Der stille Tanz [Sternenfall]

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Alniira Vrammyr
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Der stille Tanz [Sternenfall]

Beitrag von Alniira Vrammyr »

Ein seltener Moment des Friedens. Alniira saß am Rande des Wolfsbaus, die Dämmerung schlich durch die Bäume. Einer der Welpen, der Mutigste des Wurfs, tapste neugierig auf sie zu. Sie lächelte sanft, ein echtes, unbewachtes Lächeln, und wollte ihre Hand ausstrecken.

In diesem Moment des Innehaltens, der reinen, ungefilterten Zuneigung, schlug die Vision zu.

Sie saß nicht mehr im Wald. Ein silberner Mond hing über einem stillen See. Die Wasser waren klar – zu klar.
Unnatürlich glatt. Ihr Spiegelbild blickte zu ihr auf, doch es war nicht ihr Gesicht. Es war eine Maske aus perfekter Trauer.
Das Spiegelbild sang ohne Ton, und Tränen aus reinem, silbernem Licht rannen über seine dunklen Wangen.

Plötzlich, als hätte jemand eine Kerze ausgeblasen, erlosch der Mond.
Die Welt versank in absoluter, erstickender Finsternis. Und die Stille, die zurückblieb, war nicht friedlich.
Es war die Stille eines Grabes.

Eine Stimme, ihre eigene und doch fremd, flüsterte aus der Dunkelheit:
„Selbst die Hoffnung hat aufgehört zu singen.“

Wie auf Befehl welkten die Blumen an dem Seeufer, das sie in ihrer Erinnerung kannte, ihre Farben zerfielen zu Asche.
Das Wasser färbte sich schwarz, wurde zu dickflüssigem Teer.
Etwas in ihr versuchte, den verlorenen Klang zu rufen, nach der Melodie ihrer Göttin zu greifen – doch die Welt antwortete nicht mehr.

Und dann, irgendwo in weiter Ferne, ein dumpfer Widerhall. Ein Meteoreinschlag. Sie sah ihn nicht, aber sie fühlte ihn. Die Schockwellen des Aufpralls rissen durch ihr Innerstes, als sei der Einschlag nicht auf irgendeiner fernen Welt geschehen, sondern direkt in ihrer Seele.

Alniira stolperte rückwärts, zurück in der Realität, stieß fast den Welpen um, der erschrocken zurückwich und leise winselte.
Sie keuchte, ihre Hände zitterten. Das war keine Lektion gewesen. Das war ein Abschied.
Alniira hat geschrieben:Nein...
Panik, kalt und spitz, bohrte sich in ihr Herz. Sie brauchte eine Bestätigung. Sie musste sie fühlen.

Sie stieß den Welpen sanft, aber bestimmt beiseite und sprang auf die kleine, freie Fläche vor dem Bau. Mit einer fahrigen, verzweifelten Bewegung zog sie ihr Schwert. Die Mondrunen leuchteten nicht. Sie blieben kalt und tot.
Alniira hat geschrieben:Mutter? Eilistraee? Ich rufe Euch!
Sie begann zu tanzen. Doch es war nicht der fließende, anmutige Tanz des Glaubens.
Es war ein zorniger, ein fordernder, ein panischer Tanz. Ihre Bewegungen waren scharfkantig, ihre Hiebe schnitten durch die leere Luft, als würde sie versuchen, einen Schleier zu zerreißen, der sich zwischen sie und ihre Göttin gelegt hatte.

Nichts. Keine Musik. Kein warmes Licht. Kein Echo in ihrer Seele. Nur die kalte, schwere Stille aus der Vision.

Und in dieser Stille erhob eine andere Stimme das Wort. Eine Stimme, die sie kannte, die aber selten so klar zu ihr sprach.
Es war nicht die Göttin. Es war der Wolf.
Der Wolf hat geschrieben:...Es ist still.
Das Flüstern kam aus ihrem eigenen Mund, war aber nicht ihre Stimme. Es war ein tiefes, raues Grollen, das mehr gefühlt als gehört wurde.

