Zwischen den Schatten

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Jhea'kryna Ky'Alur
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Zwischen den Schatten

Beitrag von Jhea'kryna Ky'Alur »

Der Vorhang war grau vom Ruß der Esse. Wenn der Wind vom Hafen her wehte, brachte er Salz und Rauch, ein schweres Gemisch aus Leben und Erinnerung. Jhea’kryna stand dahinter, reglos, das Kinn leicht angehoben, die Hände ineinander verschränkt. Durch die dünnen Stoffbahnen sah sie das Licht der fernen Leuchttürme – es flackerte wie der Atem sterbender Götter.

Moonglow.
Eine Stadt, die nach Alchemie und Menschen roch. Zu hell, zu offen, zu lebendig.
Und doch war sie nun hier – eingepfercht in das obere Zimmer einer Schmiede, die nach Öl, Schweiß und Eisen stank. Die Mauern waren fleckig, das Bett ein notdürftig gezimmertes Gestell. Kein Marmor, keine Fackeln, keine Gebete. Nur das beständige Hämmern von Lyr’sas Werkzeug unten, das selbst in der Nacht nicht ganz verstummte.

Jhea’kryna hatte nicht geschlafen. Seit Tagen nicht.
Vielleicht seit Wochen.

Sie sah hinaus auf den Hafen – auf die Linien der Schiffe, die am Dock ruhten, wie riesige Tiere, die ihre Flossen im Wasser streckten. Und in den Reflexionen der Lichter glaubte sie manchmal, die Umrisse von Elashinn zu sehen – jene uralte Stadt, die nun nur noch Asche und Erinnerung war.

Die Flucht war kein geplanter Rückzug gewesen. Es war Chaos. Feuer. Schreie, die von den Gewölben hallten.
Sie erinnerte sich an den Moment, als die Decke über dem Thronsaal brach, als Licht vom Himmel fiel und alles zerschmolz, was sie einst besessen hatte. Sie erinnerte sich an die Hitze, an das Heulen der Spinnen, an die Priesterinnen, die beteten und in Flammen aufgingen.
Und sie erinnerte sich an das Gefühl der Schwäche – etwas, das sie nie wieder spüren wollte.

Man hatte sie zur Flucht gezwungen.
Ly’saar hatte sie gepackt, als sie noch versuchte, das Artefakt aus der Sakristei zu retten.
Sorn hatte den Rückzug gedeckt, brennend, wütend, halbwahnsinnig vor Schmerz.
Und Lyr’sa – die Handwerkerin mit dem Ruß im Gesicht – hatte den Weg durch den Tunnel geöffnet, den niemand außer ihr kannte.

Es war kein Triumph gewesen, als sie die Oberfläche erreichten.
Kein Sieg, keine Rettung. Nur das nackte Überleben.

Sie hatte den Himmel gesehen – das erste Mal seit Jahrhunderten.
Ein Meer aus blutigen Sternen.
Und sie hatte geweint, ohne zu verstehen warum.

Nun, Wochen später, spürte sie diesen Moment immer noch in ihren Knochen.
Er hatte sie verändert. Alles hatte sich verändert.
Elashinn war nicht nur gefallen. Es war ausgelöscht – als hätte Lloth selbst den Faden durchschnitten, der sie mit der Welt verband.

Sie wandte sich vom Fenster ab. Der Raum war dunkel, doch in den Schatten konnte sie die Silhouetten der Dinge erkennen, die sie mitgenommen hatte: eine kleine Statue Lloths, halb geschmolzen; ein Fragment eines Banners; der goldene Griff ihrer Peitsche, den sie noch immer nicht berührt hatte.

Das Feuer unten in der Schmiede flackerte kurz auf, warf zitternde Linien über die Wände. Sie hatte Lyr’sa verboten, über sie zu sprechen. Verboten, sie anzusehen, wenn sie den Raum betrat. Niemand durfte sehen, wie tief der Riss wirklich ging.

Denn wenn eine Ilharess bricht, dann stürzt alles mit ihr. Und doch… sie fühlte, dass sie längst gebrochen war.
Nicht in einem lauten, sichtbaren Sinn. Sondern still. Von innen her. Wie Metall, das zu oft im Feuer lag, bis es Haarrisse bekam, unsichtbar, tödlich.

Ihre Finger strichen über die Peitsche. Kalt.
Ein Werkzeug der Macht – und jetzt nur noch ein Relikt aus einer anderen Zeit.
Wie viele hatte sie damit bestraft? Wie oft hatte sie Ordnung in das Chaos gezwungen – und geglaubt, es wäre Stärke?
Es war nie Stärke gewesen. Nur Kontrolle. Und Kontrolle war die Schwester der Angst.

Jhea’kryna sank auf den kleinen Schemel vor dem provisorischen Altar.
Sie hatte ihn selbst aufgebaut, aus geborstenen Ziegeln und Resten eines Ambosses.
Oben thronte Lloths Statue – der halbe Kopf fehlte. Die Göttin sah sie nicht mehr an.

„Malla Ilharess“, flüsterte sie zu sich selbst, als würde sie prüfen, ob der Titel noch Gewicht hatte.
Er hatte es nicht. Nicht hier. Nicht zwischen den Menschen, die über die Straße gingen und sie nicht einmal beachteten.

Ihr Reich war fort. Ihr Volk war auf der Flucht.
Selbst ihre Göttin schwieg.

Sie erinnerte sich an die Gesichter derer, die sie verloren hatte – Priesterinnen, Soldaten, Sklaven.
Sarkul, mit dem gespaltenen Schild. Dhaunae, die Tochter, die noch an der Oberfläche kämpfte, als der Boden brach.
Vielleicht lebte sie. Vielleicht nicht. Jhea’kryna hatte aufgehört, das Schicksal zu fragen.

Draußen rief eine Möwe. Ein Geräusch, das ihr fremd war. Sie hob den Kopf, lauschte. Ein weiteres Zeichen, dass sie zu weit fort war. Zu weit von dem, was sie kannte.

Im Hintergrund klirrte Metall – Lyr’sa arbeitete weiter, rastlos wie immer. Jhea konnte die Muster ihrer Schläge unterscheiden.
Zwei schnelle, ein Zögern, dann wieder drei. Immer dieselbe Unruhe, derselbe Versuch, in Bewegung zu vergessen.
Vielleicht waren sie sich ähnlicher, als Jhea zugeben wollte.

Ein Teil von ihr hasste diesen Ort. Die Enge. Den Gestank. Die Unvollkommenheit. Und doch war hier alles, was blieb.
Sie legte die Hand auf den Tisch, spürte das kalte Eisen, das Lyr’sa für sie zurechtgelegt hatte – ein Stück ungeschliffenes Metall, das zu einer neuen Klinge werden sollte.
Noch war es roh, unförmig. Wie sie.

Ein tiefer Atemzug. Dann ein weiterer. Sie schloss die Augen und ließ die Dunkelheit kommen.
In ihr hörte sie noch immer das Dröhnen von Elashinns Untergang. Das Feuer, das Bersteb der Steine, das Kreischen der Magie, als sie zerriss.
Und irgendwo dazwischen – ein Klang, den sie nicht vergessen konnte: das Spannen eines Fadens.

Es hallte nach, tief, wie ein Ton, den nur ihre Seele hören konnte.

Sie öffnete die Augen, und die Welt schien für einen Moment still zu stehen.
Das Licht der Esse unten erlosch, als hätte jemand den Atem angehalten.
Der Wind am Hafen legte sich.
Und über den Rauch der Stadt hinaus spannte sich etwas – unsichtbar, aber fühlbar – wie ein Netz.

