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Der Weg nachhause

Bericht 1

Als dieser Mann in unser Königreich kam, wurde er mit Argwohn betrachtet. Niemals zuvor hatten Ritter aus fremden Landen es gewagt einfach so in dieses Land einzudringen, ohne das ein kriegerischer Hintergrund bestand und wie immer sollten sich unsere schlimmsten Vermutungen bestätigen.
Doch es war dieser Mann, der unser aller Rettung sein sollte und sein Name wird in alle Ewigkeiten in die Herzen der Menschen aus Ghadrastia eingebrannt sein und nur mit Ehrfurcht ausgesprochen werden. Icho`Tolot - der Zeitreiser!

Es begann damit, das die Horden der Zharstuksa aus dem Süden in unsere Ländereien eindrangen, raubend und brandschatzend über die Dörfer herfielen und die Frauen entweder entführten oder vergewaltigten.
Der König war machtlos, denn immer wenn wir von den Greueltaten erfuhren, war es bereits zu spät und wenn unsere Armeen dann in die Dörfer kamen, fanden sie nur noch die Toten und die abgebrannten Häuser vor. So beschloß der König eines Tages die Grenzen nach Süden komplett abzuriegeln um dem grausamen Feind den Zugang zu verwehren. Über 10.000 Mann standen entlang der Grenze und niemand, nicht einmal eine Maus, konnte sie passieren ohne gesehen zu werden. Wir fühlten uns sicher und für eine Weile waren wir das auch, aber dann drangen plötzlich immer öfter Nachrichten an den Hof, das Dörfer, weit hinter der Grenze von den Zharstuksa vernichtet worden waren.
Wie war das möglich?
Machtlos mußten wir mit ansehen, wie unser Volk systematisch ausgerottet wurde und der unsichtbare Feind immer näher an die Hauptstadt heran kam. In aller Eile zogen wir die Männer von den Grenzen zurück und bildeten einen riesigen Schutzwall um die Stadt. Hunderttausende flüchteten sich in den Schutz des Palastes und die einst so herrliche Hauptstadt unseres Landes verwandelte sich in ein einziges Flüchtlingslager.
Und dann kam eines Tages dieser Ritter in der strahlend silbernen Rüstung und verlangte zum König gebracht zu werden.
Der König war in den letzten Wochen um Jahre gealtert und schwer ruhte die Last der Toten auf seinen Schultern. Müde wies er seine Männer an den Ritter durch zu lassen und niemand am Hof zweifelte daran, das der König bereits aufgegeben hatte.
Aber dem Ritter gelang es nur durch Worte unseren König wieder zu motivieren. Er zeigte ihm etwas, das bis zu diesem Zeitpunkt niemand auf unserer Welt gekannt hatte und ich selbst war es, der in den Augen des Königs das erneute aufflammen der Hoffnung sah, als der Ritter anfing von dieser seltsamen Kraft zu sprechen, die sich Magie nannte.
Aber erst nachdem der Mann den Beweis für das Vorhandensein der Magie erbracht hatte begriff der König plötzlich, wie es den Zharstuksa gelungen war hinter die Linien seiner Armeen zu gelangen. Es gab zwar Stimmen, die verurteilten diese neue Macht und sprachen von Teufelszeug und Gotteslästerung, doch schneller als ihnen lieb war, wurden sie darüber belehrt, das es genau diese Macht der Magie war, die der Gegner einsetzte, denn urplötzlich öffneten sich überall in der Hauptstadt riesige magische Portale und die Zharstuksa drangen ungehindert in die innersten Verteidigungsringe ein.
Es war ein Gemetzel, wie ich es noch nie mit eigenen Augen gesehen hatte und der Kampf um die Hauptstadt dauerte mehrere Tage. Aber am Ende zogen sich die Zharstuksa durch die gleichen Portale zurück und hinterließen eine zerstörte, aber nicht geschlagene Stadt.
Icho`Tolot aber war verletzt und lag im sterben. Seltsamerweise schien ihn das nicht zu stören und als ich eines Nachts mal wieder nach seinen Wunden sah, zog er mich plötzlich zu sich hinab und begann zu sprechen,
    "Du mußt etwas für mich tun, Heiler" sagte er und irgendetwas in seiner Stimme ließ mich erkennen, das ich es ihm nicht abschlagen konnte. Trotzdem nickte ich nur zögernd. Er aber sprach unbeirrt weiter,
    "Geh in den Süden, in das Land der Zharstuksa und suche dort einen Mann der sich Beelzial nennt."
Ich schluckte und ohne das ich in einen Spiegel zu sehen brauchte, wußte ich, das mein Blut in diesem Moment gefror und ich leichenblaß ausgesehen haben mußte. Doch Icho`Tolot sprach unter Schmerzen weiter,
    "Überbringe ihm eine Nachricht von mir. Wirst du das für mich tun?"
Ich weiß immer noch nicht, warum ich in diesem Moment nickte. War es, weil ich einem Sterbenden keinen letzten Wunsch abschlagen konnte, oder war es einfach weil ich ahnte, das ich so unser Königreich vor dem Untergang bewahren würde?
Der schwerverletzte Mann spuckte Blut und das Licht in seinen Augen begann zu flackern. Ich fürchtete schon, das er mir die Nachricht nicht mehr mitteilen konnte, bevor er starb, doch da schien sein unbändiger Lebensfunken noch einmal die letzten Kraftreserven zu mobilisieren und er sprach,
    "Sage Beelzial, das ich nun weiß, das er mir gefolgt ist. Sage ihm, das Raynor diese Welt niemals besitzen wird und das ich ihn erwarten werde, wenn ich wieder geboren werde!"
Ich schluckte, verstand ich doch den Sinn hinter diesen Worten nicht, aber als ich ihn danach fragen wollte, sah ich das es bereits zu spät war. Der Mann war tot!

Ich unterrichtete den König und zusammen mit den weisen Männern in seinem Rat, die bereits einen Teil der Magie des Zeitreisers erlernt hatten, beratschlagten wir was wir nun tun sollten. Doch was auch immer die Zukunft bringen würde, uns war schnell klar das wir den Worten des toten Zeitreisers folgen mußten. So brach ich dann mit einer Handvoll Männer auf in den Süden.
Unsere Reise dauerte fast vier Wochen bis wir schließlich auf eine Horde der Zharstuksa stießen. Kampflos ergaben wir uns und baten darum zu diesem Mann Beelzial gebracht zu werden.
In den folgenden Nächten unserer Gefangenschaft wurde immer wieder einer unserer Mitgefangenen von den Wächtern abgeführt und niemals sahen wir sie wieder. Aber die Schreie der Abgeführten und das Lachen des unbarmherzigen Feindes brannten sich in meinen Kopf und manchmal wache ich noch heute mitten in der Nacht schweißgebadet auf. Zwölf Männer waren damals aufgebrochen, doch nur ich war es schließlich, der als letzter Lebender vor den Halbdämon Beelzial geführt wurde.
Nie werde ich diese Augen vergessen, die so abgrundtief Schwarz waren, das man Angst hatte zu erblinden. Selbst das Licht schien vor diesem Wesen zurückzuweichen und die Männer und Frauen, die an seinem Tisch saßen schienen von gleicher Natur zu sein. Wie ein Hund, auf allen Vieren, wurde ich an einer Kette in den Raum geführt.
Beelzial sprang auf den riesigen Tisch und kam langsam auf mich zu. Als ich kurz den Kopf heben wollte, um ihn entgegen zu blicken, trat mich die Frau die mir am nächsten saß mitten in das Gesicht. Beelzial aber lachte nur und sagte vergnügt,
    "Belara, laß ihn erst Reden, bevor du mit ihm spielst!"
Die Meute am Tisch lachte laut auf und mir war klar, das mein Leben keinen Pfifferling mehr Wert war. Beelzial, der das Ende des Tisches erreicht hatte, ging in die Hocke und betrachtete mich eine Weile amüsiert, dann fragte er mit einem grausamen Unterton in der Stimme,
    "Was ist so wichtig, das du dein Leben dafür opferst?"
Ohne aufzuschauen und mit zittriger Stimme fing ich an zu sprechen,
    "Ich habe eine Nachricht von Icho`Tolot für euch, die ich euch überbringen soll."
Beelzial sprang mit einem Satz vom Tisch und riß mich an der Kette, die um meinen Hals gelegt war, in die Höhe. Meine Füße berührten keinen Boden mehr, als er mich am ausgestreckten Arm in der Luft hielt. Seine Stimme klang verzerrt als er mich anschrie,
    "WAS WILL DER ZEITREISER MIR MITTEILEN? SPRICH DU RÄUDIGER SOHN EINER FETTEN QUALLE!"
Ich rang nach Atem und erst als einer der Männer am Tisch trocken meinte, das ich wohl meine Zunge verschluckt hätte, lies mich Beelzial wieder zu Boden fallen und trat mir mit voller Wucht gegen den Schädel. Mühsam kämpfte ich gegen die aufsteigende Ohnmacht. Irgendjemand kippte mir Wasser über meinen Kopf und wie durch einen Schleier sah ich die Männer und Frauen um mich herum stehen.