Alniira wirbelte herum, das Schwert in Abwehrhaltung gegen einen Feind, den sie nicht sehen konnte.
Alniira hat geschrieben:Wo ist sie? Ich spüre sie nicht! Die Musik ist fort!
Der Wolf hat geschrieben:Gut. Es war nur Lärm. Jetzt ist es still. Nur wir.
Der Tanz wurde langsamer, unsicherer. Ihre Panik wich einer tieferen, existenziellen Furcht.
Alniira hat geschrieben:Verstummt... Was ist, wenn alle Götter verstummt sind? Nicht nur sie... sondern alle? Auch die Dunkelheit?
Der Wolf hat geschrieben:Endlich. Die Spinne in ihrem Netz. Der Tyrann auf seinem Thron. Alle still. Alle fort. Die Ketten sind zerbrochen, kleine Drow. Wir sind frei.
Alniira blieb stehen, das Schwert sank herab, die Spitze zitterte knapp über dem Moos.
Tränen traten ihr in die Augen, aber es waren nicht die Tränen aus Licht aus der Vision. Es waren heiße, reale Tränen der Trauer.
Alniira hat geschrieben:Frei? Siehst du nicht, was das bedeutet? Meine Brüder und Schwestern... jene, die ihr Licht suchen... sie sind nun allein in der Dunkelheit.
Die Drow... sie werden sich ohne Lloths Peitsche selbst zerfleischen. Die Menschen... sie sind nicht bereit für eine Welt ohne Götter!
Der Wolf lachte. Es war kein fröhliches Geräusch, sondern das trockene Knacken von fallenden Ästen.
Der Wolf hat geschrieben:Bereit? Sie waren nie bereit. Sie haben nur ihre Meister gewechselt. Vom Jäger zur Göttin. Von der Kette zum Glauben. Es war immer ein Käfig. Jetzt ist der Käfig offen. Jetzt gibt es nur noch den Wald. Und die Jagd.
Alniira hat geschrieben:Das ist grausam. Das ist pures Chaos. Das ist nicht Freiheit, das ist Verzweiflung.
Sie ließ ihr Schwert fallen. Es landete mit einem dumpfen, unzeremoniellen Geräusch im weichen Boden.
Der Wolf hat geschrieben:Nein. Es ist Wahrheit. Arme, kleine Drow. Du hast immer nach Führung gesucht. Erst bei deinen Priesterinnen, dann bei deiner Tänzerin. Du wolltest nie wirklich frei sein. Aber jetzt bist du es. Es gibt keine Götter mehr, die dir den Weg weisen. Es gibt nur uns.
Alniira sank auf die Knie, die Hände in die Erde gekrallt. Der Wolf hatte recht. Sie war am Boden zerstört.
Er sah es als Chance. Sie sah nur das Ende. Und zum ersten Mal in ihrem Leben, seit sie Elashinn verlassen hatte, wusste sie wirklich nicht mehr, was sie tun sollte. Die Führung war fort. Und die Stille, die ihre Göttin hinterlassen hatte, war ohrenbetäubend

Sie verharrte auf den Knien, ihre Finger in die feuchte Erde gekrallt, als wären sie Wurzeln, die verzweifelt nach Halt in einem wegbrechenden Abgrund suchten. Das kalte, tote Schwert lag neben ihr im Moos.
Die Stille, die ihre Göttin hinterlassen hatte, war ohrenbetäubend, ein Vakuum, das drohte, ihre Seele zu zerreißen.