Es bebte, vibrierte, flackerte in der Luft.
Und dann …

… begann das Zittern.

Zuerst leise, kaum mehr als ein Vibrieren unter der Haut. Dann stärker, bis sich das ganze Gemäuer der Schmiede anfühlte, als würde es atmen. Jhea’kryna hob den Kopf, die Augen halb geschlossen. Das Licht hatte sich verändert – kein warmes Glühen der Esse, sondern ein kaltes, silbernes Leuchten, das sich über die Wände legte, als wäre Mondlicht durch eine Unterwasserwelt gefallen.

Der Stoffvorhang am Fenster bewegte sich nicht. Kein Wind. Kein Laut.
Nur das Pochen – ihr Herz, oder etwas anderes.

Dann spannte sich etwas vor ihr: ein feines Schimmern, kaum sichtbar, aber von einer unnatürlichen Präzision. Linien, die nicht aus Stoff bestanden, sondern aus purem Schatten. Sie zogen sich kreuzweise durch die Luft, webten ein Muster, das zu leben schien. Ein Netz – unendlich, über ihr, um sie, durch sie hindurch. Jeder Faden pulsierte, als wäre er ein Nerv der Welt selbst.
Sie wollte sich bewegen, konnte es nicht. Das Licht hielt sie fest, und sie spürte, wie die Dunkelheit antwortete.
Ein Faden zuckte. Dann noch einer. Etwas riss.

Ein Laut, wie das Aufreißen von Seide, hallte durch ihre Gedanken – so scharf, dass sie glaubte, die Splitter zu schmecken. Der Schmerz war nicht körperlich, sondern existenziell. Als würde ein Teil von ihr selbst zerreißen.
Und dann hörte sie es.

Eine Stimme, kaum mehr als ein Hauch.
Kalt. Nah.

„Die Spinne ist selbst gefangen.“

Jhea’kryna versuchte zu antworten, doch kein Laut verließ ihre Lippen. Ihre Finger zuckten, als wollten sie Fäden greifen, die nicht da waren.
Unter ihren Füßen öffnete sich der Boden – kein Stein, keine Erde, sondern endlose Fäden, die ins Leere führten. Sie stand auf dem Gewebe der Welt, und es war brüchig.
Unter ihr glomm kaltes Licht, das in Tropfen aus der Finsternis fiel wie Quecksilber. Jeder Tropfen brannte in ihrem Blick, spiegelte Gesichter – tote Priesterinnen, zerschlagene Hallen, Lloths zerrissene Statue.

Dann der Schrei.

Er war nicht von dieser Welt.
Er war alt, uralt, und kam aus einem Ort jenseits der Zeit.
Jhea’kryna erkannte ihn – die Wut, die Verzweiflung, das göttliche Entsetzen. Lloths Stimme. Ein Klang, der Berge hätte zerschmelzen lassen können – und doch endete er abrupt, verschluckt von der Finsternis, als wäre selbst die Göttin erstickt.

Das Netz sackte in sich zusammen.
Und Jhea fiel.

Kein Sturz – ein Gleiten, lautlos, endlos, durch Ebenen aus Licht und Leere. Sie sah Sterne, die erloschen. Sie sah Schatten, die zuckten, als wollten sie sich erinnern, wer sie einmal waren. Und sie verstand: Nichts war sicher. Kein Glaube, keine Macht, kein Name. Alles war nur ein Muster – und das Muster begann, sich selbst zu verzehren.

Dann, in der Ferne, ein Donnern.
Ein Lichtblitz, so hell, dass er die Dunkelheit zerschnitt.
Ein Meteoreinschlag. Sie sah ihn nicht, aber sie fühlte ihn – in jedem Knochen, in jedem Atemzug.
Die Schockwellen rollten durch sie hindurch, als würde die Welt selbst ihren Körper durchdringen.

Etwas in ihr wollte schreien – doch sie stand wieder in der Schmiede.
Der Boden war fest. Der Vorhang bewegte sich. Das Feuer unten flackerte.

Alles war still.

Nur ihr Atem ging schwer, stoßweise.
Sie spürte, wie Schweiß an ihrem Rücken klebte, wie das Herz raste. Die Finger bebten, und in der Luft, dort wo das silberne Netz gewesen war, schwebten noch winzige Fäden aus kaltem Licht.
Sie lösten sich auf, einer nach dem anderen, bis nichts blieb.

Sie sah nur Bruchteile – das Glitzern eines Chitinschildes, die Silhouette einer gewaltigen Spinnenform, die sich gegen ihre eigenen Fäden wand.
Jedes Zucken ließ das Netz beben, jeder Versuch zu entkommen riss es weiter auf.
Die Göttin kämpfte – und die Welt kämpfte mit ihr.

Jhea’kryna sank auf die Knie.
Nicht aus Schwäche, sondern weil etwas in ihr erschüttert war, zu tief, um zu stehen.
Sie wusste nicht, wie lange sie so verharrte – Minuten, Stunden vielleicht.

Ein Schrei hallte auf.
Nicht von Schmerz, sondern von Zorn.
Ein Klang, der in jedem Stern widerhallte, bis selbst der Himmel schwieg.

Dann Stille.
Eine Stille, so vollkommen, dass sie weh tat.

„Malla Lloth…“ flüsterte sie, „wenn du gefangen bist, dann werde ich dich finden.“

Die Worte kamen von selbst, aus einem Ort, der älter war als Sprache.

Sie sah sich selbst inmitten der Dunkelheit – klein, unbedeutend, und doch war da etwas, das sie hielt. Kein Glaube, kein Gebet, sondern eine Verbindung.
Sie spürte, wie die Fäden unter ihren Händen pulsierten, sich in ihre Haut schnitten, als wollten sie sie prüfen, kosten, erkennen.

„Ich bin dein Werkzeug,“ hauchte sie, „nicht dein Ersatz.“

Ein weiterer Faden riss. Sie schrie, diesmal laut, das Echo hallte zwischen den Mauern der Schmiede wider. Und dann, als ob die Welt reagierte, verdichtete sich das Licht.

Bilder durchzuckten ihren Geist – Erinnerung, Vergangenheit, Zukünftiges.
Elashinn, brennend. Ihre Töchter, kniend. Ly’saar, schweigend.
Lyr’sa, mit Ruß im Gesicht und Angst in den Augen.

Alles war verbunden. Alles war Faden.

Sie sah, wie das Netz über Moonglow gespannt war, über den Himmel, über das Meer, über jedes Herz.
Ein endloses Muster, das zitterte und schwieg. Und sie wusste: Wenn niemand handelt, wird es zerfallen.
Wenn niemand webt, bleibt nichts.

Nicht um ihre eigene Macht zu sichern – sondern, um die Göttin zu erlösen.
Ein Entschluss legte sich wie kalte Glut in ihr Herz.
Sie richtete sich auf, langsam, zitternd, aber mit neuem Blick.
Das Leuchten der Fäden verblasste, doch sie sah sie noch – wie Schatten in der Luft, wie Narben im Raum.

„Ich habe dich gesehen,“ flüsterte sie in die Stille. „Ich habe gesehen, was dich hält.“

Ihre Stimme war heiser, doch sie bebte vor Leben.

„Wenn das Netz dich bindet, dann soll mein Blut es lösen.“

Sie hob die Hand, betrachtete sie im matten Schein der Esse.
Noch immer war dort dieses schwache, silberne Flimmern – Fäden, die unter ihrer Haut pulsierten.
Sie verstand: die Vision hatte sie berührt.
Ein Teil davon war nun in ihr.

