Das Ende der Welt

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gelöschter Charakter_437
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Registriert: 07 Mai 2025, 09:48

Das Ende der Welt

Beitrag von gelöschter Charakter_437 »

Die Sonne stand hoch über Britain, gleißend im klaren Himmel, während die Straßen vom Lärm der Mittagszeit erfüllt waren. Händler riefen ihre Waren aus, Kinder jagten einander zwischen den Ständen hindurch, das Klirren von Metall und das Lachen der Menge vermischten sich zu einem lebhaften Klangteppich.

Er streifte durch die gepflasterten Gassen, mit langsamen, suchenden Schritten, den Blick gen Himmel gerichtet, als lausche er etwas, das nur er hören konnte.

Sein Gang war unstet, ein Mann zwischen den Welten. Händler blickten ihm kurz nach, dann schnell weg. Frauen zogen Kinder näher an sich. Ein Mann wie Hildir, oberkörperfrei, rußverschmierte Hände und flackerndem Blick, kündete nie Gutes. Doch Hildir sprach nicht sofort.

Zuerst waren es seine Augen, die sprachen.

Dann seine Hände.

Er blieb auf dem Marktplatz stehen, genau dort, wo sich Pilger und Bettler, Wachen und Kaufleute jeden Tag begegneten. Mit einer ruckartigen Bewegung hob er die Arme. Sein Mantel flatterte im Wind.

„Ihr Narren! Ihr seht den Himmel – aber ihr hört ihn nicht! Der Himmel weint nicht, er schreit!“

Die ersten Blicke richteten sich auf ihn. Einige blieben stehen. Andere gingen weiter – doch mit einem schnelleren Schritt.

„Ich habe ihn gesehen!“ rief Hildir, seine Stimme dröhnte über das Pflaster. „Den Riss, der kommen wird! Die Wurzeln eurer Welt – faul, modrig, von Würmern zerfressen! Und ihr lebt weiter, als wärt ihr sicher!“

Er trat auf einen Steinblock, riss einem Kind eine hölzerne Rassel aus der Hand und schleuderte sie in einen Brunnen.

„Hört ihr?! HÖRT IHR?!“

Er packte einen Gelehrten, der vorbeieilen wollte, am Mantelkragen, zog ihn zu sich, das Gesicht nur Fingerbreit von seinem entfernt.

„Wach auf!“ schrie er. „Siehst du es nicht?! Die Sterne bluten, und die Götter schweigen!“

Der Mann riss sich los, stolperte rückwärts, fluchte. Doch Hildir war schon weiter.

Er schritt durch die Menge wie ein Sturm, warf Pergamente auf Treppen, steckte Fetzen in Türspalten, ritzte fremde Zeichen in das Holz eines Karren. Seine Hände zitterten – nicht vor Furcht, sondern vom Rausch seiner Vision.

„Das Meer wird steigen!“ rief er. „Die Flüsse werden rot, und auf dem Tempeldach werden die Toten tanzen!“

Eine Wache trat an ihn heran. „Das reicht. Ihr bringt Unruhe.“

Hildir drehte sich langsam, den Blick leer, aber brennend.

„Es ist zu spät für Ruhe. Zu spät für Ordnung. Die Zeit des Gleichgewichts ist vorbei!“

Er ließ sich auf die Knie sinken, hob die Hände, den Kopf zurück in den Himmel geworfen.

„O Flamme! O Blut! Lass mich dein Werkzeug sein!“


Sein Ruf hallte gegen die steinernen Wände der Stadt. Und obwohl das Feuer längst verloschen war – in seinem Herzen loderte es heller als je zuvor.

Niemand griff ein.

Nicht, weil sie ihn nicht hätten stoppen können – sondern weil etwas an ihm sie lähmte.

Ein Irrer? Vielleicht.

Ein Prophet? Vielleicht.

Doch in den dunklen Ecken von Britain, in Tavernen und Tempelhallen, begannen bald darauf die ersten, von einem Mann mit freien Oberkörper und rußigen Händen zu erzählen, der vom Ende der Welt predigt.

Und während die Stimme von Hildir über den Marktplatz hallte, verborgen zwischen den Schatten zweier zerfallener Säulen, standen zwei Männer und beobachteten schweigend das Schauspiel.

Sie trugen dunkle Roben, so schwarz wie Blackrock. An ihren rechten Händen trugen sie ein Siegelring aus dunklem Metall, geprägt mit einem einzigen Buchstaben: B.

Beide nickten zufrieden.

Dann verschwanden sie im Schatten, lautlos wie der Zweifel selbst.
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