Und in dieses Vakuum hinein sprach der Wolf erneut. Seine Stimme war kein Grollen mehr, sondern das ruhige, unerbittliche Geräusch von Eis, das auf einem gefrorenen See Risse bildet.
Der Wolf hat geschrieben:Du weinst. Du weinst um eine Melodie. Du weinst um ein Echo. Kleine Drow, du hast nie gelernt, die Stille zu hören. Sie ist nicht leer. Sie ist voll. Voll von dem, was wirklich zählt.
Alniira hat geschrieben:Was zählt? Was zählt denn in einer Welt ohne Licht? Ohne Hoffnung? Nur das Chaos, das du versprichst?
Sie hob den Kopf, ihre Tränen hatten Spuren im Schmutz auf ihren Wangen hinterlassen. Ihr Blick war verloren, starrte durch die Bäume hindurch ins Nichts.
Der Wolf hat geschrieben:Nicht Chaos. Ordnung. Die einzig wahre Ordnung. Das Herz, das schlägt. Die Lunge, die atmet. Der Zähne, die reißen. Das Fleisch, das nährt. Die Götter waren das Chaos. Sie malten Bilder an den Himmel und nannten es Schicksal. Sie flüsterten Lügen in eure Herzen und nannten es Glauben. Sie zähmten euch.
Alniira hat geschrieben:Sie hat mich nicht gezähmt! Sie hat mich befreit! Eilistraee hat mir... hat mir...
Ihre Stimme brach. Was hatte sie ihr gegeben?
Der Wolf hat geschrieben:...einen schöneren Käfig. Einen Käfig aus Silberlicht statt aus Spinnweben. Aber es war immer ein Käfig. Du hast getanzt, weil sie es wollte. Du hast gesungen, weil sie es wollte. Wann hast du das letzte Mal gejagt, nur weil du hungrig warst? Wann hast du das letzte Mal getötet, nur weil du konntest?
Alniira schauderte. Die Worte des Wolfes waren nicht nur Gedanken. Sie waren Bilder. Er zeigte ihr die Erinnerung an Elashinn, die Priesterinnen, die im Namen von Lloth mordeten. Und er legte ein anderes Bild daneben: ein Rudel Wölfe, das ein Reh reißt.
Der Wolf hat geschrieben:Wo ist der Unterschied, kleine Drow? Die Spinnen-Priesterin mordet für eine Lüge, die sie "Glaube" nennt. Der Wolf tötet für eine Wahrheit, die er "Hunger" nennt. Was ist ehrlicher? Was ist reiner?
Alniira hat geschrieben:Das... das ist nicht dasselbe... Leben zu nehmen, um zu überleben, ist... das ist der Wald. Aber was ist mit Mitgefühl? Was ist mit Liebe? Für das Rudel? Du fühlst es doch auch! Das sind die Dinge, für die sie stand!
Sie klammerte sich an diesen Gedanken wie eine Ertrinkende an ein Stück Treibholz.

Der Wolf lachte, und das Geräusch ließ das Blut in ihren Adern gefrieren.
Der Wolf hat geschrieben:Liebe. Das nennst du Liebe? Was du für das Rudel fühlst, ist Besitz. Es ist der Drang, dein Territorium zu verteidigen. Was du für den Elfen fühlst, ist der Drang, deinen stärksten Gefährten zu sichern. Was du für die Welpen fühlst, ist der Instinkt, die nächste Generation zu schützen. Du gibst allem so schöne Namen. Aber es ist alles nur das eine: das Blut. Das Gesetz des Überlebens.
Die Welt begann sich um Alniira zu drehen. Jedes Wort des Wolfes war ein Hammerschlag, der die Säulen ihres Glaubens zertrümmerte. Er nahm ihr nicht nur ihre Göttin. Er nahm ihr alles.
Alniira hat geschrieben:Hör auf... bitte, hör auf... Wenn das wahr ist... wenn alles nur Instinkt ist... was bin ich dann? Bin ich nur ein Tier? Sind wir alle nur Tiere, die so tun, als wären sie mehr?
Der Wolf hat geschrieben:Ja.
Die Antwort war so einfach, so brutal und so endgültig.
Der Wolf hat geschrieben:Und es ist wunderschön. Kein Schicksal, das dich lenkt. Keine Götter, die dich verurteilen. Keine Seele, um die du dich sorgen musst. Nur dieser Moment. Dieser Atemzug. Dieses Herz, das in deiner Brust schlägt. Spürst du es? Es schlägt für uns. Nicht für eine Göttin. Nicht für ein Ideal. Es schlägt, weil es leben will. Das ist die einzige Führung, die du jemals brauchen wirst.
Alniira starrte auf ihre Hände, die noch immer in der Erde vergraben waren. Sie spürte die Kälte des Bodens. Sie spürte den Wind auf ihrer Haut. Sie spürte das Pochen in ihrer Kehle. Und sie konnte die Stimme ihrer Göttin nicht mehr hören. Nur das laute, hungrige, triumphierende Schlagen ihres eigenen Herzens.