Sie ballte die Faust.

„Ich werde dich nicht vergessen. Nicht ruhen, bis du frei bist.“

Ein Windstoß fuhr durch das zerbrochene Fenster. Der Vorhang blähte sich, und für einen Moment meinte sie, in seinem Faltenwurf das Muster des Netzes wiederzuerkennen.

Dann fiel ihr Blick auf Lloths Statue – halb geschmolzen, der Kopf geborsten.
Jhea trat näher, legte die Hand auf die kalte Oberfläche. „Du hast mich geführt, als ich blind war,“ flüsterte sie. „Nun soll ich sehen, während du blind bist.“
Sie senkte das Haupt. Nicht als Unterwerfung, sondern als Schwur.

Dann begann sie zu sprechen – keine Worte, sondern Silben aus uralter Sprache, Reste einer Litanei, die selbst in Elashinn kaum noch einer kannte.
Es war kein Gebet. Es war ein Rufen. Ein Lockruf aus Fäden, Klang und Wille.

Die Luft begann zu flirren. Ein Tropfen fiel von der Decke und zersprang auf dem Boden. Dann ein zweiter. Regen.
Draußen zog Sturm auf.

Jhea’kryna stand aufrecht vor der Statue, das Gesicht zum Himmel gewandt, und in ihrem Blick lag etwas Neues:
nicht Verzweiflung, nicht Trotz – sondern stille Gewissheit.

„Ich bin dein Werkzeug, Lloth. Ich bin dein Messer, dein Schatten, dein Weg zurück.“

Ein ferner Donner rollte über Moonglow, und im Feuer der Esse zuckte kurz ein Schatten über die Wand – die Silhouette einer Spinne.

Dann erlosch das Licht.

Nur das Pochen ihres Herzens blieb, gleichmäßig, unbeirrbar – wie der Anfang eines Gebets, das erst jetzt geboren wurde.

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Jhea'kryna Ky'Alur
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Re: Zwischen den Schatten

Beitrag von Jhea'kryna Ky'Alur »

𝔇ie Schmiede hallte vom gedämpften Hämmern wider, das nie ganz verstummte — Lyr’sas nervöse Art, Stille zu vermeiden. In einer Ecke ruhten Waffen in unterschiedlichem Zustand: halb fertig, halb vergessen.

Sie stand in ihrem Gemach in der ersten Etage der Schmiede zu Moonglow und betrachtete die Straße unterhalb ihres Fensters.
Der Wind brachte Regen und ließ Blätter vor sich her tanzen.
Zwischen den grauen Gassen spiegelten sich die Lichter der Laternen in den Pfützen, als wollten sie eine Welt vortäuschen, die heller war, als sie war.
Menschen eilten vorbei, in Mäntel gehüllt, ohne aufzusehen – keiner von ihnen ahnte, wer über ihnen wachte.
Der Geruch von nassem Stein und Schmieröl mischte sich mit dem fernen Klang des Hafens, und für einen Moment war es, als atme die Stadt im Takt ihrer Gedanken.

Langsam setzte sie sich an den kleinen Tisch, den Lyr’sa aus einer Werkbank gezimmert hatte.
Das Holz war rau, der Duft der Esse und Kohle in der Luft. Aber Wirklichkeit war greifbar. Formbar. Nutzbar.

Sie stützte die Stirn auf die Hand und dachte.

Elashinn. Ihr Herz verkrampfte bei dem Gedanken.
Die Stadt war gefallen, doch nicht zerstört. Ihre Grundfesten lagen tief, uralt und gesegnet von Blut und Zauber.
Stein vergisst nicht. Und wo Stein blieb, konnte sie zurückkehren.
Aber nicht allein.

Das Qu’ellar war klein geworden — einige Getreue, einige Diener, kaum Waffen.
Lyr’sa arbeitete mit bloßen Händen, einem Hammer und einem Blasebalg.
Sarkul und Tath'raen standen wache.

„Wir brauchen eine Armee,“ murmelte Jhea.
Ihre Stimme klang fremd in der Dunkelheit.

Eine Armee, oder etwas, das sie ersetzte.
Verbündete, deren Loyalität erkauft werden konnte, solange das Ziel groß genug war.

Sie dachte an die Orks.
Wilde, brutale Kreaturen, doch berechenbar in ihrer Gier.
Sie fraßen, sie kämpften, sie verhandelten nicht.
Aber sie hatten Stärke.
Und Stärke ließ sich lenken, wenn man wusste, welchen Hunger man füttern musste.

Jhea lächelte. Kein freundliches Lächeln — ein kaltes, berechnendes.
„Wenn sie Fleisch wollen, sollen sie es haben.“

Ein gedämpftes Klirren drang von unten herauf – Schritte, Stimmen, das Schaben eines Speerschafts über Stein.
Tath’raen. Immer zuverlässig, immer dort, wo es gefährlich werden könnte.
Und mit ihm: Shi’nayne.

Jhea'kryna hob den Kopf. Die Rückkehrerin. Die Verbannte.
Einst hatte sie sie aus Elashinn verstoßen, weil sie versagt hatte.
Ihr Kommen war angekündigt von Ihren Kundschaftern. Sie hatte Augen und Ohren überall. Der alte Koch aus, Duergrin, mischte sich unter das Volk am Hafen.
Pantzike liebte es an der Bank zu verweilen, und andere die sich in den Gesichtern der vielen Fremden hier verloren.
Jetzt kam sie zurück – und Jhea'kryna würde prüfen, ob die Welt sie gehärtet hatte.

Sie richtete sich auf, zog den Mantel glatt und trat von dem Fenster fort. Das Flimmern einer Kerze malte ein letztes rotes Leuchten auf ihre Haut, bevor sie die Treppe hinabstieg – Schritt für Schritt, lautlos, wie eine Schatten auf dem Weg zu einem Opfer.

Der improvisierte Thronsaal war nicht mehr als ein freigeräumter Bereich zwischen Werkbänken und Vorratskisten, die hinter Vorhängen im Verborgenen lagen.
Doch Lyr’sa hatte mit geübter Hand die roten Vorhänge aufgehängt, und die Kerzen brannten in eisernen Haltern. Eine armselige Nachbildung alter Größe – aber Jhea sah darin keinen Makel. Nur Erinnerung. Und Absicht.

Tath’raen stand an der Seite, reglos wie eine Statue, die Hellebarde fest in der Hand.
Sein Blick war auf Shi’nayne gerichtet, die kniete – die Hände offen, das Haupt gesenkt.

Jhea'kryna blieb auf der letzten Stufe stehen. Für einen Moment sagte niemand etwas.
Dann ging sie weiter, langsam, gemessen, und das leise Schaben ihrer Schritte über den Boden war das einzige Geräusch, das sich zu bewegen wagte.

Sie umrundete Shi’nayne, musterte sie, das zerrissene Reisegewand, den Schmutz unter den Fingernägeln, die Augen, die vor Anstrengung glühten.
Eine Überlebende. Nicht durch Stärke – durch Beharrlichkeit.
Sie trat den Teppich entlang und blieb vor ihrem Thron stehen. Ein Überbleibsel ihrer früheren Herrschaft aus Elashinn. Jemand hatte tatsächlich daran gedacht ihn mitzunehmen. Auch hier war er auf einem Podest drappiert mit einer extra Stufe davor, so dass Jhea diesen bequem besteigen konnte. Nach all den Jahren war er immer noch ein Stück zu groß. Die Stufe davor half ihr sich dies nicht anmerken zu lassen.

