Der Weg in das Blackrocksyndikat

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Shezar
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Der Weg in das Blackrocksyndikat

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Teil 1. - Shezar

In der Akademie der Dunklen Küste zu Minnersbach wehte der Wind durch steinerne Korridore. Hier, wo Novizen und Aspiranten die dunklen Künste studierten, saß einst ein ganz besonderer Aspirant: Shezar – wissbegierig, schweigsam, mit einem Blick, der nie lange auf dem Offensichtlichen verweilte. Anders als seine Kommilitonen, die sich in Theorien über das Arkana verloren oder sich mit eitler Arroganz in den Hallen der Akademie sonnten, hatte Shezar einen Hunger, der tiefer ging. Nicht nur nach Wissen. Nach Kontrolle. Nach Einfluss. Nach Macht.

Noch während seiner frühen Studienjahre suchte Shezar nach Wegen, sein spärliches Stipendium aufzubessern. Ein Lehrer vermittelte ihn – eher beiläufig – an einen Händler in der Stadt. Der Mann trug einen dunklen Siegelring am Finger, sein Name wurde nie genannt. Das erste war ein einfacher Botengang. Der Lohn dafür: ungewöhnlich hoch. Die Reaktion auf seine Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit war knappe Anerkennung – und bescherte ihm weitere Aufträge. Bald darauf waren es nicht nur Botengänge. Er beschattete Personen und sammelte Informationen aus Tavernen.

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Shezar war nicht nur ein fähiger Aspirant an der Akademie der dunklen Künste – er war auch ein scharfsinniger Beobachter. Methodisch. Er sah Muster, wo für andere nur Zufall war. Und so erkannte er langsam, fast beiläufig, dass hinter den zahlreichen Aufträgen, die ihn durch Städte, Festungen und geheime Archive führten, mehr steckte als einfache Botendienste oder Informationsbeschaffung. Es steckte ein System dahinter, das ihn aufmerksam werden ließ. Er kombinierte: Die Namen änderten sich, aber die Form der Übergaben blieb gleich. Die Wege führten ihn in Adelsgemächer, hinter die geschlossenen Türen von Gilden, bis in Türme, die sonst nur den Ratsmagiern offenstanden. Und immer erwartete man ihn. Nie musste er sich erklären. Nie wurde gefragt, wer ihn geschickt hatte – denn sie wussten es bereits. Einmal erinnerte er sich, einen Auftraggeber dabei beobachtet zu haben, wie dieser unauffällig einen Ring abnahm: ein dunkler Stein, eingeschlossen in ein schweres Metall, auf dessen Oberfläche nur ein einfaches, graviertes „B“ prangte. Die Farbe war tief, fast schwarz mit grünem Schimmer. Blackrock. Ein Ring, wie ihn auch sein ertser Auftraggeber trug. Er begegnete dem Ring öfter. Nicht offen getragen, aber stets präsent. Bei anderen Auftraggebern. Bei Mittelsmännern. Selbst ein Hofschreiber hatte ihn einst unvorsichtig auf dem Tisch liegen lassen. Später, in einer Taverne am äußeren Ring von Britain, belauschte Shezar ein Gespräch. Zwei Männer, leise, nervös. Einer flüsterte: „…die Händler vom Blackrocksyndikat… ich glaube, sie beobachten mich. Vielleicht haben sie mich längst auf der Liste.“ Der andere hatte nur genickt – wortlos, wissend. Shezar verstand noch nicht alles. Aber er wusste, dass er sehr dicht dran war - und ohne es zu merken, war er längst Teil davon geworden.