Sie war allein. Und der Wolf war bei ihr.
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Rianon
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Re: Der stille Tanz [Sternenfall]

Beitrag von Rianon »

Rianon lag gemütlich auf dem Rücken und kuschelte sein Fell in das weiche Gras, seine Pfoten streckte er gen Himmel. Das angenehme Gefühl eines vollen Magens durchströmte ihn - der Hase hatte sich diesen Tag sicher anders vorgestellt. Der Elf in ihm plädierte immer für Obst und Gemüse. Auch nicht schlecht, aber die Jagt nach echter Nahrung war einfach etwas Besonderes. Warum er sich auch immer in einen Waldelfen wandeln konnte...oder war es andersherum? Seit einiger Zeit verschwamm Rianons eigene Wahrnehmung so stark, dass er kaum noch unterscheiden konnte, was eigentlich seine echte Gestalt war. "Hauptsache grün" dachte er sich und streckte erneut die smaragdgrünen Pfoten.

Dann hörte er einen dumpfen Knall. Einen Aufschlag. Irritiert rollte Rianon sich wieder auf den Bauch und richtete seine Ohren auf. "Sind das die Tala?" Sollten sie sich zur Wolfshöhle trauen, würde er sein Rudel schützen. Kurz schüttelte er seinen Kopf. Das Geräusch klang...gewichtiger als dass Menschen es verursacht haben könnten.

Während Rianon weiter über das Geräusch grübelte, vernahmen seine Ohren schon ein weiteres: Metall, welches scheppernd zu Boden viel. Ein Schwert. Waren doch Menschen in der Nähe? Rianon schnupperte, aber außer seinem Rudel roch er niemanden. Trotzdessen war er alarmiert, erhob sich und ging schnupperte in die Richtung, aus der das Geräusch kam.

Lange musste Rianon nicht wandern. Aus einem Busch heraus sah er Alniira auf dem Boden kauern. Ihr Schwert war heruntergefallen und seine Gefährtin sah erschöpft und niedergeschlagen, fast schon trauernd aus. Auch ihr Geruch verriet ihm, dass es ihr sehr schlecht ging. Langsam trat Rianon zu ihr, ging jedoch erst einen Umweg zu ihrem Schwert. Er nahm es am Griff ins Maul und ging behutsam zu Alniira. Dort angekommen legte er das Schwert vor ihr ins Gras und drückte danach seinen großen Kopf gegen ihren Körper. Leise begann er zu brummen, um sie zu beruhigen - singen konnte nur sein Elf, aber etwas besseres fiel ihm nicht ein, um seine trauernde Gefährtin zu trösten. "Ich könnte mit ihr tanzen, sie mag tanzen" dachte sich Rianon. Dann schluckte er als ihm klar wurde, dass er dazu zunächst tanzen lernen musste.
Alniira Vrammyr
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der stumme Schrei

Beitrag von Alniira Vrammyr »

Alniira kauerte auf dem Boden, die Finger in die feuchte Erde gekrallt. Sie hatte aufgehört zu weinen.
Die Stille ihrer verstummten Göttin war ein Grab, und in dieser Finsternis, in diesem Vakuum der Hoffnung, hatte der Wolf die Führung übernommen.
Seine Stimme war die einzige, die sie noch hören konnte – ein raues, beschützendes Grollen in ihrem Verstand, das die Stille zerschnitt.
Der Wolf hat geschrieben:Siehst du, kleine Drow? Du bist zerbrochen. Dein Glaube war eine Krücke, und nun wurde sie dir weggetreten.
Du hast dich auf ein Flüstern am Himmel verlassen, statt auf das Blut in deinen Adern. Du hast getanzt, aber jetzt, wo die Musik schweigt, fällst du.
Alniira zitterte. Jedes Wort war ein Stein, der sie tiefer in die Dunkelheit zog. Er hatte recht. Sie war schwach. Sie war allein.
Der Wolf hat geschrieben:Aber ich bin nicht schwach. Dein Schild aus Mondlicht ist zersplittert, ein schönes, nutzloses Glas.
Meiner ist aus Knochen und Zorn, und er bricht nicht. Stell dich hinter mich, kleine Drow. Ich bin die Realität.
Ich werde uns beschützen, so wie ich es immer getan habe, bevor du angefangen hast, den Sternen nachzujagen.
Sie wollte widersprechen, doch ihre Kehle war wie zugeschnürt.
Sie wollte beten, doch es gab niemanden mehr, der zuhörte. Langsam, Millimeter um Millimeter, begann sie, sich dieser rohen, kalten Logik hinzugeben.
Sie spürte, wie der Wolf sich schützend vor ihr geistiges Auge schob, bereit, die Kontrolle zu übernehmen, die sie soeben verloren hatte.