Heute weiß ich nicht mehr, ob ich die Worte, die mir Icho'Tolot in der Nacht als er starb gesagt hatte, in dem Moment richtig wiederholte, aber ich erinnere mich, niemals zuvor jemanden so einen Wutschrei ausgestoßen haben zu hören. Ich kann auch nicht sagen, was danach noch alles passierte, denn in dieser Nacht schlugen sie mich zum Krüppel und schickten mich als Warnung in einen Käfig an den König zurück.
Der Krieg gegen die Zharstuksa geht nun bereits in das fünfte Jahr, doch seit dem dieser Dämon Beelzial dem Zeitreiser gefolgt ist, stehen unsere Chancen um einiges besser als vorher.
Vielleicht wird es uns auch eines Tages gelingen, das Tor zu schließen, durch das die Toten unserer Kriege in diese andere fremde Welt gehen, von der der Zeitreiser einmal gesprochen hatte. Denn dies hinterließ uns Beelzial als Erbe und mir wird es schwer um mein Herz, wenn ich nur daran denke, das die Seelen unserer Toten keine Ruhe finden und auf einer fremden Welt erneut gezwungen werden zu kämpfen.

Ende Bericht Hal Karthor, Königlicher Heiler im Ruhestand am siebten Tage des Jahres 300 nach Lloth!

Bericht 2

    "Ich hasse das!" erklang eine Stimme aus der Dunkelheit.
Ein Kichern war die Antwort und nach einer Weile,
    "He Asanna, Du bist nicht die einzige die langsam wieder nach Hause will." Die Stimme gehörte zu Freya te Pah.
    "Die wievielte Welt ist das jetzt durch die wir den Zeitreiser jagen? Die zehnte? Die zwanzigste?" erklang leise fragend die Stimme von Belara
Freya zuckte mit den Schultern, vergaß aber, daß ihre Gefährtin dies nicht sehen konnte. Doch antwortete sie,
    "Keine Ahnung, ich hab irgendwann aufgehört zu zählen!"

Ein paar Kilometer entfernt in einer kleinen Gastwirtschaft. Es war Nacht, aber keine Lampe brannte draußen vor dem Tor um fremde Wanderer anzulocken. Seit dem das Tribunal vor ein paar Tagen ihren Hauptsitz hier eingerichtet hatte und alle Bewohner des Hauses im Schlaf getötet hatte, herrschte hier eine unheimliche Stille. Die Straße an der dieser Gasthof lag war schon seit vielen Jahren nicht mehr so gut besucht und somit ein ideales Versteck für das Tribunal.
Beelzial hatte sich im Keller eingeschlossen und war seit Stunden in einer Zwiesprache mit Raynor. Auch er verlor langsam die Lust daran, den Zeitreiser auf jeder neuen Welt erneut zu töten, nur um ihm dann in die nächste folgen zu müssen.
Im Schankraum der Wirtschaft brannten ein paar Kerzen und erfüllten den Raum mit einem gespenstischen Licht. Asanna und Freya hatten die Aufgabe übernommen, an der Gabelung zur Hauptstraße aufzupassen, das sich kein Wanderer in diese Richtung begeben würde, Beelzial befand sich im Keller und bis auf Tom, Belara und Astifelis hatten sich die anderen schlafen gelegt.
Astifelis brachte gerade etwas von dem seltsam bitter schmeckendem Wein, der in großen Fässern hinter der Theke lagerte, an den Tisch seiner Freunde. Kraftlos ließ er sich auf den Stuhl fallen.
    "Hier, Nachschub!" Mit diesen Worten reichte er den beiden anderen jeweils einen Krug.
Tom sah ihn aus glasigen Augen dankend an, nickte ihm zu und trank dann mit einem Zug alles aus. Als er den Krug mit lautem Poltern auf den Tisch abstellte, rülpste er laut, grinste einmal in die Runde und kippte schließlich schlafend vom Stuhl.
Belara stupste ihn kurz mit dem Stiefel an und meinte dann Seelenruhig,
    "Wenn wir nicht bald eine Möglichkeit finden nach Hause zu kehren, dann entwickelt sich die Hälfte unserer Leute zum Alkoholiker!"
Ihr Blick wanderte zu Astifelis, der sie über den Rand des Kruges beobachtete. Langsam stellte er den halbvollen Krug auf den Tisch und sah zu dem laut schnarchenden Tom hinab. Schließlich sagte er mit schwerer Zunge,
    "Wir müssen endlich einen Weg finden, diesen Hurensohn nicht nur zu töten, sondern zu vernichten!"
Belara nickte leicht. Nachdenklich sah sie sich im Raum um. Die Schatten vollführten kleine unheimlich wirkende Tänze an den Wänden.
Wieviel Welten mußten sie noch besuchen und vernichten oder zumindest ins Unglück stürzen. Wie oft mußten sie eine Welt noch verlassen, ohne den endgültigen Sieg Raynor's zu erleben, weil der Zeitreiser schon getötet war?
    "Ich frage mich," bemerkte sie leise, "ob wir nicht genau das tun, was der Zeitreiser von uns erwartet."
Astifelis hob erstaunt die Augenbrauen,
    "Wie meinst du das?" fragte er.
Belara änderte ihre Sitzposition und stützte ihren Kopf auf ihre Hände. Aus zusammengekniffenen Augen sah sie auf ihren Kameraden,
    "Beelzial erklärte einmal, das der Zeitreiser irgend ein Buch repariert oder so etwas ähnliches. Was ist nun aber, wenn wir ihm unbewußt dabei helfen?"
Für einen Moment sah Astifelis aus, als ob er zustimmend nicken wollte, dann schien er zu überlegen, setzte zum sprechen an, nur um im gleichen Moment wieder in Gedanken zu versinken. Schließlich sah er sie verständnislos an und meinte kleinlaut,
    "Begreife ich nicht!"
Belara lachte kurz laut auf. Anschließend sagte sie nur,
    "Hab ich auch nicht anders erwartet, Asti!"
Sie sah wie er entrüstet aufbrausen wollte, doch in diesem Moment öffnete sich die Tür zu den Kellerräumen und Beelzial betrat den Raum,
    "Weckt die Schlafenden, der Zeitreiser ist aufgetaucht!"
...

Bericht 3

Es war eine stürmische Nacht. Der Regen peitschte gegen das Fenster und der kleine Junge verkroch sich tief unter seiner Bettdecke. Er hatte Angst und bei jedem Donner der draußen erklang, zuckte er heftig zusammen. Die Blitze hüllten das Zimmer in unheimliche Lichter und der Schatten des Baumes, der direkt vor seinem Fenster stand, schien seine dunklen Arme bis unter seine Bettdecke zu werfen.
Früher wäre er zu seinen Eltern in das Schlafzimmer gerannt, doch seitdem seine Mutter einen anderen Mann hatte, traute er sich dies nicht mehr.
Einmal hatte der jetzige Mann seiner Mutter ihn ausgelacht, als er wieder einmal vor Angst schlotternd in das Bett seiner Mutter flüchten wollte. Nein, er wollte nicht das dieser Mann über ihn lachte.
Vorsichtig sah der kleine Junge unter seiner Bettdecke hervor. Ein Blitz erhellte gerade das Zimmer und er konnte seinen Teddybären sehen, der nur wenige Schritte vom Bett entfernt auf dem Boden lag. Der Junge schluckte. Der Bär mußte genau solche Angst haben wie er selber. Sein Blick wanderte zum Fenster. Der Baum, der sich bei dem stürmischen Wetter stark bewegte, schlug immer wieder mit einem seiner weiten Äste gegen das Fenster.
Der Junge schluckte mehrmals und nahm dann seinen ganzen Mut zusammen. Vorsichtig kroch er unter der Bettdecke bis an das Fußende seines Bettes und lugte ängstlich darunter hervor. Wieder Blitzte es und er konnte fast die Panik in den Augen seines Teddybären erkennen.
Als es wieder dunkel wurde, sprang er so schnell er konnte unter seiner Decke hervor auf den Teddybären zu und griff danach. Gerade wollte er sich wieder herum werfen und in sein Bett springen, als es erneut blitzte und im selben Moment donnerte es. Die Äste des Baumes zerschlugen die Fensterscheibe und sofort wehte ein eiskalter feuchter Wind in den Raum.
Die Angst schnürte dem kleinem Jungen die Kehle zu und seine Knie versagten ihm den Dienst. Langsam sank er auf den Boden. Seine Pyjamahose zeigte deutlich feuchte Stellen, die nicht von dem Regen kamen. Trotzdem warf sich der Junge schützend über seinen Teddy. Tränen der Angst kullerten über seine Wangen. Das schützende Bett, nur wenige Schritte entfernt und doch eine halbe Ewigkeit weit weg!
Er weinte!

