von Lyr'sa Teb'inyon » 07 Jun 2025, 23:31
Schmerzen waren das Erste, was sie sp?rte.
Dann die K?lte. Feucht, klamm, modrig. Wie etwas, das durch die Poren kroch und sich dort einnistete, in jeder Faser. Lyr?sa blinzelte. Dunkelheit. Nur das matte Glimmen eines phosphoreszierenden Pilzes an der Wand lie? Umrisse tanzen.
Sie lag in der Ecke einer Zelle. Oder was davon ?brig war. Ein blinder Fleck in Elashinns Unterkellerung, so trostlos wie ihre Gedanken. Der Geschmack in ihrem Mund war erb?rmlich ? Magens?ure und Rum. Ihr Magen krampfte sich schon beim Gedanken daran erneut zusammen, doch er hatte nichts mehr zu geben.
Ich lebe. Der Gedanke kam z?gerlich. Und dann: Warum?
Ihr K?rper f?hlte sich an wie gebrochen. Jeder Muskel brannte, die Haut an Armen und Beinen war wundgescheuert von Fesseln. Die Kehle rau, als h?tte man Sand gegurgelt. In ihrem Bauch spannte sich etwas ? zu viel Wasser. Wieder. Er wollte mich aufbl?hen wie einen toten Fisch...
Sorns h?hnisches Grinsen brannte sich wie ein Messer in ihr Ged?chtnis. Seine s??liche Stimme, falscher als alles, was sie je geh?rt hatte: ?Du hast so brav mitgemacht, Lyr?sa. Fast schon liebenswert.?
Sie h?tte ihn t?ten wollen. T?ten sollen. Doch sie hatte sich nicht gewehrt. Nicht wehren k?nnen. Und das nagte an ihr mehr als alle Schmerzen zusammen.
Am n?chsten Tag ? oder war es derselbe? ? schleppte sie sich durch das Tor des Pilzwaldes. Ihre Beine zitterten, ihre Lippen waren aufgeplatzt, und dennoch hatte man sie zu den Arbeiten eingeteilt. Baumst?mme f?r einen neuen Lagerbereich. Nat?rlich. Arbeiten statt sterben. Ein gro?z?giges Urteil.
Sie hatte die Axt nicht einmal richtig halten k?nnen, also schob man ihr eine Metalls?ge und einen Ast in die Hand, der eher ein Pr?gel war als Werkzeug. Die Pilze wuchsen z?h, aus dickem Stammholz mit violetten Adern, das sich wehrte, als h?tte es einen eigenen Willen.
Der Rhythmus der Axt wurde langsamer. Jeder Schlag gegen das z?he Pilzholz vibrierte in ihren Armen nach, schw?chte die ohnehin m?den Muskeln weiter. Schwei? rann ?ber Lyr?sas Schl?fen, ihr Blick war tr?b, der Magen leer ? und der bittere Nachgeschmack des ?berstandenen Strohrums brannte noch immer in der Kehle.
Sie wollte sich gerade dem n?chsten Stamm zuwenden, als ein undeutliches Ger?usch sie innehalten lie?. Ein schmatzendes Trappeln ? leichtf??ig, fl?chtig. Ihr Blick zuckte zur Seite. Zwischen zwei faulig-dampfenden Wurzelst?cken huschte etwas Dunkles hindurch. Dann noch eines. Und ein weiteres.
?Tiefenrothe...?? Lyr?sa blinzelte. Ihre Augen sch?rften sich, trotz M?digkeit und Kopfschmerz. Ja ? es waren drei St?ck, die sich unbeaufsichtigt zwischen den Pilzst?mmen bewegten, sich an Moos und Flechten g?tlich taten.
Sie fuhr herum. Das kleine Gehege, das man ihr zugewiesen hatte ? ein zusammengeflickter Verschlag mit morschen Ranken und einem Seil aus gesponnener Mykofaser ? stand offen. Die improvisierte Verriegelung lag auf dem Boden.
?Nein... nein, nein, nein...?, keuchte sie.
Das war nicht meine Schuld ? ich habe das geschlossen! Ich habe es dreimal ?berpr?ft!
Doch das w?rde niemanden interessieren. Wenn etwas schiefging, war es stets die Schuld derjenigen, die ohnehin unter Beobachtung standen. Eine Jalil wie sie, bereits bestraft, bereits gebrandmarkt ? sie war das perfekte Ziel.
Wenn diese Tiere Schaden anrichten... wenn man sie drau?en sieht... oder gar ein Matronentier verletzt wird...
Ein kalter Stich durchfuhr ihre Eingeweide. Das wird mir angeh?ngt. Ich werde den Preis zahlen. Nat?rlich... immer ich.