Gerade als Alniira in dieser kalten, instinktiven Realität zu versinken drohte, spürte sie etwas.

Ein sanfter Druck an ihrer Schulter. Eine feuchte Nase. Wärme.

Sie hob den Kopf. Durch den Schleier ihrer Verzweiflung sah sie ihn – Rianon, in seiner smaragdgrünen Wolfsgestalt.
Er blickte sie nicht an, wie der Wolf in ihr es tat – nicht herablassend oder fordernd – sondern mit einer stillen, unerschütterlichen Sorge.

Er trat einen Schritt zurück und ließ etwas vor ihr ins Gras fallen.
Es war ihr Schwert. Kalt und still, die Runen dunkel.
Er stupste sie erneut an, diesmal sanfter, und legte dann seinen schweren Kopf auf ihre Knie.
Ein leises, tröstendes Brummen vibrierte durch sein Fell, drang bis in ihre Knochen vor und kämpfte gegen die innere Kälte an.

Der Wolf in ihr lachte. Es war ein triumphierendes, höhnisches Geräusch.
Der Wolf hat geschrieben:Siehst du! Das ist der Beweis! Er bringt dir keinen Segen. Er bringt dir Stahl.
Er bringt dir deine Zähne zurück, die du weggeworfen hast, um zu tanzen. Das ist das Rudel.
Das ist Instinkt. Er ist wie ich. Das ist die einzige Wahrheit, die zählt.
Alniira starrte auf die Waffe. Der Wolf hatte recht. Es war Stahl. Es war eine Waffe.
Doch sie spürte Rianons Wärme auf ihren Knien. Sie spürte das sanfte Brummen, das versuchte, ihren Schmerz zu lindern.
Und plötzlich durchfuhr sie eine andere Art von Zorn – nicht die kalte Wut des Wolfes, sondern die heiße Flamme der Überzeugung.
Alniira hat geschrieben:Du irrst dich, Wolf.
Ihr Flüstern war kaum hörbar, aber es ließ den inneren Monolog des Wolfes verstummen.
Der Wolf hat geschrieben:Ich irre mich? Er hat dir eine Waffe gebracht, damit du aufstehst und kämpfst. Er gehorcht dem Instinkt.
Alniira hat geschrieben:Nein...
Sie legte ihre zitternde Hand auf Rianons grünes Fell. Die Berührung war real. Die Treue war real.
Alniira hat geschrieben:Du siehst nur den Stahl. Du siehst nur die Zähne. Aber du verstehst nicht, warum er ihn gebracht hat.
Er hat mir nicht meine Waffe zurückgegeben. Er hat mir meinen Tanz zurückgebracht.
Alniira richtete sich langsam auf. Die Göttin schwieg. Der Himmel war leer.
Aber das spielte keine Rolle mehr. Eilistraee war nie nur eine Stimme gewesen.
Sie war die Hoffnung, die einen Freund dazu brachte, in der dunkelsten Stunde Trost zu spenden.
Sie war die Treue, die ein Schwert nicht als Waffe, sondern als Symbol zurückbrachte.
Alniira hat geschrieben:Er ist nicht wie du, Wolf. Er beweist meine Welt, nicht deine.
Sie ergriff den kalten Griff ihres Schwertes. Die Runen leuchteten nicht auf.
Aber als sie ihre Finger um das Metall schloss, spürte sie Rianons Wärme neben sich.
Sie war nicht allein. Und wenn Eilistraee nicht mehr singen wollte, dann würde sie eben für sie tanzen.
Sie würde tanzen mit der Klinge in ihrer Hand, diesem Schwert, das in der Stille schreit, als einziger Zeuge ihrer Hoffnung.
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Rianon
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Re: Der stille Tanz [Sternenfall]

Beitrag von Rianon »