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Mit den Jahren an der Akademie übernahm Shezar zunehmend Aufgaben, die weit außerhalb der Unterrichtsräume lagen. Während andere Aspiranten und Novizen nach dem Unterricht in die Stadt strömten, sich in Tavernen zerstreuten oder ihren Stolz in nutzlosen Debatten zur Schau stellten, zog er es vor, in den Schatten der Verwaltung zu agieren. Er nahm sich jener Pflichten an, für die sich sonst niemand meldete – stille, unscheinbare Arbeiten, die kaum Ruhm versprachen, aber Einfluss bedeuteten. Shezar erkannte früh, dass wahre Macht nicht dort lag, wo sie laut verkündet wurde – sondern dort, wo sie niemand vermutete. So wurde er mit der Verwaltung der Kräuter- und Tränkekammer betraut, ein schlichter Posten auf dem Papier, doch in Wahrheit das logistische Rückgrat des Unterrichts. Shezar sorgte dafür, dass jeder Trank und jedes Gewächs in einer ausreichenden Zahl zur Verfügung stand. Sein stiller Dienst brachte ihm Vertrauen – nicht unter den Schülern, sondern bei der Leitung. Mit kühler Höflichkeit und präziser Zurückhaltung verschaffte sich Shezar durch die Aufgabe Zugänge innerhalb der Akademie, Einblicke in Arbeitsabläufe – und Spielräume in den Beschaffungsvorgängen. Als der richtige Moment gekommen war, nutzte Shezar all das zu seinem Vorteil. Diskret schlug er vor, den in die Jahre gekommenen Liefervertrag mit einem lokalen Händler aus Minenrsbach zu überdenken. Dieser war alt und lieferte immer unregelmäßiger. Stattdessen, so empfahl er, solle ein neuer, Händler den Zuschlag erhalten – jemand, mit dem er bereits in Verbindung stand. Die Akademieleitung, beeindruckt von Shezars Organisationstalent und dankbar für seine weitsichtige Initiative, stimmte zu. So gelang es Shezar, einem Vertreter des Blackrocksyndikats offiziell Zugang zur Akademie zu verschaffen – als neuer Hauptlieferant für alchemische Rohstoffe und seltene Ingredienzien. Was wie ein kluger Vorschlag wirkte, war in Wahrheit schon längst geplant und abgesprochen. Für Shezar war es nur ein weiterer Auftrag, der ihm viel Gold einbrachte und noch mehr. Denn am Abend fand er ein kleines, unscheinbares Päckchen auf seinem Arbeitstisch in der hintersten Kammer des Tranklagers. Kein Bote hatte es gebracht aber sein Name stand darauf. Shezar öffnete es mit ruhiger Hand. Darin: ein Siegelring aus dunklem Eisen, schwer, matt schimmernd. Auf der Oberfläche prangte – fein graviert – der Buchstabe B.

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Das Blackrocksyndikat war bekannt dafür, lohnende Dienste nicht zu vergessen. Es belohnte nicht mit Lob, sondern mit Gold und Möglichkeiten – diskret, berechnend, konsequent. Wer für das Syndikat nützlich war, wurde beobachtet und geprüft. Man bewarb sich nicht beim Syndikat. Man wurde ausgewählt. Und wenn man sich über längere Zeit als zuverlässig, fähig und diskret erwies, wurde man langsam näher an das Syndikat herangeführt. Für jene, die als würdig galten, kam irgendwann der Moment, in dem man es wusste – ohne dass jemand sprach. Eines Nachts, vielleicht an einem unscheinbaren Ort, fand man einen schwarzen Samtbeutel. Darin: ein schlichter Siegelring aus dunklem Eisen, schwer und kühl. Das Zeichen des Syndikats war eingraviert, kaum sichtbar im Licht – und doch unverkennbar. Beigefügt ein Kärtchen, von Hand beschriftet, mit wenigen Worten:

- Non gladius regit, sed faber eius -*

So belohnte Blackrock. Mit Zugehörigkeit. Und Shezar gehörte jetzt dazu.

Die Jahre vergingen, und Shezar wandelte sich – nicht nur in Rang, sondern im Wesen. Die Gänge der Akademie, einst Schauplatz seines frühen Ehrgeizes, ließ er schließlich hinter sich. Er unterbrach seine Studien offiziell, um sich als Nekromant seinen "eigenen Forschungen" zu widmen. In Wahrheit aber war er längst tiefer in die Strukturen des Syndikats eingetaucht. Nach seiner Aufnahme hatte man ihn zunächst weiter geprüft. Man hatte ihm kleine Aufträge zugeteilt – das Beschaffen von Informationen, das Aufspüren von Personen, das Beobachten von Aktivitäten. Er erledigte jeden dieser Aufträge mit jener kalten Präzision, die ihn bereits im Studium ausgezeichnet hatte. So wurden seine Dienste für das Syndikat immer wichtiger. Mit der Zeit wurde Shezar zum internen Verantwortlichen des gesamten Bereichs der Informationsbeschaffung. Er führte Netzwerke von Agenten, führte ihre Berichte zusammen, entlarvte Lügen, filterte Relevantes von Gerüchten und belieferte die Vorsitzenden des Syndikats mit analysierten Berichten – stets nüchtern, stets treffend. Seine Methoden waren diskret, manchmal grausam, aber immer effektiv. Niemand wusste genau, wie viele Ohren und Augen Shezar unter sich versammelt hatte. Manche Agenten wussten nicht einmal, dass sie für ihn arbeiteten. Das war Teil seines Talents – und seines Einflusses.

