Schlamm schmatzte unter den schweren Stiefeln des Handwerkers. Tag für Tag schlug er Gestein tief unter der Erde, fernab von Gesellschaft und Licht. Mürrisch, wortkarg und stets mit einem Flachmann in der Tasche, war er ein Mann, den die Leute lieber mieden – und das gefiel ihm so.
An jenem Abend jedoch, als er spät von der Mine zurückkehrte, lag etwas Seltsames in der Luft. Auf dem feuchten Grünland, nahe dem alten Dorf der Minenarbeiter, zeichneten sich zwei Gestalten im Nebel ab. Eine Frau mit bleicher Haut, hellen Locken und einem Lächeln, das wie aus einem Traum zu stammen schien. Neben ihr ein hochgewachsener Mann, gekleidet in graublauer Eleganz.
„Verlaufen?“, knurrte Birk und wollte weitergehen. Doch die beiden traten ihm in den Weg, mit einer Ruhe, die ihn verwirrte. Sie sprachen ihn an – höflich, eindringlich, auf eine Weise, die er nicht einordnen konnte. Er hasste Gespräche. Und dennoch blieb er stehen.
Er wollte ablehnen, wollte sich umdrehen. Doch ihre Stimmen waren weich wie warmer Honig, ihre Blicke zogen ihn in eine Tiefe, die ihm fremd war. „Komm ein Stück zu uns“, hauchte die Frau. „Nur ein wenig Gesellschaft … für einen einsamen Mann.“
Etwas in ihm bäumte sich auf, warnte, drängte zur Flucht. Doch seine Füße gehorchten nicht mehr.
Sie flüsterten Worte, die ihn durchdrangen wie Nebel das Laub. Erinnerungen, die nicht die seinen waren, Bilder von Nähe, die er nie gekannt hatte – sie betäubten ihn. Als die Frau sich näherte, die Lippen fast an seinem Ohr, um ihm angeblich etwas zuzuflüstern, spürte er plötzlich einen scharfen Stich – kaum mehr als ein Windhauch, und doch schneidend wie Glas.
Dann war alles schwarz.
Als er die Augen wieder öffnete, lag er unter einer knorrigen Buche, nur wenige Schritte von der südlichen Mine entfernt. Der Morgen war grau und nass. Kälte kroch in seine Glieder. Sein Kopf pochte, der Magen rebellierte. In seinem Geist lag alles im Nebel – war da eine Frau gewesen? Oder hatte der Alkohol ihm einen bösen Streich gespielt?
Er tastete seinen Hals. Zwei winzige Einstiche – kaum sichtbar, doch empfindlich, fast wund.
Am Fluss wusch er sich das Gesicht. Das kalte Wasser schien seine Haut zu treffen wie Scherben. Doch das dumpfe, nagende Gefühl tief in seinem Inneren wich nicht.
Langsam nahm er den Pfad nach Hause. Jeder Schritt war schwer, als würde etwas Unsichtbares an ihm zerren. Und während er ging, fragte er sich, was wohl geschehen war.
Die Stille nach dem Flüstern
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