Wenn der Himmel richtet [Sternenfall][Nok’Tau Orden Malions]

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Paranax von Kord
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Wenn der Himmel richtet [Sternenfall][Nok’Tau Orden Malions]

Beitrag von Paranax von Kord »

…drei Wochen vor dem Beginn des Aufstandes in Düsterhafen…
…drei Tage vor dem Fall des letzten, der 22 Kometen…
…drei Stunden vor dem Fall der Festung…


Im seinem Anwesen im Hafenviertel saß Paranax mit der wohl bekanntesten Runenbuchfachverkäuferin der Stadt, einer Vertreterin des Blackrocksyndikats, die man nur als Anna D. kennt und sie hatte sich angeboten, die Räumlichkeiten des Anwesens von Kord mit der neuesten Alchemieausrüstung auszustatten. Die beiden saßen am Nachmittag gemütlich bei einem kühlen, gelben Erfrischungsgetränk auf seiner Dachterrasse und besprachen die Bestellung von Bechergläsern, Erlenmeyerkolben, Messkolben, Reagenzgläsern und Tropftrichtern.
An dem Tag hatte sich der Nebel erst gegen Mittag gelichtet, und es lag ein dicker, grauer Wolkenschleier über dem Himmel. Das führte dazu, dass sich die ehrgeizigen Fischer erst später aus ihren Häusern begaben, ihre Boote lösten und sich aufmachten, um aufs Meer hinauszufahren, fest entschlossen, die ersten zu sein, die den frischesten Fisch an die wartenden Händler verkaufen würden.
Die beiden genossen ihre Getränke und starrten sich nach abgeschlossenem Geschäft zufrieden über den Rand ihrer Becher hinweg an, als Paranax plötzlich die Stirn runzelte und sich auf seinem Stuhl aufrichtete. Sein Blick wanderte zum Himmel, hinauf in den Nordosten. Es war der frühe Nachmittag, und die Sonne schaffte es ganz einfach nicht, die Wolkendecke zu durchbrechen, doch irgendetwas anderem war dies offenbar gelungen. Sichtlich schockiert riss er die Augen auf und sprang so hastig auf, dass sein Stuhl krachend nach hinten umfiel.

„Schon wieder einer von diesen verdammten Sternen oder Kometen, von denen die Leute ständig reden, das gibt’s doch nicht!“, fuhr er auf, riss den Arm hoch und deutete mit ausgestrecktem Finger in die Höhe. Einen Augenblick später zerriss ein einzelner, markerschütternder Knall die Stille der Ferne, dumpf und dröhnend wie berstendes Gestein.
Dunkler Rauch stieg am Horizont auf. Paranax wirkte plötzlich wie versteinert, sein Kiefer angespannt, denn die Richtung, in die der Himmelskörper niedergegangen war, schien ihm sichtlich Sorgen zu bereiten. „Entschuldigt mich bitte, ich muss unverzüglich zu meinem Gaul. In der Richtung, wo das Ding runtergekommen ist, lebt ein alter Bekannter von mir!“. Seine Stimme klang ungewohnt hart. Ohne eine weitere Reaktionen abzuwarten, wandte er sich abrupt von ihr ab und stürmte die Treppe hinunter, hinaus aus dem Haus, am zentralen Gasthaus vorbei in Richtung des Rathauses. Dort hatte Kalisha, eine aus Minoc geflüchtete Frau, es sich gegen ein kleines Goldstück zur Aufgabe gemacht, sich um die Pferde zu kümmern, die auf dem Platz davor abgestellt wurden.