Während er aufstieg, begannen andernorts die Strukturen zu bröckeln. Die Kriege zwischen Licht und Schatten – einst ein lodernder Sturm – verglühten langsam, nicht durch Einigung, sondern aus Erschöpfung. Zu viele Tote. Zu viel verbranntes Land. Die Nachfrage nach Waffen, Ausrüstung versiegte, und mit ihr das Fundament, auf dem das Blackrocksyndikat gewachsen war. Immer weniger Gold floss in die Kassen des Syndikats. Wahlen konnten nicht mehr beeinflusst, Informanten nicht mehr entlohnt, Vorteile nicht mehr erkauft werden. Der Einfluss auf Märkte, Adelshäuser und der Verwaltung schwand – leise, aber unaufhaltsam. Der Grund war so simpel wie bitter: Die alte Führung hatte sich nicht anpassen können. Sie ruhte auf längst verblassten Erfolgen, lehnte jeden Wandel ab, klammerte sich an Strukturen, die längst von der Zeit überholt worden waren.

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So kam es, wie es kommen musste. Der Vorsitzende, nur noch ein Schatten vergangener Stärke, fiel einer inneren Intrige zum Opfer – nicht aus Gier, sondern aus Notwendigkeit. Doch obwohl sein Platz nun leer war, wagte kaum jemand, ihn einzunehmen. Denn mit Macht kam Verantwortung. Und mit Verantwortung kam Gefahr. Ohne Führung verfiel das Syndikat in Trägheit. Entscheidungen blieben aus, Kontakte versickerten, alte Netzwerke zerfielen. Einige warfen ihre Siegelringe fort, andere verschwanden spurlos – wie von der eigenen Geschichte verschluckt.

Doch Shezar blieb – und erkannte die Möglichkeiten. Fest entschlossen, das Syndikat wieder aufzubauen und zu seiner alten Macht zu führen. Doch dafür brauchte es mehr als nur Willen: Es brauchte neue Mitglieder. Und Shezar wusste genau, an wen er sich wenden musste.

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*Nicht das Schwert herrscht, sondern der, der es schmiedet.
Shezar
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Teil 2. - Celdion

Niemand hätte gedacht, dass Celdion einmal Teil eines Netzwerks wie dem Blackrocksyndikat werden würde.

Am allerwenigsten er selbst.

Celdion war Handwerker. Punkt. Kein Spion, kein Strippenzieher, kein Mann für verschlüsselte Botschaften oder stille Intrigen.

Was er nicht wusste: Schon seit Jahren arbeiteten seine Hände für das Syndikat.

Seine Waren – über Zwischenhändler verkauft – gelangten dorthin, wo kein ehrbarer Händler lieferte. Als sie sich kennenlernten war Shezar kaum mehr als ein stiller Kurier für Auftraggeber, deren Namen selbst er nicht kannte. Anfangs kam er öfter zu Celdion um gefertigte Waren abzuholen. Manchmal kam er auch früher als vereinbart, für ein kurzes Gespräch. Manchmal blieb er länger. So begann eine dieser seltenen Freundschaften, die keine Etiketten brauchen. Wenn Shezar etwas brauchte, fragte er Celdion. Und wenn Celdion nichts hatte, lud er Shezar trotzdem ein. Sie tranken. Sprachen viel. Und lachten laut.

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Einmal fragte Shezar:

„Was trinkst du da eigentlich immer?“

Celdion grinste, schenkte nach und sagte nur:

„Alles, was brennt.“


Shezar schüttelte den Kopf und grinste.

Einmal – Shezar erinnerte sich noch genau – war Celdion so betrunken, dass er auf seinem Pferd direkt durch die Tür seines Hauses ritt. Ohne Absteigen. Ohne Zögern. Shezar schüttelte erneut den Kopf und grinste wieder.

Damals war Celdion noch ein hochrangiges Mitglied des Rings – einer mächtigen Gilde von Handwerkern und Händlern, diszipliniert, einflussreich und stolz, die in allen größeren Städten vertreten war. Doch dann geschah etwas. Niemand wusste genau, was geschehen war. Intrigen? Neid? Oder einfach nur der Lauf der Zeit? Die Gilde zerbrach. Manche tauchten unter, andere machten sich unter eigenem Namen selbstständig – so auch Celdion. Nach dem Fall des Rings arbeitete er auf eigene Rechnung weiter.