Hastig rannte sie hinter dem Tier her. Dem mit der dunklen Wolle und der violetten Schimmerung. Es hatte sich nicht weit entfernt und stocherte seelenruhig mit der Schnauze in einem modrigen Moosklumpen. Sie griff nach dem Strick, fesselte es diesmal doppelt, mit zitternden Fingern, w?hrend sie die anderen m?hsam zur?ck in das Gehege trieb.
Es kostete sie Zeit. Nerven. Kraft, die sie nicht mehr hatte.
Als sie sich schlie?lich wieder aufrichtete, schwei?nass, abgehetzt und mit bebenden Armen ? da bemerkte sie, dass sie nicht mehr allein war.
-----------------------------------------------
Vel?kharon sah ihr schon eine Weile zu. Die Art, wie sie sich bewegte ? schwankend, schmerzverzerrt, aber dennoch stolz ? reizte ihn. Diese verfluchte Jalil hatte es trotz allem immer noch nicht ganz aufgegeben. Dumm oder stur?
Er konnte sie nicht leiden. Nicht nur, weil sie ihn bei ihrem Auftritt vor Sorn wie Dreck behandelt hatte ? das tat jede Jalil ?, sondern weil sie ihn ignorierte. Als w?re er Luft. Ein Mann. Ein Werkzeug. Ein Schatten am Rand.
Aber jetzt war sie schwach. Verwundet. Ausgezehrt. Erniedrigt.
Und genau darin lag die Versuchung.
?Eine Frau wie sie sollte mal sp?ren, wie es ist, wenn nicht sie das Sagen hat?? dachte er bitter. ?Einen Tag lang? nur einen Tag lang der Spie? umgedreht. Nur ein bisschen Druck. Ein bisschen Angst. Das, was sie sonst mit einem Blick ausl?sen. Nur gerechter Ausgleich.?
Er trat n?her. Das Ger?usch seiner Schritte war kaum mehr als ein Rascheln im Moos.
?Ich k?nnte...?
Sein Griff um das Werkzeug wurde fester.
?... nur ein kleines bisschen. Wer w?rde schon zuh?ren, wenn ich sage, sie hat zuerst geschlagen??
Er verzog den Mund zu einem schiefen Grinsen.
Dann sprach er sie an.
-------------------------------------
Sie arbeitete schweigend, mechanisch. Bis er kam.
Vel?kharon. Der Sargtlin aus dem Flur. Nat?rlich der.
Er kam n?her, langsam, wie ein Schatten. ?Siehst m?de aus, Jalil?, zischte er, die Stimme tief, voller Spott. ?Vielleicht sollte man dich doch wieder f?ttern? mit Rum und Strick.?
Er trat n?her, zu nah, riss ihr das Werkzeug aus der Hand. Ein Sto?. Dann noch einer. Nicht hart, aber dem?tigend. ?Los, arbeit schneller! Vielleicht hilft ein kleiner Klaps...? Seine Hand zuckte vor ? ein Schlag, der sie am Hinterkopf traf.
Etwas in Lyr?sa riss.
Sie fuhr herum, ohne nachzudenken. Der Ast den Sie trug war schwer, aber ihre Wut trug ihn mit Leichtigkeit. Der erste Hieb traf Vel?kharon mitten ins Gesicht ? ein feuchter, splitternder Laut, gefolgt von einem dumpfen Aufschrei. Er taumelte zur?ck, Blut spritzte auf die Pilzst?mme. Sie lie? nicht nach. Noch einmal, dann noch einmal, dann...
Eine Hand packte ihren Arm.
?Lyr?sa.? Die Stimme war ruhig, aber fest. Tath?raen.
Sie wirbelte herum ? ein Reflex ? und ihre geballte Faust traf ihn im Gesicht. Nicht hart, aber hart genug. Seine Lippe platzte auf, ein scharfer Laut entwich ihm. Blut. Er wischte es achtlos weg. Ihre Augen funkelten.
?Fass mich nicht an! Nicht du! Nicht noch einer! Ihr denkt alle, ihr k?nnt??
Sie hob den Ast noch einmal ? dann lie? sie ihn fallen. Schwer. Laut. Atemlos stand sie da, bebend, zitternd vor Anspannung und Ersch?pfung.
Tath?raen sah sie lange an. Das Blut lief in einem schmalen Streifen an seinem Kinn herab.
Dann ? unerwartet ? zuckte sein Mundwinkel. Ein L?cheln. Nicht geh?ssig. Eher? seltsam anerkennend.
Er sagte nichts.
Drehte sich um. Und ging.
Lyr?sa blieb zur?ck zwischen gesplittertem Holz, zwei blutenden M?nnern ? und einem Zorn, der langsam von ihr abfiel, wie Nebel nach einem Sturm.
