Ein Ruf in der Lichtung

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Alniira Vrammyr
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Ein Ruf in der Lichtung

Beitrag von Alniira Vrammyr »

Die Wacht im Mondlicht

Die Entscheidung war gefallen – ein Stein, der in die stille Wasserfläche ihrer Seele getaucht war. Die Wellen, die er schlug, waren nun unaufhaltsam. Es gab kein Zurück.

Die Nacht lag klar und tief über dem Wald, wolkenlos und kalt im Silber des Mondes, als Alniira sich erhob.
Das Rudel schlief zusammengedrängt, ein Knäuel aus warmem Fell und ruhigen Atemzügen.
Sie sah die Welpen, eng an Nayas Bauch geschmiegt, Koda, dessen Muskeln selbst im Schlaf zuckten, und die leere Stelle, an der einst der alte Wolf gelegen hatte.
Ein scharfer Schmerz bohrte sich durch ihre Brust, gefolgt von einer Zärtlichkeit so heftig, dass sie ihr für einen Moment den Atem raubte.

Am liebsten hätte sie jeden Einzelnen angestoßen, ihre Schnauze an ihre Wangen gedrückt und ihnen versprochen, zurückzukehren.
Doch das wäre eine Lüge gewesen. Sie wusste nicht, ob sie zurückkehren würde.
Alniira hat geschrieben:Dies ist mein Weg. Mein Risiko. Nicht eures.
Ihr Abschied war die Stille selbst. Sie glitt aus dem Bau, eine dunkle Silhouette im silbernen Glanz.
Nur das Schwert an ihrer Hüfte begleitete sie, seine Runen noch schweigend in der Scheide. Sie wandte sich nicht um.
Der Blick zurück hätte sie gebunden – und Fesseln durfte sie nicht tragen.

Ihr Weg führte hinaus aus den tiefsten Winkeln des Yew Waldes, dorthin, wo kein Ast unter dem Tritt eines Menschen knackte, wo jedes Rascheln allein von Tier und Wind herrührte.
Doch mit jedem Schritt in die offenen Bereiche wuchs die Möglichkeit, dass sie auf andere stieß – Zweibeiner, deren Geruch und Präsenz nicht so leicht zu verkennen waren.

Die Nacht war ihre Gefährtin. Ihre Drow-Augen, geschaffen für die Schatten des Unterreichs, zeichneten die Welt in scharfen Konturen aus Silber und Samt.
Jeder Stein, jede Wurzel, das Flirren eines Nachtfalters – alles war für sie so deutlich wie am Tage. Der Wolf in ihr war wach, gelassen, ganz in seinem Element.
Dunkelheit war seine Jagd, sein Zuhause. Gemeinsam bewegten sie sich durch das Unterholz – mehr Geist als Gestalt.
Alniira hat geschrieben:Die Nacht fürchtet mich nicht. Und ich fürchte sie nicht. Wir sind alte Freunde. Es ist das Licht, das Urteile fällt.
Stunden vergingen. Ihr Schritt blieb gleichmäßig, unermüdlich.
Sie überquerte Bäche, deren Wasser wie flüssiges Quecksilber glänzte, und erklomm moosbedeckte Felsen, die wie schlafende Riesen in der Landschaft ruhten.
Allmählich lichtete sich der Wald, die Stämme traten weiter auseinander, das Unterholz verlor an Dichte.
Ein ferner Hauch von Holzrauch streifte ihre Nase – ein kaum wahrnehmbares Zeichen von Zivilisation. Nahe genug.

Sie musste nicht suchen. Der Wald selbst schien ihr den Weg zu weisen.
Die Bäume traten zurück, gaben eine Lichtung frei, beinahe vollkommen rund, eingefasst von ehrwürdigen Stämmen.
Der Mond stand hoch darüber, und sein Licht ergoss sich ungehindert herab, verwandelte jedes Grashalm in eine Klinge aus Silber.

Dies war kein Ort des Verbergens. Dies war eine Bühne.

Alniira trat in die Mitte der Lichtung. Sie suchte keine Wachen, horchte nicht nach Schritten.
Es wäre falsch gewesen – sie wollte nicht jagen, nicht überraschen. Sie wollte gefunden werden.

Langsam setzte sie sich in den Schneidersitz, der Boden kühl und feucht unter ihr.
Mit bedächtiger Anmut zog sie ihr Schwert. Keine Geste der Drohung, sondern eine Zeremonie.
Die Spitze bohrte sich in die Erde, und sogleich erwachten die Runen zum Leben, ihr Leuchten pulsierte im Rhythmus eines ruhigen Herzschlags, warf lange, flackernde Schatten zwischen die Stämme.

Ihre Hände ruhten offen auf den Knien, eine Geste des Empfangens.
Die Augen schlossen sich. Sie lauschte der Nacht, der Stimme des Waldes, der Kühle des Windes.
Ihr Geist wurde still. Und in dieser Stille erhob sich ihr Gebet – wortlos, lautlos, ein reines Senden des Herzens.
Eine Bitte an Eilistraee, über sie zu wachen. Eine Einladung an das Schicksal, sich zu offenbaren.
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So verharrte sie.
Eine einsame Drow im Herzen des Waldes.
Ein Bild aus Entschlossenheit und Hoffnung, umstrahlt vom Licht ihrer Göttin und ihrer Klinge – und wartete.
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Ya'ranel
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Re: Ein Ruf in der Lichtung

Beitrag von Ya'ranel »

Ya’ranêl hatte den Tag in der Halle des Bundes verbracht, doch als es dämmerte, drängte es ihn hinaus. Die Stimmen der Menschen und Zwerge, das schwere Gewicht ihrer Schritte, all das legte sich wie eine Schicht zwischen das, was er längst gespürt hatte. Es war kein Gedanke, kein Ruf, sondern ein leises Ziehen, das von der Seele ausging, wie eine Erinnerung, die nicht von ihm selbst stammte.

Schon früher hatte er Rudel beobachtet, ihr Zusammenspiel, die feinen Zeichen, die kaum auffielen, wenn man nicht geduldig blieb. Ein Ohr, das sich leicht neigte, die Spannung im Schweif, der Blick, der nur einen Wimpernschlag länger verweilte. Für ihn waren diese Gesten ebenso verständlich wie gesprochene Worte. Er hatte gelernt, darin zu lesen, wie andere in Büchern oder Liedern.

Scheinbar hatte eines der Rudel ein neues Mitglied aufgenommen. Nicht einfach einen weiteren Wolf. Etwas in der Schwingung des Rudels war anders geworden, voller Erwartung, fast ehrfürchtig. Kein junges Tier, das sich erst beweisen musste, kein fremder Wolf, der den Platz beanspruchte. Es lag etwas anderes darin, das schwer zu fassen blieb.

Er erinnerte sich an jene erste Begegnung. In Gesellschaft von Menschen und Zwergen, hatte er geschwiegen, die Regung tief in sich behalten, um keine unnötigen Blicke auf sie zu lenken bevor er selbst verstand was er da gespürt hatte. Er hatte sie nicht beunruhigen wollen, weder das Tier noch die Gefährten.

Nun da der Abend stiller geworden war, kam das ferne Heulen zu ihm. Kein Warnruf, kein Ruf zur Jagd. Er verharrte, lauschte, und die Antwort stieg in ihm auf wie ein alter Instinkt.
Mit ruhigen Schritten trat er tiefer in den Wald.
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