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Er jagte seinen Gaul aus der Stadt, als gäbe es kein Morgen. Leute wichen fluchend zur Seite, manche schrien ihm wütend hinterher, als er das Pferd rücksichtslos im vollen Galopp an ihnen vorbei ließ. Sein Ziel war der Einschlagsort. Dort oben gab es keinen Ort, den man gemeinhin kannte, sondern nur einen, der in den letzten Jahren von entscheidender Bedeutung für ihn geworden war.
Dem Pferd gönnte er keine Pause, es mühte sich ab, den harten Befehlen seines Herrn durch den engen Wald zu folgen. Zwischen den Bäumen wurde es zunehmend finsterer , während der Ort des Einschlages immer näher rückte. Bis zuletzt klammerte er sich an die Hoffnung, sich zu irren jedoch kurz darauf wurde er eines Besseren belehrt.
Der Komet war mitten in die Festung gefahren, hatte beim Aufprall den Boden aufgerissen und war, wie ein flach über die Wasseroberfläche geschleuderter Stein, noch einmal hochgeschleudert worden, bevor er die Festungsmauer durchschlug und schließlich zischend im Meer verschwand. Aus der zerrissenen Anlage drangen Schreie, gellend und panisch – Stimmen, die er kannte: Diener des Ordens des Furchteinen, die nun selbst vor Angst zwischen Rauch und Trümmern umherrannten. Der Einschlag hatte das gewaltige Festungsgebäude regelrecht halbiert, wie von einer unsichtbaren Klinge sauber in der Mitte gespalten. Mauern stürzten nach innen, ganze Trakte brachen krachend zusammen, Tote und Verletzte lagen offen zutage oder waren unter eingestürzten Steinen begraben. Überall loderten Flammen, fraßen sich durch Holz, Stoff und Fleisch, und vielen der Verschütteten blieb von Anfang an jede Chance auf Rettung verwehrt.

Paranax näherte sich im vollen Galopp, riss das Pferd herum und sprang aus dem Sattel, bevor es noch richtig zum Stehen kam. Er hetzte durch den aufgerissenen Wall, stolperte beinahe über lose Steine. Hastig befahl er zwei Dienern die um einen bereits toten Körper standen ihm zu folgen, er musterte flüchtig ihre Verletzungen und setzte seinen Weg fort. Im Augenwinkel erkannte er Maranos und Ardor, die bereits eine Gruppe überlebender Diener zusammengeschart hatten und dabei waren, jene aus den Trümmern zu ziehen, bei denen es noch Sinn machte, um ihr Leben zu kämpfen.

Viele verbrannten bei lebendigem Leib, eingeklemmt und gefangen unter den schweren Trümmern. Andere waren auf der Stelle tot, von herabstürzenden Quadersteinen der Festung zerquetscht. Paranax kämpfte damit, seine eigenen Gefühle zu ordnen; ein Teil von ihm wollte schreien, doch im Augenblick galt all seine Konzentration der Rettung so vieler wie möglich. Er befahl einigen Dienern, überall dort, wo offensichtlich jemand unter Geröll begraben war, alles zu tun, um die Betroffenen herauszuholen – mit bloßen Händen, Hebeln, Seilen, ganz gleich wie. Zwei weiteren trug er auf, rasch ein Gespann von Karren herzurichten, um Verletzte und Tote abtransportieren zu können.

„Wir brauchen einen Weg, die Verletzten nach Düsterhafen zu bringen also bespannt die restlichen Pferde vor allen Karren die noch intakt sind! Mein Pferd steht vor dem Wall!“, brüllte er sie an. Auf dem Gelände selbst standen nur noch wenige Gebäude halbwegs unversehrt: die Werkstätten und Unterkünfte der Handwerker.

Das Holz des Gebäudes, die Balken der Häuser davor und selbst die einfache Einrichtung standen lichterloh in Flammen. Überall nur Feuer, wirbelnder Staub, beißender Rauch, Schreie, Durcheinander – und ein lähmendes Unverständnis.
Paranax konnte nicht fassen, was geschehen war. Wie konnte es sein, dass ausgerechnet einer dieser Kometen die Festung traf? Welche Bedeutung sollte das haben? Hatte es überhaupt eine oder war es nichts als grausamer Zufall? Wer könnte ihm so etwas beantworten? Und mehr noch: Wollte er die Antwort überhaupt wirklich wissen?