Schmerzen waren das Erste, was sie sp?rte.
Dann die K?lte. Feucht, klamm, modrig. Wie etwas, das durch die Poren kroch und sich dort einnistete, in jeder Faser. Lyr?sa blinzelte. Dunkelheit. Nur das matte Glimmen eines phosphoreszierenden Pilzes an der Wand lie? Umrisse tanzen.
Sie lag in der Ecke einer Zelle. Oder was davon ?brig war. Ein blinder Fleck in Elashinns Unterkellerung, so trostlos wie ihre Gedanken. Der Geschmack in ihrem Mund war erb?rmlich ? Magens?ure und Rum. Ihr Magen krampfte sich schon beim Gedanken daran erneut zusammen, doch er hatte nichts mehr zu geben.
Ich lebe. Der Gedanke kam z?gerlich. Und dann: Warum?
Ihr K?rper f?hlte sich an wie gebrochen. Jeder Muskel brannte, die Haut an Armen und Beinen war wundgescheuert von Fesseln. Die Kehle rau, als h?tte man Sand gegurgelt. In ihrem Bauch spannte sich etwas ? zu viel Wasser. Wieder. Er wollte mich aufbl?hen wie einen toten Fisch...
Sorns h?hnisches Grinsen brannte sich wie ein Messer in ihr Ged?chtnis. Seine s??liche Stimme, falscher als alles, was sie je geh?rt hatte: ?Du hast so brav mitgemacht, Lyr?sa. Fast schon liebenswert.?
Sie h?tte ihn t?ten wollen. T?ten sollen. Doch sie hatte sich nicht gewehrt. Nicht wehren k?nnen. Und das nagte an ihr mehr als alle Schmerzen zusammen.
Am n?chsten Tag ? oder war es derselbe? ? schleppte sie sich durch das Tor des Pilzwaldes. Ihre Beine zitterten, ihre Lippen waren aufgeplatzt, und dennoch hatte man sie zu den Arbeiten eingeteilt. Baumst?mme f?r einen neuen Lagerbereich. Nat?rlich. Arbeiten statt sterben. Ein gro?z?giges Urteil.
Sie hatte die Axt nicht einmal richtig halten k?nnen, also schob man ihr eine Metalls?ge und einen Ast in die Hand, der eher ein Pr?gel war als Werkzeug. Die Pilze wuchsen z?h, aus dickem Stammholz mit violetten Adern, das sich wehrte, als h?tte es einen eigenen Willen.
Der Rhythmus der Axt wurde langsamer. Jeder Schlag gegen das z?he Pilzholz vibrierte in ihren Armen nach, schw?chte die ohnehin m?den Muskeln weiter. Schwei? rann ?ber Lyr?sas Schl?fen, ihr Blick war tr?b, der Magen leer ? und der bittere Nachgeschmack des ?berstandenen Strohrums brannte noch immer in der Kehle.
Sie wollte sich gerade dem n?chsten Stamm zuwenden, als ein undeutliches Ger?usch sie innehalten lie?. Ein schmatzendes Trappeln ? leichtf??ig, fl?chtig. Ihr Blick zuckte zur Seite. Zwischen zwei faulig-dampfenden Wurzelst?cken huschte etwas Dunkles hindurch. Dann noch eines. Und ein weiteres.
?Tiefenrothe...?? Lyr?sa blinzelte. Ihre Augen sch?rften sich, trotz M?digkeit und Kopfschmerz. Ja ? es waren drei St?ck, die sich unbeaufsichtigt zwischen den Pilzst?mmen bewegten, sich an Moos und Flechten g?tlich taten.
Sie fuhr herum. Das kleine Gehege, das man ihr zugewiesen hatte ? ein zusammengeflickter Verschlag mit morschen Ranken und einem Seil aus gesponnener Mykofaser ? stand offen. Die improvisierte Verriegelung lag auf dem Boden.
?Nein... nein, nein, nein...?, keuchte sie.
Das war nicht meine Schuld ? ich habe das geschlossen! Ich habe es dreimal ?berpr?ft!
Doch das w?rde niemanden interessieren. Wenn etwas schiefging, war es stets die Schuld derjenigen, die ohnehin unter Beobachtung standen. Eine Jalil wie sie, bereits bestraft, bereits gebrandmarkt ? sie war das perfekte Ziel.
Wenn diese Tiere Schaden anrichten... wenn man sie drau?en sieht... oder gar ein Matronentier verletzt wird...
Ein kalter Stich durchfuhr ihre Eingeweide. Das wird mir angeh?ngt. Ich werde den Preis zahlen. Nat?rlich... immer ich.