Sie ließ sich auf ihrem Thron nieder und legte eine Hand an den vergoldeten Griff ihrer Schlangenpeitsche, die zischeln zum Leben erwachte und auf einem samtenen Kissen neben der Armlehne des Thrones ruhte.

„Shi’nayne Ky’Alur,“ sagte Jhea schließlich, und ihr Ton war weder kalt noch warm.
Nur endgültig.
„Sag mir, Shi’nayne… warum sollte ich dich wieder an meiner Seite dulden? Warum sollte ich Verrat vergeben....? Überzeuge mich!“

„Ja, malla Ilharess,“ antwortete die Frau mit rauer Stimme, schluckte und setzte neu an, „Malla Ilharess… ich bringe keine Ausreden, nur… Hoffnung, dass Ihr mich noch braucht.“

„Ich brauche niemanden,“ sagte Jhea leise, und die Worte schnitten wie Glas.
Dann, nach einer Pause, fügte sie hinzu:
„Aber ich gebrauche, was nützlich ist.“

Jhea rückte auf dem Thron etwas vor. „Ist es Vergebung?“
Ein kaum merkliches Lächeln. „Das Wort schmeckt bitter. Es steht dir nicht.“

Shi’nayne schwieg.

Jhea blickte zu Tath’raen hinüber. Der Sargtlin erwiderte den Blick, nickte kaum merklich – sie war bewaffnet, aber ruhig.
Gut.

„Erhebe dich,“ befahl Jhea'kryna.

Shi’nayne tat es, langsam, bedacht, den Blick noch gesenkt.
Jhea'kryna sah sie an, prüfend, als wollte sie das Wesen der Frau in sich aufnehmen.

„Du kamst, weil du leben willst,“ sagte sie leise. „Aber wer unter meinem Banner lebt, muss dienen. Die, die fliehen, sind tot, noch bevor die Klinge sie trifft.“

„Ich verstehe.“

„Bwael... Du willst deine Ehre zurück,“ fuhr sie fort, „dann sollst du sie verdienen. Es gibt Arbeit. Und Blut, das vergossen werden muss.“

Sie hob den Blick.
„Ich brauche Augen. Einen Schatten, der geht, wo andere nicht gehen. Du wirst ihn führen.“

Shi’nayne hob kurz den Kopf.
„Einen Schatten, malla Ilharess?“

„Einen Kundschafter. Einen Boten. Einen Jäger.
Du wirst den Orks ein Flüstern bringen – eine Wahrheit, die sie hungrig macht.“

Ein flüchtiger Ausdruck von Überraschung zog über Shi’naynes Gesicht, doch sie sprach nicht dagegen.
Tath’raens Griff an der Hellebarde spannte sich leicht – das Zeichen, dass er verstand, was dieser Auftrag bedeutete.

Jhea’kryna erhob sich vom Thron und trat näher an Shi’nayne heran, bis ihre Stimmen nur noch für sie beide bestimmt waren.

„Sag ihnen,“ flüsterte sie, „dass Menschen kommen. Flüchtlinge. Ein Zug aus Fleisch, der nach Osten zieht. Sag ihnen, wo sie zuschlagen sollen. Und sag ihnen, wem sie für diese Information danken müssen.“

Shi’nayne nickte, kaum sichtbar.
„Ja, malla Ilharess.“

Jhea richtete sich wieder auf, die Schultern straff, der Blick ruhig.
„Dann geh. Und wenn du zurückkehrst, bring mir Beweise. Kein Gerede, kein Mitleid – nur Ergebnisse.“

Shi’nayne verneigte sich tief, trat zurück und verließ den Raum, während Tath’raen schweigend den Griff seiner Waffe löste.

Für einen Moment blieb Jhea allein im schummrigen Licht der Esse stehen.
Dann setzte sie sich auf den kalten Amboss, atmete langsam aus und flüsterte kaum hörbar:

„Das Netz webt sich neu.“

Jhea'kryna beobachtete wie beiden den Thronsaal verließen und ging hinauf in ihre Gemach. Dort vor einem Spiegel blieb sie stehen und betrachtete sich selbst. War sie gealtert? Ihr Spiegelbild blickte sie an — dieselben Züge, dieselben Augen, aber etwas hatte sich verschoben.
Die Vision der Nacht war geblieben.
Sie sah das Netz noch immer vor sich, fühlte das Zittern der Fäden. Lloth war gefangen — und sie selbst mit ihr.

Aber Fesseln ließen sich lösen.
Und niemand konnte sie lösen wie eine, die das Weben verstand.


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𝔖päter, als sie allein blieb, trat Lyr’sa vorsichtig in den Raum.
Ruß im Gesicht, die Hände wund, die Haltung verkrampft.
„Malla Ilharess… Ihr habt gerufen?“

Jhea nickte nur, blickte sie lange an.
„Setz dich. Ich brauche einen Brief.“

Lyr’sa senkte den Kopf, holte Tinte und Pergament. Ihre Finger zitterten leicht.

„An das Rathaus von Moonglow,“ sagte Jhea leise.
„Zu Händen von Jolanda Pappmacher.
Erkläre darin, dass ich mich um das Amt der Statthalterin beanspruche.“

Lyr’sa hob den Kopf, überrascht, aber sie schwieg.

„Schreib,“ fuhr Jhea fort, „dass ich die Ordnung der Stadt sichern werde. Dass ich über Erfahrung verfüge, Menschen zu führen und zu disziplinieren.
Schreib, dass Stabilität und Schutz meine höchsten Ziele sind.
Sie sollen glauben, ich sei eine Retterin.“

„Jawohl, malla Ilharess.“

Jhea beobachtete, wie die Feder über das Pergament glitt.
Jede Linie, jedes Wort war ein Faden.
Ein neuer Anfang.

Als Lyr’sa gegangen war, blieb Jhea’kryna wieder allein zurück.
Das Licht der Kerzen flackerte über ihr Gesicht, und der Regen draußen trommelte gegen die Fensterscheiben wie das Wispern vergessener Gebete.

Sie legte beide Hände auf die kalte Tischplatte, schloss die Augen und sprach leise, kaum hörbar:
„Malla Lloth… ich diene dir.
Ich werde dein Netz wieder knüpfen.
Stein um Stein. Blut um Blut.
Elashinn wird wieder sprechen.“
Ein fernes Grollen antwortete.
Vielleicht Donner. Vielleicht etwas anderes.

Jhea’kryna öffnete die Augen, und in ihnen lag kein Zweifel mehr. Sie hatte einen Plan.
Die Zeit der Trauer und des Zögerns war vorbei.


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Shi'nayne Ky'Alur
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Re: Zwischen den Schatten

Beitrag von Shi'nayne Ky'Alur »

Rückkehr in fremde Schatten

Der erste Atemzug brannte.
Nicht, weil die Luft schlecht gewesen wäre, sondern weil sie nicht ihre Luft war.
Kein vertrautes Unterreich, keine Höhlen, keine Feuchtigkeit aus uralten Steinschichten.
Stattdessen: der Geruch von Schmieröl, Rainwasser, Metall, Menschen.

Ein fremdes Exil… und doch das Zuhause ihres Hauses.

Shi’nayne spürte es sofort. Das Qu’ellar war nicht, was es einmal gewesen war.
Kein Tempel mehr, keine heiligen Hallen.
Nur ein Gebäude über einer provisorischen Schmiede in Moonglow, mit roten Vorhängen über Werkbänken, die vorgaben, ein Thronsaal zu sein.