In der Zwischenzeit wurden acht Pferde vor insgesamt vier Karren gespannt, die man so schnell wie möglich mit Verletzten belud. Auf einigen der Wagen blieb noch etwas Platz, und so traf Paranax die Entscheidung:
„Die Schwerverletzten auf einen eigenen Karren. Die Leichtverletzten sitzen vorne auf der Bank oder direkt auf den Pferden. Der restliche Platz wird genutzt, um Kisten zu beladen!“
Der Orden konnte es sich nicht leisten, alles zu verlieren, und hatte zumindest das Glück, dass eines der wichtigsten Nebengebäude verschont geblieben war: der Handwerkerturm, der über einen unterirdischen Gang mit der Festung verbunden war. In seinen Tiefen lag die Bibliothek mit allen Werken des Nok’Tau Ordens Malions, und es gelang den Dienern, die meisten Bücher der Kleriker und Priester sowie die Niederschriften der Nok’Tau aus den Gewölben zu bergen.
Abgesehen von den Heiligtümern des Ordens wurde ein ganzer Karren bis zum Rand mit Werkzeug, Handwerkswaren und verschiedensten Materialien beladen wie Zangen, Hämmer, Sägeblätter, Kisten mit Nägeln, Bündel von Metallstangen, Speck, etwas Brokat und Echsenlederhäuten. Alles, was sich in der kurzen Zeit greifen ließ und von Wert für Wiederaufbau oder die Versorgung sein konnte, wurde hastig zusammengetragen, aufgeladen und mitgenommen.

Sie hatten keine Zeit, denn je länger sie blieben, desto mehr Mitglieder würden ihren Verletzungen vermutlich erliegen. Gleichzeitig machten bereits erste Gerüchte in den Städten die Runde: Man erzählte sich, an manchen Einschlagsorten der Kometen seien plötzlich Tiere und andere Kreaturen wie von Sinnen geworden, hätten ohne ersichtlichen Grund den Verstand verloren und alles in ihrer Nähe angegriffen, seien scheinbar aus dem Nichts aufgetaucht und völlig durchgedreht. Ein solches Risiko konnten sie in ihrem geschwächten Zustand unmöglich eingehen.

Maranos, Ardor und Paranax standen vor den beladenen Karren, deren Räder sich unter dem Gewicht der Kisten und Verletzten stark in den aufgewühlten Boden drückten. Im Hintergrund hörte man das Stöhnen einiger Verwundeter und leise, verzweifelte Stimmen, die fragten, warum der Herr so etwas zugelassen hatte. Ob sie etwas falsch gemacht hätten. Ob er nicht zufrieden gewesen sei.
„Wir reisen sofort ab und bringen unsere Leute zu den Heilern in Düsterhafen“, sagte Paranax mit fester Stimme. „Ich habe eine vorübergehende Unterkunft im südlichsten Teil der Stadt – ein verlassenes Lagergebäude, das ich vor kurzem erworben habe.“

Die drei gingen schweigend neben den ratternden Kutschen her. Maranos ließ den Blick immer wieder zurück gleiten, schüttelte fassungslos den Kopf und starrte auf das lodernde Inferno,
das einst die Festung ihres Ordens gewesen war. Niemand sonst sah zurück. Paranax’ Augen waren stur nach vorne gerichtet auf dem Weg nach Düsterhafen, auf die Aufgabe, das Zerstörte eines Tages wieder aufzubauen und herauszufinden, ob all das nur grausamer Zufall gewesen war… oder etwas anderes dahintersteckte.


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Der Konvoi hatte gerade die nähere Umgebung der Festung hinter sich gelassen, als in der Ferne die Umrisse einer einzelnen Gestalt sichtbar wurden, die scheinbar aus dem Nichts erschienen war. Sie kniete reglos vor der zerstörten, brennenden Festung, als wäre sie dort schon immer gewesen. Im Flackern der Flammen verschmolzen ihre Konturen immer wieder mit den tanzenden Schatten in der Dunkelheit, unbeweglich, als würde sie im stummen Schweigen und über den Fall der Festung richten.
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Zuletzt geändert von Paranax von Kord am 08 Dez 2025, 02:22, insgesamt 2-mal geändert.
Davnusi el Obira
Beiträge: 1
Registriert: 17 Mai 2025, 21:03

Das Schweigen von C’en Adrak

Beitrag von Davnusi el Obira »

Er kniete im Schlamm, ein dunkler Monolith vor dem lodernden Inferno der Festung. Der Rauch schmeckte nach Schwefel, doch auf seiner Zunge lag der Geschmack von Asche, der älter war als Düsterhafen. Älter als diese Welt.