Als Alniira aufstand überlegte Rianon, ob er sie wieder runterdrücken sollte. Er lag gerade so gemütlich und hoffte noch darauf, zwischen den Ohren gekrault zu werden. Aber, und das wusste er, ging es gerade nicht um sein Wohlergehen, sondern das ihre. Wenn sie also aufstehen will, dann ließ er sie aufstehen. Alniira sagte kein Wort, als sie in einer fließenden Bewegung, die nur eine geübte Tänzerin vollführen konnte, aufstand. Wesentlich klobiger setzt sich der grüne Wolf auf seine Hinterläufe und starrte sie an; dies war der Moment, in dem er sie am besten in Ruhe ließ. Wäre sie eine Waldelfe, dann wäre es leichter ihre Sorgen zu verstehen und ihre Bedürfnisse zu kennen....aber waren nicht beide Wölfe? - Ach, es ist letztens immer so schwierig auseinander zu halten, in welche Gestalt sie eigentlich hineingeboren wurden.

Alniira griff nach ihrem Schwert. "Ha!" Dachte sich Rianon - er weiß eben, was gebraucht wurde. Mit ein wenig Eigenstolz hob er seine Schnauze an, jedoch ohne seine Gefährtin dabei aus den Augen zu verlieren. Dabei sah er etwas seltsames: müsste das Schwert nicht eigentlich leuchten? Etwas stimmte hier nicht. Etwas, dass Rianon nicht begreifen konnte. Ein leises, fragendes fiepen entschlüpfte ihm. Schnell schwieg er jedoch wieder. Hatte sie es gehört? Wahrscheinlich, sie ist auch ein Wolf. Aber es ging gerade nicht um ihn, sondern um sie. Daher war seine leise Hoffnung, dass beide jetzt durch den Wald laufen würden, sehr unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist, dass sie nun tanzen will....verdammt. Kurz kniff er die Augen zu. "Gut" dachte sich Rianon "für Alniira mache ich mit. Dinge, die man als Alpha für sein Rudel wohl machen muss."
Alniira Vrammyr
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Augenblick der inneren stille

Beitrag von Alniira Vrammyr »

Alniira stand auf, Rianons Wärme wich von ihren Knien. Sie hielt das kalte, stille Schwert in der Hand und blickte zu dem großen, smaragdgrünen Wolf auf.
Er hatte ihr ihren Glauben zurückgebracht, ohne ein Wort zu sagen.
Und nun, da der innere Wolf schwieg, besiegt von dieser stillen Geste der Treue, war nur noch eine Frage offen.

Sie hielt ihm den Griff des Schwertes hin. Eine Einladung.
Alniira hat geschrieben:Tanz... mit mir.
Ihr Flüstern war kaum hörbar. Rianon neigte den Kopf, ein tiefes Verständnis in seinen Wolfsaugen.
Er trat einen Schritt zurück in die Schatten am Rande der Lichtung.
Für einen Moment war er verschwunden, doch dann trat er wieder hervor. Die Verwandlung war leise geschehen, fast unmerklich.
Wo eben noch der Wolf gestanden hatte, stand nun der Waldelf, seine Züge ernst, der Blick suchend.

Er trat auf sie zu und nahm das Schwert entgegen. Seine Hände umschlossen den Griff fest, die Knöchel traten weiß hervor.
Es war der Griff eines Kriegers, der eine Waffe hält, bereit für den Kampf.

Alniira zögerte. Ihre Unsicherheit kehrte für einen Moment zurück, eine flüchtige Kälte.
Sie trat hinter ihn, so nah, dass sie die Wärme spüren konnte, die von ihm ausging.
Ihre Hände hoben sich, zitterten leicht, bevor sie sich federleicht und forschend auf seine legten, die das Schwert umklammert hielten.

Ihre Hände auf seinen begannen die Bewegung. Unfassbar langsam. Sie spürte sofort die Anspannung in seinen Muskeln, den Instinkt des Kriegers, der die Kontrolle behalten wollte.
Sie zog ihre Hände nicht zurück, aber ihr Griff wurde noch leichter, fast nicht existent. Eine stumme Bitte, loszulassen.
Alniira hat geschrieben:Lass los, Rianon. Nicht festhalten. Fließen lassen. Mit mir.
Er gab langsam nach. Gemeinsam verlagerten sie das Gewicht. Das Schwert malte weite, langsame Bögen in die Dämmerung.
Alniiras Blick fiel auf die Klinge. Die Runen waren dunkel. Kaltes, leeres Metall.
Ein Stich des Zweifels, den sie sofort niederkämpfte.