Er war kein gewöhnlicher Handwerker, sondern ein Meister seines Fachs – Schmied, Alchemist, Tüftler und wirtschaftlicher Stratege. Seine Stimme öffnete Türen, noch bevor andere überhaupt anklopften. Er kannte die Gesichter in jeder größeren Stadt, hatte Lieferanten und Kunden in allen Himmelsrichtungen und wusste, wie man seltene Dinge beschaffen konnte. Das macht ihn für Shezar und das Syndikat interessant.

Die Jahre vergingen, doch der Kontakt zu Shezar blieb. Manchmal schickte Shezar einen Boten. Manchmal hinterließ Celdion eine Notiz. Keine großen Worte – aber klare Zeichen der Freundschaft.

Als das Blackrocksyndikat zu wanken begann, erinnerte sich Shezar. An jenen Mann, der nicht fragte, wenn es dringend war. Der nicht diskutierte, sondern handelte.

Shezar kam eines Abends – wortlos. Er brauchte keine große Rede, kein Überzeugungsarbeit. Er setzte sich schweigend auf die Bank neben dem Amboss und reichte ihm ein schmales Etui mit einem goldenen B darauf. Darin: ein Siegelring. Schwarz. Schlicht.

Und eine Notiz mit nur einem Satz:

- Non gladius regit, sed faber eius -

Celdion sah den Ring lange an.

Dann sagte er:

„Ich will nicht wissen, was du tust. Aber ich will wissen, ob’s funktioniert.“

Shezar nickte – und sagte leise:

„Dann brauche ich dich. Wenn es funktionieren soll, brauche ich jemanden, der das Tagesgeschäft führt. Einen, der sich mit Herstellung, Handel und Menschen auskennt. Ich kümmere mich um das große Ganze und du hältst den Laden am Laufen.“

Celdion steckte den Ring an.

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Teil 3. - Talia Xerodes

Das Handelshaus von Britain war an diesem Tag ein Ort brodelnder Geschäfte. Stimmen hallten von den steinernen Wänden wider – laut, fordernd, hitzig. Männer in langen Gewändern und mit schweren Ledertaschen diskutierten über Liefermengen, stritten über Preise, schworen auf alte Absprachen und drohten mit neuen Bedingungen. Jeder versuchte, den besten Schnitt zu machen, den größtmöglichen Vorteil herauszuholen. Es war ein Markt der Worte, des Kalküls und der Ellbogen – und Shezar war mittendrin.

Er war nicht als Händler gekommen, sondern als Geldgeber. Kredite für größere Vorhaben, Beteiligungen an Minenrechten – an diesem Tag ging es um ein besonders lukratives Schürfgebiet nördlich von Britain. Doch seine Aufmerksamkeit blieb nicht lange bei den Verträgen.

Sie fiel ihm sofort auf.

Zwischen all den lautstarken Männern, dem Durcheinander der Zahlen und Forderungen, bewegte sie sich mit einer Ruhe, die auffiel. Elegant, sicher, mit klarer Stimme und scharfem Verstand. Während andere sich in endlosen Streitgesprächen verrannten, schloss Talia einen Deal nach dem anderen ab – schnell, sauber, gewinnbringend.

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Sie war schön, keine Frage. Doch es war nicht ihre Erscheinung, die Shezars Interesse weckte – es war ihr Verstand. Sie verhandelte besser als jeder andere im Raum. Ihre Argumente waren messerscharf, ihre Abschlüsse makellos. Selbst die hartgesottenen Händler mussten einlenken, wenn sie sprach – und das taten sie, mit einem Gesichtsausdruck, der zwischen Respekt und Frust schwankte.

Talia. Noch jung an Jahren, aber bereits eine Händlerin von solcher Gewandtheit, dass selbst die altgedienten Kaufleute beim Feilschen um Worte rangen, während sie ihnen mit einem Lächeln das letzte Goldstück aus der Tasche zog. Sie war ehrgeizig. Man konnte sie bei Sonnenaufgang in den Werkstätten antreffen, wo sie selbst Hand anlegte – meisterliche Rüstungen, tadellos geschliffene Klingen, alchemistische Tränke von Reinheit, wie man sie selten sah und sobald der Markt öffnete, war sie präsent: stets mit einem neuen Angebot, einer neuen Taktik, einem neuen Spiel. Sie verstand es, Begehrlichkeiten zu wecken, nicht nur mit ihren Waren, sondern mit Worten – klug gewählt, gezielt eingesetzt. Und wenn ihre Ausstrahlung ihr dabei half, so wusste sie auch das in Szene zu setzen.