Ein Lautes Geräusch ließ ihn herumfahren. Sein Blick wanderte zu dem riesigem uraltem Kleiderschrank. Er haßte diesen Schrank, aber der neue Vater hatte gemeint dies sei ein Erbstück aus seiner Familie und da sonnst nirgendwo Platz dafür wäre, müßte er halt in diesem Zimmer stehen. Der Schrank war übersät mit Holzschnitzereien, die Engel darstellen sollten. Doch der Junge hatte sich die Gesichter der Engel irgendwann mal näher angesehen und bemerkt, daß die Engel gehässig lächelten. Seit dem vermied er es ihn anzusehen oder gar eine der Türen zu öffnen.
Wieder blitzte es und für einen Moment sah es so aus als würden sämtliche Engel des Schrankes den kleinen Jungen auslachen. Sein Blick suchte das Bett und gerade als er seinen ganzen Mut zusammen gerissen hatte, flogen mit einem lautem Knall die Türen des Schrankes auf.
Der Junge schrie vor Angst laut auf und für wenige Momente setzte sein Herz aus und hörte auf zu schlagen. Der Inhalt seines Darmes entleerte sich in seine Pyjamahose.
Mit weit aufgerissenen Augen starrte er auf den riesigen in schwarz gekleideten Mann, der aus dem Schrank stieg. Rotglühende Augen schienen ihn zu durchbohren.
In dem Zimmer wurde es totenstill. Selbst der Sturm schien den Atem anzuhalten.
Eine Stimme, die aus den tiefsten Gräbern zu kommen schien, erklang und fraß sich in die Erinnerungen des Jungen,
    "WO BIN ICH?"
Der Junge konnte nicht antworten, seine Zähne klapperten vor Angst und er war nicht mehr in der Lage dies zu unterdrücken. Langsam, ganz langsam versuchte er rückwärts in Richtung seines Bettes zu kriechen. Seine Augen waren dabei auf den dunklen Mann gerichtet.

In diesem Moment wurde plötzlich die Tür zu seinem Zimmer aufgerissen und sein Stiefvater stand mit einer Schrotflinte bewaffnet in dem hell erleuchtetem Rahmen,
    "WAS ZUR HÖLLE HAT DER LÄRM ZU BEDEUTEN?" schrie er den kleinen Jungen an.
Erst als er bemerkte, das der kleine Junge ihn gar nicht zu bemerken schien, sondern in Richtung des Schrankes sah, folgte er seinem Blick. Jetzt sah er auch die riesige dunkle Gestalt mit den rot glühenden Augen. Ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, hob er die Waffe in die Richtung der Gestalt und feuerte beide Läufe auf das Wesen ab.
Die dunkle Gestalt wankte ein paar Schritte nach hinten und sah dann an sich hinab. Zwei riesige Wunden in Bauch und Brust klafften dort und dunkelrotes dickes Blut tropfte auf den Teppich. Die Augen der Gestalt schienen noch gleißender zu leuchten als sie einen ihrer Arme in Richtung des Mannes hob und mit wütender Stimme rief,
    "POR ORT GRAV"
Ein Blitz entstand in der Mitte des Raumes und traf den Stiefvater in den Kopf. Wie eine kochende Tomate platzte der Schädel des Mannes auseinander und bespritzte den kleinen Jungen von oben bis unten mit Blut, Knochensplittern und Gehirnmasse. Der Junge schrie wie am Spieß. Längst hatte sein Geist aufgegeben und war dem Wahnsinn verfallen. Dies alles war zu viel für den Jungen gewesen und niemals würde er sich von diesem Schock erholen. Seine Augen rollten nur noch wild hin und her und Speichel lief ihm aus dem Mund.
Die dunkle Gestalt trat auf den Jungen zu, streichelte ihm einmal kurz über den Kopf, und mit einer kurzen Handbewegung brach er ihm das Genick.
Eine weibliche Stimme erklang hinter der dunklen Gestalt aus dem Schrank,
    "Beelzial, das war ein unschuldiges Kind. War das nötig?"
Die dunkle Gestalt wandte sich zu dem Schrank um und ging langsam darauf zu. Leise sprach er in die Dunkelheit,
    "Wären wir in der richtigen Zeit auf dieser Welt angekommen, gäbe es diesen Jungen gar nicht Belara!"

Kurz bevor sich die Schranktür hinter ihm schloß, konnte er noch den Entsetzensschrei einer Frau hören, die gerade das Zimmer ihres Sohnes betreten hatte, dann fielen die Türen hinter ihm zu...

Bericht 4

Die leicht grünliche Sonne stand tief über den fernen Bergen und ihre Strahlen wärmten kaum noch. Über dem Sumpf hing dichter Nebel und man konnte kaum weiter blicken als ein paar Schritte. Die Mücken dieser Welt schwärmten aus und suchten ihre Opfer. Ein ständiges Summen lag in der Luft.
Schon dieses Geräusch konnte einen auf die Dauer wahnsinnig machen, doch zusätzlich war die Luft angefüllt mit einem heftigen Gestank, der aus den tiefen des Sumpfes aufstieg und sich immer wieder mit einem zischenden oder knallendem Geräusch in kleineren oder größeren Blasen an der Oberfläche des Sumpfes entlud.
Außer den Milliarden von Mücken schien es hier kein Leben zu geben.
Die Bewohner dieser Welt hatten diesen Ort einfach nur das Tote Tal genannt, denn auf Dauer konnte hier niemand überleben.

Doch plötzlich zerbrach das leise Klirren von Metall und das knirschen von Leder die Stille und aus dem Nebel tauchte ein gehetzter Mann auf. Er war größer als die eigentlichen Bewohner dieser Welt. Auch seine Hautfarbe war eine andere. Seine langen Haare hingen in Strähnen in sein Gesicht und seine Augen blickten gehetzt hin und her. Er schien sehr in Eile zu sein und trotzdem trat er sehr sicher auf und versank nicht in dem modrigen Boden.
Er sank auf die Knie und griff in den feuchten stinkigen Boden, dann benetzte er sein Gesicht mit dem feuchten Schlamm um sich etwas zu erfrischen. Dabei schien er vorsichtig in den Nebel hinter sich zu lauschen. Er schien etwas zu hören, denn seine Augen weiteten sich entsetzt. Sofort sprang er auf und hetzte wieder in den Nebel hinein.
Nach einigen hundert Metern stoppte er erneut. Von vorne war ein leises Geräusch an seine Ohren gedrungen, das nicht in den dieses Gebiet passte. Er fluchte leise und sah sich hastig um. In seinem Kopf kreisten die Gedanken und an seinen Schläfen und Wangenmuskeln konnte man erkennen, das er nach einem Ausweg zu suchen schien. Die Mücken, die sich auf jede freie Stelle seines Körpers setzten bemerkte er schon lange nicht mehr. Nur wenn sie in seine Augen kriechen wollten, wedelte er kurz mit den Händen und verjagte die Plagegeister für einen kurzen Moment der Ruhe.
Sein Blick fiel auf ein einige Gräser, die in seiner Nähe standen und mit forschendem Blick trat er näher heran und betrachtete sie einen Augenblick, dann nickte er kurz, brach eines der Gräser weit unten am Boden ab, steckte es sich in den Mund und trat dann vom sicheren Pfad weg auf den feuchteren Boden des Sumpfes.
Sofort versank er bis zur Hüfte und für einen kurzen Moment stieg Panik in ihm auf, doch tiefer schien er hier nicht einzusinken. Er sah sich noch einmal um und ging dann in die Hocke.
Nur wer jetzt wirklich wußte, wo er sich befand, konnte seinen Standpunkt auch an dem kleinem Stück Gras erkennen, das einzeln aus dem feuchten Nass heraus ragte.
Die Mücken summten noch eine Weile wütend über dem Grashalm, verzogen sich dann jedoch schnell, denn aus dem Nebel klangen Geräusche nahender Schritte und die Tiere schienen sich auf das neue Mahl zu stürzen.