Ihr Herz krampfte nur für einen Atemzug, zu kurz, um Schwäche zu sein.
Zu lang, um Zufall zu sein.

Die erste Gestalt, die ihr im neuen Schatten der Ky’Alur entgegenkam, war Lyr’sas.

Freundlich.
Zu freundlich.

Eine Drow, die lächelte, während sie eine Rückkehrerin einkleidete.
Shi’nayne stand still, ließ es zu, ließ den Blick schweifen.

Leder, das keine alten Rituale kannte.
Waffen, gut geschmiedet, aber ohne die Geschichte, die Klingen aus Elashinn getragen hatten.
Rüstung, die Schutz bot, aber keine Ehre.

Lyr’sas sprach.
Shi’nayne hörte.
Schweigend.
Beobachtend.
Jedes Wort wurde registriert, nichts gesagt.

Die Kälte in ihrem Blick war keine Feindschaft, sie war Vorsicht, wie ein Tier, das ein fremdes Revier betritt, aber zu stolz ist, es zuzugeben.

Die neue Halle

Als sie den provisorischen Thronsaal betrat, stutzte sie.

Ein Raum, der so tat, als wäre er alt und heilig: rote Vorhänge, Kerzen, ein Obsidianthron, der einen Herzschlag zu groß wirkte.
Der Duft von Kohle, Regen und fremdem Boden.

Das war nicht ihre Heimat.
Das war ein Ort, der verzweifelt versuchte, einer zu sein.

Shi’nayne kniete trotzdem.
Nicht wegen des Ortes, sondern wegen der Person, die ihn regierte.

Prüfung durch Blut

Jhea’kryna erschien wie ein Schatten mit eigener Schwere.
Im fremden Licht wirkte sie kleiner als früher, doch zugleich gefährlicher, komprimiert, verdichtet.

Ihre Fragen schnitten.
Shi’naynes Antworten waren kurz, rau, ohne Schmuck.
Sie versuchte nicht, Mitleid zu erwecken.
Sie versuchte nur zu stehen.

Tath’raen beobachtete sie.
Ein Mann.
Natürlich.

Sie wandte den Kopf nur einen Hauch und zischte:

„Männer schützen niemanden. Sie stehen herum und hoffen, dass niemand es merkt.“

Tath’raen blieb still.
Jhea hörte es, natürlich.
Shi’nayne bereute es nicht.

Dann kam die Prüfung.

Der Hund war ausgemergelt, wütend, hungrig.
Der Raum war klein, der Boden rutschig, das Licht schlecht.

Sie sprang vor, ohne zu zögern.
Der Aufprall riss sie nieder, Zähne gruben sich in den Arm und genau dort fand ihre Hand den Dolch, den Lyr’sas ihr zuvor an die Seite gelegt hatte.
Ein Zug.
Ein Schrei.
Blut im Staub.

Der Hund röchelte, verstummte, sackte zusammen.

Shi’nayne richtete sich auf, langsam, die Kehle des Tieres noch warm in der Hand.
Ihr Blick suchte den der Ilharess.

„Nicht eingerostet, malla Ilharess.“

Der Hauch eines dunklen Lächelns war Jheas Antwort.
Ein Lächeln, das anerkennt aber niemals verzeiht.

Der Auftrag

Jhea’krynas Worte über ihre neue Heimat brannten wie Säure.
Keine große Stadt, keine Tempel, keine Machtzentren.
Nur Werkstattwände und Gassen voller Menschen.

Doch der Auftrag war klar.
Hart.
Wichtig.
Blutig.

Die Orks.
Der Hunger.
Das Flüstern.

Shi’nayne verneigte sich. Tief.

„Euer Wille, malla Ilharess.
Eure Feinde werden bluten.
Eure Botschaft wird gehört werden.“

Sie wandte sich ab, ignorierte Tath’raens prüfenden Blick, und ließ den Schatten des provisorischen Thronsaals hinter sich.

Ein neues Netz

Draußen peitschte der Regen über die Straßen Moonglows.
Shi’nayne zog ihre Kapuze enger und blickte auf die fremde Stadt, die ihr Haus nun Heimat nannte.

Es war nicht Elashinn.
Verloren, gefallen, begraben im Stein der Vergangenheit.

Aber auch dies war ein Schatten.
Und wo ein Schatten war, konnte sie jagen.

„Die Orks werden hören.
Die Menschen werden rennen.
Und Lloth wird sehen.“

Mit diesem Gedanken verschwand sie in den Gassen
eine Jägerin, wiedergeboren,
auf einem Boden, der nicht der ihre war,
doch den sie bald mit Blut markieren würde.
Shi'nayne Ky'Alur
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Registriert: 10 Nov 2025, 21:14

Re: Zwischen den Schatten

Beitrag von Shi'nayne Ky'Alur »

Der Weg in die Covetous-Berge

Der Regen legte sich wie ein kaltes Tuch über Moonglow, während Shi’nayne sich zwischen den Schatten der Häuserwände bewegte. Sie vermied Laternen, vermied Menschen, vermied jeden Blickkontakt.
Die Stadt war laut und chaotisch, von Leben erfüllt und doch durchzogen von einer Schicht flüchtiger Furcht, die nur Oberflächenbewohner tragen konnten.
Lauter Atem, hastige Schritte, misstrauische Augen, sie spürte all das, ohne sich davon berühren zu lassen.

Ihr Ziel war der kaum sichtbare Durchgang hinter der alten Bibliothek, eine schmale Gasse, in der Moos die Steine überzog und der Regen jedes Geräusch verschluckte.
Dort wartete der Reisemagier. Ein dünner Mann in graues Tuch gehüllt, mit Augen, die so müde wirkten, als sähen sie seit Jahren nur Orte, an denen kein Mensch sein sollte.
Er sah sie nicht direkt an, klug, denn Drow betrachtete man nicht. „Bestimmung…?“ murmelte er heiser. Shi’nayne antwortete still, indem sie die Kapuze ein wenig zurückzog und ihm einen Atemzug lang ihre roten Augen zeigte.
Das genügte. Hastig strich er über sein Runenbuch, und ein schimmernder Durchgang öffnete sich vor ihr, kalt wie Stein. „Covetous,“ flüsterte er. „Schwarzstein-Gebirge.“
Ohne ein weiteres Wort betrat sie das Portal und verschwand.

Der Schwarzstein atmet

Der Übergang spuckte sie in eine Welt aus Nebel und Fels. Die Covetous-Berge ragten wie verdrehte schwarze Finger in den Himmel, und die Luft roch nach feuchtem Gestein,
brennendem Schwefel und verrotteten Kadavern. Ein Geruch, der nicht begrüßte, sondern warnte. Shi’nayne lächelte leise. „Endlich normaler Boden.“ Sie glitt am Rand der Felsen entlang,
nutzte jede Schattenfalte, jede Nische, als wären sie dafür geschaffen worden, eine Drow darin zu verbergen.Schon bald fand sie die ersten Spuren: breite Fußabdrücke, abgerissene Fellreste, zerbrochene Knochen.

Orks und frisch.

Der Aufstieg wurde steiler, der Regen tropfte von den Klippen und sammelte sich in dunklen Pfützen, die wie blutige Risse schimmerten.
Dann hörte sie es: Grunzen, Gelächter und das unverkennbare Klirren eines schlecht gepflegten Schwertes.

Sie war nah.