Hastig rannte sie hinter dem Tier her. Dem mit der dunklen Wolle und der violetten Schimmerung. Es hatte sich nicht weit entfernt und stocherte seelenruhig mit der Schnauze in einem modrigen Moosklumpen. Sie griff nach dem Strick, fesselte es diesmal doppelt, mit zitternden Fingern, w?hrend sie die anderen m?hsam zur?ck in das Gehege trieb.
Es kostete sie Zeit. Nerven. Kraft, die sie nicht mehr hatte.
Als sie sich schlie?lich wieder aufrichtete, schwei?nass, abgehetzt und mit bebenden Armen ? da bemerkte sie, dass sie nicht mehr allein war.
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Vel?kharon sah ihr schon eine Weile zu. Die Art, wie sie sich bewegte ? schwankend, schmerzverzerrt, aber dennoch stolz ? reizte ihn. Diese verfluchte Jalil hatte es trotz allem immer noch nicht ganz aufgegeben. Dumm oder stur?
Er konnte sie nicht leiden. Nicht nur, weil sie ihn bei ihrem Auftritt vor Sorn wie Dreck behandelt hatte ? das tat jede Jalil ?, sondern weil sie ihn ignorierte. Als w?re er Luft. Ein Mann. Ein Werkzeug. Ein Schatten am Rand.
Aber jetzt war sie schwach. Verwundet. Ausgezehrt. Erniedrigt.
Und genau darin lag die Versuchung.
?Eine Frau wie sie sollte mal sp?ren, wie es ist, wenn nicht sie das Sagen hat?? dachte er bitter. ?Einen Tag lang? nur einen Tag lang der Spie? umgedreht. Nur ein bisschen Druck. Ein bisschen Angst. Das, was sie sonst mit einem Blick ausl?sen. Nur gerechter Ausgleich.?
Er trat n?her. Das Ger?usch seiner Schritte war kaum mehr als ein Rascheln im Moos.
?Ich k?nnte...?
Sein Griff um das Werkzeug wurde fester.
?... nur ein kleines bisschen. Wer w?rde schon zuh?ren, wenn ich sage, sie hat zuerst geschlagen??
Er verzog den Mund zu einem schiefen Grinsen.
Dann sprach er sie an.
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Sie arbeitete schweigend, mechanisch. Bis er kam.
Vel?kharon. Der Sargtlin aus dem Flur. Nat?rlich der.
Er kam n?her, langsam, wie ein Schatten. ?Siehst m?de aus, Jalil?, zischte er, die Stimme tief, voller Spott. ?Vielleicht sollte man dich doch wieder f?ttern? mit Rum und Strick.?
Er trat n?her, zu nah, riss ihr das Werkzeug aus der Hand. Ein Sto?. Dann noch einer. Nicht hart, aber dem?tigend. ?Los, arbeit schneller! Vielleicht hilft ein kleiner Klaps...? Seine Hand zuckte vor ? ein Schlag, der sie am Hinterkopf traf.
Etwas in Lyr?sa riss.
Sie fuhr herum, ohne nachzudenken. Der Ast den Sie trug war schwer, aber ihre Wut trug ihn mit Leichtigkeit. Der erste Hieb traf Vel?kharon mitten ins Gesicht ? ein feuchter, splitternder Laut, gefolgt von einem dumpfen Aufschrei. Er taumelte zur?ck, Blut spritzte auf die Pilzst?mme. Sie lie? nicht nach. Noch einmal, dann noch einmal, dann...
Eine Hand packte ihren Arm.
?Lyr?sa.? Die Stimme war ruhig, aber fest. Tath?raen.
Sie wirbelte herum ? ein Reflex ? und ihre geballte Faust traf ihn im Gesicht. Nicht hart, aber hart genug. Seine Lippe platzte auf, ein scharfer Laut entwich ihm. Blut. Er wischte es achtlos weg. Ihre Augen funkelten.
?Fass mich nicht an! Nicht du! Nicht noch einer! Ihr denkt alle, ihr k?nnt??
Sie hob den Ast noch einmal ? dann lie? sie ihn fallen. Schwer. Laut. Atemlos stand sie da, bebend, zitternd vor Anspannung und Ersch?pfung.
Tath?raen sah sie lange an. Das Blut lief in einem schmalen Streifen an seinem Kinn herab.
Dann ? unerwartet ? zuckte sein Mundwinkel. Ein L?cheln. Nicht geh?ssig. Eher? seltsam anerkennend.
Er sagte nichts.
Drehte sich um. Und ging.
Lyr?sa blieb zur?ck zwischen gesplittertem Holz, zwei blutenden M?nnern ? und einem Zorn, der langsam von ihr abfiel, wie Nebel nach einem Sturm.