Sie hielt an. Die Klinge war hoch erhoben, eingefroren in einer Geste der Anmut. Die Stille war angespannt.
Es war nicht die Stille der Macht. Es war die Stille des Zweifels. Funktioniert es? Vertraut er mir?

Der Takt änderte sich. Es war kein Befehl. Es war eine Einladung.
Sie leitet ihn schneller, komplexer. Für einen Moment war es ungeschickt – der Krieger und die Tänzerin, jeder zog in seinen eigenen Takt.
Sein Instinkt wollte parieren, ihre Anmut will fließen.

Doch dann, durch ihre sanfte, aber hartnäckige Führung, fanden sie einen gemeinsamen Puls.
Ihr Zögern verschwand, als sie spürte, dass er folgte. Die Unsicherheit weicht der Konzentration. I
hre Hände wurden fester, ihre Führung klarer.
Alniira hat geschrieben:Siehst du? Es ist kein Kampf. Es ist ein Gespräch.
Alniira hat geschrieben:Der Bogen ist gespannt. Nicht auf einen Feind. Sondern auf den Moment. Lass los.
Die Energie entlud sich. Es war keine Explosion. Es war ein einziger, perfekter, stiller Fokus.
In dem Moment, als sie ihn in die letzte, kraftvollste Bewegung führte – eine tiefe, schnelle Drehung, bei der das Schwert einen perfekten Kreis um sie zog – war es, als würde die Welt für einen Herzschlag den Atem anhalten.

Das Schwert sang nicht. Es war fast lautlos. Die Runen blieben dunkel. Es gab kein göttliches Licht.

Aber in dem Moment, als die Klinge in der perfekten Haltung zur Ruhe kam und ihre Spitze zitternd in der Erde versank, spürte Alniira es.
Nicht von oben. Nicht aus dem Schwert. Sondern zwischen ihnen. Ein reiner, klarer Moment geteilter Harmonie. Ein Beweis, der keine Göttin brauchte.

Stille.

Die Bewegung erstirbt. Ihre Hände verweilen einen Herzschlag zu lange auf seinen, zitternd vor Anstrengung.
Dann, fast schüchtern, zieht sie sie zurück. Sie tritt nicht weg, aber die physische Verbindung ist gekappt.

Ihr Flüstern ist heiser, sie blickt auf das stille Schwert, fast so, als ob sie seine Reaktion nicht direkt sehen wollte.
Alniira hat geschrieben: ...Das. Das war unser Tanz.
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Rianon
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Registriert: 14 Mai 2025, 17:45

Re: Der stille Tanz [Sternenfall]

Beitrag von Rianon »

Rianon kam sich dumm, ungelenk, klobig und tapsig wie ein kleiner Welpe vor. Alniira legte ihre ganze Eleganz in den Tanz und er hatte Mühe ihr zu folgen. Eine Waffe dabei in der Hand zu halten, machte es nicht einfacher. Er ertappte sich selbst dabei, wie er Schwerkampfpositionen einnahm, und das obwohl seine Waffe der Bogen ist. Mehr als einmal bemerkte Rianon die Hand von Alniira auf der seinen, wie sie ihn sachte aber bestimmt wieder in die richtige Position drückte. Dabei bemerkte er, wie weich die Hände dieser Schmiedin doch waren. Und wie schön das Mondlicht auf ihrer dunklen Haut schimmerte.

Kaum dachte er diese Gedanken, stolperte er erneut in dem Tanz. Er erforderte seine komplette Aufmerksamkeit. Am Ende war Rianon vollkommen erschöpft und hechelte unweigerlich, obwohl er in seiner Elfenform war. Als Alniira dann jedoch sagte, dass dies ihr Tanz war, durchströmte ihn Euphorie. Hatte er wirklich getanzt? Alniira machte ihm keine Vorwürfe, wie schlecht er sich bewegte oder was er noch üben müsse. Sie lebte und erlebte einfach den Moment. Auf Rianons Gesicht machte sich ein lächeln breit. Unweigerlich schloss er Alniira in die Arme und musste vor Glück lachen. Das war das zweite Mal an diesem Abend, dass das Schwert scheppernd zu Boden fiel.
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