„Afura miu’Inrah...“, keuchte er, die Stirn fast im Dreck vergraben.

Seine Gedanken schrien die Worte, hämmerten sie gegen die geistige Mauer, die plötzlich dort stand, wo sonst der Kanal zu Malion war.
Er suchte die stählerne Führung, die Kälte des Malions. Doch da war nichts. Kein Flüstern. Keine Führung. Nur eine gähnende, taube Leere.
Als hätte der Komet nicht nur die Festungsmauer zerschmettert, sondern den Pfad nach C’en Adrak selbst versiegelt.

Verzweifelt begann er das alte Gebet zu flüstern, in der Hoffnung, die Stille zu brechen: „HERR, mache mich zu einem Werkzeug deines Heils. Dass ich Furcht ans Licht bringe, wo die Blender ihr Werk verrichten. Dass ich Dunkelheit bringe, wo blendendes Licht ist. Afura miu’Inrah...“

Doch statt der Antwort Malions flutete eine fremde Erinnerung zurück – oder war es eine Vision?
Die Zeit verschwamm. Für einen Herzschlag war er nicht mehr hier. Er spürte den Schmerz von Isidors Schwert, als es das Fleisch der Schöpfung teilte.
Er hörte die Schreie des Yuna’Kré, des uralten Bruderkrieges, hallend durch die Äonen. Er war dort. Er dort mit Hianun Dakomar, der litt.

Er war der Täter und das Opfer zugleich.

Dann riss ihn das Bild der Vision von vorhin zurück in den Abgrund: Er sah sein Spiegelbild in flüssigem Feuer. Es lächelte, grausam und wissend, während Davnusi schrie.
Die Flammen leckten über das Bild, fraßen die Züge, bis nur noch leere Masken übrig waren, die ihn aus dem Rauch anstarrten.
Und dann dröhnte diese Stimme in seinem Schädel, lauter als das reale Bersten der Festung: „Der Schwindel hat den Täuscher verschluckt.“

Er krallte die Finger in die nasse Erde. „Bin ich der Täuscher? War mein Dienst eine Lüge? Habe ich versagt?“ In der Vision öffnete sich der Boden. Er fiel durch endlose Spiegel, jeder eine Lüge, bis ganz am Ende dieses eine Auge aus reiner Schattenmaterie wartete.

Es sah ihn. Es erkannte ihn. Und es schwieg.

Ein Ruck ging durch seinen Körper. Die Schockwelle des Einschlags hallte in seinem Innersten nach, als wäre C’en Adrak selbst erschüttert worden. „Dass ich Tot bringe, wo Leben ist...“, setzte er das Gebet stockend fort, seine Stimme brüchig. „

Dass ich Wahrheit sage, wo Irrtum ist... Malion, warum antwortest Du nicht?

Die Stille blieb. Absolute, vernichtende Stille.

Er fühlte sich ausgehöhlt. Die sieben Saaten schienen in ihm verdorrt.

Er war kein Nok'tau mehr, er war nur noch eine Hülle, verlassen von dem Einen.

Langsam, mechanisch, erhob er sich. Seine Bewegungen waren nicht die eines Lebenden, sondern die einer der leeren Masken aus seiner Vision.
Er starrte in das Feuer, und seine Augen waren so tot wie die Steine der Ruine.

„Der Schwindel hat den Täuscher verschluckt“, flüsterte er in die reale Welt, rau wie zerriebener Fels. „Wenn Malion schweigt... wenn C’en Adrak verschlossen ist... “

Er blickte gen Himmel, wo der Rauch das Licht verdunkelte. „A’cliu inon’Nortar ma’treps“, zischte er in die Dunkelheit.