    "SCHEISS VIECHER!" erklang eine weibliche Stimme und klatschende Geräusche folgten.
Ein paar männliche Stimmen lachten leise, doch kurz darauf erklang ein lauteres klatschen, dem ein dumpfes Stöhnen folgte und das Lachen verstummte abrupt.
Aus dem Nebel traten Belara de'Jhelom, Astifelis, der sich ein anschwellendes Auge rieb, Hellion und Manon Mayere. Gerade wollte Astifelis einen wütenden Spruch in Richtung Belara loslassen, als aus der anderen Seite die Stimme Beelzial's erklang,
    "Müßt ihr Idioten so einen Lärm machen?"
Die vier blieben Ruckartig stehen und sahen ihren Kameraden entgegen. Selbst Belara vergaß jetzt für eine Weile die Mücken. Sie schluckte leicht, denn sie war es gewesen die sich gegen seinen Befehl, den Mund zu halten, gesetzt hatte und die Stille gebrochen hatte.
Ihnen allen war klar das Beelzial vor Wut darüber, das sie den Zeitreiser bisher nicht hatten festnageln können, kochte und seine wenigen Gefühle die er noch vor Monaten gehabt hatten waren längst gestorben oder hatten sich in unbändigen Hass verwandelt. Hass auf alles Lebende, Hass auf alles was sich ihm in den Weg stellte.
Längst hatte er begriffen, das dies Teil des Planes von Raynor gewesen war ihm seine letzten Reste von Gefühlen zu nehmen, die der menschliche Teil seines Geistes noch hatte. Diese endlose Jagd nach einem Mann, der jedesmal wenn er von dem Tribunal getötet wurde in den Strom der Zeit eindrang um dann an anderer Stelle, zu einer anderen Zeit, auf einer weiteren wildfremden Welt wieder zum Leben zu erwachen. Nur um erneut vom Tribunal gejagt zu werden, die ihm durch den Strom der Zeit auf jede Welt folgen mussten.
Beelzial trat aus dem Nebel und hinter ihm folgten Eras Elur, Asanna Dion, Oklot Radoi, Freya te Pah und Tom. Die Augen des Halbdämonen leuchteten rot auf, als er Belara und die anderen sah. Mit unterdrückter Wut in der Stimme fragte er leise,
    "Wo ist der Zeitreiser?"
Belara wich einen Schritt zurück. Sie war Beelzial treu ergeben, ja vielleicht hatte sie ihn sogar mal geliebt, aber seit dem ihr Führer nur noch Haß als Gefühl kannte, war sie sich nicht mehr so sicher, ob er in ihnen nicht nur eine Notwendigkeit sah. Bevor sie antworten konnte kam ihr Hellion zu Hilfe.
Er, der schon lange keine Gefühle mehr hatte, meinte seelenruhig,
    "Er muß vor uns sein, denn hinter uns gibt es kein Leben mehr!"
Beelzial sah auf den Menschen und suchte fieberhaft nach einem Anzeichen der Lüge in seinem Gesicht. Doch gleichzeitig wußte er, das gerade Hellion nicht in der Lage war ihn anzulügen.
    "Und ihr seid sicher, das ihr keinen Weg übersehen habt?" fragte er ihn schroff.
Hellion schüttelte den Kopf,
    "Ja, es gibt nur diesen Weg!"
Langsam sah Beelzial in die Runde und suchte den dichter werdenden Nebel und den Boden nach Spuren des Zeitreisers ab. Doch der Mann aus dem Tor am Ende der Zeit blieb verschwunden. Wütend machten sich sich die Männer und Frauen auf den Weg und verließen den Sumpf. Keiner von ihnen hatte eine Ahnung, wie es dem Zeitreiser gelungen sein sollte ihnen diesmal zu entkommen.

Stunden nach denen sie verschwunden waren tauchten plötzlich seltsam quallenartige Wesen auf, die sich geschickt auf der Oberfläche des Sumpfes bewegten und nicht versanken. Sie sahen aus wie kleine ein Meter lange grüne Würmer, die sich auf sechs kurzen Beinen mit sehr flachen Füßen bewegten und ihr quallenartiger Körper wirkte leicht durchsichtig.
Einer diese Quallenwürmer streifte den einsamen Grashalm zufällig und blieb schlagartig stehen. Mit seinen beiden langen Fühlern, die gleichzeitig auch so etwas wie seine Augen darstellten, betastete er den Grashalm sanft und stieß dann ein hohes Fiepen aus, das für ein menschliches Ohr nicht mehr zu hören war. Sofort kamen vier weitere dieser seltsamen Quallenwürmer heran und betasteten und betrachteten den einsamen Grashalm.
Ihre Fühler wirbelten wild hin und her und jedesmal wenn sich die Fühler zweier Wesen berührten, schien es eine kleine elektrische Entladung zu geben, die ihnen aber nicht weh zu tun schien.
Dann trat plötzlich Stille ein und eines der Wesen trat dich an den Grashalm heran. Seine Fühler richteten sich hoch auf und er schien seine Artgenossen fragend zu betrachten. Diese sanken auf den Boden und schienen mit ihm zu verschmelzen. Nur ihr leicht angehobenes Hinterteil, unterschied sie noch von der Umgebung.
Der eine Quallenwurm aber hob eines seiner Beine und stieg auf den Grashalm, der sofort abknickte und im Boden versank.
Es dauerte einen kurzen Moment und dann schien sich der Boden unter dem Quallenwurm plötzlich zu bewegen.
Nach Luft schnappend sprang der Mann aus dem Sumpf, der ihm bis jetzt das Leben gerettet hatte. Da er vermutete, das er jetzt auf Beelzial stoßen würde, hatte er längst sein Schwert bereit und schlug im gleichen Moment als er aufsprang einmal um sich. Das Schwert durchtrennte die beiden Fühler des Wurmes und das Tier rannte fiepend und orientierungslos davon. Die vier anderen Würmer jedoch, die sich nicht in der Reichweite des Schwertes befanden, hoben ihr Hinterteil etwas höher und aus kleinen Öffnungen stießen sie Tausende von winzigen Nadeln aus, die in den Kopf des Mannes eindrangen und ihr todbringendes Gift verteilten.
Noch bevor der Mann wieder auf dem feuchten und modrigem Untergrund aufschlug starb er. Langsam sank sein Körper in den Sumpf ein.

Beelzial, der mit seinen Leuten ein paar Meilen entfernt auf einer kleinen Lichtung saß hob plötzlich den Kopf. Ein lächeln huschte über sein Gesicht, dann sagte er leise,
    "Ich weiß nicht wer und ich weiß nicht warum, aber soeben starb der Zeitreiser!"

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War es ein Schweben
Die Lieder verklungen?
Wie war mein Name?

Was bedeutet Leben?
Die Lieder gesungen?
Wo ist mein Name?

Wo bin ich?
Was bin ich?
Wer bin ich?