Das Lager der Orks

Die Orks hatten sich in einer natürlichen Felsmulde niedergelassen, zwischen zwei eingestürzten Covetous-Nebenhöhlen.
Rauch stieg aus Feuern auf, die kaum zogen. Felle und Holzstämme bildeten primitive Barrikaden, die nur Orks ernst nehmen konnten. Shi’nayne verharrte im Schatten eines kantigen Felsvorsprungs,
den Regen wie einen Sichtschutz nutzend.
Sie beobachtete das Lager aus sicherer Entfernung, zählte die Wachen und prüfte ihre Positionen. Sie war nicht hier, um zu kämpfen.

Sie war hier, um zu flüstern und drowische Flüstern waren schärfer als Klingen.

Das Setzen des Keims

Ein einzelner Ork schlurfte vom Lager weg, trottete an den Rand eines Felsvorsprungs, unaufmerksam, träge, genau richtig. Shi’nayne glitt hinter ihn wie ein verschluckter Teil des Regens.
Ihr Flüstern war kaum mehr als Atem, doch es schnitt wie kalter Stahl.

„Fleisch kommt… Menschenfleisch…“

Der Ork erstarrte, blinzelte unsicher in den Nebel. Sie wechselte ihre Position, erst rechts, dann links, ihre Stimme wanderte wie ein Schatten um ihn herum.

„Ein Zug zieht nach Düsterhafen… Frauen… Kinder… Händler… langsam… ungeschützt…“

Sein Atem wurde schwerer. Die Gier begann zu arbeiten. Shi’nayne setzte nach, ihre Worte präzise:

„Die Ilharess der Dunklen hat es gesehen… Sie weiß, wohin die Menschen gehen… Sie schenkt euch diese Jagd.“

Beim Wort Ilharess zuckte der Ork, ein instinktives Erkennen einer Macht, die er nicht verstand.
Ein zweiter Ork tauchte auf, knurrte eine Frage. Der erste starrte weiterhin in die Richtung, aus der ihre Stimme geklungen hatte.
„Menschen… viele… nach Düsterhafen…“ brummte er, die Finger fest um den Griff seiner Axt gekrallt.

Perfekt. Die Gier hatte ihn. Und durch ihn würde sie die anderen erreichen.
Shi’nayne erlaubte sich ein kaltes, kaum sichtbares Lächeln, bevor sie im Nebel der Felsen wieder verschwand.

Das Warten

Shi’nayne zog sich nicht zum Reisemagier zurück. Stattdessen glitt sie lautlos in eine schmale Felsspalte am Rand der Covetous-Berge, wo der Regen sie nicht erreichte und die Felsen sie verschluckten wie ein Teil ihrer selbst.
Von hier aus beobachtete sie das Lager, so gut es aus der Entfernung möglich war. Sie konnte nicht erkennen, was jeder Ork tat, doch sie spürte die Veränderung in der Luft wie eine Vibration im Netz.

Zuerst hörte sie leises Grollen.
Dann kurze, aggressive Wortfetzen.
Orks, die sich gegenseitig anbrüllten, ohne sichtbare Richtung, aber mit wachsender Unruhe.
Ein dumpfer Schlag musste irgendwo gefallen sein, gefolgt von einem erneuten Knurren, ein Zeichen, dass die Stimmung sich gewandelt hatte.

Sie wusste nicht, ob sie schon glaubten, was sie ihnen eingeflüstert hatte.
Nur, dass die Worte lebten.

Sie waren aufgenommen worden.
Sie verbreiteten sich.
Sie arbeiteten.
Wie Gift, das langsam durch einen Körper wandert.

Das reichte.

Mit ruhiger Hand zog Shi’nayne ein kleines Stück Pergament hervor, kaum größer als ein abgesplitterter Knochen. In schmalen, präzisen Zeichen schrieb sie: „Die Saat ist gesät. - S.“
Sie rieb über einen knochigen Talisman, und ein winziger, schattenhafter Spinnling löste sich daraus, seine Beine kaum mehr als ein Flimmern im Halbdunkel.
Lautlos nahm er die Nachricht auf und verschwand den Fels hoch in die Schwärze, den langen Weg zurück nach Moonglow findend, wie ein instinktives Zurückkehren in das größere Netz.

Shi’nayne blieb zurück. Sie zog die Kapuze tiefer ins Gesicht, ließ den kalten Stein unter ihren Fingern sprechen und lauschte dem gedämpften Treiben im Orklager.
Sie konnte nicht erkennen, wie sie handeln würden, nicht sehen, welchen Plan sie daraus formten, aber sie hörte genug, um zu wissen, dass ihre Worte Wirkung zeigten.

„Malla Ilharess…“ dachte sie, während sie sich tiefer in den Schatten drückte,
„ich bringe Euch keine Versprechungen. Nur Anfang und Möglichkeit.“

Der Wind kroch den Felsen entlang, der Regen schlug gegen die höheren Kanten des Schwarzstein-Gebirges
und unter all dem schwelte ein dumpfes Murren, als hätten die Orks eine Flamme gerochen, die im Dunkeln entzündet worden war.

Shi’nayne wartete.

Mehr gab der Schatten jetzt nicht preis.
Jhea'kryna Ky'Alur
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Registriert: 07 Mai 2025, 10:46

Vision des Blutes

Beitrag von Jhea'kryna Ky'Alur »

𝔇er Duft von Tee hing schwer in der Luft – dunkel, herb, mit einem Hauch von Pilz. Jhea’kryna saß an dem kleinen Tisch ihres Gemachs, den Blick auf die flackernde Kerze gerichtet. Draußen rauschte der Regen gegen die Scheiben, und das Geräusch mischte sich mit dem leisen Grollen des Meeres von den Klippen auf der Ostseite der Schmiede.

Das Gebälk des Daches ächzte als eine neue Böe über sie hinweg fegte. Die Schmiede schlief nie. Selbst wenn kein Hammer fiel, atmete sie.

Ein Rascheln ließ sie den Kopf heben. In der Tür stand eine Gestalt – stumm, gehüllt in tiefes Schwarz, das Gesicht unter einem Gesichtschleier verborgen. Eine der Dalninil Veldrin’quessir, der lautlosen Schwestern, deren Hände sprachen, wo Worte verboten waren.

Die Frau verneigte sich leicht, trat näher und hob die Hände.
Langsame, fließende Bewegungen – ein Tanz aus Schatten und Bedeutung.
Shi’nayne hat sie gefunden.
Die Orks. Sie hören zu.
Blut ist geflossen – und sie haben den Namen der Ilharess gehört.
Jhea’kryna beobachtete jede Geste. Die Finger der Stummen zitterten leicht – nicht aus Angst, sondern vor dem Nachhall dessen, was sie überbracht hatte. Blut, Tod, Fleisch – ein Opfer im Namen der Herrin.

Jhea nickte. „Gut. Sie wissen, was sie zu tun haben.“

Die Dalninil verneigte sich erneut, zog sich lautlos zurück und ließ den Duft kalter Luft hinter sich.

Jhea wandte sich wieder ihrem Tee zu.
Das Porzellan war warm in ihren Händen, und der Dampf zeichnete feine Spiralen in die Luft.
Sie hob die Tasse, sah hinein – und erstarrte.

Die Oberfläche des Tees veränderte sich.
Langsam, fast zärtlich, wurde das Dunkel tiefer. Es glänzte, verdichtete sich, und ein metallischer Geruch stieg auf.
Rot.... Nicht das Rot eines Weines, sondern das von Blut.

Ein Tropfen rann über den Rand und färbte ihre Finger.
Jhea’kryna spürte, wie der Griff der Tasse sich glitschig anfühlte, ehe sie sie fallen ließ.