Bis zum Ende der Zeit. Er war allein. Vollkommen allein. Aber er würde warten. Und er würde richten.
Maranos van Ascheberg
Beiträge: 10
Registriert: 29 Sep 2025, 21:35

Re: Wenn der Himmel richtet [Sternenfall][Nok’Tau Orden Malions]

Beitrag von Maranos van Ascheberg »

Der Fall der Festung Nok’tau

Tief unter der Erde, im schwach flackernden Licht schwarzer Wachskerzen, saß Maranos allein, wie so oft, in den Gewölben der Festung Nok’tau. Der Keller, so groß wie eine Kathedrale, war ausgekleidet mit brüchigen Gemäuern und Regalen voller Pergamentrollen, Folterprotokolle, Schlachtberichte und uralter Kriegschroniken, die längst aus den Bibliotheken der Welt verbannt worden waren.

Nur wenige wagten es in Kammer des Marnier zu treten, noch weniger ohne Angst in den Adern jene auch wieder zu verlassen.

Vor ihm lag ein geöffnetes Schriftstück aus vergilbtem Leder.
Eine Beschreibung der „Ersten Brennenden Belagerung“.

Maranos’ Augen glitten über die grauenhaften Zeilen, ohne ein Anzeichen von Erschütterung zu zeigen. Im Gegenteil — je grausamer die Inhalte, desto ruhiger schlug sein Herz.

„Das Leid war nie das Problem dieser Welt,“ dachte er kalt, „sondern die Schwäche, es nicht zu nutzen.“

Er machte eine Anmerkung, die Feder kratzte über das Pergament. Die Stille war so dicht, dass das Rascheln eines herabfallenden Staubkorns wie ein Geräusch wirkte.

Ein dumpfer, erschütternder Schlag. Der Boden vibrierte. Stein splitterte.
Eine Druckwelle raste durch die Kellerwände.

Maranos hielt inne – hob langsam den Kopf.

Ein gewaltiger, gleißender Einschlag zerriss die Festung über ihm. Ein Komet, wie entfacht von göttlichem Zorn, bohrte sich in die Mauern Nok’taus und riss die oberen Ebenen auseinander. Schreiende Diener. Berstende Steinquader. Feuer, Rauch und das Brüllen einst unerschütterlicher Mauern, die fielen.

Die Festung – Symbol des Ordens – wurde innerhalb von Herzschlägen zu einem brennenden Grab.

Doch im Keller blieb Maranos reglos sitzen

Ein Stück glühender Deckenstein krachte neben ihm auf den Tisch, Flammen leckten über uralte Dokumente. Asche stieg auf.

Er hob langsam den Blick zum Gewölbe.

„Natürlich…“

Seine Stimme war kaum mehr als ein heiseres, verächtliches Flüstern.

„Die Welt konnte uns nicht schlagen… also versucht sie, uns zu löschen.“

Seine Lippen verzogen sich zu einem kalten Lächeln als er sich erhob, sein Blick getrübt durch Schutt und Rauch.
Schob das glühende Geröll mit einem beiläufigen Tritt beiseite.

Der Zugang zum Keller war vollständig verschüttet.
Doch Maranos bewegte sich nicht panisch. Die Hölle über ihm brannte – aber in seinen Augen loderte die ältere Flamme.

Er hob seine rechte Hand. Die Luft begann zu vibrieren, zu knistern – bis Hitze und Druck sich wie ein Wirbelsturm verdichteten. Die Runen an seinen Handschuhen glühten auf.

Ein Wort, kalt gesprochen: „Aus dem Weg!.“

Die Explosion folgte.

Ein Teil des Gewölbes barst auseinander, Steine flogen, die brennenden Reste einer oben liegenden Halle brachen im Strahlenmeer zusammen. Schreiende Diener, die versucht hatten, sich zu retten, wurden durch die Druckwelle mitgerissen, gegen Mauern geschleudert, wie Staubkörner in einem Sturm. Unbedeutend.

Maranos ging an ihnen vorbei ohne sie eines Blickes zu würdigen.
Schmerz war irrelevant. Verluste waren kalkuliert.

Sein Mantel wehte im heißen Wind der Feuer, die überall aus den Ruinen schlugen, als er aus dem geborstenen Keller in die sterbende Festung trat.