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Bericht 5

Die Frau sah auf den schlafenden Mann in ihrem Bett hinab und schüttelte verständnislos den Kopf. Wer auch immer dieser Mann war, im Bett war er jedenfalls eine Niete. Sie hatte sich mal wieder vom Erscheinungsbild täuschen lassen. Nicht jeder der gut aussah, mußte auch guten Sex machen können.
Sie würde Rigsha rufen, den Wirt dieses Hurenhauses und den Mann entfernen lassen.
Sie konnte sich gar nicht beruhigen und während sie sich hektisch anzog, starrte sie immer wieder wütend auf den schlafenden Mann.
Noch nie war ihr das passiert. Da schläft der Schweinehund einfach ein. Mitten im Liebesspiel!
Sie fühlte sich in ihrer Ehre gekränkt und trat gegen das Bett, doch das schien den Schlafenden nicht zu stören.
In aller Eile richtete sie ihre Haare wieder her und kontrollierte noch einmal ihr auffälliges Make-up im Spiegel und wollte gerade das Zimmer verlassen, als die Tür zu dem Zimmer mit einem lauten Krachen aufsprang und gegen die Wand schlug.
Erschreckt fuhr sie herum.
In der Tür stand ein seltsam gekleideter Mann. Seine dunkle Rüstung schimmerte matt im Schein der Kerzen und irgendwie schien das Feuer der Fackeln auf dem Flur durch ihn hindurch zu scheinen.
Breit lächelnd trat der Mann in das Zimmer, sah erst auf das Bett und dann auf die Hure. Den Krug Wein, den er in der linken Hand hielt, hob er langsam zum Mund und nahm einen tiefen Schluck. Dabei ließ er die Frau nicht aus den Augen. Der Wein lief ihm teilweise an den Seiten hinab und tropfte auf die Rüstung. Die Frau konnte erkennen, das dieser Mann schon einiges getrunken hatte. Lächelnd trat sie auf ihn zu,
    "Wie es scheint, kommt ihr gerade zur Rechten Zeit!" gurrte sie ihn säuselnd an und zeigte auf den Schlafenden, "Wenn ihr den da aus dem Zimmer schafft, stehe ich euch gerne zur Verfügung!"
Der Mann setzte den Krug Wein ab und sah von der Hure zu dem Mann in dem großen zerwühlten Bett. Mit der freien Hand griff er der Frau in den Nacken und zog sie zu sich heran. Seine feuchten Lippen drängten auf ihre und während er sie küßte, gab er der Tür mit dem Fuß einen Stoß, so das sie laut Polternd ins Schloß fiel.
Dann stieß er die Frau von sich fort, so daß sie der Länge nach auf den Boden fiel.
    "HE VERDAMMT..." schrie sie laut auf, doch als ihr Blick in seine Augen fiel, verstummte sie jäh.
Mit einem Mal begriff sie, das dieser Mann gar nicht wegen ihr hier war, sondern wegen etwas anderem. Ihr Blick fiel auf das Bett.
Der Mann in der dunklen Rüstung schloß die Tür mit dem steckenden Schlüssel ab und warf ihn dann hinter eine kleine Kommode. Als er sich wieder zu der Frau umwandte, funkelten seine Augen gefährlich. Das Grinsen in seinem Gesicht versprach nur eines; Tod!
Die Frau begriff plötzlich, das ihr Leben nur noch an einem seidenem Faden hing und ein eiskalter Schauer lief ihren Rücken hinab. Die braunen Hautpunkte, die ihren ganzen Körper zierten, färbten sich tiefrot. Dies war in ihrer Rasse ein deutliches Zeichen für Angst. Tödliche Angst!
Langsam trat der Mann in der dunklen Rüstung an das Bett heran, ohne dabei die Frau aus den Augen zu verlieren. Er zog sein großes Schwert und sah lächelnd auf auf den Schlafenden hinab.
Die Hure verstand jedes Wort was er jetzt sprach, doch den Sinn, den verstand sie nicht.
    "Diesmal bin ich es, Zeitreiser! Noch einmal sollst Du uns nicht entkommen. Wenn dich schon der Tod ereilt, dann wenigstens durch die Hand des Tribunals!" zischte der Mann leise, während er mit dem Schwert langsam die Bettdecke zur Seite schob. Dann fügte er noch hinzu,
    "Und leiden sollst du dafür, das wir nicht nach Hause können."
Die Hure schluckte ängstlich und lies den dunklen Ritter nicht aus den Augen. Erst jetzt fiel ihr auf, das seine Hautfarbe zu keiner Rasse passte, die sie kannte. Der Ritter mußte von sehr weit her kommen. Ihre Angst wurde unerträglich und aus den rot gefärbten Hautpunkten quoll langsam die Tränenflüssigkeit aus. Sie weinte leise, denn ihr war klar, das sie bald sterben würde.
Der dunkle Ritter schien sie jedoch nicht weiter zu beachten, er hob langsam das Schwert und sah dabei auf den Rücken des schlafenden Mannes. Mit aller Wucht rammte er dann das Schwert in den Rücken des Mannes, so das es auch durch die Matratze in den Holzfußboden eindrang.
Der Mann erwachte und schrie vor Schmerz auf. Blut spritzte auf die Rüstung des dunklen Ritters und in dessen Gesicht, doch er lachte nur leise auf.
Der Mann im Bett war nicht tot, aber das Schwert in seinem Rücken, das auch im Boden unter der Matratze steckte, hielt ihn Bewegungsunfähig in seiner Position fest. Sein Schrei erstickte in einem Gurgeln, als er anfing Blut zu spucken.
Die Hure schloß mit ihrem Leben ab, als der dunkle Ritter sich zu ihr wandte. Sein Schwert steckte noch immer im Körper des Mannes und er schien nicht die Absicht zu haben es dort wieder zu entfernen! Düster lächelnd trat er auf die Frau zu,
    "Wie es aussieht," sprach er mit gedämpfter Stimme, "haben wir nun Zeit für die wichtigen Dinge!"
Er packte sie brutal an der Schulter und riß sie zu sich hoch. Wieder küßte er sie mit seinen feuchten nach Wein riechenden Lippen auf den Mund und die Frau war in diesem Moment wirklich zu allem bereit um ihr eigenes Leben zu retten.
Der Ritter leckte ihr die Tränen von den roten Hautpunkten und grinste sie an,
    "Du weinst? Hast Du Angst?" fragte er sichtlich vergnügt!
Sie schluckte und nickte zögernd,
    "Ja" hauchte sie leise. Ihre Stimme klang heiser!
Der Mann auf dem Bett stöhnte vor Schmerzen, als er den Kopf in Richtung der Stimmen drehte. In seinen Augen lag Verständnislosigkeit. Er wollte etwas sagen, doch er spuckte nur etwas Blut und mehr als ein Röcheln kam nicht heraus.
Der dunkle Ritter hob die Frau, an beiden Schultern gepackt, an und trug sie zum Bett. Mit einem Lachen warf er sie quer über den Verletzten, der vor Schmerz laut aufschrie und einen Schwall Blut ausspuckte. Doch den Ritter schien das nicht zu interessieren,
    "Zieh dich aus!" fuhr er die Hure an.
Mühsam rappelte die Frau sich von dem Verletzten runter und stand ängstlich auf. Jede ihrer Bewegungen setzte dem Verletzten heftige Schmerzen zu, da er immer noch durch das Schwert in seinem Rücken an das Bett gefesselt war.
Die Hure wandte dem Ritter den Rücken zu und sprach mit ängstlicher Stimme,
    "Wenn du mir hilfst, geht es schneller." Dabei wies sie mit einer Hand auf eine Schleife ihres Kleides im Nacken.
Der Ritter riß jedoch mit einem Ruck das Kleid in zwei Teile, so daß die Frau nur noch in ihrer seidenen Unterwäsche vor ihm stand. Lächelnd sah er auf den wunderschönen Rücken der Frau. Mit einer Hand fasste er ihr an die Taille, mit der anderen gab er ihr einen Klaps auf den Hinterkopf und knurrte dabei mit einem lüsternen Ausdruck in den Augen,
    "Bück dich!"
Durch den Schlag auf den Hinterkopf, fiel sie nach Vorne auf das Bett, doch instinktiv versuchte sie sich abzustützen und das tat sie auf dem Rücken des Verletzten, der wieder vor Schmerzen aufschrie. Hinter ihr schälte sich der dunkle Ritter geschickt aus seiner Rüstung.
Gerade wollte er der Hure ihren Unterrock herunterreißen, als es laut an der Tür klopfte,
    "Tom, hast du den Zeitreiser gefunden?" erklang ein männliche Stimme.
Verärgert schrie der dunkle Ritter,
    "LASS MICH IN RUHE ASTIFELIS, ICH HAB ZU TUN VERDAMMT!" und leise in Richtung des Verletzten, so das der Mann vor der Tür das nicht hören konnte,
    "Und du wirst dich auch noch etwas gedulden müssen, Icho'Tolot!"