Der Aufprall klang dumpf, fast gedämpft, als würde das Geräusch selbst ertrinken.
Dann breitete sich Stille aus.

Das Licht der Kerze erlosch.
Und die Welt kippte.

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𝔄ls sie die Augen öffnete, war da kein Raum mehr, kein Tisch, kein Regen.
Nur Rot.

Ein Meer, endlos, pulsierend, lebendig.
Das Blut reichte bis zu ihren Knien, warm und träge, und jeder Schritt ließ Wellen entstehen, die sich gegenseitig verschlangen. Der Himmel darüber war schwarz, aber in ihm zogen Adern aus Licht – wie das Innere eines gewaltigen, schlagenden Herzens.

Jhea blickte nach unten auf ihre Hände, und zwischen den Fingern glitt Blut, das nicht von ihr war.

Dann sah sie ihn.
Ihren Kampfstab – halb versunken im Strom, als hätte ihn jemand dort hingelegt.
Der Schaft aus dem schwarzen Metall glänzte feucht, und am oberen Ende war der Abdruck einer Hand sichtbar: eine grobe, orkische Hand, deren Blut sich in das Material gefressen hatte.
Sie erinnerte sich an ihn.
An Borok – den alten Ork mit dem Blick eines Schamanen und den Zähnen eines Raubtiers.
Er hatte diesen Stab einst berührt – oder vielleicht war es mehr ein Zwang gewesen.
„Damit du weißt,“ hatte er geknurrt, „dass auch Blut gehorchen kann.“
„Eine Groszä Eere!“, hatte der Häuptling des Git Moscha Clan ungläubig gegrunzt, als Borok den Stab berührte.

Jhea griff nach dem Stab. Das Metall fühlte sich lebendig an, vibrierend.
Der Abdruck der orkischen Hand schien sich zu regen, als sie ihn berührte, und plötzlich schoss Hitze durch ihren Arm, flammte in ihren Adern auf.

Das Meer wallte.

Wellen aus Blut bäumten sich auf, so hoch, dass der Himmel selbst zitterte.
Und in der Ferne sah sie Bewegung – eine Silhouette, riesenhaft, mit Augen wie glühende Kohlen.

Ein Ork. Nicht einer von Fleisch und Knochen, sondern ein Gott in seiner eigenen Gestalt.
Tairach.

Seine Schritte ließen das Meer kochen. Jede Bewegung war ein Donnerschlag.
Er trug keine Waffe, nur Ketten aus Schädeln und Sehnen, die um seine Arme hingen.
Als er sie ansah, verneigte sie sich nicht – sie sah ihn an, Auge in Auge, Ilharess zu Gott.

Dann drehte er sich, und sie sah, wohin sein Blick ging.

Inmitten des Ozeans erhob sich etwas.
Fäden, riesig, schwarz, durchdrungen von Licht.
Ein Netz, gespannt über den Abgrund, und darin gefangen – sie.
Lloth.

Ihre Glieder bebten, die Spinnenbeine schlugen um sich, Fäden rissen, aber die Fesseln hielten.
Ketten aus Blut, aus uraltem Verrat.
Jhea konnte den Schrei nicht hören, aber sie spürte ihn in jeder Faser.

Der Ork – der Gott – hob die Hände.
Blut tropfte von seinen Fingern, fiel auf das Meer, und dort, wo es auftraf, erhoben sich Wellen, gewaltig und grollend.
Er ging auf das Netz zu, griff nach den Fesseln – und riss.

Ein Laut wie ein Weltuntergang dröhnte über das Blutmeer.
Eine Kette nach der anderen brach.
Erst eine.
Dann zwei.
Dann die dritte.

Jhea sah, wie Lloths Körper sich zu regen begann, wie sie die letzten Stränge selbst zerriss, in einem Ausbruch aus Zorn, Schmerz und Erlösung.

Und als das Netz zerfiel, fiel das Meer mit ihm.
Jhea stand plötzlich im Leeren, und der Ork sah sie noch einmal an.
In seinem Blick lag kein Hass.
Nur Anerkennung.
Ein stilles Band aus Blut und Zweck.

Dann war alles weg.

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𝔈in Geräusch.
Kerzenlicht.
Der Geruch von Tee – und Blut.

Jhea’kryna lag auf dem Boden ihres Gemachs, die Teetasse zerbrochen neben ihr. Der Stab lag quer über ihrem Schoß, der Fleck der orkischen Hand darauf dunkler als zuvor.

Über ihr beugte sich eine der stummen Schwestern, der Schleier hin schief herab, die Hände zitternd, als wollte sie fragen, ob sie leben dürfe, um zu helfen.
Und hinter ihr – Tath’raen, die Hellebarde noch in der Hand, die Augen wachsam.

„Malla Ilharess…?“ Seine Stimme war leise, fast ehrfürchtig.

Jhea blinzelte, richtete sich mühsam auf.
Ihre Finger glitten über den Stab, und als sie sie fortnahm, blieb ein roter Abdruck darauf – frisch, warm, lebendig.

„Ich habe sie gesehen,“ flüsterte sie. „Beide.“
Tath’raen sah sie an, verstand nichts – und doch verneigte er sich leicht.
Jhea richtete sich ganz auf, der Blick glühend, neu entflammt.

„Die Spinne wird befreit.
Und das Blut wird ihr Werkzeug sein.“

Dann ließ sie den Blick auf die Schwestern sinken, und in ihren Augen lag eine Ruhe, die niemand deuten konnte.

Draußen hatte der Regen aufgehört.
Nur das ferne Donnern des Meeres klang wie das Herz eines Gottes, der erwacht war.

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Borok
Beiträge: 6
Registriert: 07 Mai 2025, 10:46

Re: Zwischen den Schatten

Beitrag von Borok »

Derweilen wo ganz wo anders.... Dort wo es stinkt und langsam ein Flüchtling aus Trinsic über einem Feuer sich dreht. Dort wo sich die lieblichen Düfte von frisch gegrilltem Menschenfleisch vermengen mit den Schreien und Wehklagen von Gefangenen der Flüchtlingskarawanen zu einer Symphonie. Dort in der feuchten engen Bergspalte die sich jetzt das zuhause der Orks schimpfe stapfte wütend auf und ab.

VIele Fragen gingen dem alten Ork-Schamanen Borok durch den Kopf. Fragen wie:
"Warum sind wir hier und nicht in unserem schönen Dorf?"
"Warum hat Tairach nie geantwortet?"

Mürrisch fauchte er einen der gefangenen menschlichen Flüchtlinge an und rammte ihm langsam das gekrümmte Ritualmesser in den Bauch:
"Wieso haben die Knochen die falschen Zeichen geschickt? Sogar als sie immer wieder die gleiche Formation eingenommen haben haben die Knochen gelogen."

Mürrisch drehte Borok das rituelle Messer langsam im Kreis und drückte es dabei immer tiefer ohne auf das lapidare und absolut unnötige jammern und Wehklagen Rücksicht zu nehmen. Dabei drückte er immer tiefer bis seine ganze Hand in der Wunde verschwand. Mit einem Ruck zog Borok das Messer nebst den Darm aus dem Opfer. Bedächtig zog er ihn immer weiter heraus und schien das Eingeweide andächtig zu betrachten. "Mhmm... Yub... das guht .... yub.. das Zeichen.... " immer weiter zog er den Darm aus Menschen ohne darauf zu achten wie er langsam die Augen verdrehte und nach hinten umkippte.