Über ihm ragten nur noch brennende Trümmer gegen den Nachthimmel.

Dunkler Rauch.
Blutrote Funken.
Tod.

Er sah sich um, als betrachtete er ein misslungenes Bauwerk.
Seine Stimme leise mit Hass im Wort
.
„Lächerlich. Ist das alles, was die Welt noch kann? Steine werfen?“

Inmitten der Ruinen tauchten Schritte auf – schwer, schnell, keuchend.
Paranax stapfte durch die rauchende Zerstörung, ein Tuch vor Mund und Nase, bis er seinen Meister erreichte.

„Bei Malion… Ihr lebt!“ keuchte er.

Maranos warf ihm einen einzigen, emotionslosen Blick zu.

„Selbst wenn die Welt brenne, Paranax… würde sie mich darum nur besser spiegeln.“

Paranax blickte über die verbrannten Trümmer.

„Die Festung ist verloren. Die Verletzten—“

„—sind irrelevant.“
Maranos schnitt ihm das Wort ab.
„Wer zu schwach war, zu sterben, wird wieder dienen. Wer tot ist… ist wenigstens konsequent.“

Paranax schwieg einen Moment.
Dann:

„Was sollen wir tun, Meister?“

Maranos wandte sich von der brennenden Festung ab und sah in den dunklen Himmel – auf die Bahn des Kometen, der langsam aus Sicht verschwand.

Seine Stimme war eiskalt.

„Wir siedeln um.“

Paranax runzelte die Stirn.
„Wohin?“

„Düsterhafen.“

Ein Funke glomm hinter seinen Augen – kein Licht, sondern Glut.

„Eine Stadt im Umbruch.
Geschwächt.
Verängstigt.
Reif für neue Herren.“

Maranos legte eine Hand auf Paranax’ Schulter.

„Dort beginnen wir neu.
Dort wächst die Saat.
Und die Welt…“

Er blickte auf die Ruinen zurück.

„…wird lernen, was es bedeutet, uns etwas zu nehmen.“

Paranax nickte schweigend.

Und so wandten sich die beiden vom brennenden Andenken ihres Ordens ab –
nicht mehr als Schatten im Feuersturm, doch bereit, die Welt zu brennen zu lassen, wie sie es verdient hatte.
Ardor Deif
Beiträge: 1
Registriert: 20 Jun 2025, 13:47

Re: Wenn der Himmel richtet [Sternenfall][Nok’Tau Orden Malions]

Beitrag von Ardor Deif »

Ardor saß an einem kleinen Steintisch, vor ihm lagen mehrere Pergamentrollen ausgebreitet, die im schwankenden Licht der Kerzen einen gelblichen Schimmer warfen.
Er hasste es, diese unzähligen Verträge und Einigungen zu studieren; jedes Wort schien schwerer zu wiegen als das davor.

Zu seinem Unmut hatte die Vergangenheit leider gezeigt, dass die Feder doch mächtiger war als das Schwert – ein Umstand, den er mit jedem Atemzug verabscheute.

Sein Blick fiel auf einen großen Tintenfleck, der wie eine dunkle Wunde auf einer Rolle des Friedensvertrages mit den Lords prangerte.
Ungläubig den Kopf schüttelnd, schlug er mit der Faust auf den Tisch, sodass die Kerzenflammen flackernd zurückwichen.
„Wer von euch erklärt dem Marenier Ma‘Adrak dieses Desaster? Ihr wisst, was mit demjenigen passieren wird?“, fauchte er und richtete seine Worte an zwei Schreiberlinge, die nun verängstigt über seine Schulter blickten.
„Katastrophe …“, murmelte Ardor, während seine Nackenhaare sich sträubten. Ein kalter Schauer lief seinen Rücken hinab. Das Gefühl kam aus dem Nichts – ein kaltes Kribbeln, das er aus den tiefsten Tagen seines Rudellebens kannte.

Er hatte gerade begonnen, tief durchzuatmen, als ein ohrenbetäubender Knall die Stille zerriss. Die Kerzen erloschen im selben Moment, und eine schwere, erdrückende Finsternis brach über ihn hinein.