Zwischenbericht

Kush rannte aufgeregt um den Tisch herum.
Das Buch der Zeit löste sich auf. Eine Seite nach der anderen verblasste langsam und verschwand.
In Panik rief er nach Mustafa und Tyrael, die kurz darauf in den riesigen Saal gerannt kamen. Kush zeigte auf das Buch und die beiden folgten seinem Blick. Entsetzen zeichnete sich in ihren Gesichtern, als sie erkannten was gerade geschah!
Tyrael war der erste, der das Wort erhob. Er sagte nur ein Wort,
    "Diablo?"
Doch Kush schüttelte den Kopf,
    "Nein, diesmal ist es Raynor!"
Die beiden schluckten. Sie kannten Raynor noch von den Spielen. Auch wenn er dort nie großartig in Erscheinung getreten war, befand er sich doch meistens auf der Seite der Gewinner.
Kush sah auf seine beiden engsten Freunde und sprach weiter,
    "Du Tyrael wirst dich auf die Suche nach Raynor machen. Egal auf welcher Welt er sich auch gerade befindet, deine Aufgabe wird es sein ihn daran zu hindern diese Welt zu vernichten. Nehme deine Seraphim, die Lichtwesen und beschütze fortan diese Welt vor ihm."
Tyrael nickte, sah noch einmal traurig auf das Buch und verschwand dann in den weiten des Universum. Seit Uhrzeiten war er nicht mehr mit seinen Lichtkriegern zusammengewesen. Er freute sich bereits darauf sie wieder zu sehen!
Zu Mustafa gewandt sagte Kush,
    "Das Buch der Zeit löst sich auf, weil irgendetwas mit dem Zeitreiser nicht stimmt. Was auch immer Raynor mit ihm gemacht hat, du wirst den Zeitreiser suchen, finden und zu mir bringen!"
Mustafa nickte ebenfalls, hob aber fragend eine Augenbraue,
    "Und was ist, wenn Icho'Tolot im Dienst von Raynor steht?"
Kush sah seinen Gefährten nachdenklich an, schließlich antwortete er leise,
    "Wenn es Raynor gelungen ist den Zeitreiser für sich zu gewinnen, dann wird das Buch zerstört und du weißt was das dann bedeutet. Die Spiele werden von vorne beginnen und alle Welten auf denen die Nachfahren des zweiten Volkes leben, wird es nie gegeben haben!"
Mustafa schluckte. Mit gesenkten Haupt betrat er den Strom der Zeit und machte sich auf die Suche nach dem Zeitreiser.
Kush jedoch sah wieder auf das Buch und bei jedem Wort, das von den Seiten verschwand, fiel eine Träne zu Boden...

Bericht 6

Die Flucht dauerte bereits drei Jahre. Zumindest auf dieser Welt.
Er wußte weder warum sie ihn jagten, noch wußte er wer sie waren. Er wußte ja nicht einmal wer er selber war.
Jetzt rannte er in die Schlucht hinein. Die schwere Rüstung behinderte ihn ein wenig beim klettern über das Geröll. Diese Schlucht sah so aus, als ob seit hunderten von Jahren kein Lebewesen seinen Fuß hier hinein gesetzt hatte und trotzdem kroch ein angenehmer Geruch von gebratenem Fleisch auf ihn zu.
Vorsichtig spähte er um einen Felsvorsprung und erblickte das kleine Haus. Die Fenster waren erleuchtet, denn die Lichtstrahlen der beiden Sonnen erreichten den Boden der Schlucht niemals. Leichter Rauch stieg aus dem Schornstein.
Er war am Überlegen, ob er nun aus dem Schutz des Felsen treten sollte, als plötzlich eine Stimme in seinem Kopf entstand,
    >HÖRST DU MICH ENDLICH? VERDAMMTE SCHEISSE<
Erschreckt zuckte der Mann zusammen und sah sich ängstlich um.
    >Ahh, nimmt der Herr endlich mal wieder Notiz von mir?<
Panik machte sich in dem Mann breit. Leise stotterte er,
    "Wer... Wo... Wer bist Du? ... Wo... bist Du?"
Wie von selbst hob sich plötzlich sein Arm und der Zeigefinger seiner Hand zeigte auf seinen Kopf,
    >Da wo ich immer bin!<
Der Mann riß entsetzt die Augen auf und starrte auf seine Hand. Gerade wollte er eine Frage stellen, als wenige Schritte vor ihm eine Frau in schwarzer Kleidung erschien und ihn belustigt ansah,
    "Hallo Icho'Tolot, was treibt dich wieder in die Nähe von Tristram?"

**********

Beelzial schrie vor Wut auf und schlug wie ein Berserker auf Tom ein, dabei schrie er immer wieder,
    "HINTERGEHE MICH NIE WIEDER DU NICHTS"
Tom ertrug die Schläge ohne Gegenwehr. Wenn sein Meister ihn töten wollte, dann sollte er doch. Er war sich keiner Schuld bewußt. Das der verhaßte Zeitreiser ausgerechnet auf dieser Welt auftauchte, hatte nichts mit der Hure zu tun, die er auf der letzten Welt vergewaltigte.
Als Beelzial gerade zum nächsten Schlag ausholte, sprang Hellion hervor und hielt seinen Meister am Arm fest. Mit Schaum vor dem Mund und glühenden Augen wandte Beelzial den Kopf in Hellion's Richtung, gerade wollte er ihn wütend anfahren, als er den Blick seines treuesten Dieners bemerkte. Dieser sah ihn nicht an, sondern an ihm vorbei. Auch seine anderen Gefährten sahen nicht mehr auf ihn und Tom, sondern starrten mit weit aufgerissenen Augen an ihnen vorbei auf etwas, das sich in Beelzials Rücken befand.
Langsam wandte sich der Halbdämon um.
Direkt hinter ihm hatte sich ein blau leuchtendes Portal geöffnet. In dem leuchten des Portals waren sehr deutlich zwei rot glühende Augen zu erkennen, die ihn musterten.
Plötzlich erklang eine Stimme aus dem Portal, die so gewaltig klang, das alle außer Beelzial sich die Ohren zu hielten und mit vor Schmerz verzerrten Gesichtern zu Boden sanken,
    "Endlich bist Du angekommen Beelzial. Raynor kündigte dich bereits vor langer Zeit an!"
Beelzial runzelte die Stirn und sah mit zusammen gekniffenen Augen auf das Portal,
    "Wer bist Du, das du es wagst Raynor's Namen in den Mund zu nehmen?"
Als Antwort kam ein dröhnendes Lachen und nach einer Weile antwortete die Stimme,
    "So wie dein Gott Raynor der Herr der Zerstörung und über alles aus dem Reich der Toten ist, bin ich der Herr des Schreckens."
Der Halbdämon sah sich zu den am Boden liegenden Männern und Frauen um und lächelte hinterlistig, als er wieder zu dem Tor sprach,
    "Also bist du wie Raynor ein Gott? Dann verrate mir wo der Zeitreiser ist!"
Wieder war die Antwort nur ein dröhnendes Lachen,
    "Du glaubst mir nicht, Beelzial? Nun das habe ich auch nicht anders erwartet von einem Diener Raynor's"
Kurz darauf flackerte das Tor einmal hell auf und eine wunderschöne Frau trat aus dem Tor. Lächelnd trat sie auf Beelzial zu, der sie mit riesigen Augen anstarrte, aus denen das reine Entsetzen sprach.
    "Nein..." stammelte er und sank auf die Knie während die Frau an ihn heran trat und ihre linke Hand auf seinen Kopf legte.
Mit einer Stimme, die so süßlich klang wie der Tau auf den Blumen an einem schönen Sommermorgen, sprach sie zu Beelzial,
    "Du hast dein Ziel fast erreicht mein Sohn."
    "Aber du bist schon lange Tot. Raynor tötete dich als ich geboren wurde... Er entriß mich aus deinem blutenden Leib..." stammelte Beelzial, "... und dein Blut war meine erste Nahrung die ich zu mir nahm... ... Mutter..."
Die Frau lächelte auf ihn hinab und antwortete wieder mit ihrer lieblichen Stimme,
    "Ja und ist nicht dein Vater, der Herr über alles Tote und hat die Macht sie wieder auferstehen zu lassen?"
Beelzial schluckte leicht, als er nickte. Sein Blick wanderte von ihrem Gesicht hinab zu ihrem Bauch. Auf dem weißen Kleid bildete sich langsam ein großer Blutfleck. Lächelnd folgte sie seinem Blick und legte sanft die Hand auf ihren Bauch,
    "Es wird Zeit, dein Bruder wird bald geboren. Ich muß gehen, Raynor braucht mich."
Ohne ein weiteres Wort zu verlieren wandte sich die Frau um und trat wieder in das Tor. Fassungslos sah Beelzial ihr hinterher. Irgendwie erwartete er jetzt in Trauer auszubrechen, doch kein Schmerz machte sich in seiner Brust breit und mit einem Mal begriff er, das dies die letzte Prüfung gewesen war. Die menschliche Hälfte seiner Seele war in diesem Moment gestorben und damit jedes Gefühl, das er noch in sich getragen hatte. Nun war er wirklich das, was er schon immer sein wollte. Ein Dämon!
Langsam erhob sich Beelzial und starrte dabei auf das Portal. Mit Verachtung in der Stimme sprach er in die Richtung,
    "Nun gut, du scheinst wahrlich ein Gott zu sein und auf der gleichen Seite wie Raynor zu stehen. Doch merke dir meine Worte unbekannter Gott," dabei zeigte er auf die Männer und Frauen hinter sich, die immer noch auf der Erde lagen und mit weit aufgerissenen Augen auf ihren Meister starrten, "Niemals wird einer von uns seinen Glauben an Raynor verlieren und zu einem anderen Gott beten. Was auch immer du von uns willst, wir machen es nur, wenn es auch im Sinne von Raynor ist!"
Aus dem Tor erklang wieder das dröhnende Lachen und kurz darauf die Antwort,
    "Du sollst gar nichts für mich machen Beelzial, ich bitte dich nur um einen kleinen Gefallen!"
Beelzial hob fragend eine Augenbraue, doch aus dem Tor erklang die Stimme und sprach weiter,
    "Wenn du diese Welt verläßt, nachdem deine Aufgabe hier erledigt ist, bitte ich dich nur darum Raynor dies hier zu übergeben."
Aus dem Tor fiel ein kleiner Gegenstand und kullerte vor Beelzial's Füße.
    "Was ist das?" fragte Beelzial, während er das seltsame Artefakt aufhob und betrachtete.
Aus dem Tor kam sofort die Antwort,
    "Ein Schlüssel."
Beelzial sah wieder auf das seltsame Teil in seiner Hand,
    "Ein Schlüssel? Wofür?"
Beelzial's Gefährten stöhnten schon vor Schmerzen laut auf, bevor das dröhnende Lachen wieder erklang,
    "Ein Schlüssel den Raynor benötigt und schon lange wartet er darauf. Enttäusche deinen Vater nicht Beelzial!" erklang zum letzten Mal die Stimme aus dem Portal, dann löste es sich auf.

