beten, zur siebten Wasser holen, danach K?chendienst. Mit neun Jahren war er schon verantwortlich f?r das Kr?uterbeet hinter dem Nordfl?gel ? und f?r jedes vergessene Blatt Unkraut gab es einen scharfen Blick vom Prior.
?Nicht jeder ist zum Dienst an Tyrael geboren?, sagte man ihm, ?aber jeder hat seine Pflicht zu erf?llen.? Und so h?mmerte er N?gel, reinigte Latrinen, flickte zerschlissene Kutten. Wenn andere Kinder unterwiesen wurden in Liturgie, lernte Konrad, wie man Mauerrisse mit Lehm stopfte. Wenn die Novizen Psalmen rezitierten, trug er das Brennholz in den Saal.
Es waren die kleinen Momente, die sich in seine Seele brannten:
? Der Tag, an dem er in der Bibliothek B?cher tragen musste und ?ber eine aufgeschlagene Seite stolperte, in der von einem ?wandernden Licht? die Rede war, das jenseits aller Ordnung leuchtet.
? Der kalte Morgen, an dem er allein im Glockenturm den Reif auf dem Feld gl?nzen sah ? so still, so grenzenlos weit.
? Die verbotenen Gespr?che mit dem alten Bruder Aegidius, der heimlich Geschichten von anderen V?lkern und anderen G?ttern sammelte und ihm zufl?sterte: ?Nicht jeder Lichtstrahl f?llt durch das gleiche Fenster.?
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Gefangenschaft hinter Mauern
Konrad f?hlte sich nie zugeh?rig. Die strenge Ordnung, das endlose Wiederholen derselben Rituale ? alles schien darauf ausgelegt, jede Regung, jede Frage zu unterdr?cken. Der Glaube, wie er ihm gelehrt wurde, war eine Mauer aus Regeln, nicht ein Quell lebendiger Wahrheit.
In der siebten Woche jedes Jahres gab es einen Tag der Stille ? kein Wort durfte gesprochen werden. F?r viele Br?der war es ein Tag der Andacht. F?r Konrad war es Folter. Die Gedanken schrien in ihm, r?ttelten an den Ketten seines Geistes. Er fragte sich, warum ein Gott, der das Licht brachte, mit so viel Dunkelheit, Dogmen und Zwang im Herzen verehrt werden sollte.
?Bin ich denn falsch??, fragte er sich oft. Doch da war niemand, der antwortete.
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Erste Zeichen ? der Ruf Ryonars
Mit etwa zwanzig Jahren, w?hrend eines besonders strengen Winters, wurde Konrad aufgetragen, das Dach der Vorratskammer freizuschaufeln. Der Frost biss in seine Finger, der Wind peitschte sein Gesicht. Doch als er innehielt, um Kraft zu sch?pfen, sah er am Himmel einen einzelnen Greifvogel kreisen ? weit ?ber den T?rmen des Klosters.
?Adun???, fl?sterte er pl?tzlich. Er wusste nicht, woher das Wort kam. Kein M?nch hatte es ihn gelehrt. Und doch f?hlte es sich an wie ein Ruf ? ein Versprechen.
In den folgenden Monaten wiederholte sich dieses Gef?hl. Immer wieder. Wenn er allein war. Wenn der Wind durch die G?nge strich. Wenn das Sonnenlicht in die Kapelle fiel und sich golden ?ber den kalten Stein legte. Etwas ? jemand ? sprach zu ihm, nicht mit Worten, sondern mit Freiheit.
Er h?rte, was andere nicht h?rten. Der Klang des Bachs, an dem er gefunden worden war, wurde f?r ihn zum Lied. Eine Melodie, die ihn erinnerte: ?Du geh?rst nicht hierher. Du bist mehr als ein Werkzeug. Du bist berufen. Frei sollst du sein."
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Der Gott, der ihn sah
Es war in der Nacht vor dem Fest des strahlenden Lichts, als Konrad tr?umte. Er stand auf einem weiten Feld, barfu?, umgeben von Nebel. Und aus dem Nebel trat eine Gestalt ? nicht klar zu erkennen, nur Licht und Bewegung. Keine Krone, kein Zepter. Nur Gegenwart. Freiheit. Und eine Stimme sprach in sein Innerstes:
?Du hast mich nicht gesucht. Doch ich habe dich gesehen. Du bist nicht gemacht f?r Ketten. Du wirst wandeln. Du wirst f?hren. Du wirst frei sein.?
Als er erwachte, war alles klar. Der Glaube hatte ihn gefunden. Ryonar, der Gott des freien Lichts, hatte ihn erw?hlt. Nicht durch ein Buch, nicht durch ein Ritual. Sondern durch das, was er immer war ? ein Mensch, der sich sehnte.
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Der Aufbruch
Zwei Jahrzehnte lang diente Konrad noch dem Kloster. Seine H?nde waren rau wie Baumrinde, sein R?cken von Arbeit gezeichnet. Doch sein Blick blieb jung, sein Herz ungebrochen. Und irgendwann wurde der Ruf in ihm zu laut.
In einer mondlosen Nacht, als der Wind durch die Zypressenstr?ucher pfiff und kein Bruder wachte, schlich sich Konrad durch den Hinterhof, nahm ein grob geschn?rtes B?ndel ? einen alten Umhang, ein St?ck Brot, das Holzkreuz, das ihm einst umgelegt worden war ? und trat durch das Haupttor. Niemand hielt ihn auf. Es war, als h?tte das Kloster selbst verstanden, dass seine Zeit dort vorbei war.
Er wanderte tagelang. Durch W?lder, ?ber H?gel, vorbei an D?rfern, wo ihn niemand kannte. Und in ihm sang ein neues Lied ? eines von Wind, Licht, Weite und Freiheit. Die Worte ?Adun?? und ?Ryonar? wurden sein t?gliches Gebet.
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Heute
Nun ist Konrad 42 Jahre alt. Seine Erscheinung schlicht, aber w?rdevoll. Er tr?gt keinen Prunk, nur den Blick eines Mannes, der Ketten gesprengt hat ? Ketten der Pflicht, der Unterdr?ckung, der Entt?uschung. Er sieht sich nicht als Heiliger, sondern als Werkzeug Ryonars. Jemand, der anderen zeigen will, dass Freiheit heilig ist, dass Mitgef?hl und F?rsorge mehr wert sind, als strenge Dogmen und Regeln.
Und dass Licht nicht geordnet sein muss, um zu strahlen.