– Dunkelheit –

Blut …
Er witterte Blut.
Warm. Nah. Verboten.
Menschenblut.

Ardors Kopf dröhnte, als er langsam versuchte, die Augen zu öffnen.

– Dunkelheit –

Wieder dieser metallische Geruch.
Frisches Blut.
Zu frisch.

Er blinzelte, doch alles blieb schwarz. Erst nach einigen Atemzügen zeichneten sich Schatten ab: Steine, Schutt, zersplittertes Holz.
Ardor lag halb unter dem Tisch. Sein Bein war unter einem Trümmerstück eingeklemmt.
Er fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht. Etwas Warmes, Feuchtes schmierte über seine Haut. Als er die Hand hob und betrachtete, stockte sein Atem.

Blut.
Nicht wenig.
Doch es gehörte nicht ihm, der Geruch verriet es.
Der unfähige Schreiberling … oder das, was von ihm übrig war.

Ardor schloss die Augen und witterte erneut, tiefer.
Ein Beben ging durch seinen Körper.
Ein Gefühl von Freiheit, so berauschend wie der erste Vollmond.
Von uralter Macht, die in seiner Brust erwachte.
Menschenblut – das verbotene Blut für Werwölfe.
Und er sog den Duft ein, als könne er damit die Welt verschlingen.

– Ein stiller Schrei in seinem Inneren –

Dann brach etwas.
In ihm.
An ihm.

Knochen schoben sich, wuchsen, verzogen sich. Mit einem krachen wichen die Trümmer über der Krenosgestalt und wurden in die Höhe geschleudert, als wären sie nichts weiter als trockene Zweige.

Mit einem Satz katapultierte sich das Wesen in die Nacht hinaus und landete einige Meter entfernt – dort, wo vor kurzem noch ein Nebengebäude abseits der Festung gestanden hatte.

Der Krenos schnaufte, schwer, tief, rau.

Nach einem Moment des Verharrens ließ er sich zu Boden sinken, und die Verwandlung rollte zurück.
Einen Augenblick später stand Ardor wieder als Mensch dort, keuchend, der kalte Schweiß auf seiner Haut. Niemand schien das Schauspiel bemerkt zu haben. Die Nacht war zu laut, zu chaotisch.
Sein Blick wanderte zu dem Ort, an dem die Festung gestanden hatte.
Je näher er kam, desto deutlicher wurden die Schreie Verwundeter, der Geruch des Todes.
„Was für eine Verschwendung von Leben“, dachte Ardor bitter.
Er traute Göttern und Dämonen nicht weiter als seiner Schnauze. Doch selbst er musste zugeben, dass die Präsenz Malions am Britain-Turm damals … beeindruckend gewesen war. Gar Furcht einflößend.
So hielt er sich seither lieber an die simple Wahrheit: Besser für ihn als gegen ihn.

Als er die Reste der Festung erreichte, erkannte er Paranax. Dieser wies Verletzte an, organisierte Materialkarren und versuchte mit ruhiger, aber schneidender Stimme Ordnung in das Chaos zu bringen.
Ardor zog instinktiv den Kopf ein, als sein Blick auf den umherwütenden Maranos fiel. Selbst aus der Entfernung spürte er dessen Wut wie eine offene Feuerstelle.
Mit einem gereizten Marenier Ma‘Adrak war nicht gut Kirschen essen – und Ardor mochte sein Fell am liebsten ohne Brandlöcher.

„Wir siedeln um … nach Düsterhafen“, erklang Maranos Stimme, hart wie Stein.

„Düsterhafen“, murmelte Ardor, kaum hörbar. „Das wird kein gutes Ende nehmen …“
Aber welche Wahl blieb ihnen?

Der Tross setzte sich in Bewegung, ein müder, geisterhafter Zug.
Ardor sah zurück, und seine Gedanken glitten davon.

„Das Rudel …“, flüsterte er.
Was hatten die anderen erlebt?
Oder besser:
Hatten sie überhaupt überlebt?
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