**********

Der Mann saß fassungslos in dem kleinem Raum und lauschte den Worten der Hexe. Ihr Name war Adria und wie sie ihm erzählte lautete sein eigener Name Icho'Tolot. Vor vielen Jahren soll er schon einmal auf dieser Welt gewesen sein und zusammen mit seinem Sohn die Fürsten der Hölle besiegt haben. Eine war gewaltige Schlacht, in dessen Verlauf sein Sohn und viele andere in den Strom der Zeit gerissen wurden und nur wenige waren jemals zurückgekehrt.
Aufmerksam lauschte er den Erzählungen dieser seltsamen Frau.
Als sie geendet hatte, erklang kurz eine Stimme in seinem Kopf,
    >Und jedes Wort ist wahr!<
Er zuckte zusammen und als Adria ihn fragte, was mit ihm los sei, erzählte er ihr von der Stimme.
Sie lächelte und antwortete nur, das diese Stimme ein Teil von ihm sei und das er keine Angst vor ihr haben mußte. Gerade wollte er etwas darauf erwidern, als Adria aufsprang und auf irgendetwas zu lauschen schien.
Fragend sah Icho'Tolot auf die Frau, doch sie rannte bereits hinaus. Zögernd folgte er ihr.
Draußen stand ein seltsamer Mann, als Icho'Tolot vor die Tür trat. Dieser sah ihn lächelnd an,
    "Endlich hab ich dich gefunden Zeitreiser!"
Adria stellte sich vor Icho'Tolot und sah mißtrauisch auf den Fremden,
    "Wer seid ihr und was wollt ihr von ihm?"
Icho'Tolot flüsterte ihr leise von hinten zu,
    "Ich kenne ihn nicht und er ist keiner von denen, die mich seit Jahren jagen!"
Adria nickte leicht und ließ den Fremden nicht aus den Augen.
    "Mein Name ist Mustafa und ich bin hier um den Zeitreiser zu Kush zu bringen." dabei zeigte er auf Icho'Tolot.
Adria stöhnte leise auf, als der Mann den Namen Kush aussprach, doch bevor sie etwas sagen konnte hörte sie hinter sich ein leises Stöhnen. Entsetzt fuhr sie herum und sah gerade noch, wie sich Icho'Tolot in Luft auflöste.
    "WAS HABT IHR GEMACHT?" schrie sie entsetzt auf und fuhr wieder zu dem Fremden herum.
Bevor der jedoch zu einer Antwort kam, erklang eine weitere Stimme und eine Handvoll Männer und Frauen kamen um die Biegung der Schlucht auf die beiden zu,
    "Das würde ich auch gerne wissen!" fragte der vorderste.
Mustafa wandte sich zu den Neuankömmlingen und lächelte sie der Reihe nach an. Adria spürte die Gefahr die von den dunkel gekleideten Männern und Frauen ausging und der Hauch des Todes lag plötzlich in der Schlucht. Ängstlich zuckte ihr Kehlkopf auf und ab.
Einer der Männer baute sich vor Mustafa auf und stemmte die Arme in die Seiten. Haß lag in seinem Blick, als er seine Frage wiederholte,
    "Was hast Du mit ihm gemacht?"
Mustafa legte den Kopf leicht schief und grinste den Mann an,
    "Er ist in Sicherheit Beelzial. Dort wo er jetzt ist, wirst Du ihn nie erreichen können. Deine Jagd ist zu Ende!"
Beelzial lief vor Wut rot an und schlug nach seinem Gegenüber, doch der wich blitzschnell aus, griff Beelzial mit einer Hand an den Hals und hob ihn mühelos an.
Astifelis, Belara und Tom stürmten vor um ihrem Meister zur Hilfe zu eilen, doch Mustafa machte nur eine wegwerfende Handbewegung in ihre Richtung und als ob sie gegen eine unsichtbare Wand liefen, blieben sie ruckartig stehen.
In ihren Gesichtern spiegelte sich Panik und dann schrien sie plötzlich vor Schmerzen auf. Bis auf Beelzial erging es den anderen vom Tribunal der Finsternis nicht anders.
Entsetzt rissen sie sich die Kleider vom Leib. Alles schien wie Feuer zu brennen und unsagbare Schmerzen durchzuckten ihre Glieder.
Beelzial, der nach Luft schnappend im Würgegriff des Fremden hing, sah mit weit aufgerissenen Augen, wie sich das Fleisch von den Knochen seiner Diener löste und in einem schleimigen Brei zu Boden fiel. Die Schreie der Männer und Frauen hallten durch die Schlucht und erstarben erst, als die Skelette kraftlos zu Boden sanken und in einem Haufen lose durcheinander gewirbelter Knochen liegen blieben.
Mustafa warf Beelzial in einem weitem Bogen durch die Schlucht und mit einem lautem Krachen schlug der Halbdämon gegen die Wand der Schlucht.
Adria sah mit weit aufgerissenen Augen auf Mustafa. Ihre Stimme klang rauh und trocken, als sie leise fragte,
    "Wer... bist... Du... ?"
Mustafa wandte sich zu ihr um und sah ihr lächelnd in die Augen,
    "Ihr nennt es einen Gott!" und im gleichen Moment verschwand er vor ihren Augen!

Der Feuerball, den Beelzial in seine Richtung geschleudert hatte schlug an der Stelle ein und die Explosion warf Adria gegen die Tür ihres kleinen Hauses. Mit lauten Poltern wurde die Tür aus den Angeln gerissen und gemeinsam mit der schwerverletzten Adria fiel sie in das Haus.
Bevor sich die Hexe wieder erholt hatte, stürmte Beelzial mit vor Wut verzerrtem Blick hinter ihr her und trat ihr mehrmals in die Seite und gegen den Kopf,
    "DU HURE!"
Erst als sie fast bewußtlos war und aus zahlreichen Wunden blutete lies er von ihr ab und sah sich in dem kleinem Raum um. Ein leichtes Grinsen legte sich auf seine Züge, als er wieder zu der am Boden liegenden Frau sah,
    "Du bist eine Hexe, nicht wahr?"
Adria nickte und jede ihrer Bewegungen verursachte unsagbare Schmerzen.
Beelzial lachte laut auf, dann riß er sie plötzlich an den Haaren hoch und hielt ihr Gesicht dicht vor sein eigenes. Mit zusammen gekniffenen Augen sah er sie an. Dann zischte er leise,
    "Dann wirst Du jetzt meine Diener wieder zum Leben erwecken du Schlampe! Ansonsten schicke ich dich dorthin wo sie jetzt sind!"
Adria schluckte ihr eigenes Blut hinunter und versuchte zu nicken. In ihrem Blick lag Todesangst.

