Zwischenspiel
?Nicht alles, was wir bewahren, ist f?r uns bestimmt.?
Der Wald nahe Britain war still an diesem Morgen. Das Laub raschelte nur leise im Wind, als wolle es niemanden st?ren, und die V?gel schienen sich darauf geeinigt zu haben, heute nur halb so laut zu singen. Bareti ging langsam, mit einem Korb am Arm, mehr im Gedanken als im Ziel. Es war einer dieser Wege, die man nicht geht, weil man ankommen will, sondern weil man unterwegs sein muss.
Als sie an einem verwitterten Baum haltmachte, dessen Wurzeln ein kleines Kr?uterbeet umarmten, erklang eine leise Stimme aus dem Halbschatten.
?Ihr geh?rt nicht hierher.?
Bareti richtete sich auf. Keine Feindseligkeit in den Worten. Nur eine Feststellung, sachlich wie Tau.
Ein paar Schritte entfernt, zwischen Farn und Astwerk, stand eine junge Waldelfe. Ihre Kleidung war schlicht, aber getragen mit dem Stolz der Eigenst?ndigkeit. Ihre Augen beobachteten ? wachsam, nicht neugierig.
Bareti hob leicht eine Braue.
?Das sagt man mir ?fter. Ich nehm es als Kompliment.?
Die Elfe antwortete nicht sofort. Ihr Blick glitt ?ber Bareti, den Korb, die Schuhe mit dem leichten Schimmer von Magierstaub. Dann:
?Ihr seid eine von den Gelehrten. Von denen, die mit der Welt reden, aber selten zuh?ren.?
Bareti l?chelte sacht.
?Ich h?re ?fter zu, als man mir zutraut.?
Ein leises Schweigen entstand. Kein unangenehmes. Eher eines, das wartete, ob es bleiben darf.
?
Ich bin... unterwegs. Aber ich wei? nicht, wohin?, sagte die Elfe schlie?lich.
?Dann seid Ihr genau richtig f?r meine Taverne.? Bareti trat nicht n?her, blieb in respektvollem Abstand.
?Sie ist ein Ort f?r... Zwischenschritte. F?r alles, was noch nicht entschieden ist.?
Die Elfe sah sie lange an. ?
Ich vertraue eurer Art nicht.?
?Das ist klug?, erwiderte Bareti ruhig.
?Ich kann ein Tor ?ffnen. Keine Kette, keine Pflicht. Nur ein ?bergang, wenn Ihr w?nscht.?
Ein Nicken, kaum merklich.
Bareti hob die Hand leicht. Mit einer einzigen Geste, nicht auf die Elfe gerichtet, sondern in den Raum zwischen ihnen, formte sich ein schimmernder Bogen aus Licht. Kein Leuchten, das blendete, nur ein weiches Glimmen ? als w?rde sich der Nebel lichten.
Die Elfe trat hindurch.
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Die Taverne war still. Kein Trubel, kein L?rm ? nur das Atmen alter Balken und das warme Knistern des Feuers. Der Duft von Holz, Kr?utern und entfernten Geschichten lag in der Luft.
Bareti bot kein Gespr?ch an. Stattdessen setzte sie Wasser auf, stellte zwei Tassen auf einen Tisch und lie? die Elfe allein durch die R?ume streifen. Die junge Frau schien jeden Gegenstand, jedes M?belst?ck mit den Augen zu tasten. Nichts fiel ihr entgangen ? und doch schien sie nirgends anzukommen.
Am Fenster blieb sie schlie?lich stehen, dort, wo man auf den Apfelhain blickte. Ihr Blick verlor sich in der Tiefe zwischen den B?umen.
?Ich war nicht sicher, ob Ihr wirklich mitkommt?, sagte Bareti schlie?lich, als sie die Tasse hinstellte.
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Ich war es auch nicht.?
Ein kurzes L?cheln huschte ?ber Bareti Lippen.
?Das geh?rt wohl dazu.?
Sie schwiegen gemeinsam, w?hrend der Tee langsam dampfte. Dann begann die Elfe zu erz?hlen ? nicht in langen Geschichten, sondern in Splittern. Fragmente von Wegen, die sie gegangen war. Orte, wo sie nicht bleiben konnte. Von einer Welt, die sich zu schnell drehte und keinen Platz lie? f?r Wurzeln.
Bareti h?rte. Ohne zu dr?ngen, ohne Fragen. Nur mit dem ruhigen Gewicht ihrer Gegenwart.
Sp?ter ? viel sp?ter ? als die Schatten l?nger wurden und das Kaminfeuer zu fl?stern begann, erhob sich Bareti. Ohne ein Wort ging sie in eines der Hinterzimmer. Man h?rte leises Suchen, dann das leise Klicken einer Truhe.
Sie kehrte zur?ck mit einem in weiches Leinentuch eingeschlagenen Gegenstand. Vorsichtig, beinahe ehrf?rchtig, legte sie das B?ndel auf den Tisch.
?Ich habe ihn einst mitgebracht. Weil er mir anvertraut wurde. Doch ich wusste immer: Er wartet.?
Die Elfe sah auf das Tuch. Z?gerlich, aber mit wachsamer Neugier, l?ste sie die Falten.
Darin lag ein Bogen ? aus Yew-Weide geschnitzt, in einem zarten Gr?n, das nicht vom Lack kam, sondern aus dem Holz selbst schien. Er wirkte lebendig, fast atmend. Die Maserung formte zarte Wellen, als h?tte Wind ihn ber?hrt. Kein Funkeln, kein Zauber wie aus B?chern ? nur nat?rliche, ruhende Magie. Wach, aber nicht aufdringlich.
Die Elfe legte die H?nde auf das Holz ? und zog sie wieder zur?ck, als h?tte sie sich verbrannt. ?
Das kann ich nicht annehmen.?
Bareti sch?ttelte leicht den Kopf.
?Er geh?rt in deine Hand.?
Die Elfe sah sie lange an. Und dann wieder den Bogen.
Ihre H?nde legten sich noch einmal auf das lebendige Holz.
Und in der Stille zwischen ihnen lag etwas, das sich nicht benennen lie? ? aber beide sp?rten es.
Die Flammen im Kamin warfen tanzende Schatten an die Wand.
Und die Taverne schien zu l?cheln