Und wie Celdion machte auch sie schon längst Geschäfte mit dem Syndikat – ohne es zu wissen. Vielleicht hatte sie eine Vermutung, doch sicher konnte sie sich nicht sein. Zu oft wechselten ihre Kunden Namen, zu viele Zahlungen liefen über dritte Hände. Manchmal blickte sie länger als nötig auf eine Unterschrift oder verzögerte ein Gespräch, als wolle sie prüfen, wer da wirklich vor ihr stand. Aber sie stellte keine Fragen. Sie wusste, wann Schweigen klüger war.

Jedenfalls war eines gewiss: Das Syndikat kam im Handel mit ihr regelmäßig schlecht weg. Sie verhandelte hart, ließ keine Spielräume, kannte den Markt besser als die meisten. Und doch – das Syndikat kaufte weiter bei ihr. Weil ihre Qualität außerordentlich war und sie fast immer erreichbar blieb, selbst spät in der Nacht, wenn andere Händler längst ihre Tore geschlossen hatten. Talia war immer für ein Geschäft zu haben.

Shezar wollte sie exklusiv für das Blackrocksyndikat. Nicht als einfache Zulieferin, sondern als festen Teil der Struktur. Eine Händlerin wie sie – klug, präsent, durchsetzungsstark – gehörte nicht an den Rand, sondern ins Zentrum der Macht.

Doch Talia ließ sich nicht kaufen. Nicht mit Gold. Nicht mit Schmeichelei. Wenn Shezar sie wollte, musste er ihr etwas bieten, das größer war als jeder kurzfristige Gewinn. Denn Talia liebte das Geschäft – das echte, das fordernde. Sie lebte für das Feilschen, für den Schlagabtausch an der Handelstafel, für die Vielfalt an Kunden und Möglichkeiten. Stillstand war ihr ein Graus. Sie wollte wachsen, sich weiterentwickeln, nie im Status quo verweilen.

Und genau das konnte das Syndikat ihr bieten.

Eine größere Reichweite. Zugang zu einflussreichen Kunden aus dem ganzen Land. Exklusive Aufträge, bei denen Qualität und Diskretion gefragt waren. Mehr Gold. Größere Deals. Neue Märkte. Im Dienst des Blackrocksyndikats konnte Talia all das erreichen – und mehr.
Hier bot sich ihr nicht nur eine neue Bühne, sondern eine neue Stufe: eine Rolle mit Gewicht. Nicht irgendeine Händlerin – sondern vielleicht schon bald die offizielle Sonderbeauftragte für Handelsangelegenheiten des Syndikats. Ein Posten, mit dem sie ihre Fähigkeiten voll ausspielen konnte. Und mit dem sie – zum ersten Mal – nicht nur Handel trieb, sondern auch Macht hatte.

Shezar ließ sich Zeit. Er kam nun öfter ins Handelshaus, nie aufdringlich, nie offiziell. Er beobachtete sie aus der Distanz – wie sie verhandelte, wie sie entschied, wie sie ihre Konkurrenz mit Worten entwaffnete. Kein Schritt und kein Abschluss blieb unbemerkt. Er sah nicht nur das Talent – er sah die Disziplin, die Weitsicht, das ungestillte Streben nach mehr.

Und dann, eines Abends, trat er aus dem Schatten.

Talia betrat ihre Wohnräume nach einem langen Markttag – und fand Shezar bereits wartend. Ruhig, selbstbewusst, als gehöre er dorthin. Kein Zeichen von Hast, kein Anflug von Unsicherheit. Er saß auf einem ihrer Stühle, die Hände gefaltet, der Blick fest auf sie gerichtet.

Dann sprach er. Ruhig. Direkt. Kein Werben, kein Schmeicheln – ein Angebot.

Ein Platz im Syndikat. Zugang zu Ressourcen, Aufträgen, Kunden, wie sie sie allein nie erreichen würde. Einfluss, Wachstum, Sicherheit. Die Möglichkeit, nicht nur Händlerin zu sein – sondern eine Macht im Geflecht der großen Geschäfte.

Talia hörte zu.

Erst dann legte er das kleine, samtene Etui vor sie auf den Tisch – schwarz, mit einem geprägten B.

Darin: ein schlichter, schwerer Siegelring aus dunklem Metall. Auch er trug das B – das Zeichen des Blackrocksyndikats.

Daneben, sorgfältig gefaltet, ein Zettel:

- Non gladius regit, sed faber eius -

Talia sah ihn an. Lange.

Dann nahm sie den Ring.

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