**********

Drei Tage später standen Beelzial und Adria gemeinsam draußen vor der Hütte. Der Halbdämon hatte die Knochen eines jeden seiner Gefährten fein säuberlich zusammengesetzt und sie in einer Reihe nebeneinander hingelegt. Adria hatte den Brei des ehemaligen Fleisches aufgesammelt und in einem großem Topf, der vor ihrer Hütte stand zwei Tage lang erhitzt.
Beelzial war in die Höhlen unter Tristram eingedrungen und hatte die giftigen Pilze gesucht, die dort unten in den Höhlen wuchsen. Aus ihnen hatte Adria eine Essenz hergestellt, die sie gemeinsam mit anderen magischen Kräutern nun zu dem heißen Fleischbrei hinzu fügte. Ein Gestank lag in der Schlucht, der selbst Beelzial dazu zwang nicht durch die Nase zu atmen.
Gemeinsam hatten sie die Knochen der Skelette mit dem Brei aus Fleisch bestrichen und nun trat Beelzial an das erste Skelett heran. Mit einem kleinem Dolch schnitt er sich in den linken Unterarm und sofort quoll dunkles dickflüssiges Blut aus der frischen Wunde. Er hockte sich über den Schädel des Skelettes und ließ einige Tropfen seines Blutes in dessen leere Augenhöhlen tropfen.
So schritt er der Reihe nach jedes Skelett ab und als er mit dem letzten fertig war, sprach er einen Heilzauber auf seinen Arm und die Wunde verschloß sich. Schließlich trat er wieder neben Adria und zischte sie haßerfüllt an,
    "Und jetzt erwecke sie zum Leben, Hexe!"
Adria nahm eine der Masken, die sie in den letzten beiden Tagen angefertigt hatte und schob sie vorsichtig über den ersten Schädel. Im selben Moment ging ein Zucken durch das Skelett. Der Brei aus Fleisch begann sich auszubreiten und mit breitem Grinsen verfolgte Beelzial, wie sich nach und nach die inneren Organe bildeten. Es dauerte eine Weile und eine neue Haut legte sich über die blutigen Muskelstränge.
Erst jetzt erkannte Beelzial, um wen es sich bei der ersten Wiedererweckten handelte. Asanna Dion erhob sich und sah sich verwundert um. Entsetzt sprang sie ein paar Schritte zur Seite, als sie auf das Skelett neben sich blickte, bei dem sie gerade die Muskeln bildeten,
    "Bei Raynor, was ist hier los?" rief sie erschreckt.
Beelzial trat wortlos auf die Frau mit der Maske zu und überreichte ihr den Beutel mit ihren Habseligkeiten. Lächelnd meinte er dann, als sich gerade Oklot Radoi erhob,
    "Ihr seid von den Toten zurückgekehrt, wie es sich für gute Diener Raynor's gehört!"
Asanna versuchte gerade verzweifelt die Maske von ihrem Gesicht zu nehmen und gab schließlich seufzend auf. Mit zitternder Stimme fragte sie Beelzial, der gerade Astifelis seinen Kleidersack gab,
    "Wieso tragen wir Masken? Und warum kann ich die nicht abnehmen?"
Beelzial nickte zu Adria, die Wortlos vor ihrer Hütte stand,
    "Sie sagt anders wäre das nicht möglich!"
Asanna schritt auf Adria zu und ihre Augen funkelten wütend unter der Maske hervor als sie die Hexe anschrie,
    "WAS SOLL DER SCHWACHSINN, NIMM MIR DIE MASKE AB!"
Adria zuckte bei jedem Wort zusammen, und antwortete mit zitternder Stimme,
    "Das kann ich nicht, niemand kann das!"
Asanna schlug der Hexe ohne Vorwarnung ins Gesicht, so das Adria einige Meter zur Seite geschleudert wurde. Beelzial sah lächelnd zu den beiden Frauen hinüber und gab dem letzten Erwachten seine Sachen, dann trat er zwischen Adria und Asanna,
    "Es ist gut Asanna, sie hat mir und euch einen Dienst erwiesen. Sie darf am Leben bleiben!"
Mit stampfenden Schritten entfernte sich die Magierin und gesellte sich zu ihren Gefährten. Gerade wollte sich Beelzial zu Adria umwenden, als sich plötzlich wieder ein blaues Portal öffnete und eine dröhnende Stimme erklang,
    "Es gibt einen Weg Beelzial. Du hast ihn bereits von mir erhalten. Raynor hat mir einmal geholfen und nun helfe ich ihm, in dem ich Dir helfe!"
Beelzial sah mißtrauisch auf die beiden glühenden Augen und griff in seine Tasche. Langsam zog er den seltsamen Gegenstand daraus hervor und trat auf Tom zu. Zögernd hielt er ihm den Gegenstand hin. Langsam griff Tom nach dem Gegenstand und als er ihn berührte, löste sich im selben Moment die Maske auf. Gleichzeitig verschwand aber auch das Fleisch von seinen Knochen und entsetzt sprangen die anderen von ihm weg.
Tom stand als Skelett vor ihnen und fiel nicht in sich zusammen. Langsam wandte er sich zu seinen Kameraden um. Er erkannte die Panik in ihren Augen und mit einem Mal fing das Skelett an laut zu lachen.
Beelzial fiel in das Lachen mit ein und schließlich lachten alle aus vollem Herzen.
Adria aber übergab sich und brach schließlich bewußtlos zusammen.
Tom, das Skelett berührte wieder den Gegenstand und augenblicklich, war die Maske, das Fleisch und die Haut wieder an Ort und Stelle. Außer der Maske, die er ohne den Gegenstand zu berühren nicht von seinem Gesicht nehmen konnte, sah er jetzt wieder aus wie der Tom, den alle kannten.
Aus dem Tor dröhnte laut die Stimme,
    "Es wird Zeit nach Hause zu kehren Beelzial, bevor die Wesen deiner Welt das Tor schließen. Tretet nun durch dieses Tor und ich bringe euch wieder in eure Heimat!"
Beelzial steckte den seltsamen Gegenstand wieder ein und wandte sich zu dem Portal um. Er dachte einen Moment nach und grinste dann. Schulterzuckend zeigte er auf Freya,
    "Du machst den Anfang, ich folge euch als letzter!"
Wortlos schritt Freya auf das Tor zu und nach ihr folgten Tom, Astifelis, Belara, Asanna und Eras, Hellion, Oklot Radoi, Manon Mayere und zum Schluß schließlich Beelzial.

**********

Es dauerte etwa zwei Stunden, bis Adria wieder zu sich kam und sich vorsichtig umblickte. Ihre Hütte stand noch, aber die Schlucht war verschwunden, stattdessen konnte sie nicht weit entfernt die Wellen eines großen Meeres an den Strand schlagen hören. Vorsichtig erhob sie sich und sah sich um. Das blaue Portal stand noch immer an der Stelle und zwei feurig rote Augen schienen sie lächelnd zu mustern.
    "Was ist geschehen und wo bin ich?" fragte sie ängstlich zu dem blauen Portal gewandt.
Ein gehässiges Lachen drang aus dem Portal und warf sie erneut zu Boden,
    "Nun habe ich einen zweiten Weg aus meinem Gefängnis und dank Raynor wird es mir bald gelingen mich aus meinem Gefängnis zu befreien. HA HA HA"
Das Lachen klang noch lange nach, obwohl das Portal längst verschwunden war.
Adria sah fassungslos in die Ferne und bemerkte einen kleinen Jungen, der auf sie zu gerannt kam. Sie erkannte ihn erst, als er mit fuchtelnd Armen an ihr vorbei rannte. Es war Wirth, der kleine Dieb, der seine Waren immer zu überteuerten Preisen an den Mann brachte.
    "HILFE HILFE" schrie er und Adria hob erstaunt die Augenbrauen. Aus dem nahen Wald lösten sich einige Männer und Frauen, die Adria noch nie zuvor gesehen hatte. Ohne sie weiter zu beachten liefen sie an ihr vorbei und verfolgten Wirth. Einige von ihnen riefen wütend,
    "DARAUF HAB ICH SEIT JAHREN GEWARTET!!!"