Endlich schien er an einer Stelle angekommen zu sein die ihm mehr sagte oder mehr Aufschluss gab. "HAARCH... Yub die jungen Gitmoschas brauchen training! - die Flüchtlinge seien gutes ziel für Training! YUB HAARCH"

Ohne weiter auf den am Boden liegenden und schreienden Menschen zu achten stapfte er zu Morthrak und raunzte ihn an "Eh Chefoberbozz, wir müssen Hegels trainieren für Moscherei! Die Flüchtlinge lohnendes Ziel sein und wir sollten viele moschen zum üben!"
Uhl'vaag
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Registriert: 25 Okt 2025, 20:21

Re: Zwischen den Schatten

Beitrag von Uhl'vaag »

Eine Felsspalte, tief in den Berg führend, nass vom andauernden Regen, verrußt vor diversen geschürten Feuern, Stille die wieder und wieder unterbrochen wird von wiederkehrendem Donner, dem grunzen der Brüder, von Schreien jener die es nicht wert sind und Metall das auf Metall trifft.

Von all dem bekam Uhl’vaag nichts mit.

In einer der Höhlen zurückgezogen blickte er starr ins Feuer seine Gesichtszüge verhärtet. Wie eingefroren das Maul aufgerissen schaumiger Speichel der über die scharfen und spitzen Hauer des Orks rann. Die Augen geöffnet und die wulstigen Augenbrauen voller Aggression und Hass so eng zusammengezogen das sie fast über die einem Schwein ähnliche Nase hinausragten.

So verharrte er wer weiß wie lange schon den Blick starr ins Feuer gerichtet um ihn herum diverser Unrat ein Gefäß welches sich als Becher enttarnte dampfend vom Rest des Elixiers welches sich darin befunden haben mochte. Einige Pilze, ein offenbar menschliches Herz, weitere Innereien und andere Tinkturen welche womöglich alle ihren Weg in das Gebräu gefunden hatten. Oder die Reste die es nicht geschafft hatten.

So stand er da der Ork, nur vom Lendenschutz umhüllt. Der ganze Körper, jeder einzelne Muskel bis zum zerreißen angespannt. Die großen Flammen schienen ihn förmlich mit ihrer Hitze und dem grellen Licht in den Bann zu ziehen.

Der geneigte Beobachter hätte sich wohl gefragt, „Was sieht er in den züngelnden Flammen…?“

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Züngelnde Falmmen…, wogenden Wellen, gewaltiges brechen jener mit Schaumkämmen und unsagbarem Getöse.

Ein Meer gefärbt in Rot. Gefärbt?

Zwei bis drei schnelle Züge durch die Nase die dabei geradezu erbebte, die Luft die der Ork zu erschnüffeln ersuchte zischte ungewöhnlich Laut in sein Ohr und der Duft war unverkennbar, Blut…
Im nächsten Moment sah er auf sich selbst herab, sein Körper mitten in diesem Meer aus Blut, auf einem einzigen Felsen gefangen an dem sich die blutigen Wellen brachen.
Die Arme und Beine seines Körpers in Ketten und Sehen gefangen. Der Blickwinkel umrundete den Felsen mit seinem Körper von allen Seiten blickte er auf sich selbst hinab, hören und spüren konnte er nichts…

Grade noch mit dem erlebten überfordert fand er sich just wieder in seinem Körper auf dem Felsen gefangen. Er hörte die Wellen krachend am Fels zerschellen, die Gischt benetzte seinen Körper mit Blut dessen Duft er mehr als deutlich vernahm und da war er…. unsagbarer Schmerz.

Seine Arme und Beine gefangen in Ketten die sich zuzuziehen schienen. Der Kampf seines Körpers gegen die Ketten und Sehen begann instinktiv. Bis zum zerreißen waren seine Muskeln gespannt. Sein Maul von Schmerz und Anstrengung weit aufgerissen die scharfen und spitzen Zähne getränkt von schaumigem Speichel.
Immer stärker ergriff der Schmerz besitz von ihm. Der Kampf zwischen seinem Körper und den Fesseln die ihn umschlangen schien verloren. Starr blickte er nach vorn in die Wellen des Blutmeeres.

Just als die Ketten und der schmerz ihn zu zerreißen schienen erhob sich etwas schier Großes aus den Wellen, mitten im Meer weit weg doch nah genug um zu sehen was es war.

Ein Ork. Nicht einer von Fleisch und Knochen, sondern ein Gott in seiner eigenen Gestalt.
Tairach.


Seine Schritte ließen das Meer kochen. Jede Bewegung war ein Donnerschlag.
Er trug keine Waffe, nur Ketten aus Schädeln und Sehnen, die um seine Arme hingen.


Die Erscheinung, Tairach, der Gott… wahrhaftig sein Antlitz war so Machtvoll.
Wie lange hatte es kein Zeichen mehr gegeben, wie lange war seine Präsenz nur noch ein hauch eine dunkel kalte Erinnerung die es zu bewahren galt?

Zeit existiere gerade nicht.

Als der gewaltige Blick Tairachs den Uhl’vaag’s traft sprengten die Ketten um seine Arme und Beine, der Schmerz verblasste in einem Wimpernschlag.
Nur für einen Moment schien es als haftete der Blick noch an einem anderen Ort, Uhl’vaag vermochte nicht s zu erkennen.

Dann drehte das Antlitz Tairachs sich weiter, und er sah, wohin sein Blick ging.

Inmitten des Ozeans erhob sich etwas.
Fäden, riesig, schwarz, durchdrungen von Licht.
Ein Netz, gespannt über den Abgrund, und darin gefangen – sie.
Lloth.

Ihre Glieder bebten, die Spinnenbeine schlugen um sich, Fäden rissen, aber die Fesseln hielten.
Ketten aus Blut, aus uraltem Verrat.

Der Ork – der Gott – hob die Hände.
Blut tropfte von seinen Fingern, fiel auf das Meer, und dort, wo es auftraf, erhoben sich Wellen, gewaltig und grollend.
Er ging auf das Netz zu, griff nach den Fesseln – und riss.

Ein Laut wie ein Weltuntergang dröhnte über das Blutmeer.
Eine Kette nach der anderen brach.
Erst eine.
Dann zwei
Dann ……………………..


Uhl’vaag sah nicht mehr den Göttern in ihrem Treiben zu in sagenhafter Geschwindigkeit prasselten Bilder auf ihn ein. Ein Haus, ein Trohn, roter Stoff, ein schwarzes Buch und ein Gesicht… dunkele Haut, weiße Haare, weiblich, machtvoll, das Gesicht einer der Duneklelfen…?

Im nächsen Moment raste sein Blick über das Blutmeer zu auf einen hellen und greller werdenden Punkt. In gleißendem Licht ein Stabt, schwarz mit einer glühenden Hand darauf.

Hitze…

Krachend und begleitet von einem extrem lauten Schrei der den ganzen Felsspalt zu erfüllen schien fand Uhl’vaag sich mitten dem Lagerfeuer wieder umgeben von Flammen, Glut und Asche.
Der Schrei des Schmerzes war ihm entfahren. Mit letzter Kraft rollte er sich aus den Flammen, tief Atmete er. Die starke Haut der Orks schien ihn noch einmal bewahrt zu haben, offenbar hatte er nur kurz in den Flammen gelegen doch seine Glieder waren schwer.

Einer der Hegel kam in die Höhle gestürmt… „WAZZ MAKKEN UHL’VAAG HIAR“ schrie er begleitet von einem nervösen grunzen. Offenbar war der Hegel gänzlich überfordert.

Uhl’vaag deutete nur zum Ausgang der Höhle und grunzt geschwächt „Borok…!“
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