Flammen schlagen hoch, aufgescheucht von fallenden Tropfen. Hinauf, durch den Raum, hin zum Stein, hinein in den lockenden Leib.
Verzehrung. Und ein verkohltes Stück naiver Hoffnung ziert das rote Bett über der Glut.
Oh, schwarzes Mahnmal des Versagens. Wäre es nicht noch glutumarmt, ich würde es in meinen Händen wiegen, wie ein baumgestürztes Vogeljunges, wie das arme Amselkind, das sich die Flügel brach, und gleich darauf das Herz, als es meine kalten Finger spürte. Doch mit diesem letzten Versuch ist die Geduld dahin, ebenso verbrannt, und der ewigen Nacht zum Dank, denn die Zutaten dieses Experimentes kleben an den Händen, färben die Fingernägel hell, und die Flammen des Versuchsofens lassen die Luft im alten Turm stickig und schal werden. Ich mag es nicht.
Die Ausbeute der Eile ist wahrlich bescheiden. Wieviel Verschwendung, wieviel Verdruss liegt nun zerflossen und zerbrochen im Kehrrichteimer? Vier der fünf verwendeten Mengenteile?
Drei Versuchsreihen an Talern haben die goldenbraune Färbung erreicht und behalten, die ich mir vorgestellt habe. An die ich mich erinnere, bleich und vage nach so vielen Jahren. Ich war wie alt? Fünfzehn oder sechzehn? Jung und dumm und voller Leben, Herzschlag, Leidenschaft? Hätte ich mir damals auch nur vorstellen können, eines fernen Tages hier in der Ruine eines Grabesturms inmitten wildester Einsamkeit zu weilen, Flammen zuzuschauen, wie sie sich durch eine klebrige Masse fraßen, voller Ungeduld, voller Hoffnung, naiv wie das Kind, das ich mir vorstelle, verschlagen wie die unsterbliche Kreatur der Nacht, die ich bin?
Nun, vielleicht, denn ich bin eine Träumerin.
Und meine Träume haben mich in diese Lage gebracht. Ich muss nicht aufblicken, um die wenigen Zeilen meines weißen Sperbers zu sehen, dort auf dem Tisch, nah und nicht nah genug, an mich gerichtet, mich herbeizitierend, so als stünde er wieder auf dem Turm wie der Herrscher dieser dunklen Lande, der mich mit seiner grenzenlosen, wundervoll natürlichen Arroganz im tiefsten berührt. Oh, diesen Teil mag ich. Sehr.
Doch er ist mir zuvorgekommen! All den Mut, den ich sammelte, all die Pläne und Ideen und ungeformten Worte und Taten und Dinge, die ich nicht laut denken will – dahin, fortgewischt mit zwei glockenklaren Sätzen. Und damit nicht genug, in der gegebenen, knappen, viel zu knappen Frist ist eine Facette meiner Wunschvorstellung einfach nicht umzusetzen.
Aber dennoch muss ich es versuchen. Was habe ich nun: Drei Mal ein Dutzend fertiger Exemplare, doch ich kann sie nicht unterscheiden. Der Tod hat mir die falschen Dinge genommen. Ist das Ergebnis passabel? Wahrscheinlich nicht. Nichts, was ich wage vorzuzeigen. Doch ich brauche dennoch Rückmeldung. Vielleicht kann ich jemanden finden... Nein, zu wenig Zeit. Wage ich es dann doch mit diesen Versuchen? Nein, ich will ihn nicht beleidigen.
Die drei Chargen sind schnell markiert, und ich bin mir sicher, ich kann die Ergebnisse reproduzieren. Es ist nur eine Frage, die Anleitung in etwas Brauchbares zu übersetzen, etwas, das in meine Welt passt. Gewicht, Zeit, ja, natürlich kenne ich dies, auch ich habe in meiner Kindheit Brot gebacken, weiß, was Mehl ist, weiß, was Sauerteig ist, doch ich will hier kein Brot backen, ich will Emotion verweben, weitergeben, und ich muss in diesem fremden Medium zuerst einmal meine Flügel ausbreiten lernen und wenn ich die Anleitung infrage stellen muss. Trotzdem. Ich bin unzufrieden. Und meine Finger sind schmutzig, klebrig, und selbst Wasser tut sich schwer damit, sie zu reinigen. Um diesen Teig zu kneten, wäre eine zweite Hand sehr hilfreich gewesen. Immerhin – die Prothese ist sauber geblieben.
Gut, in Ordnung, sammle dich, dummes Mädchen. Denk' an deine Übungen – ja, hier meine fünf silbernen Lichter, die mich wie wahnsinnige Sterne umtanzen, oh, ich werde sicherer, freier, mit jeder Minute. Und dann eine ruhige Atmung, unnütz wie das auch ist, aber ich werde nicht aufgeben. Schale Luft in toten Lungen. Und jetzt Stille im Geist, Ruhe dem ewigen Chor der Gedanken, und lass' dich vom Gesang deiner fernen Sterne erfüllen.
Ich habe ein wenig Hunger.
Schweig'! Elender Leib, elender Hunger. Wie soll ich meditieren, wenn ich an sengendes Blut denken muss? Schweig'.
Werde ich diese Gebäcktaler eines Nachts meinem Sperber anbieten können? Wird er sie dann mögen? Was wird er dann wohl sagen?
Schweig' still! Doch eigentlich mag ich jetzt nicht meditieren. Lieber herausfinden, welche der drei Interpretationen die Beste ist. Dann darauf aufbauend, weitere Versuche, immer wieder, bis das Ergebnis adäquat ist.
Was mein – ha, wie vergnüglich, dieses Wort – Meister wohl von mir möchte?